In der Nacht auf Freitag steigt in Houston die erste Neuauflage der Western Conference Finals zwischen den Rockets und den Golden State Warriors. Die beiden Schwergewichte haben aber beide mit Problemen zu kämpfen, vor allem bei den Warriors hängt nach der Auseinandersetzung zwischen Draymond Green und Kevin Durant der Haussegen schief.
Die Partie ist in der Nacht auf Freitag ab 2 Uhr live auf DAZN zu sehen.
Es war dann wohl doch zu harmonisch in der Bay Area. Stephen Curry ballerte sich munter durch die Saison, Klay Thompson machte mit seinem Dreierrekord vergessen, dass er bis dahin keine gute Spielzeit absolvierte und Kevin Durant redete weniger, spielte dafür mehr - und das verdammt gut.
Zumindest bis zum Clippers-Spiel. Da fehlte Curry verletzt und der Champion hatte mit den ungemütlichen Clippers alle Hände voll zu tun. Dennoch kämpften sich die Dubs trotz 14-Punkte-Rückstand im vierten Viertel in die Verlängerung und hatten davor sogar noch die Chance auf den Sieg.Genau diese Aktion brachte die (gespielte?) Harmonie in Oakland wiederum gewaltig ins Wanken.
Anstatt den wartenden Durant zu bedienen, verzettelte sich Draymond Green im Dribbling und die Uhr lief runter. Nicht ganz zu Unrecht beanstandete der zweimalige Finals-MVP diese Aktion, schließlich war er neben Klay der beste Schütze auf dem Feld. Was das Fass aber wohl zum Überlaufen brachte, war die Geste von Durant mit seiner 'Me First'-Attitüde.
Green unzufrieden mit Durant wegen dessen Free Agency
Green soll dies überhaupt nicht geschmeckt haben, das Wort 'Bitch' soll einige Male gefallen sein, zudem warf der Forward Durant wohl vor, dass dieser mit seiner anstehenden Free Agency die Aufmerksamkeit komplett auf sich ziehen wolle. In dieser Situation kam anscheinend all der Frust zutage, der sich bei Green über KD über Wochen angestaut hatte.
Damit hier kein falscher Eindruck entsteht - Differenzen gab es bei den Warriors schon oft. 2016 legte sich Green gar in den Playoffs mit Coach Steve Kerr an, in KDs erster Saison mit Golden State beschwerte sich Green über Durants Iso-Plays in Memphis. David West deutete nach den Finals 2018 an, dass es innerhalb des Teams einige Probleme gegeben hatte.
Ungewöhnlich ist das überhaupt nicht. Im Vergleich mit etwa den ShaKobe-Lakers sind die Dubs überwiegend sogar Chorknaben, abgesehen von Green, der weiterhin die Seele, der Antreiber des Teams ist. In der Bay Area ist man sich seiner manchmal schwierigen Persönlichkeit durchaus bewusst und die Vergangenheit hat gezeigt, dass er den gelegentlichen Ärger absolut wert ist.
Warriors spielen Streit herunter
"Draymond kann sehr dominant sein und die Jungs wissen das. Er hat einen großen Anteil an unserem Erfolg und deswegen wird er weiterhin seinen Stil durchsetzen. Ich kann mir auch gar nicht vorstellen, wie er sich irgendwie verändern und anders spielen könnte", erklärte Kerr unlängst und unterstrich noch einmal die Wichtigkeit des defensiven Ankers.
Auch GM Bob Myers wollte den Streit nicht unnötig aufbauschen und stattdessen lieber nach vorne blicken. Doch können die beiden Streithähne vergessen? Green kann noch heute die 34 Namen auswendig aufsagen, die im Draft 2011 vor ihm aufgerufen wurden. Auf der anderen Seite scheint Durant seit einigen Jahren sehr gereizt auf Kritik zu reagieren, siehe diverse Medienschelten ("Blog Boys") oder auch seine Eskapaden mit Burner-Accounts auf Twitter.
Allerdings war es auch Green, der Durant am stärksten rekrutierte, als dieser 2016 Free Agent war. Beide sind eigentlich gut befreundet. Ob diese Beziehung nun Schaden davongetragen hat? Das wird die Zeit zeigen, aber schon im vergangenen Jahr wirkten die Dubs oft gelangweilt und rauften sich erst in der Postseason zusammen, auch wenn die Situation nun ein wenig anders ist.
Bedroht Durant-Frage die Warriors-Dynastie?
Eine gewisse Schuld trägt dabei natürlich Durant, der anders als in den vergangenen Jahren seine Zukunft komplett offen lässt. Vorbei sind die Bekenntnisse, wie toll es sei, in der Bay Area zu spielen, entsprechend schwebt die Free Agency KDs wie ein Damokles-Schwert über der kompletten Organisation, die eigentlich optimistisch in die Zukunft blicken sollte, zieht man doch im kommenden Jahr in eine brandneue Area in San Francisco.
Dass die Warriors Green für den Vorfall mit einer Spielsperre bestraften, die den ehemaligen Defensive Player of the Year satte 120.000 Dollar kostet, könnte auch als Zeichen des "guten Willens" in Richtung KD gewertet werden. Der Bestrafte soll gemäß Marcus Thompson (The Athletic) ziemlich überrascht von der Spielsperre gewesen sein.
