NBA: Lakers, Warriors, Rockets & Co.: Die Gewinner und Verlierer der Offseason

Ole Frerks
17. Juli 201814:05
Die Gewinner und Verlierer der NBA Offseason.SPOX
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Mittlerweile sind die meisten Entscheidungen des Sommers getroffen, es ist also an der Zeit, die Gewinner und Verlierer der Offseason zu küren. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Wir präsentieren unsere Kandidaten!

Gewinner: Die Los Angeles Lakers

Machen wir uns nichts vor: Selbst wenn die Lakers nächste Saison nicht um den Titel mitspielen (das werden sie nicht) und einige mehr als fragwürdige Free Agency-Entscheidungen getroffen haben, gehören sie ganz klar auf diese Liste. Dass sich LeBron James für sie entschieden hat, ohne dass vorher ein anderer dicker Fisch geholt werden musste, bestätigt einmal mehr den Sonderstatus dieser Franchise.

Ihr Reiz ist immer noch groß genug, um auch den besten Spieler der Welt von einem Wechsel zu überzeugen - obwohl die Lakers nun seit Jahren nicht viel gerissen haben, weder in der Free Agency noch auf dem Court. LeBron symbolisiert für sie jetzt den ersten Schritt zurück ins gelobte Land, es müssen aber definitiv noch einige weitere folgen.

Dass James für vier Jahre unterschrieben hat, ist dabei ein nicht zu unterschätzender Pluspunkt für die Lakers, weil dadurch eben keine Not da war, direkt in diesem Sommer alle Assets einzutauschen, um beispielsweise Kawhi Leonard zu holen. Man muss sich nicht von den Spurs über den Tisch ziehen lassen, weil eben nicht alles von der kommenden Saison abhängt.

Stattdessen wird nun erst einmal abgewartet, wie gut gerade die jungen Spieler wie Brandon Ingram, Lonzo Ball und Kyle Kuzma, aber auch Moritz Wagner neben LeBron passen - es sei denn, San Antonio lässt doch noch einmal mit sich reden. Im nächsten Jahr folgt dann der nächste Anlauf, weshalb alle Free Agents abgesehen von LeBron richtigerweise auch nur Einjahresverträge bekommen haben.

Wie die kommende Saison dann spielerisch aussehen wird, ist eine interessante Frage - die Kombination aus Spielertypen und Charakteren bei den Lakers ist absolut faszinierend. Gewinner ist die LakeShow aber ohnehin nicht primär wegen der kommenden Saison, sondern wegen der Strahlkraft. Die Lakers sind nach einigen Jahren der Abstinenz wieder relevant.

Verlierer: Die Cleveland Cavaliers

Gratulation an Besitzer Dan Gilbert, der jetzt endlich wieder die "Kontrolle" über sein Team hat. Mal sehen, wohin das führt - und ob Kevin Love wirklich die komplette nächste Saison in Ohio bestreiten wird. Immerhin Collin Sexton dürfte Spaß machen.

Verlierer: Die Eastern Conference

Die Superstar-Migration Richtung Westen wurde fortgesetzt, nun spielen sogar noch weniger "Headliner" der NBA im Osten. In der Spitze ist die Eastern Conference zwar gut besetzt, gerade die Celtics und die 76ers sind bestens aufgestellt und auch bei den Bucks spielt mit Giannis Antetokounmpo ein ganz heißer MVP-Kandidat für das kommende Jahr.

Dahinter wird es aber relativ schnell finster, es bleibt abzuwarten, ob sich acht Teams mit positiver Bilanz finden lassen, während im Westen vermutlich zwölf Teams das Potenzial für 45+ Siege mitbringen. Es wird sich leider nichts daran ändern, dass das Conference-System alles andere als fair ist, eine 1-bis-16-Ordnung nach Bilanz in den Playoffs lässt sich aus verschiedenen Gründen bei den Teambesitzern nicht durchboxen.

