Im Sommer wurde Danny Green gemeinsam mit Kawhi Leonard zu den Toronto Raptors getradet und pflügt seither mit den Kanadiern durch die Liga. SPOX traf den Swingman zum Gespräch über seinen Neuanfang.
Außerdem verriet der 31-Jährige, was die Beziehung zu Gregg Popovich ausmachte und an welche Momente aus den Finals mit den San Antonio Spurs er sich noch besonders gut erinnert.
SPOX: Danny, nachdem die Raptors am Christmas Day nicht im Einsatz waren, hatten Sie den einen oder anderen zusätzlichen Tag, um die Beine hochzulegen. Wie haben Sie Weihnachten beziehungsweise die damit verbundene Pause verbracht?
Danny Green: Nachdem ich ja in der Vergangenheit mit den San Antonio Spurs schon einige Christmas-Games ausgetragen habe, war ich diesmal ehrlich gesagt froh, dass ich nicht auf dem Court stehen musste. Natürlich ist es schon auch eine coole Sache und Auszeichnung, wenn du am Weihnachtstag ein NBA-Match absolvierst und die ganze Nation schaut zu. Solche Partien haben ja oftmals ihre eigenen Geschichten. Aber es war auch schön, Weihnachten ganz in Ruhe mit Freunden und der Familie zu feiern - auch wenn man vielleicht hin und wieder etwas zu viel isst (lacht). Aber ich denke, dass man das ohnehin ziemlich schnell wieder runter hat. Rein sportlich betrachtet, hat diese Pause unserem Team sicherlich sehr gut getan. Wir hatten zuletzt doch etliche angeschlagene Jungs, die die Zeit nutzen konnten, um sich etwas zu erholen und regenerieren.
SPOX: Mit Ihrem Trade im Sommer von den Spurs zu den Raptors wurde ein neues Kapitel in Ihrer Karriere aufgeschlagen. Wie schwer ist Ihnen die Umstellung nach den vorangegangenen rund acht Jahren bei den Spurs und deren Head Coach Gregg Popovich gefallen?
Green: Naja, zunächst einmal ist es schon so etwas wie eine Zäsur. Wenn du so lange und auch erfolgreich bei einer Franchise warst, dann ist das schon immer etwas Besonderes. Es gab ja zuvor schon immer wieder mal Gerüchte, dass es möglicherweise einen Trade von Kawhi (Leonard, Anm. d. Red.) geben würde. In diesem Zusammenhang fiel auch mein Name des Öfteren. Wenn es dann aber unumstößlich feststeht und dir mitgeteilt wird, dass du soeben getradet wurdest, dann nimmst du das nochmal anders wahr.
SPOX: Wie würden Sie Ihre Gefühlslage von damals beschreiben?
Green: Nicht geschockt, aber kurzzeitig überrascht, dass es jetzt doch zur Realität wurde. Allerdings habe ich diesen Wechsel auch sehr schnell als neue Chance gesehen - und zwar für alle Seiten! Nachdem ja auch einige ehemalige Leistungsträger die Spurs im Sommer verlassen hatten, bekommen sie nun die Möglichkeit, ein neues starkes Team aufzubauen. Aber auch für mich persönlich bedeutet dieser Trade einen neuen Kick. Wenn du so viele Jahre für ein Team gespielt hast, haben sich natürlich auch gewisse Routinen und Angewohnheiten eingeschlichen, über die du nicht mehr großartig nachgedacht hast. Jetzt in Toronto habe ich wieder einen Neustart hingelegt und quasi bei Null begonnen. Für mich war das eine ganz neue und ungewohnte Erfahrung.
SPOX: Um nochmals auf die Eingangsfrage zurückzukommen: Was würden Sie sagen, wie Ihnen diese Umstellung gelungen ist?
Green: Auch wenn nach dieser relativ kurzen Zeit sicherlich noch nicht alles zu 100 Prozent passt, bin ich sehr zufrieden. Ich wurde von den Raptors geholt, um Verantwortung beziehungsweise eine Führungsposition auf dem Feld und in der Kabine zu übernehmen. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen, sondern nur über Leistung. Eine große Hilfe war für mich zweifelsohne die Tatsache, dass ich hier weiterhin mit Kawhi zusammenspielen kann. Wir haben uns ja bereits bei den Spurs erstklassig verstanden und großartig miteinander harmoniert. Wir haben versucht, dieses Zusammenspiel nach Toronto zu übertragen - und bislang ist uns das ganz gut gelungen. Was mich persönlich betrifft: Ich war bereits in den Jahren zuvor bei den Spurs ein 3-and-D-Player und bin es nun auch in Toronto. Unser Head Coach Nick Nurse will, dass wir den Ball laufen lassen, selbst viel in Bewegung sind und dabei Plays beziehungsweise offene Würfe kreieren. Diesbezüglich ist mir die Umstellung somit sehr leicht gefallen.
