Außerdem erklärte Spoelstra, warum er von der überragenden Form von LeBron James nicht überrascht ist und warum der Tabellenstand für ihn keine große Rolle spielt.
SPOX: Mr. Spoelstra, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch - Sie sind vor ein paar Tagen zum ersten Mal Vater geworden. Können Sie ein bisschen beschreiben, wie Sie die letzten Tage zwischen neuer Familie und NBA-Stress erlebt haben?
Erik Spoelstra: Erstmal Dankeschön! (auf Deutsch) Es ist eine unglaubliche Zeit und natürlich ein unglaublicher Segen. Meine Frau und ich sind unheimlich dankbar dafür, einen gesunden Sohn zu haben. Er kam dreieinhalb Wochen früher auf die Welt, als wir es erwartet hatten, deswegen war er eine umso schönere Überraschung. Wir könnten nicht glücklicher sein.
SPOX: Der NBA-Spielplan meinte es dabei gut mit Ihnen - Sie waren ausgerechnet jetzt mal mehr als eine Woche am Stück in Miami. Mit den Playoffs steht jetzt aber die stressigste Zeit des Jahres an. Haben Sie schon eine Ahnung, wie Sie das balancieren können?
Spoelstra: Wir haben in der Organisation zum Glück ja etwas Erfahrung damit, auch wenn es für mich selbst neu ist. Ich hatte keine Zeit, um mich rauszunehmen, auch in den letzten Wochen nicht, weil wir eben bis zuletzt noch mitten im Playoff-Kampf steckten und unsere Position verbessern wollten. Klar, das ist jetzt noch einmal eine andere Situation - aber wie genau das alles funktioniert, finde ich auf dem Weg heraus, so wie alle anderen Eltern auf der Welt das auch tun müssen, die gleichzeitig arbeiten und eine Familie starten wollen. Ich sehe das nicht als negativen Stress an. Ich bin vielmehr dankbar dafür, dass ich beides erleben kann.
SPOX: Dann kommen wir doch mal zum Sportlichen. Wie zufrieden sind Sie aktuell mit Ihrem Team?
Spoelstra: Ich liebe es. Mir gefällt es sehr gut, wo wir sind und wo wir stehen. Natürlich hätten wir den Playoff-Platz auch schon früher perfekt machen und teilweise konstanter auftreten können, aber so ist dieses Spiel. Man kontrolliert nicht alles und es läuft nicht immer exakt so, wie man es gerne hätte. Aber die Gruppe ist sehr konzentriert darauf, besser zu werden, und mir bringt es jeden Tag große Freude, zur Arbeit zu kommen. Und wir sind ein gefährliches Team! Ich glaube nicht, dass sich irgendjemand darum reißt, in den Playoffs ausgerechnet auf uns zu treffen.
SPOX: Mit Dwyane Wade kam mitten in der Saison ja ein ziemlich signifikanter Spieler hinzu - hat sich das Team schon komplett wieder an ihn gewöhnt?
Spoelstra: Es wird mit der Zeit schon noch besser werden. Aber Dwyane wollte hier nichts durcheinanderbringen. Er ist so ein intelligenter und bescheidener Anführer, und das als dreimaliger Champion und First Ballot Hall of Famer. Er will einfach seinen Beitrag leisten und dafür sorgen, dass die anderen Jungs hier auch den Erfolg kennenlernen, den er erfahren hat. Dafür lieben sie ihn. Und seine Ankunft hat dieses Team elektrisiert, auch diese Halle - er ist ein sehr wichtiger Grund dafür, dass wir zuletzt so heimstark waren. Die Atmosphäre ist in der ganzen Gemeinde eine andere geworden, South Florida ist glücklich darüber, seinen Erstgeborenen zurückzuhaben. (lacht) Auch ich bin dankbar, dass Dwyane wieder zurück ist - bei seiner Familie.
SPOX: Sie kennen Wade ja schon eine halbe Ewigkeit - sie haben ihn auf der höchsten Stufe erlebt und jetzt als Spieler, der auf das Ende seiner Karriere zugeht. Wie hat er sich in der Zwischenzeit als Person und Leader verändert?
Erik Spoelstras Karriere bei den Miami Heat:
Saison | Bilanz | Playoff-Endergebnis |
2008/09 | 43-39 | 1. Runde |
2009/10 | 47-35 | 1. Runde |
2010/11 | 58-24 | Finals verloren |
2011/12 | 46-20 | Champion |
2012/13 | 66-16 | Champion |
2013/14 | 54-28 | Finals verloren |
2014/15 | 37-45 | Playoffs verpasst |
2015/16 | 48-34 | 2. Runde |
2016/17 | 41-41 | Playoffs verpasst |
2017/18 | 43-38 | offen |
Spoelstra: Er ist so sehr gewachsen - wir haben uns ja sozusagen beide dabei zugesehen, wie wir erwachsen wurden. Als wir uns kennenlernten, war ich noch ein junger Assistant Coach. Seine Familie ist seitdem so gewachsen ... als er 2003 seine erste Pressekonferenz bei uns gab, saß sein Sohn Zaire noch als Baby auf seinem Schoß. Heute, 15 Jahre später, ist er eins der größten Highschool-Talente der Nation und fast so groß oder sogar größer als Dwyane. Wir haben uns beide sehr verändert, seitdem wir uns kennen, und es ist wirklich ungewöhnlich, dass man einen Spieler und seine Familie über so einen langen Zeitraum so gut und intensiv kennenlernt. Normalerweise verändert sich dafür in der Liga einfach zu viel. Wenn das dann mal nicht so ist und man jemanden wirklich über ein Jahrzehnt begleiten kann, macht einen das umso dankbarer. Zumal Dwyane ein großartiger Mensch ist - nicht nur ein unglaublicher Spieler, sondern ein bemerkenswerter, authentischer Typ.
SPOX: Wie hat sich Ihre Zusammenarbeit verändert? Sie sind ja früher durchaus auch mal aneinandergeraten, gerade als Sie noch "grün" als Head Coach waren.
Spoelstra: Das verändert sich mit der Zeit, aber das ist auch ganz natürlich. Wir haben viele verschiedene Phasen unserer Beziehung zwischen Coach und Spieler erlebt. Ich denke, die letzten beiden Jahre, bevor er uns verließ, und jetzt seit seiner Rückkehr hat diese Beziehung nochmal einen neuen Level erreicht. Es fühlt sich einfach richtig an, wie Familie. Wir beenden die Sätze des anderen. (lacht) Das passiert wirklich oft! Aber so läuft das, wenn man über insgesamt 13 Jahre zusammenarbeitet.