Der Draft lieferte wieder einmal jede Menge Geschichten. SPOX lässt die Nacht noch einmal Revue passieren und kürt dazu Gewinner und Verlierer. Außerdem gibt es noch einmal die wildesten Stories rund um das Event.
Die Gewinner des Drafts
Phoenix Suns und Deandre Ayton
Manchmal ist man in einer Position, in der eigentlich nur wenig schiefgehen kann. Klar, es gab (berechtigte) Meinungen, dass Luka Doncic der erste Pick hätte sein können, doch Phoenix nahm in Deandre Ayton die sichere Sache. Es macht auch Sinn, da die Suns auf der Suche nach einem Center waren und diesen nun gefunden haben.
Die Suns ließen sich nicht beirren, ließen sich nicht auf irrwitzige Trades ein und taten einfach das, was von ihnen erwartet wurde. Ayton war der beste Prospect, also wurde er auch der Top-Pick. So einfach ist das.
Doch das war noch nicht alles. Mit Pick 16 holten die Suns Zhaire Smith, den sie umgehend zu den Philadelphia 76ers schickten, um im Gegenzug Mikal Bridges zu bekommen. Der NCAA-Champion mit Villanova galt vor dem Draft als eine sichere Anlage und könnte zu einem zuverlässigen 3-and-D-Spieler werden. Bridges wird wahrscheinlich kein Star, dafür könnte er aber ein wichtiger Rollenspieler im Gebilde mit Devin Booker und Ayton werden.
Zu Beginn der zweiten Runde schnappten sich die Suns dann noch Elie Okobo. Der Franzose galt auch als möglicher Erstrundenpick und war ebenso eine solide Wahl.
Puma
Um noch einmal kurz zu Ayton zurückzukommen. Der Center wird in der Zukunft mit Puma-Schlappen über den Court laufen. Ein echter Coup für das deutsche Unternehmen, welches über Jahre im Basketball keine Rolle spielte. Mit Marvin Bagley trägt auch der No.2-Pick die Schuhe von Puma, mehr geht eigentlich nicht, die Platzhirsche wie Nike schauen nur in die Röhre.
Traditionell lassen sich zwar Schuhe von Bigs weniger gut verkaufen, doch nun hat Puma zumindest mal den Fuß in der Tür. Neben den beiden Top-Picks werden zudem auch Michael Porter Jr. (#14) und Zhaire Smith (#16) von den Deutschen ausgerüstet.
Mavs und Doncic
Es war also nicht nur Rauch, dass die Mavs großes Interesse an Luka Doncic hatten. In der Draft Lottery hatten die Texaner noch Pech, als man vom dritten Platz auf Position fünf in der Draft-Reihenfolge abrutschte, doch kurz vor dem Draft korrigierten die Mavs dies. Rückblickend kostete es Dallas einen Erstrundenpick, doch dies könnte sich mehr als lohnen.
Mit Doncic holte man sich nicht irgendeinen talentierten Europäer ins Haus, sondern einen hochdekorierten Youngster, der die Fans in Europa verzückte und auch unter ehemaligen NBA-Spielern der beste Spieler auf dem Court war, was sich in MVP-Titeln in der ACB und der EuroLeauge ausdrückte.
Zusammen mit Dennis Smith Jr. steht der Slowene nun für die neuen Mavs. Die zwei sollten sich auch mehr als gut ergänzen, gerade Doncic dürfte in der Association seine Stärken als sekundärer Ballhandler ausspielen können. Dallas dürfte nächstes Jahr ein League-Pass-Liebling sein. Mehr kann sich der gute Dirk auf seine alten Tage gar nicht wünschen.
Moritz Wagner
Besser hätte der Abend aus deutscher Sicht kaum laufen können. Nicht nur wurde Moritz Wagner von den Lakers ausgewählt, nein, der gebürtige Berliner wurde sogar schon in der ersten Runde ausgewählt, was mit einem automatischen Zahltag verbunden ist, da Erstrundenpicks ein festgeschriebenes Gehalt bekommen.
Nun spielt Wagner für eines der berühmtesten Teams im kompletten US-Sport vor den Augen sämtlicher Hollywood-Sternchen und denen, die sich dafür halten. Auch die Basketball-Prominenz lässt sich sehen. Ratschläge von Magic Johnson oder Kobe Bryant nimmt sicherlich jeder gerne an.
Und da wären auch noch die großen Pläne in LaLa-Land. Es ist schließlich bekannt, dass die Lakers auf der Jagd nach den großen Fischen sind, die LeBron James, Paul George oder Kawhi Leonard heißen könnten. So oder so: Es dürfte eine aufregende Rookie-Saison für den nächsten deutschen Import werden.