Vielleicht lässt sich ja wenigstens am Format des All-Star Games etwas machen. Zwölf Spieler pro Conference wird dem Westen keineswegs gerecht und nächste Saison ist Damian Lillard dann vielleicht nicht mehr der einzige Star, der sich präventiv schonmal über eine Nicht-Berücksichtigung aufregt, bevor die Teams überhaupt bekannt gegeben werden.

Gewinner: Die Philadelphia 76ers

Die Celtics, Bucks und Raptors sind hier ebenfalls zu nennen, einfach schon deshalb, weil LeBron nicht mehr im Osten spielt und die Straße zu den Finals damit nicht mehr aus Prinzip versperrt ist (auch wenn Boston ohnehin schon sehr nah dran war). Der Osten hat sein Schreckgespenst verloren.

Die Sixers sind aber auch sonst sinnvoll aktiv gewesen, wenn man die Posse um Ex-GM Bryan Colangelo und die privaten Twitter-Accounts seiner Frau (vermutlich) ausklammert. Die Abgänge Ersan Ilyasova und Marco Belinelli wurden durch Wilson Chandler und Nemanja Bjelica hochwertig und günstig ersetzt, J.J. Redick und Amir Johnson wurden relativ günstig gehalten, ohne den Cap-Space für nächsten Sommer dadurch zu gefährden.

Auch der Draft-Day-Deal, in dem die Sixers für No.10-Pick Mikal Bridges No.16-Pick Zhaire Smith sowie einen ungeschützten 2021er Erstrundenpick aus Phoenix bekamen, war ein großer Gewinn für die Franchise, der fast schon Sam-Hinkie-artige Züge annahm: Dieser Pick kann in der Zukunft noch richtig wichtig werden, zumal er aus Miami kommt - niemand weiß aktuell, wie gut oder schlecht die Heat in der Saison 2020/21 dastehen werden.

Wenn man bedenkt, dass Philly noch immer keinen neuen GM hat und Head Coach Brett Brown diese Entscheidungen kommissarisch getroffen hat, kann man da nur den Hut ziehen. Auch er hat sich nicht über den Tisch ziehen lassen ...

Verlierer: Kawhi Leonard

... wobei das ja immer noch passieren kann. Stand jetzt allerdings hat sich Kawhi Leonard mit seiner Tradeforderung keinen Gefallen getan, sein Ansehen hat aufgrund der vergangenen Saison eher Schaden genommen und bisher hatte kein Team Lust, die (angeblich bewusst überzogenen) Forderungen der Spurs auch nur annähernd zu erfüllen.

Auch irgendwie verständlich - warum würde irgendjemand die Farm opfern, wenn völlig unklar ist, ob Leonard dann überhaupt für mehr als ein Jahr bleibt? Das wäre in anderen Jahren vielleicht realistischer gewesen, aktuell scheinen die Warriors aber so weit enteilt zu sein, dass kein wirklich ambitioniertes Team seine Zukunft für eine "Leihe" von einem Jahr opfern möchte.

Vielleicht ändert sich das noch, vielleicht schnüren ja beispielsweise die Raptors noch ein Paket, mit dem San Antonio leben kann. Andernfalls jedoch wirkt es immer wahrscheinlicher, dass Leonard - gegen seinen Willen - die neue Saison trotz allem bei den Spurs eröffnen "muss". Das hatte er sich sicherlich anders vorgestellt.

Gewinner: Die OKC Thunder

OKC hat gezeigt, dass eine "Leihe" eben doch funktionieren kann. Letztes Jahr wollte Paul George noch zu den Lakers, nun jedoch hat ihn OKC so überzeugt, dass er seinem Heimat-Team nicht einmal ein Treffen gewährt hat - stattdessen unterschrieb er sofort einen neuen Vierjahresvertrag bei den Thunder. Das ist ein riesiger Gewinn für die Franchise.

Klammern wir mal aus, dass OKC aktuell eine komplett irre 300-Mio.-Dollar-Payroll hat (Carmelo Anthony wird ja so oder so noch aus den Büchern gestrichen) und dass sie trotz allem wohl kein "echter" Titelkandidat sein werden - die Entscheidung von George legitimiert sie gewissermaßen als Team und verhindert andererseits auch ein wesentlich hässlicheres Szenario.

