SPOX: Frank, Sie haben mich gerade mit den Worten 'Hallo! Wie geht's?' begrüßt. Sprechen Sie Deutsch?
Ntilikina: Ein bisschen (auf Deutsch). Ich hatte während meiner Schulzeit in Straßburg vier Jahre lang Deutsch-Unterricht. Auch wenn eure Sprache nicht gerade einfach ist, hat es mir Spaß gemacht, sie zu lernen. Das Problem ist: Wenn du eine Fremdsprache längere Zeit überhaupt nicht mehr gesprochen hast, vergisst du leider vieles. Daher würde ich mir jetzt ein Interview in Deutsch auch nicht zutrauen (lacht).
SPOX: Nachdem mein Französisch leider auch etwas "eingestaubt" ist: Können wir uns auf Englisch einigen?
Ntilikina: (lacht) Ja, das ist ein sehr guter Deal.
SPOX: Wenn wir einmal auf das vergangene halbe Jahr von Ihnen zurückblicken: Erst wurden Sie am 22. Juni beim NBA-Draft in Brooklyn im Alter von 18 Jahren von den New York Knicks an achter Stelle gezogen. Nun absolvieren Sie aktuell als 19-Jähriger Ihre Rookie-Saison in der besten Basketball-Liga der Welt. Kommt Ihnen das alles manchmal noch als ein großer Traum vor, in dem Sie sich befinden?
Ntilikina: Irgendwie schon, ja. Allerdings habe ich natürlich auch schon realisiert, dass ich mir diesen Traum, es einmal in die NBA zu schaffen, nun tatsächlich erfüllt habe. Gleichzeitig möchte ich aber an diesem Punkt, an dem ich jetzt angelangt bin, auch nicht stehen bleiben. Ich habe nach wie vor viele Ziele vor Augen, die ich in meiner weiteren Karriere noch erreichen möchte. Und dafür werde ich jeden Tag sehr, sehr hart arbeiten.
SPOX: Sie sind zwar in Belgien geboren, aber bereits im Alter von drei Jahren nach Straßburg umgezogen und haben dort auch bis zu Ihrem Wechsel in die NBA gelebt und gespielt. Welche Umstellung fiel Ihnen schwerer: Das tägliche Leben in der Großstadt New York oder der etwas andere Basketball-Stil in Nordamerika?
Ntilikina: (überlegt) Ich würde schon sagen, dass beides sehr große Herausforderungen und Umstellungen waren beziehungsweise immer noch sind. Sich in einer riesigen Stadt wie New York mit dem ganzen Verkehr zurecht zu finden, ist nicht wirklich einfach. Aber auch was den Basketball betrifft, ist natürlich vieles anders. Die Spielweise an sich unterscheidet sich schon um einiges von der in Europa. Hinzu kommen noch die vielen Spiele innerhalb kürzester Zeit sowie das ständige Reisen. Das habe ich in dieser Form bislang nicht gekannt. Von dem her ist das für mich alles schon noch ziemlich aufregend.
SPOX: Lassen Sie uns nochmals auf Ihre Tage rund um den Draft 2017 schauen. Am Abend vor diesem Draft haben Sie mit Ihrem Team Straßbourg IG noch das vierte Final-Match um die französische Meisterschaft gegen Elan Sportif Chalonnais absolviert, ehe es unmittelbar nach der Draft Night wieder zurück nach Frankreich ging, wo schließlich die entscheidende fünfte Partie anstand. Wie verarbeitet ein 18-Jähriger vor allem mental derartige Ausnahme-Situationen innerhalb kürzester Zeit?
Ntilikina: Die ganzen Emotionen, die ich in diesen Tagen erlebt habe, sind eigentlich gar nicht in Worte zu fassen. Das war einfach unbeschreiblich. Ich habe schon als Kind immer darauf hingearbeitet, es einmal in die NBA zu schaffen. Wenn das dann tatsächlich zur Realität wird und du innerhalb von drei Tagen auch noch mit deinem aktuellen Team um die Meisterschaft spielst, dann kommt wirklich alles zusammen. Aber genau diese Emotionen und Momente sind es, für die ich Basketball spiele. Nachdem ich nun weiß, wie sich das anfühlt, werde ich alles daran setzen und weiter hart an mir arbeiten, damit ich solche Augenblicke noch öfter erlebe.
SPOX: Im Vorfeld dieses Drafts haben Sie sich sowohl mit den New York Knicks um deren Ex-Teampräsident Phil Jackson als auch den Dallas Mavericks mit ihrem Besitzer Mark Cuban, die sogar extra nach Italien angereist waren, getroffen. Haben Sie damit gerechnet, dass es letztlich auf die Knickerbockers hinauslaufen wird?
Ntilikina: Naja, ganz sicher sein kannst du dir bei so etwas nie. Selbstverständlich wusste ich, dass unter anderem die Knicks großes Interesse an meiner Person hatten. Vor allem mein Agent in Straßburg hat in den Wochen vor dem Draft viele Gespräche mit Scouts geführt. Diesbezüglich war ich also immer auf dem Laufenden und wusste Bescheid. In der Draft Night hätte ich dann aber nicht endgültig sagen können, ob es jetzt diese oder jene Franchise wird.
SPOX: Als NBA-Commissioner Adam Silver dann beim Draft bekannt gab, dass sich tatsächlich die New York Knicks Ihre Dienste gesichert haben: Was ging Ihnen spontan durch den Kopf?
Ntilikina: Einfach nur...puuhhh! Ich habe in diesem Moment schon realisiert, dass ich künftig in der NBA das Trikot dieser großen Franchise New York Knicks tragen werde. Mein nächster Gedanke etwas später war dann: Lasst uns an die Arbeit gehen, damit ich dieses Vertrauen umsetzen und meine Chance nutzen kann.
SPOX: Nicht nur das Vertrauen in Ihr vorhandendes Potenzial seitens der Knicks-Verantwortlichen war groß - auch die Erwartungshaltung bei den Knicks - sei es innerhalb der Franchise, aber auch vonseiten der Fans oder Medien - an ihre Spieler ist traditionell riesengroß. Mit wie viel Respekt sind Sie an diese anspruchsvolle Situation herangegangen?
Ntilikina: Nun, ich denke, dass die Erwartungen in New York nicht höher sind als die, die ich letztlich auch an mich selbst habe. Natürlich ist mir bewusst, dass sich die Leute sowohl von dem gesamten Team als auch von mir viel erwarten. Aber ich sehe das vielmehr als Ansporn und zusätzliche Motivation und weniger als Belastung. Wie ich ja vorhin schon gesagt habe, habe ich noch viele Ziele vor Augen. Ich möchte beispielsweise Meisterschaften gewinnen und All-Star werden. Das sind meine Erwartungen an mich.