NBA

Die Philadelphia 76ers vor den Playoffs: Eine Stadt im Rausch

Joel Embiid, Ben Simmons und Co. freuen sich auf die Postseason.
© getty

Die Philadelphia 76ers sind trotz der Verletzung von Joel Embiid derzeit nicht zu stoppen. Sie könnten als No.3-Seed in die Playoffs einziehen - weil sie sich im Laufe der Saison innerhalb ihres Systems erschreckend schnell weiterentwickelt haben. Legende Charles Barkley wittert gar den ganz großen Wurf.

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Rund um Philadelphia wurde in der jüngeren Vergangenheit viel gefeiert. Die Eagles gewannen den Super Bowl, die Villanova Wildcats holten zwei NCAA Championships innerhalb der letzten drei Jahre und in der MLB bei den Phillies ist der letzte Triumph noch in guter Erinnerung.

Auch die 76ers, deren Stern seit den Heldentaten Allen Iversons etwas verblasst war, entfachen derzeit eine Euphorie, auf die jahrelang hingearbeitet wurde: Der Process ist mittlerweile weit fortgeschritten, die erste Playoff-Teilnahme seit 2012 längst perfekt.

Mehr noch: Mit zwölf Siegen in Folge ist Philly das derzeit heißeste Team der Liga. Der Heimvorteil in Runde eins ist so gut wie sicher, Platz drei noch in Reichweite - die Cavaliers spüren den heißen Atem aus der Stadt der brüderlichen Liebe.

Philadelphia 76ers: Weniger Turnover

Beachtlich: Seit Brett Brown 2013 das Zepter als Head Coach übernommen hat, haben die 76ers stets an ihrer Spielphilosophie festgehalten und das Team darauf basierend aufgebaut. Mit Ben Simmons und Joel Embiid standen erstmals die beiden besten Spieler, die der Process hervorgebracht hat, nahezu eine ganze Saison lang zusammen auf dem Court. Und dabei dürfte der Konkurrenz vor allem nicht gefallen, in welchen Dimensionen sie sich allein in den letzten Monaten weiterentwickelt haben.

Klar, Philly führt die Liga immer noch bei der Turnover-Rate mit einem Wert von 16,3 Prozent an. Aber: Im Oktober 2017 waren es beispielsweise noch 17,4, während des aktuellen Streaks aber bloß noch 13,2 Prozent. Simmons' Spielverständnis ist längst dem eines "normalen" Rookies entwachsen, sein Playmaking als primärer Ballhandler und sein Gespür für das richtige Tempo sind auf dem Niveau eines Veteranen.

"So einen Spieler gibt es alle zehn Jahre, vielleicht ist er ein Once-in-a-Lifetime-Player", schwärmte jüngst Legende Julius Erving über den Australier. "Er macht jeden sofort besser. Die Schützen bringen sich in Position oder suchen Cuts, weil sie wissen, dass Ben sie finden wird."

Die Statistiken von Ben Simmons während der Siegesserie

SpieleMinutenPunkteAssistsReboundsStealsTurnover
1230,713,610,99,91,72,7

Simmons passt als Ballführer mit seinem Auge perfekt in Browns System. Jeder Spieler abseits des Balls soll möglichst in Bewegung sein und Touches bekommen. Philly führt die Liga bei den gespielten Pässen pro Spiel (344,4) mit Abstand an, obwohl sie oft den Schnellangriff forcieren und frühe Würfe bevorzugen. 17,7 Prozent ihrer Abschlüsse feuern sie innerhalb der ersten sechs Angriffs-Sekunden ab.

In der Vergangenheit gab es allerdings oft das Problem des "Overpacing". Die Balance hat einfach gefehlt, das Mantra der schnellen Offense zu wörtlich genommen. Hektische Abschlüsse (und eben die vielen Ballverluste) waren die logische Folge, auch am Anfang dieser Spielzeit.

Philadelphia 76ers: J.J. Redick geht voran

Dass es besser geworden ist, liegt auch am Einfluss der Veteranen. J.J. Redick hat sich mittlerweile als Anführer im Locker Room etabliert. Auch auf dem Court ist immer wieder zu sehen, wie er auf die Spieler einredet und sie einweist. Sportlich ist der 33-Jährige ohnehin über jeden Zweifel erhaben: Seine Quoten von 49,3 Prozent aus dem Feld und 42,1 Prozent von der Dreierlinie bei 17,6 Punkten heben das Spacing noch einmal auf ein anderes Niveau.

