NBA: Giannis Antetokounmpo bei den Milwaukee Bucks - Der Shaq der Neuzeit

Robert Arndt
06. Dezember 201811:50
Giannis Antetokounmpo gilt als früher Favorit auf den MVP-Award.getty
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Giannis Antetokounmpo spielt bei den Milwaukee Bucks eine bisher unglaublich dominante Saison, wodurch er zu einem ernsthaften MVP-Kandidaten aufgestiegen ist. Vor allem in der Zone ist der Grieche nicht zu stoppen, was ihm nicht nur Lob, sondern auch Vergleiche zu Shaquille O'Neal einbrachte.

"Er ist ein absolutes Mismatch, vor allem wenn ein Big ihn verteidigen muss", stöhnte Kevin Durant, nachdem die Milwaukee Bucks bei den Golden State Warriors gewannen, als man ihn nach Giannis Antekounmpo fragte. Der Bucks-Star hatte den Dubs 24 Punkte (7/16 FG) eingeschenkt, was eigentlich deutlich unter seinem Saisonschnitt von 27,0 Zählern und einer Quote von 57,5 Prozent aus dem Feld lag.

Was sollen da nur die anderen Opfer sagen, die vom Greek Freak Abend für Abend herumgeschubst werden? 18,6 Punkte pro Partie erzielt Giannis in der Zone pro Spiel, das gab es zuletzt in der Saison 2002/03, als Shaquille O'Neal mit seiner imposanten Erscheinung seine Gegenspieler wie Pappkameraden aussehen ließ.

Und nun also Antetokounmpo, der bekanntlich kein Center ist, aber ähnlich dominant auftritt. Durch den Trend der Liga, in der Flügelspieler inzwischen wichtiger als reine Bigs geworden sind, ist man geneigt zu sagen, dass Giannis der neue, moderne Shaq ist.

Giannis Antetokounmpo: Monster-Zahlen ohne Wurf

Seine MVP-Ambitionen kommen schließlich nicht aus dem Nirvana, sondern werden schon durch die blanken Zahlen untermauert. 27,0 Punkte, 13,0 Rebounds, 6,0 Assists sowie 1,5 Steals und 1,3 Blocks konnte über eine komplette Saison noch nie ein Spieler erreichen. Schraubt man die Parameter ein wenig herunter, tauchen dann Legenden wie Wilt Chamberlain, Kareem Abdul-Jabbar, Larry Bird oder Oscar Robertson auf.

Umso bemerkenswerter ist Giannis' Produktion, wenn man bedenkt, dass er noch immer keinen Wurf besitzt, auch wenn er von Coach Mike Budenholzer das grüne Licht hat. "Er sagt mir immer, dass ich weiterwerfen soll. Das ist sehr wichtig für mich." Noch hat sich das Vertrauen nicht ausgezahlt. Zwar nimmt Antetokounmpo mit 2,5 Dreiern so viele wie noch nie in seiner Karriere, verbuchte in seinen fünf Jahren zuvor aber auch noch nie solch eine schlechte Quote.

11,1 Prozent aus der Distanz sind ein lächerlich schlechter Wert, den es so bei einem solchen Volumen noch nie gegeben hat. Bedenkt man dann auch noch, dass 40 der 54 Dreierversuche von der NBA als 'wide open' klassifiziert werden, sollte vor allem den Kontrahenten bald das Lachen vergehen. Früher oder später wird Giannis auch diesen Wurf zumindest einigermaßen durchschnittlich versenken.

Giannis Antetokounmpo: Mehr Platz dank Coach Bud

In der Zwischenzeit macht der Grieche eben das, was er im Moment so gut wie kein anderer Spieler in der Liga kann - in der Zone wüten, zumeist (zumindest indirekt) ohne Hilfe der Mitspieler. Von seinen Field Goals in direkter Korbnähe, also in einem Umkreis von bis zu 5 Feet (ca. 1,52 Meter), bekommt Antetokounmpo bei nicht einmal 50 Prozent einen Assist, was ihn zum Beispiel von Dunk-Maschinen wie Clint Capela oder Rudy Gobert unterscheidet.

Und dennoch führt der Grieche die Dunk-Kategorie an, obwohl er weniger Spiele als die beiden oben genannten vorzuweisen hat. In der vergangenen Saison ließ es der Bucks-Star gerade einmal 161-mal krachen, diese Ausbeute wird er pulverisieren, im Moment steht er bereits bei 104.

Ein wichtiger Faktor ist dabei natürlich auch das System der Bucks unter dem neuen Head Coach Mike Budenholzer. Der Kader wurde nur recht wenig verändert, wobei natürlich Ersan Ilyasova (nun verletzt) und auch Brook Lopez als Stretch Bigs einen großen Einfluss darauf haben, dass der Grieche nun mehr Platz für seine Drives hat.

