Neuer Head Coach, First Overall-Pick, Maximal-Vertrag - bei den Phoenix Suns war ordentlich was los im Sommer. Nun soll das Team den nächsten Entwicklungssprung hinlegen. Geht der Plan auf? Die Offseason-Analyse.
Phoenix Suns: Die Transaktionen
Nachdem seit längerem klar war, dass Jay Triano nur in der abgelaufenen Saison an der Seitenlinie der Suns stehen wird, lag die erste Aufgabe für das Front Office darin, einen neuen Head Coach zu finden. Bereits Anfang Mai gab das Team die Verpflichtung von Igor Kokoskov bekannt. Der Serbe war in der vergangenen Spielzeit noch Assistant Coach bei den Utah Jazz und wird nun der erste europäische Head Coach der NBA-Geschichte sein.
Im Draft durfte zum dritten Mal in Folge unter den Top-4 ausgewählt werden - in diesem Jahr sogar First Overall. Mit DeAndre Ayton wurde wie erwartet der potenzielle Franchise-Big-Man gepickt, der mit Devin Booker einen hervorragenden One-Two-Punch bilden könnte. Zudem wurde der 16. Pick mit einem weiteren First-Rounder von 2021 an die Sixers abgegeben, um sich die Dienste des an zehnter Stelle gezogenen Mikal Bridges zu sichern.
Die Free Agency gehörte in der jüngeren Vergangenheit nicht unbedingt zu den großen Stärken der Suns, in diesem Sommer wurde aber zumindest ein (halbwegs) großer Fisch an Land gezogen. Mit Trevor Ariza verstärkt ein Veteran das Team, der in der jungen Mannschaft so etwas wie die Papa-Rolle einnehmen wird. Zudem wurde Booker langfristig mit einem Maximalvertrag ausgestattet, der ihm nach Auslaufen seines Rookie-Vertrags 158 Millionen Dollar in fünf Jahren einbringen wird.
Die beiden Free Agents Elfrid Payton und Alex Len wurden nicht gehalten, Tyler Ulis und Alan Williams gewaived. Zumindest für Payton und Ulis soll aber wohl noch ein Ersatz kommen, auch wenn mit Elie Okobo ein Point Guard in der zweiten Runde gedraftet wurden.
Um etwas Gehalt zu sparen, schickten die Suns Veteran Jared Dudley (9,5 Millionen Dollar) per Trade zu den Brooklyn Nets, wofür sie Darrell Arthur (7,4 Millionen) bekamen. Hier wird es einen Buyout geben. In diesem Deal musste Phoenix einen 2021er Secondrounder oben drauf packen. In einem weiteren Move akquirierten die Suns für Cash Considerations Center Richaun Holmes aus Philly.
Phoenix Suns: Die Strategie
"Ich habe es satt, die Playoffs nicht zu erreichen, das wird das letzte Mal gewesen sein", kündigte Booker nach dem letzten Saisonspiel 2017/18 im April an. Fast schon gezwungenermaßen wird man die Suns in der kommenden Spielzeit an diesem Zitat messen - auch wenn man Franchise-intern sicherlich weiß, dass dieser Schritt in der unfairen Western Conference wohl noch zu groß sein wird.
Trotzdem wurde in der Offseason kräftig daran gearbeitet schon, jetzt schon ein schlagkräftiges Team auf die Beine zu stellen. Ariza ist ein Neuzugang, der an beiden Enden des Spielfeldes sofort helfen dürfte und den jungen Spielern zudem als Mentor dient.
Auch die Draft-Night deutet auf einen sofortigen Angriff hin. Ayton ist im Vergleich mit Doncic die etwas sichere Variante, von dem sofortiger Impact zu erwarten ist. Genauso verhält es sich auch mit Bridges: Die Entscheidung, einen zukünftigen First-Rounder abzugeben um sechs Plätze früher zu picken, war gewagt und zeigt dennoch: Die Suns verfolgen einen klaren Plan.
Teil dieses Plans ist nun auch Kokoskov, der bereits seit 2000 Assistant Coach in der NBA ist. In den vergangenen drei Jahren lernte er vom letztjährigen Coach-of-the-Year-Kandidaten Quin Snyder und wurde 2017 als Head Coach mit Slowenien Europameister.
Finanziell haben sich die Suns trotz des Umschaltens in den Angriffsmodus eine gewisse Flexibilität erhalten. Mit Ariza oder Tyson Chandler gibt es 2019 drei gutverdienende Free Agents, bei Dragan Bender oder Marquese Chriss kann sich die Franchise entscheiden, ob langfristig mit den Bigs geplant oder ob auf Vertrags-Verlängerungen aufgrund stagnierender Entwicklung verzichtet werden soll.