Oft ist es auch Redick, der zu Spielbeginn oder zu Beginn der zweiten Halbzeit dafür sorgt, dass sich sein Team absetzen kann und den Sack früh zumacht. Das kennt man von ihm noch aus Clippers-Zeiten, in denen die Angriffe zu Spielbeginn mit hoher Frequenz für ihn gelaufen wurden.

Seine Gefahr von draußen ebnet Jungs wie Simmons oder Dario Saric den Weg in die Zone. Das Drive-and-Kick mach einen wichtigen Teil der Sixers-Offensive aus, oftmals folgt ein weiterer Drive oder der Weg in den Lowpost. Beachtlich: Gegen Detroit gewann Philly das Duell bei den Punkten in der Zone mit 46:33, obwohl Saric und Embiid, sonst die emsigsten Scorer in Brettnähe, fehlten.

NBA: Joel Embiids Verletzung (noch) kein Problem

Genau das ist auch Teil der Erfolgsgeschichte: Der Ausfall des offensiven und defensiven Fixpunkt fällt nicht so sehr ins Gewicht, wie befürchtet. Nach seinem Zusammenprall mit Rückkehrer Markelle Fultz fehlt der Big Man dem Team, da ein Bruch des Augenhöhlenknochens chirurgisch behandelt werden musste. Es besteht aber Hoffnung, dass er rechtzeitig zu den Playoffs wieder einsatzfähig ist. Saric wird nach seiner leichten Ellenbogenverletzung auf jeden Fall in der Regular Season zurückkehren.

Der größte Profiteur von Embiids Ausfall ist Richaun Holmes. Er sah in den vergangenen vier Spielen 21,6 Minuten (gegenüber 15 im Saisonschnitt). Der athletische und kräftige Kombo-Big ist ein guter Ansprechpartner für Durchstecker von Simmons und Co., zur Not kann er auch selbst im Post wühlen oder den offenen Mann finden.

Überhaupt kann sich der Ausfall Embiids - gesetzt dem Fall natürlich, dass dieser doch nicht länger andauert - für das Team gewissermaßen "auszahlen". Denn besonders in der ersten Saisonhälfte hatten die Sixers große Probleme in den Schlussphasen der Spiele, die bis zuletzt auf der Kippe standen.

Die On/Off-Court-Statistiken von Joel Embiid

Offensiv-RatingDefensiv-RatingNet-RatingTurnover-RateEffektive Feldwurfquote
On Court111,199,711,615,658,9 Prozent
Off Court102,5104,3-1,817,154,6 Prozent

Der Grund dafür: Sie gaben das Leder in die Hände Embiids und schauten sich mal an, was er damit anstellt. Das Bewegung abseits des Balles kam zum Erliegen, der Kameruner traf gegen zwei oder sogar drei Verteidiger die falsche Entscheidung. Zugegeben, das war in den vergangenen Wochen nicht mehr so häufig der Fall - trotzdem muss es für die anstehenden Playoffs nichts Schlechtes sein, wenn andere Spieler Scoring-Verantwortlichkeiten übernehmen und dadurch reifen.

Wie sehr sie gereift sind, wird sich in der Nacht auf Samstag zeigen, wenn es zum vielleicht vorentscheidenden Duell mit den Cleveland Cavaliers um Platz 3 kommt (ab 1 Uhr live auf DAZN). . Auch wird es ein Hinweis darauf sein, wie weit das junge Team, dessen Leistungsträger bis auf Redick keine Postseason-Erfahrung haben, schon ist.

Ein Mann jedenfalls ist optimistisch: Charles Barkley. Auch ihm ist nicht entgangen, dass die Stadt, in der er einst seine NBA-Karriere begann, auf der US-Landkarte zuletzt eine dominante Rolle gespielt hat: "Ich mache jetzt eine Vorhersage", kündigte Chuck an: "Die Eagles haben gewonnen. Villanova hat gewonnen. Und die 76ers werden die NBA Championship holen."

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