NBA

NBA: Domantas Sabonis in Indiana - Der nächste MIP aus dem Hoosier State

Von Laif Karl
Kommt auch der nächste MIP-Gewinner aus Indiana?
© getty

Die Indiana Pacers (20-12) haben es sich in der Spitzengruppe der Eastern Conference gemütlich gemacht, auch weil Domantas Sabonis eine herausragende Saison spielt und als heißer MIP-Kandidat gilt. Doch wann ist Sabas Jr. bereit für einen Starterplatz und kann er mit Myles Turner koexistieren?

Cookie-Einstellungen

Fragt man nach den besten Dunks der bisherigen Saison, gibt es wie üblich einige Kandidaten. An einem kommt man aber kaum vorbei: "He caught a body!", lautete der Call, den man mit der Aktion in Verbindung brachte - dem furiosen Dunk von Domantas Sabonis über Joel Embiid. Ein Dunk wie ein Ausrufezeichen, eine Ankündigung, dass mit den Pacers und dem 22-jährigen Litauer in dieser Saison absolut zu rechnen ist.

Vor gut einem Jahr wurde der Power Forward zusammen mit Victor Oladipo von den Oklahoma City Thunder zu den Indiana Pacers getradet, letzterer ist bereits als neuer Star der Franchise durchgestartet und nun kommt auch Sabonis in Schwung. Was zuerst wie ein schwacher Gegenwert für Paul George aussah, entwickelt sich mehr und mehr zu einem vollem Erfolg für den Bundesstaat mit der goldenen Fackel.

In der Offseason arbeitete der Litauer nicht nur an seiner Sprungkraft, um etablierten NBA-Spielern die Schamesröte ins Gesicht zu treiben, sondern auch an seinem Post-Game, der Defense und dem Abschluss im Pick-and-Roll. Die Resultate sind bisher beeindruckend.

Sabonis verbindet Oldschool-Basketball mit der Moderne

In gewisser Hinsicht erinnert Sabonis an seinen Vater Arvydas, den Hall-of-Famer, welcher für die Portland Trail Blazers auflief und als einer der besten europäischen Spieler seiner Generation bekannt wurde. Auch der Sohn macht seine Dominanz am Brett bemerkbar und weiß sowohl den Ball im Post abzuschirmen als auch Rebounds auf beiden Seiten des Courts zu sichern.

Im Moment holt der Big Man in gerade einmal 24,5 Minuten die meisten Boards für sein Team, ganze 9,9 Rebounds greift er sich nach seiner Einwechslung. Obwohl der 22-Jährige zumeist als Forward agiert, schafft er es, den Center neben ihm alt aussehen zu lassen und weiß seinen kräftigen Körperbau einzusetzen.

Sein Vater, Arvydas Sabonis, lief sieben Jahre lang für die Portland Trail Blazers auf.
© getty
Sein Vater, Arvydas Sabonis, lief sieben Jahre lang für die Portland Trail Blazers auf.

Abgesehen von den Rebounding-Qualitäten sticht vor allem sein Oldschool-Post-Up-Game ins Auge. Er überzeugt mit raffinierter Beinarbeit und besitzt ausreichend Basketball-IQ, um keine komplizierten Würfe zu forcieren. Stattdessen findet Sabonis den offenen Mann an der Dreierlinie oder baut den Spielzug bei Bedarf neu auf.

Sabonis als Fixpunkt der Offensive

Sein Playmaking aus dem Post heraus ist ein wichtiger Katalysator für die sehr langsam auftretende Offense der Pacers. Mitspieler bekommen die Möglichkeit in Richtung Korb zu cutten und der Litauer legt ihnen den Ball in die Hände. Einzig eine gewisse Turnover-Anfälligkeit (2,4 pro Spiel) kann und muss man ihm dabei noch vorwerfen.

Dennoch trifft er regelmäßig die richtigen Entscheidungen und sein verlässlicher Jumper ermöglicht es ihm, nachlässige Verteidiger direkt zu bestrafen. Obwohl Sabonis diesen aus der Midrange effektiv versenken kann, hält er sich bisher von Downtown zurück und verweigert selbst offene Würfe.

Noch als Rookie nahm Sabonis zwei Dreier pro Spiel (32,1 Prozent), aktuell ist der Distanzwurf aber kein Teil seines Spiels. Dabei prädestiniert ihn sein schneller Release eigentlich dafür, in Zukunft auch Gefahr als Stretch-Four auszustrahlen.

Sixth Man oder MIP?

Seine Teamkollegen würden es ihm danken, doch auch so macht seine Präsenz auf dem Court merkliche Unterschiede. "Für mich ist er gerade der Sixth Man of the Year. Die Energie, die er jede einzelne Nacht für uns mitbringt, ist enorm wichtig", erklärte Bojan Bogdanovic. Und "Energie" ist das passende Stichwort, wenn man Sabonis' Impact beschreiben will.