Die Situation ist ohnehin einmalig in der Geschichte der Liga. Die Warriors befinden sich inmitten einer Dynastie, sind das vielleicht beste Team der Geschichte. Freiwillig hat noch nie ein Topspieler in einer solchen Lage seine Zelte woanders aufgeschlagen. Durant könnte der Erste werden, einiges deutet im Moment zumindest daraufhin.
Thompson: Wir können uns nur selbst schlagen
Bis zum Juli bleibt aber noch jede Menge Zeit. Dass es hin und wieder krachen wird, ist nicht auszuschließen, aber gerade Curry und Thompson hielten das Team zumeist zusammen. "Wir wollen alle gewinnen", machte Thompson nach dem Hawks-Spiel deutlich. "Darum gibt es auch mal Streitigkeiten, weil wir besessen vom Gewinnen sind. Wir sind, glaube ich, das einzige Team, das uns schlagen kann."
Dies mag arrogant klingen (und ist es gewiss auch), doch es steckt viel Wahrheit dahinter. Die Warriors spielen in ihrer eigenen Liga, wenn sie fokussiert auftreten. Untermauern kann Golden State dies bereits in den kommenden Tagen, wenn der schwere Texas-Trip ansteht. Das Spiel gegen die Rockets, das Team, das vor einigen Monaten beinahe die Warriors-Dynastie beendet hätte, ist dabei für beide beteiligten Teams ein Gradmesser.
Rockets: Zurück zu den Wurzeln
Auch Houston hat seine Probleme - und diese gehen weit über die unsägliche Saga um Carmelo Anthony hinaus. Allerdings ist in Clutch City ein Aufwärtstrend zu verzeichnen, fünf der vergangenen sieben Spiele konnten gewonnen werden, wobei nur eines davon im heimischen Toyota Center ausgetragen wurde.
Der Stil erinnert wieder viel mehr an die vergangene Saison, was ein kurzer Blick auf die Zahlen untermauert. Die Rockets spielen die langsamste Pace, laufen die meisten Isolations und nur die Boston Celtics nehmen im Schnitt mehr Dreier als die D'Antoni-Truppe.
Noch wichtiger ist jedoch, dass Houston wieder eine Top-10-Defense stellt, obwohl Trevor Ariza oder Luc Mbah a Moute weiterhin vermisst werden. Die Rückkehr von Defensiv-Koordinator Jeff Bzdelik trägt indes bereits erste Früchte. Das Spiel gegen die Warriors dürften viele in Texas als Chance zur Rehabilitation sehen, setzte man doch die ersten vier Heimspiele teilweise recht peinlich in den Sand.
Melo ist nicht an allem Schuld
Natürlich macht sich weiterhin die alles andere als optimale Offseason bemerkbar, wodurch der Kader noch dünner als im Vorjahr ist und so Rookies wie Isaiah Hartenstein oder Gary Clark plötzlich Teil der Rotation sind. Hinzu kamen Blessuren (James Harden, Chris Paul, James Ennis, Gerald Green, Nene, Marquese Chriss), die den Rockets zu schaffen machten, zumal abgesehen von Ennis (mit Abstrichen) keiner der Neuen auch nur ansatzweise zu überzeugen wusste.
Dies alles wurde durch das Drama um Melo ein wenig in den Schatten gestellt, der natürlich alles andere als gut spielte (-9,0 Net-Rating mit ihm, +3,1 ohne ihn), letztendlich aber auch ein wenig als Blitzableiter benutzt wurde, ob bewusst oder unbewusst. Gerade Paul dürfte nicht unglücklich über die "Ablenkung" Melo gewesen, schließlich ist er bislang ein gutes Stück von seiner Normalform entfernt.
41 Prozent aus dem Feld sind wie die 3,0 Turnover pro Partie ein Karrieretiefstwert und auch knapp 35 Prozent von Downtown sind wahrlich kein Ruhmesblatt für den Point God. Dies ist natürlich nur eine Momentaufnahme, zumal CP3 auch mit Problemen am Ellbogen zu kämpfen hatte, aber es ist auch eine Warnung. Paul ist eben auch schon 33 Jahre alt und im ersten Jahr seines Vierjahresvertrags über knapp 160 Millionen Dollar.
Houston glaubt weiterhin an die eigene Stärke
Denken will daran aber noch niemand - zumal die Rockets bekanntlich noch viel Zeit haben. Trotz der Bilanz von 6-7 herrscht weiter Glauben in die eigene Stärke, zumal sich im Westen bisher noch kein echter neuer Herausforderer für die beiden besten Teams der letzten Saison herauskristallisiert hat.
Die Nuggets starteten zwar stark, haben nun aber auch vier Niederlagen in Serie kassiert, unter anderem gegen Houston im heimischen Pepsi Center. "In der Zukunft werden sie sicher besser sein", verteilte Eric Gordon zumindest ein kleines Lob, um aber auch noch noch einmal die eigene (wiedergewonnene) Stärke zu unterstreichen: "Wenn wir unser Spiel durchziehen, wird es verdammt hart, uns zu schlagen."
Das Matchup mit dem Champion dürfte als guter Gradmesser für die Stichhaltigkeit dieser These herhalten.