Boston Celtics
Vielleicht war es besser, dass Robert Williams nicht beim Draft anwesend war. Seine Miene hätte sich wohl von Minute zu Minute verfinstert, verschmähten doch zahlreiche Teams den potenziellen Lottery Pick. Der Center wurde letztlich bis auf Position 27 durchgereicht, wo die Boston Celtics ihr Glück kaum fassen konnten und dankend zuschlugen.
"Er ist sehr talentiert, wir dachten, dass er an 17 oder 18 weg ist", konstatierte Coach Brad Stevens und auch GM Danny Ainge gab zu, dass der Big so spät in der ersten Runde als Best Player available ein absoluter No Brainer war. Die Frage ist nur: Warum fiel der ehemalige Aggies-Star überhaupt so tief? Die Antwort kann im Moment keiner geben.
Die Verlierer des Drafts
Michael Porter
Das ist bei Michael Porter ein wenig anders. Seine schwere Rückenverletzung aus dem Vorjahr schreckte potenzielle Abnehmer dann doch mehr ab als gedacht. Vor dem Draft gab es sogar Spekulationen, dass die Sacramento Kings mit ihrem No.2-Pick an den Missouri-Forward dachten, am Ende fiel Porter Denver als letzter Lottery Pick in den Schoß.
Die Mundwinkel von Porter erinnerten Pick nach Pick mehr an die von Angela Merkel, da musste ihm Agent Mark Barthelstein mehr als einmal aufmunternd auf den Rücken klopfen. Es war vielleicht auch nicht besonders clever, sich mit Kevin Durant und Giannis Antetokounmpo nach drei College-Spielen und einem maladen Rücken zu vergleichen.
Immerhin reagierte Porter trotzig: "Ich werde dafür sorgen, dass dies der beste Pick ist, den die Nuggets jemals gemacht haben." Hoffen wir nur, dass dafür der Rücken hält.
Dennis Schröder
Wie geht es mit dem deutschen Nationalspieler in Atlanta weiter? Der Draft könnte ein weiteres Zeichen dafür sein, dass Schröder nicht mehr lange das Trikot der Hawks tragen wird. Mit Trae Young schnappten sich die Hawks den vermeintlich besten Guard der Draft Class und verzichteten dabei auch auf Doncic, den sie lieber den Mavs überließen, wenn auch versüßt mit einem zukünftigen Erstrundenpick.
GM Trevis Schlenk war voll des Lobes für Young, den er nicht nur als reinen Shooter sieht: "Das bekommt natürlich viel Aufmerksamkeit, doch was wir vor allem an ihm mögen, sind seine Fähigkeiten, die Mitspieler einzusetzen."
Mit Kevin Huerter sicherte sich Atlanta obendrein auch noch einen weiteren Guard mit einem sicheren Wurf. Der ehemalige Mitarbeiter der Warriors, Schlenk, arbeitet also an einer neuen, aber kleineren Version der Splash Brothers. Wie Schröder da reinpasst? Laut Schlenk können Young und der Deutsche auch zusammen auf dem Feld stehen.
Trotz dieser Aussagen scheint hier aber das letzte Wort noch nicht gesprochen zu sein. Schenkt man den Berichten aus Atlanta Glauben, sind die Hawks weiter nicht gut zu sprechen auf die kritischen Aussagen von Schröder in Bezug auf den Rebuild, die er im Mai auf einer PK in Braunschweig tätigte.
Orlando Magic
Die Magic sammeln weiter fleißig Big Men und holten mit dem sechsten Pick Mo Bamba. Bitter gelaufen für Orlando, sie schienen doch eigentlich der Favorit auf Young zu sein, bevor Atlanta dann doch auf Doncic verzichtete und den Trade mit Dallas machte. In einem Draft mit wenig qualitativ hochwertigen Guards waren Orlando fast schon die Hände gebunden.
So wählte man nach dem Prinzip Best Player available, was eigentlich nie falsch ist. Das Problem war nur, dass dies in Bamba ein weiterer Center war. Es stehen nun bereits vor der Free Agency Jonathan Isaac, Bismack Biyombo, Nikola Vucevic, Khem Birch und eben Bamba im Kader - alles Bigs, die über 40 Millionen Dollar des Caps verschlingen und nicht gerade als überdurchschnittlich gelten dürfen. Dazu kommt auch noch die Free Agency (Restricted) von Aaron Gordon.
Isaac und Bamba können sicherlich deutlich besser sein als der Durchschnitt, doch dies könnte noch ein Weilchen dauern. Der Kader-Struktur in Orlando ist und bleibt verheerend. Mal sehen, was der Sommer in Disneyland noch so bringt.
