In der Nacht auf Donnerstag spielen die Houston Rockets zum vierten Mal in dieser Saison gegen die Golden State Warriors (ab 2.30 Uhr live auf DAZN).
Ende November sah es so aus, als würden die Rockets nach der Fabelsaison 17/18, die sie bis in Spiel 7 der Western Conference Finals und damit haarscharf an einen Titel heranbrachte, eine Saison aus der Hölle erleben. So schwach verlief der Saisonstart und so wenig Anlass zum Optimismus schien es noch zu geben.
Houston stand damals bei 9-10, rund zwei Wochen später bei 11-14, und nichts deutete auf eine baldige Wende hin. Seither hat sich viel verändert. Houston hat sich gefangen, nun neun Siege in Folge geholt und den Heimvorteil mindestens in Runde eins fest im Visier - und bevor in der Nacht auf Donnerstag das nächste Duell mit den Warriors ansteht, kann man mittlerweile zu dem Schluss kommen, dass die Rockets am Ende doch wieder das Team sein werden, das die Warriors im Westen am ehesten vom Thron stoßen kann.
Meiner Meinung nach hätte Houston in einer Serie keine riesige Chance, aber die größte unter allen West-Teams. Auch wenn sich viel verändert hat, Folgendes ist gleichgeblieben: Kein Team manipuliert die Mathematik besser als Houston und sein isolierter Superstar. Die Vergangenheit gewährt zudem einen gewissen Vertrauensvorschuss, gerade im Vergleich zur Konkurrenz.
Die Spitze der Western Conference
Rang | Team | Bilanz | Games Behind | Letzte 10 |
1 | Warriors | 45-21 | 4-6 | |
2 | Nuggets | 43-22 | 1,5 | 6-4 |
3 | Rockets | 42-25 | 3,5 | 9-1 |
4 | Thunder | 41-26 | 4,5 | 4-6 |
5 | Trail Blazers | 40-26 | 5 | 7-3 |
Rockets: Daryl Morey hat die eigenen Fehler repariert
Die Rockets sind nicht das tiefste Team. Ende November waren sie vielleicht sogar das dünnste (unter den ambitionierten Teams) - seither konnte GM Daryl Morey aber einige der eigenen Fehler aus der Offseason beheben. Via Trades und auf dem Buyout-Markt wurden aus Brandon Knight, Michael Carter-Williams, Carmelo Anthony, Marquese Chriss und James Ennis Austin Rivers, Iman Shumpert und Kenneth Faried - also drei Spieler, die dem Team tatsächlich weiterhelfen.
Nicht, dass die Drei Stars wären. Bei allen gab es legitime Gründe, weshalb ihre ursprünglichen Teams sie nicht mehr wollten (vor allem finanzielle), abgesehen von Faried legt auch keiner verrückte Zahlen auf. Es ging vielmehr darum, dass die Rockets vorher teilweise kaum eine NBA-Rotation aufbieten konnten und dass die gegangenen Spieler nicht unbedingt ihre Rolle kannten oder sich strikt daran hielten.
Genau das ist jedoch unverzichtbar in Houston und es braucht Rollenspieler, die genau dies verstehen. Bei anderen Teams müssen Neuankömmlinge diverse Systeme lernen, in Houston gibt es DAS System - was gleichzeitig leichter und schwerer zu verinnerlichen ist. Und wer dazu nicht in der Lage ist, der bekommt eben früher oder später Probleme. Abgesehen von diversen Verletzungen war das einer der Hauptgründe für die Schwierigkeiten zu Beginn der Saison.
Harden: Mehr Isolationen als alle Teams
Die Rockets laufen mehr Isolationen als alle anderen Teams. Es ist auch nicht knapp - Houston agiert pro Spiel mit mehr als doppelt so viel Iso-Plays (22,7) wie die zweitplatzierten Thunder (10,6). James Harden ALLEIN läuft pro Spiel mehr Iso-Plays (16,9) als alle NBA-Teams. Das ist bisweilen mühsam anzuschauen und es ist sicherlich auch für die Mitspieler nicht nur simpel.
Nirgendwo sollen Spieler so wenig aus der Reihe tanzen wie in Houston. Harden (und Chris Paul) hat eigentlich alle Freiheiten, fast alle anderen sollen entweder die Ecken besetzen und bereit für Dreier sein (die Guards werden sie finden, wenn sie offen sind) oder Picks setzen und hart abrollen (Clint Capela und Faried).
Rivers und Eric Gordon haben ebenfalls ein paar Ballhandling- (und Iso-)Pflichten, der nimmermüde P.J. Tucker darf im richtigen Matchup außerdem Offensiv-Rebounds jagen. Ansonsten bestehen recht viele Offensiv-Possessions aus recht viel Rumstehen und Zusehen, weshalb die Rockets und gerade Harden weit entfernt davon sind, Everybody's Darling zu sein.
Die Ein-Mann-Offense ist effektiv
Der Spielstil ist eigen und wer keine Freude an der individuellen Brillanz und Kreativität Hardens hat, wird auch Rockets-Spielen nicht viel abgewinnen können. Fakt ist, dass es funktioniert - Hardens Scoringschnitt, der Stand jetzt der höchste seit den Alleinunterhalter-Jahren Michael Jordans wäre, ist nicht das Produkt gewissenlosen Geballers. Hardens Iso-Plays sind hocheffiziente Offense.
1,10 Punkte erzielen die Rockets pro Play, das eine Isolation von Harden involviert - damit liegt er in Perzentil 91,2. Unter Spielern, die regelmäßig isoliert werden, ist nur Stephen Curry leicht besser (Perzentil 92) - Steph wird allerdings ganze 1,3mal isoliert, Harden eben 16,9mal. Unter Spielern, die es wenigstens zweimal pro Spiel versuchen, kommt niemand an den Spieler heran, der es so viel häufiger versucht als jeder andere!
Wird James Harden erneut MVP?
Zur weiteren Veranschaulichung: Laut Cleaning the Glass werden im Ligadurchschnitt pro Halbfeld-Ballbesitz etwa 0,95 Punkte erzielt. Da Harden fast all seine Isolationen im Halbfeld bekommt, wo Offense generell sehr viel schwieriger ist als in Transition, ist das doppelt wertvoll - der Bärtige führt Houston im (wortwörtlichen) Alleingang zu einer weit überdurchschnittlichen Halbfeld-Offense.
1,10 PPP entspricht einem Offensiv-Rating von 110, was derzeit mit dem der Wizards übereinstimmt, Platz 14 in der NBA - wohlgemerkt nur mit Isolation-Plays von Harden. Natürlich laufen die Rockets viele davon - sie wären fahrlässig, würden sie diese in der NBA einzigartige Waffe nicht ausnutzen. Harden ist der Grund, warum Houston in den letzten drei Jahren jeweils Offensiv-Ratings aufgelegt hat, die sich in der NBA-Geschichte in der Top 15 aufhalten - auch in dieser Saison wieder (114,2). Gewissermaßen hat er die Mathematik des Offensiv-Basketballs gebrochen und eine eigene Lösung gefunden.