Giannis Antetokounmpo: Der neue König am Ring

Denn wenn Antetokounmpo Platz hat, ist er kaum zu verteidigen. Dass ein Spieler mit zwei, drei Schritten vom Perimeter direkt unter dem Korb steht, ist absolut einmalig in der Geschichte. Hinzu kommt, dass Giannis über die Jahre fleißig Hanteln gestemmt hat und sich immer mehr in eine Art Hulk verwandelt. Fehlte ihm zu Beginn seiner Karriere noch häufig die Balance, absorbiert der Grieche den Kontakt des Gegners wohl so gut wie kaum ein anderer Spieler in der Association.

An seiner Mobilität hat er dadurch aber wenig bis nichts eingebüßt. Nur Guards wie DeMar DeRozan, James Harden oder John Wall zieher häufiger zum Korb als Giannis (14,3 Drives pro Spiel), der starke 64,3 Prozent davon erfolgreich abschließt. In dieser Kategorie haben lediglich Pascal Siakam und Teamkollege Eric Bledsoe eine höhere Erfolgsquote. Zum Vergleich: Eine Abschlussbestie wie LeBron James trifft nach seinen Drives gerade einmal 50 Prozent.

Der King war es auch, der die Liga über Jahre bei den Field Goals in der Restricted Area dominierte. In seinen 15 Jahren war er stets unter den besten sechs Akteuren, siebenmal führte er die NBA in dieser Statistik an.

Giannis: Jagd auf Shaqs Rekorde

Auch in dieser Saison liegt James mit 142 Field Goals auf Platz drei in dieser Kategorie, hat aber bereits 44 Körbe Rückstand auf Alleinherrscher Antetokounmpo, der bereits bei 186 Makes steht. Um das einzuordnen; gehen wir ein Stück in die Vergangenheit. Seit 1996 werden diese Metriken erhoben und nur zwei Spieler knackten je die 500er-Marke, es waren LeBron und Shaq, der den Rekord (571) aus dem Jahr 2001 hält. Rechnet man Giannis' Stats in dieser Saison hoch, wird er diesen Rekord locker knacken.

Zweiter in jener unglaublich dominanten Shaq-Saison war übrigens Antoine Walker mit gerade einmal 404 versenkten Würfen in der Restricted Area.

Ganz so markant ist der Unterschied in diesem Jahr bei Antetokounmpo nicht, doch die Kombination aus vier Schützen und dem Griechen ist so effizient wie kaum ein anderes Lineup in dieser Spielzeit. Das ahnte bereits Lopez im Sommer, als er über die neuen Bucks mit dem verbesserten Spacing sprach. "Giannis wird mit so viel Platz tödlich sein, auch weil er nicht nur abschließen, sondern auch Würfe für seine Mitspieler kreieren kann."

Bucks-System voll auf Antetokounmpo zugeschnitten

Dies hat sich in den ersten 22 Spielen bewahrheitet. Trotz nun bereits sieben Pleiten stellen die Bucks weiterhin das beste Net-Rating (10,1) und das beste Offensiv-Rating (115,1) der Liga, auch weil Budenholzer das komplette System Milwaukees für den Superstar designt hat.

So ist auch Antetokounmpos Usage Rate mit 30,9 Prozent so hoch wie noch nie. Sein Passing ist über die Jahre immer besser geworden und unter den Brettern zeigt sich der Grieche ebenfalls aktiver, was eine weitere Neuerung unter Bud ist. Center wie Lopez, Ilyasova oder Thon Maker sind angehalten, die besten Rebounder des Gegners auszublocken, damit Antetokounmpo die dann freien Abpraller einsammeln und umgehend den Fastbreak einleiten kann.

Der No.15-Pick aus dem Jahr 2013 ist so zu einer echten Doube-Double-Maschine mutiert und hat somit auch seinen Anteil daran, dass Milwaukee in dieser Spielzeit sieben Ballbesitze mehr pro Spiel generiert als noch in der Vorsaison.

Shaq: Giannis ist der neue Superman

Dass Antetokounmpo damit ein ganz heißer Kandidat auf den MVP-Award nach einem Saisonviertel ist, ist nicht nur ein x-beliebiger Hype, sondern eine aussagekräftige Bewerbung. Das sieht übrigens auch der Diesel himself ähnlich, der sich bei einem Auftritt bei The Stephen A. Smith Show für Giannis aussprach.

Obendrein händigte Shaq dem Greek Freak auch seinen einstigen Spitznamen 'Superman' aus, eine "Ehre", welche zum Beispiel Dwight Howard stets verwehrt blieb (der sich den Namen selbst gegeben hatte).

"Ich habe noch nie meinen Spitznamen abgegeben, aber bei Giannis mache ich eine Ausnahme", erklärte der Hall of Famer. "Er dominiert und das gefällt mir. Er dominiert die Zone, er attackiert, er stopft." Klingt irgendwie verdammt nach Shaq - ein moderner Shaq.