Kurioses und Buntes
Der Twitter-Wahnsinn von Woj
Und was passierte sonst so? Einiges! Die NBA schafft es wie wohl keine andere Liga, rund um ein solches Event für Entertainment zu sorgen. Das fängt schon bei den Medien-Outlets an. So erklärte ESPN vor dem Draft, dass die Newsbreaker des Konzerns, also vor allem Adrian Wojnarowski, die Picks nicht spoilern werden.
Blöd nur, dass Marc Stein von der New York Times dem nicht unterlag und vorzeitig vermeldete, dass sich die Mavs Doncic per Trade gesichert hatten. Ab diesem Zeitpunkt hatte der gute Woj wohl die Schnauze voll und ließ auf seine Art und Weise die Muskeln spielen.
Es war beste Unterhaltung, wie er immer wieder andere Formulierungen fand, um zu umschreiben, dass Team X Spieler Y mit Pick Z nehmen würde. So konnten die Lakers Moritz Wagner nicht widerstehen oder die Jazz hatten nicht die Absicht, von Grayson Allen abzusehen. Es war einfach nur großes Kino und machte den ESPN-Mann ebenfalls zu einem der großen Gewinner des Abends.
Embiid vs. Ayton
Wer an so einem launischen Twitter-Abend nicht fehlen durfte, war natürlich Joel Embiid. Der Kameruner war wenig erfreut darüber, dass No.1-Pick Ayton mehrfach mit ihm verglichen wurde und ließ dies die Twitter-Welt wissen.
Drama um Mikal Bridges
War das ein bitterer Abend für Mikal Bridges und seine Familie. Mama Tyneeha Rivers arbeitet nämlich für die Sixers und konnte ihr Glück kaum fassen, als der Name ihres Sohns von den Sixers an zehnter Stelle aufgerufen wurde.
Alles schien seinen Gang zu nehmen, Bridges setzte sich brav eine Sixers-Kappe auf und beantwortete bereits seelenruhig die Fragen der Journalisten, wie sehr er sich auf Philly freute. Dabei berichtete er von Freudentränen seiner Mutter und freute sich wie Bolle auf die Sixers.
Blöd nur: Als der ehemalige Villanova-Forward diese Fragen beantwortete, sickerte durch, dass Phoenix sich die Rechte an Bridges gesichert haben. Immerhin: Das Wetter in Arizona soll ja nicht so übel sein.
Knicks-Fans bleiben undankbar
Das ist nun fast schon eine Tradition. Es ist eigentlich egal, wen die Knicks picken, die Fans der Franchise sind damit nicht zufrieden und buhen leidenschaftlich, das war auch im Jahr 2018 nicht anders. Kevin Knox bekam wie einst Kristaps Porzingis die volle Breitseite ab. Heißt das nun, dass aus ihm mal ein Star wird?
Collin Sextons Pitch für LeBron
Es war ja nett gemeint von Collin Sexton. "Auf geht's LeBron. Lass uns Cleveland wieder in die Finals führen", sagte der Guard zu ESPN direkt, nachdem er von den Cavs gedraftet wurde. Es war aber dann doch eher ein plumper Versuch des Rookies, der sich auf noch zu folgender Aussage hinreißen ließ. "Ich habe gesehen, dass dir ein paar Puzzleteile fehlen, ich bin eines davon."
Kam sicher gut bei seinen künftigen Mitspielern an. Gut, man muss den Youngster auch verstehen: Geht LeBron warten wohl harte Jahre in der Lottery auf die Franchise. Dann doch lieber mit LeBron um den Titel spielen. Allerdings: LeBron ist nicht gerade bekannt dafür, dass er gerne mit Rookies spielt. Dass ihm Sexton vom Gegenteil überzeugen wird, darf bezweifelt werden.
Spalding wird ein Star - Dallas holt Antetokounmpo
Kommen wir zum Ende und was wie immer nicht fehlen darf, sind natürlich einige kuriose Namen. Allerdings gab da die letzte Saison ein wenig mehr her, als sich Spieler wie Alpha Kaba im Draft tummelten. Dass Ray Spalding ein klarer Kandidat für die NBA ist, kann man sich ja ohnehin denken, auch wenn erst Dallas mit Pick 56 auf den Trichter kam und diesen unglaublichen Steal landete.
Apropos Dallas: Mit fünfjähriger Verspätung drafteten die Texaner endlich Antetokounmpo - wenn auch nur Kostas, den jüngeren Bruder des Bucks-Stars. Der legte übrigens im College bei Dayton in 15,1 Minuten 5,2 Punkte auf. Wir stellen fest: Da ist noch Luft nach oben. Oder ist das etwa der erste Pitch für Giannis in ein paar Jahren?