Hätte George sich nämlich doch für die Lakers (oder wen anders) entschieden, stünde OKC noch immer mit einer fiesen Gehaltsliste da, aber ohne vergleichbare Qualität oder die Möglichkeit, diese anderweitig zu bekommen. Dann wäre Russell Westbrook wieder fast ganz alleine zuhause, ohne echte Perspektive abgesehen von über 205 Millionen Dollar über die nächsten fünf Jahre (gut, so schlimm klingt das auch nicht).

Stattdessen wird Westbrook den Rest seiner Prime nun mit einem Co-Star verbringen, der eigentlich fast perfekt zu ihm passt und offensichtlich kein Problem damit hat, wenn der MVP von 2017 40+ Würfe nimmt. Dieses Duo kann zusammen noch wachsen - auch deshalb, weil Melo eben nicht mehr als "drittes Rad" in die Gleichung mit hineinspielt.

Überdies könnte sich die Verpflichtung von Nerlens Noel als genau die Art von Low-Risk-High-Reward-Verpflichtung herausstellen, auf die Teams im Luxussteuer-Bereich dringend angewiesen sind.

Verlierer: Die Houston Rockets

Genau das hatte Houston vergangenen Sommer perfekt hinbekommen, als man Luc Mbah a Moute zum Minimum verpflichten konnte und dieser dann einen extrem wichtigen Bestandteil der Rotation darstellte. Nun ist aber nicht nur Mbah a Moute, sondern auch Trevor Ariza weg und es stellt sich die Frage, wie genau Michael Carter-Williams und (vermutlich) Carmelo Anthony die Lücken füllen sollen, die diese beiden Forwards hinterlassen.

Houston lebte in der vergangenen Saison abgesehen von seinem Super-Backcourt um James Harden und Chris Paul ja primär von der 3-and-D-Vielseitigkeit auf dem Flügel und brachte die Warriors mit einem Mix aus Isolation-Offense und Switch-Everything-Defense an den Rand einer Niederlage. Insofern überrascht es, dass die Rockets nun einen kleinen Kurswechsel eingeschlagen haben und sich insbesondere um Mbah a Moute wohl gar nicht wirklich bemühten.

Daryl Morey hat schon öfter kuriose Lösungen aus dem Hut gezaubert, die dann gut funktionierten, man sollte die Rockets nun also sicher nicht abschreiben - zu den beiden besten Teams im Westen gehören sie nach wie vor. Aber: Auch wenn man sich mit Clint Capela noch einig wird, bleibt die Frage doch bestehen, inwiefern sie nächstes Jahr besser sein wollen. An sich passen weder Melo noch MCW so richtig zur Identität der Rockets.

Gewinner: Die Golden State Warriors

Eines fernen Sommers werden auch die Warriors mal wieder den Kürzeren ziehen, wichtige eigene Spieler verlieren und es nicht schaffen, sich noch mit anderen Free Agents sinnvoll zu verstärken. Der Sommer 2018 war nicht dieser Sommer. DeMarcus Cousins schrieb die Schlagzeilen, Jonas Jerebko passt spielerisch vielleicht aber sogar noch besser zu den Dubs. Der Sommer war erneut ein absoluter Home-Run für GM Bob Myers und Co.

Vielleicht ja nächstes Jahr.

Verlierer: Restricted Free Agents

Einige Restricted Free Agents haben zwar mittlerweile durchaus ordentliche Deals bekommen, im Vergleich zu anderen Jahren war der Markt allerdings richtig dünn für den "Nachwuchs" - vor allem dann, wenn man den Vergleich zum absurden Sommer 2016 zieht.

Julius Randle (2 Jahre, 18 Mio.), Jabari Parker (1 Jahr, 20 Mio. garantiert) oder Clint Capela (noch unklar) hätten damals ziemlich sicher Maximalverträge oder ähnliches bekommen, derzeit wirkt es für viele Spieler immer reizvoller, es ein Jahr lang "günstig" zu versuchen, um dann nächstes Jahr einen neuen Versuch in der Free Agency zu starten, wenn wesentlich mehr Geld vorhanden ist.