Danny Greens Karriere-Statistiken pro Spiel
Minuten | Punkte | FG% | 3er% | Rebounds | Assists | Steals | Blocks |
25,4 | 8,9 | 42,0 | 39,6 | 3,5 | 1,6 | 1,0 | 0,8 |
SPOX: Stichwort Kawhi: Bereits in der vergangenen Saison, als die Beziehung zwischen Leonard und den Spurs in die Brüche ging, wurden Sie aufgrund Ihrer Führungsrolle und langjährigen engen Verbindung zu Ihrem Teamkollegen nahezu täglich von Medienvertretern zum Thema Leonard befragt. Daran hat sich auch in der Offseason sowie während dieser Spielzeit kaum etwas geändert, lediglich die Fragen sind jetzt andere. Haben Sie bei Kawhi eigentlich schonmal ein Honorar als "Pressesprecher" beantragt?
Green (lacht): Darauf hat mich bislang noch niemand gebracht, aber das ist wirklich eine sehr gute Idee! Spaß beiseite: Ich kann die Leute natürlich verstehen, dass sie diese Fragen stellen oder gestellt haben. Aber es ist auch gut für Kawhi, dass das jetzt abgehakt und Vergangenheit ist und er sich voll auf seine neue Aufgabe hier in Toronto konzentrieren kann. Er ist nach wie vor ein junger Mensch und Spieler, der tagtäglich in allen Bereichen viel dazulernt - sowohl auf als auch abseits des Basketball-Feldes. Und ich versuche dabei, ihn so gut wie möglich zu unterstützen.
SPOX: Auch wenn Sie betonen, dass das Kapitel "Leonard/Spurs" abgehakt sei: Hat Sie dieses immer wiederkehrende Themen in der abgelaufenen Spielzeit nicht irgendwann genervt beziehungsweise war dieser Nebenkriegsschauplatz für das Team nicht extrem störend?
Green: Zunächst einmal: Kawhi ist sicherlich einer der besten Spieler in dieser Liga. Und wenn dieser die meiste Zeit nicht dabei ist, dann schwächt dich das als Mannschaft selbstverständlich. Das wäre beispielsweise bei Houston mit James Harden oder Oklahoma City mit Russell Westbrook nicht anders. Doch im Sport gehören nun mal Ausfälle leider dazu. Natürlich war das Ganze nicht leistungsfördernd. Aber wir sind letztlich alle Profis und müssen mit sämtlichen Situationen umgehen. Von dem her haben wir auch versucht, das Bestmögliche daraus zu machen. Und ich denke, dass uns das auch gelungen ist.
SPOX: Blicken wir noch etwas weiter in die Vergangenheit zurück. Nachdem dieses Gespräch in Miami stattfindet: Sie haben mit den Spurs zwei Final-Serien in den Jahren 2013 und 2014 gespielt - jeweils gegen die Heat! Wie intensiv sind diese Erinnerungen noch in Ihrem Kopf?
Green: Auch wenn es jetzt doch schon einige Jahre her ist und man nicht permanent daran denkt, vergisst man solche Erlebnisse und bestimmte Momente natürlich nicht. Gerade, wenn ich mich hier so umsehe ... Seitdem hat sich aber schon sehr viel verändert. Das Parkett sieht anders aus, die Heat laufen in anderen Trikots auf. Zudem hat sich das Gesicht beider Teams in den vergangenen Jahren extrem verändert. Ich selbst spiele ja mittlerweile woanders. Das alles zeigt, wie schnelllebig dieses Business ist.
SPOX: Sie haben diese besonderen Momente, die man nicht vergisst, angesprochen. In der ersten Finalserie 2013 dürften vor allem zwei bei Ihnen hängengeblieben sein. In Spiel drei haben Sie mit sieben verwandelten Dreiern einen Finals-Rekord aufgestellt. Dass es am Ende dennoch nicht zur Meisterschaft reichte, daran hatte ein gewisser Ray Allen mit seinem legendären Dreier in Spiel 6 einen großen Anteil. Wie präsent sind diese Bilder - gerade in der AmericanAirlines Arena - bei Ihnen noch?
Green: Nun, wir sitzen gerade nur einen halben Meter davon entfernt, wo Allen damals diesen irren Drei-Punkte-Wurf getroffen hat. Klar schießt einem das hin und wieder mal ins Gedächtnis, wenn man in diese Arena kommt. Ansonsten denke ich aber nicht allzu oft an diesen Augenblick. So schön war er dann doch nicht. (lacht)
SPOX: Ein Jahr später haben sich die Spurs dann in den Finals in beeindruckender Art und Weise revanchiert und die Miami Heat deutlich mit 4-1 bezwungen. Einfach gefragt: Was haben die Spurs im zweiten Aufeinandertreffen besser gemacht?