Sabonis zeigt Emotionen, ist in das Match involviert und hinterlässt Eindruck bei seinen Gegenspielern sowie den Fans in der Arena. Er hält sich nicht zurück, sondern feuert seine Kameraden an und versucht sie immer wieder anzuheizen. Die Intensität, die er von der Bank aus mitbringt und auf den Rest des Teams überträgt, macht ihn zu einem extrem wichtigen Faktor in der Crunchtime. "Er kommt von der Bank und bringt den gewissen Funken mit. Es ist hart, ihn nicht aufs Spielfeld zu stellen", erläuterte Pacers-Coach Nate McMillan.

Sein Einfluss lässt sich auch mit Statistiken belegen. Sabonis führt sein Team beim Player Efficiency Rating mit einem Wert von 23,7 an und ist mit im Schnitt 14,1 Punkten der drittbeste Scorer. Dabei ist er zurzeit wahnsinnig effektiv und trifft starke 62,2 Prozent seiner Wurfversuche aus dem Feld. Das sind Zahlen, die ihn für gleich zwei Awards "nominieren" - für den des besten Bankspielers und den Spieler mit der größten Steigerung im Vergleich zum Vorjahr.

Der Litauer hat aktuell gute Chancen, die Saison mit einer Trophäe in jeder Hand zu beenden. Wobei McMillan den einen Award gewissermaßen verhindern könnte, sollte er Sabonis demnächst in die Starting Five stellen. Angesichts der bisher gezeigten Leistungen wurden durchaus schon Stimmen laut, die genau dies fordern und den Litauer gerne vor und nicht hinter Myles Turner sehen würden. "An der Seite von" hingegen scheint bisher keine veritable Option zu sein.

Zwei Räder, die nicht ineinander greifen

Auf dem Papier sieht es fantastisch aus: Turner macht das Spielfeld breit, Sabonis schnappt sich die Rebounds und passt den Ball wieder raus. In der Defense übergibt er den gefährlicheren Gegenspieler dann an seinen Kollegen - Turner gilt als starker Verteidiger, blockt im Schnitt 2,8 Würfe und seine Gegner ziehen mit ordentlich Respekt in die Zone.

Obwohl Turner und Sabonis in der Defense mit Pick-and-Pops und Switches bisweilen Probleme haben, geht das Rezept defensiv durchaus auf: In 167 gemeinsamen Minuten weisen die Pacers ein absurd gutes Defensiv-Rating von 92,2 auf, das mit riesigem Abstand Liga-Bestwert wäre. Problematisch ist vielmehr die Offense - mit den beiden talentierten Bigs auf dem Court erzielen die Pacers verheerende 89,9 Punkte pro 100 Ballbesitze!

Turner leistet viel, was im Boxscore schwer zu fassen ist, als Defensiv-Anker ist er einer der Hauptgründe dafür, dass Indiana das zweitbeste Defensiv-Rating der Liga aufweist. Offensiv jedoch stagniert er im Prinzip seit zwei Jahren. Als Floor-Spacer tritt er noch immer nur in der Theorie auf (34,5 Prozent Dreier bei 1,8 Versuchen pro Spiel), dazu ist er bei weitem kein so versierter Finisher wie Sabonis. Als Resultat stehen sich beide Bigs oft eher auf den Füßen, anstatt einander Räume zu schaffen. Turner schöpft seine physischen Möglichkeiten bis hierhin schlichtweg nicht aus.

Myles Turner oder Domantas Sabonis - Wer macht das Rennen?
© getty
Myles Turner oder Domantas Sabonis - Wer macht das Rennen?

Turner oder Sabonis?

Seine Defensivstärke sowie die Tatsache, dass er nach wie vor mehr Potenzial aufweist als Sabonis, machten ihn (bisher) dennoch zum Starter in Indiana. Zudem verlängerte er erst im Sommer seinen Vertrag bis 2023. 18 Millionen Dollar im Jahr wären zwar tradebar, für diese Entscheidung haben die Pacers aber theoretisch noch anderthalb Spielzeiten Zeit. Im Sommer 2020 wird Sabonis Restricted Free Agent - bis dahin muss es eine gewisse Klarheit geben.

Entweder die beiden Bigs haben es bis dahin gelernt, zusammen zu spielen, oder einer muss gehen - sonst wird das aktuelle Luxusproblem viel zu teuer. Insofern werden die Pacers bis dahin genau darauf achten, wie gut die Bigs insbesondere mit Franchise Player Oladipo harmonieren. In dieser Hinsicht hat aktuell Turner (Net-Rating mit Oladipo: 4,9) die Nase vorn (Sabonis: 1,9), allerdings in einer nur bedingt vergleichbaren Stichprobe.

Wie wird diese komplexe Situation von den Pacers aufgelöst? Im Idealfall kreiert McMillan ein System, in dem die Kombination der beiden Talente funktioniert. Die Pacers haben schon jetzt ein Quintett aus dem erwarteten Quartett an der Spitze der Eastern Conference gemacht. Indiana ist ein bärenstarkes Defensiv-Team, gegen das niemand gerne antreten will. Dabei ist ihr größtes Steigerungspotenzial vielleicht noch gar nicht ausgeschöpft - MIP-Chancen hin oder her.

Artikel und Videos zum Thema