2018 hatten nur sehr wenige Teams signifikant Cap-Space, weshalb beispielsweise Capela, Marcus Smart oder Rodney Hood auch noch immer keine lukrativen Vertragsangebote bekommen haben, die wiederum ihre Teams in Zugzwang gebracht hätten. Miese Teams mit Cap-Space nutzten diesen vermehrt, um schlechte Verträge anderer Teams aufzunehmen und diesen dafür Draft-Picks abzunehmen, statt sich um RFAs zu bemühen. Nie waren Picks wertvoller als heute.

Gewinner: Zach LaVine

Jede Regel braucht natürlich auch eine Ausnahme, und das ist in diesem Fall LaVine: Nur bei ihm ließ sich ein "fremdes" Team zu einem "im Stile von 2016" üppigen Angebot hinreißen, das so hoch war, dass Chicago wohl eigentlich hätte passen sollen. Nun hatte LaVine Glück: Er bekommt das Geld, ohne dafür nach Sacramento zu müssen.

Verlierer: Isaiah Thomas

Wenn man nur auf die letzten 13 Monate blickt, hat kein Spieler mehr verloren als IT4 - von einem MVP-Kandidaten, Publikumsliebling, Playoff-Helden und Fast-30-Punkte-Scorer wurde er in Windeseile zu einem Spieler, den nach seinem Cavs-Intermezzo niemand mehr so wirklich haben wollte. Der Ruf litt unter Streitereien in Cleveland, dazu war Thomas verletzt und so wurde aus einem potenziellen Max-Deal ("Brinks Truck") ganz schnell ein Minimalvertrag.

Thomas findet sich in Denver nun in einer Situation wieder, die er eigentlich schon hinter sich gelassen hatte: Er muss sich neu beweisen, ein weiteres Mal Zweifel daran ausräumen, dass er trotz seiner geringen Größe ein Star oder wenigstens Impact Player in der NBA sein kann. Das ist ihm zweifelsohne zuzutrauen, er hat es ja schon mehrfach geschafft.

Es ist ihm auch zu wünschen. Ob man Thomas als Spieler mag oder nicht, die Geschichte des ehemaligen No.60-Picks ist absolut inspirierend und hat ein besseres Ende verdient. Und: Defensiv wird es zwar bisweilen ein ziemlicher Krampf werden, offensiv aber haben die Nuggets mit Thomas, Nikola Jokic und ihren jungen Spielern Potenzial bis zum Abwinken.

Gewinner: Die Free Agency 2019

Wer enttäuscht war, dass in diesem Sommer nicht so viele Superstars das Team gewechselt haben wie erhofft, und dass kein neues echtes Superteam entstanden ist: Einfach schon mal auf die Free Agency 2019 freuen. Dort gibt es nämlich wesentlich mehr Cap-Space - und auch wesentlich mehr Free Agents der allerhöchsten Güteklasse.

Eine Auswahl, wer 2019 Free Agent ist oder sein könnte: Kevin Durant, Kawhi Leonard, Kyrie Irving, Jimmy Butler, Klay Thompson, Karl Towns (sollte dieser nicht noch vorzeitig verlängern), DeMarcus Cousins, Kristaps Porzingis ... und das ist wirklich nur eine kleine Auswahl. All die Spieler, die in diesem Jahr nur 1+1-Verträge oder ähnliches unterschrieben haben, können dann natürlich auch wieder auf dem Markt auftauchen.

Wie sich die Kräfteverhältnisse dann verschieben werden, bleibt natürlich abzuwarten. Man kann sich aber schon jetzt darauf einstellen, dass ein Großteil der Saison von Spekulationen über einen Abschied von Durant und damit dem "Zerfall" der Warriors-Dynastie geprägt sein wird. Wie gesagt: Eines fernen Sommers ...