Green: Wir haben diese bittere Niederlage in der ersten Finalserie ein Jahr mit uns herumgeschleppt. Wenn du schon eine Hand an der Trophäe hast und sie dir dann unmittelbar vor dem Ziel wieder weggenommen wird, dann ist das schon extrem hart. Als wir dann in der darauffolgenden Saison nochmals die Gelegenheit bekamen, eine Finalserie gegen Miami zu spielen, war jeder glücklich und wusste, was er zu tun hatte. Wir waren ungemein motiviert, zudem alle ein Jahr älter und erfahrener. Hinzu kam, dass das Team nahezu komplett zusammengeblieben war. Wir haben alle wie Maschinen funktioniert und in dieser Phase schlichtweg unseren besten Basketball gespielt. Der Titelgewinn war letztlich die logische Konsequenz.
SPOX: Der "Vater" dieser und weiterer vier Meisterschaften war zweifelsohne Popovich, zu dem Sie während Ihrer Spurs-Zeit ein sehr enges Verhältnis hatten. Was hat diese Verbindung ausgezeichnet?
Green: Ja, das ist richtig. Ich würde das Ganze am ehesten mit einer Ehe vergleichen: Es gab viele gute, aber sicherlich auch harte Zeiten, wo es schon mal richtig zwischen uns gekracht hat. (lacht) Aber ich denke, dass das in einer derart langen Zusammenarbeit völlig normal ist, dass man nicht immer einer Meinung ist. Wir wollten beide immer den Erfolg und haben alles dafür getan. Das hat uns letztlich auch zusammengeschweißt.
SPOX: Wie würden Sie Pop als Trainer und Mensch beschreiben?
Green: Nun, dass ich heute in der NBA spiele, habe ich einzig und allein Pop zu verdanken! Das sagt eigentlich alles. Er hat mir damals bei den Spurs die Chance gegeben, in dieser Liga Fuß zu fassen und hat den Spieler aus mir gemacht, der ich heute bin. Pop ist ein Trainer, bei dem jeder Akteur immer weiß, woran er ist. Auch wenn das manchmal etwas unangenehm sein kann, sagt er dir seine Meinung offen ins Gesicht. Auch wenn es dabei einmal lauter wird, meint er das Ganze niemals persönlich und ist auch nicht nachtragend. Ich denke, dass das auch einer der Hauptgründe ist, warum jeder gerne für ihn spielt. Auch abseits des Basketballfeldes interessiert er sich immer für den Menschen hinter dem Spieler. Auch wenn man mal ein privates Problem hat, kann man immer zu ihm kommen. Das rechne ich ihm wirklich sehr hoch an.
SPOX: Vor einigen Wochen hat Popovich in einem Interview Kritik an der heutigen Spielweise der NBA geübt und sie als langweilig bezeichnet. Zum einen sei das Spiel unter dem Korb "kaputt", zum anderen bekäme der Drei-Punkte-Wurf zu viel Aufmerksamkeit. Was sagen Sie als 3-and-D-Player dazu?
Green (grinst): Pop ist einfach ein Old-School-Guy! Daher darf man ihm diese Aussagen sicherlich nicht übelnehmen. Natürlich ist ihm bewusst, dass man den Dreier beziehungsweise gute Shooter auch schon früher benötigt hat, um Spiele und ganze Playoff-Serien zu gewinnen. Mich persönlich überrascht diese Einschätzung von ihm jetzt nicht, da ich ja weiß, dass er noch nie ein großer Freund des Dreiers, sondern vielmehr der extrem physischen und laufintensiven Spielweise war. Da wird sich Pop auch nicht ändern.
SPOX: Lassen Sie uns abschließend noch kurz über ein anderes Thema sprechen: Sie betreiben seit einigen Monaten einen Podcast mit dem Titel "Inside the Green Room". Können Sie uns verraten, wie es dazu kam und welche Idee dahintersteckt?
Green: Nun, das Ganze hat schon vor meinem Trade nach Toronto in diesem Sommer angefangen. Bereits vor einiger Zeit ist ein sehr guter und langjähriger Freund von mir, Harrison Sanford, der zuvor schon viele Jahre als Journalist in der NBA tätig war, auf mich zugekommen und wollte wissen, ob ich mir vorstellen könnte, mit ihm gemeinsam und einem dritten Partner einen Podcast zu machen. Ich fand diese Idee eigentlich von Anfang an ziemlich cool, weil es eine sehr gute Gelegenheit ist, mit den Fans in Kontakt zu bleiben und auch die eine oder andere Insider-Geschichte zu erzählen. Zudem ist es für mich eine sehr gute Gelegenheit, um zu testen, ob ich in diesem Medien-Bereich vielleicht auch nach meiner Karriere tätig werden möchte. Nachdem mir das bislang viel Spaß macht, ist das definitiv denkbar.