Stand jetzt geht man in die Offseason 2019 mit elf Spielern und knapp 90 Millionen Dollar an Gehältern - damit lässt sich arbeiten, um die Schwachstellen, die sich im Verlauf der kommenden 82 Spiele sicherlich auftun werden, anzugehen.
Der Kader der Phoenix Suns
Point Guard | Shooting Guard | Small Forward | Power Forward | Center |
Brandon Knight | Devin Booker | Trevor Ariza | Josh Jackson | Deandre Ayton |
Elie Okobo | Troy Daniels | T.J. Warren | Marquese Chriss | Tyson Chandler |
Davon Reed | Mikal Bridges | Dragan Bender | Richaun Holmes | |
Phoenix Suns: Die Schwachstellen
Bereits in der vergangenen Saison stellte die Defensive die größte Baustelle der Suns dar (schlechtestes Defensiv-Rating der Liga). Die Verpflichtung von Ariza soll dem nun entgegenwirken, der 33-Jährige ist einer der besten Flügelverteidiger der Association. Auch Ayton hat zumindest die körperlichen Voraussetzungen, um ein solider Ringbeschützer zu werden. Am College wirkte er allerdings nicht immer voll fokussiert und verpennte des Öfteren seine Einsätze als Help-Defender.
Etwas Hoffnung macht hier der Trade für Richaun Holmes, der billig ist und durchaus Potential zum Rim Runner sowie Ringbeschützer mitbringt.
Aber: Trotz Ariza haben die Suns mit einem Durchschnittsalter von 24,5 noch immer das viertjüngste Team der Liga. Und auch Kokoskov ist und bleibt - trotz seiner 18 Jahren in der NBA - ein Rookie-Coach. Natürlich bringt die Jugend auch eine gewisse Unbekümmertheit mit sich, in engen Spielen oder einer (nicht ganz unwahrscheinlichen) Niederlagen-Serie würde Erfahrung aber nicht schaden.
Weitere Fragezeichen gibt es im Backcourt. Hier erhoffen sich die Suns eine Art Wiedergeburt von Brandon Knight, aktuell wäre er sogar Starter. Dass er ein Spielmacher ist, hat Knight aber in seiner kompletten Karriere noch nicht bewiesen. Aufgrund seiner Verletzungshistorie ist das ein großes Risiko, zumal hinter ihm nur der besagte Zweitrundenpick Elie Okobo wartet. Entlastung für Booker als Ballhandler sieht definitiv anders aus.
Phoenix Suns: Die Hoffnungsträger
Ganz klar: Wenn ein Spieler im Draft an erster Stelle ausgewählt wird, macht ihn das partout zum Hoffnungsträger der Franchise. Ayton bringt alles mit, um die Zukunft in Arizona wieder heller zu gestalten. Mit seinem offensiven Skillset, seiner Athletik und seinen Fähigkeiten im Rebound könnte er den gegnerischen Big Man in Zukunft einiges an Kopfschmerzen bereiten.
Natürlich zeigt aber auch der langfristige Booker-Deal, dass die Hoffnungen der Suns nicht nur auf Ayton beruhen, sondern in Booker der Franchise-Spieler gesehen wird, der ihnen mindestens seit dem Abgang von Steve Nash gefehlt hat. Trotz seiner drei NBA-Saisons und der 70-Punkte-Performance 2016/17 darf man dabei nicht vergessen, dass er erst 21 Jahre alt ist. Nun wird es darauf abkommen, wie sehr die beiden harmonieren - und wie ihre Entwicklung als Führungspersönlichkeiten voranschreitet.
Phoenix Suns: Das Fazit
Die langen Jahre des Rebuilds sollen endlich hinüber sein und der erste Playoff-Einzug seit 2010 mittelfristig angestrebt werden. Wenn das in der kommenden Saison schon gelingen sollte, wäre das eine Sensation - der Fokus liegt aber zweifelsohne auf den Jahren ab 2020.
Heißt: Die Fans dürfen sicherlich eine verbesserte Saison als die letzte erwarten, doch für mehr ist der Westen noch zu mächtig. Das könnte dazu führen, dass man auch ohne klassisches Tanken recht weit hinten im Tableau landet und sich einen weiteren brauchbaren Pick sichert. Der Ariza-Deal ist auch nicht unbedingt ein Zeichen dafür, dass das Front Office schon jetzt All-in gehen will - viel mehr geht es darum, dem massigen Talent um Booker, Ayton, Josh Jackson oder Bridges Sieger-Mentalität zu vermitteln.
Vieles spricht dafür, dass dieser Plan aufgeht und das Team aus Arizona spätestens 2020 seinen Status als "junges Team mit Talent" ablegen und angreifen kann.
Die Note: 3+