Über fünf Jahre ist es nun schon wieder her, dass Dirk Nowitzki und Dennis Schröder erstmals zusammen auf dem gleichen Court standen, wenn auch als Gegner. Es war ein ordentlicher Zufall, dass dies bereits am ersten Spieltag der Fall war. Wenn man so will, schloss sich damals bereits der Kreis.
Auch Nowitzki spielte bei seinem NBA-Debüt anno 1998 gegen den bis dato einzigen Deutschen in der Liga, als die Mavs bei den Seattle SuperSonics und Detlef Schrempf zu Gast waren. Nun, 15 Jahre später, war Dirk der Veteran, der den blutjungen Schröder in der Liga begrüßte. "Dass ich gleich gegen den besten Deutschen spielen kann, ist der Wahnsinn", freute sich der Point Guard damals.
Dirk Nowitzki half Dennis Schröder zum Beginn seiner NBA-Karriere
Diese Wertschätzung für Nowitzki war bei Schröder aber nicht immer gegeben, auch weil Basketball in der Jugend gar nicht im Vordergrund stand. Stattdessen skatete der junge Dennis lieber durch Braunschweig, erst durch den plötzlichen Tod seines Vaters fokussierte sich Schröder voll auf Basketball.
"Als ich jung war, hab ich nicht so sehr auf ihn geachtet. Ich wusste, dass er in der NBA und in der Nationalmannschaft spielt, hab mich aber auf andere Sachen konzentriert", erinnerte sich Schröder. "Aber als ich älter wurde, begriff ich, was er für Deutschland und die Liga bewirkt hat. Durch Dirk habe ich dann geglaubt, dass ich es irgendwann in diese Liga schaffen kann."
Auch als Schröder später vor dem Draft 2013 diverse Workouts für NBA-Teams absolvierte, stand Nowitzki dem Youngster mit Ratschlägen zur Seite - auch weil sich die Dallas Mavericks den jungen Aufbauspieler genau anschauten. Dallas hatte in diesem Jahr den 13. Pick, entschied sich nach einem kleinen Trade aber letztlich für einen anderen Guard, nämlich Shane Larkin, der inzwischen in Europa spielt.
So griff Atlanta mit dem 17. Pick zu, die Vorstellung von Dirk und Dennis in einem Team war dahin.
Aus den beiden deutschen Aushängeschildern wurden damit Gegner, deren Wege sich am Sonntag nun zum elften und wahrscheinlich letzten Mal kreuzen werden. Es ist somit die ultimative Wachablösung, die schon in den vergangenen Jahren schleichend stattgefunden hat. Nowitzki mag zwar weiter das Flaggschiff des deutschen Basketballs sein, vor allem im Mainstream, doch Schröder ist nun schon einige Zeit der beste Baller made in Germany.
Dennis Schröder bleibt in Deutschland umstritten
In der Öffentlichkeit ist dieser Umstand aber noch nicht wirklich angekommen. Dazu ist Schröder im Vergleich zu Nowitzki so komplett anders. Während Nowitzki ein bescheidener Mensch ist, den irgendwie jeder sympathisch findet, polarisiert Schröder, weswegen seine Leistungen auf dem Court manchmal auf der Strecke bleiben.
Das war schon bei der EM 2015 der Fall, als Schröder (auch mit Dirk im Team) das DBB-Team auf seine Schultern nahm und Deutschland vor heimischen Publikum in der Todesgruppe nur denkbar knapp scheiterte. In Erinnerung blieb stattdessen die Kontroverse mit Coach Chris Fleming, die öffentlich ausgetragen wurde.
Dass beide weiter ein gutes Verhältnis haben? Für viele eher nebensächlich. Zwei Jahre später führte der Braunschweiger die Adlerträger sogar ins Viertelfinale, legte durchschnittlich 23,7 Punkte auf und war nach den Slowenen Goran Dragic und Luka Doncic der wohl beste Aufbauspieler im Turnier.
Große Anerkennung, wie sie Nowitzki über mehr als ein Jahrzehnt im DBB-Team bekam, erhielt Schröder aber nicht. Das ist bedauerlich, schließlich müsste der Point Guard nicht für den DBB die Knochen hinhalten und könnte stattdessen Urlaub machen. Trotzdem trägt er mit dem gleichen Stolz wie Dirk das DBB-Trikot, nur seine Art ist eben eine andere.
Dennis Schröder ist nicht der zweite Dirk Nowitzki
Der Point Guard wird wohl nie ein Abo-All-Star a la Dirk werden, ein Spieler, um den eine Franchise sein Team aufzubauen versucht. "Ich möchte meine eigene Legacy. Ich will Dennis Schröder sein und nicht der zweite Dirk Nowitzki", versuchte sich Schröder 2017 im Interview mit SPOX den Vergleichen mit dem Würzburger zu entziehen. Und das ist ihm bislang auch ordentlich gelungen, unter seinen eigenen Voraussetzungen.
Mit seinen 25 Jahren bewies er auch auf höchstem Niveau, in den Playoffs, dass er ein guter NBA-Spieler ist. Wer erinnert sich nicht an die aufreibenden Duelle mit Isaiah Thomas, Kyrie Irving und John Wall zu Hawks-Zeiten? Schröder stand seinen Mann und spielte teilweise sogar besser als die oben Genannten.
Dass der Aufbauspieler nun in Oklahoma City wieder ins zweite Glied gerutscht ist, muss auch nicht viel heißen, vor allem wenn der Einser vor ihm Russell Westbrook heißt. Point Guards gibt es eben reichlich, Europäer haben es ohnehin schwer in dieser US-amerikanischen Domäne. Die Thunder haben obendrein große Ambitionen. Auch wenn sie im Moment ein wenig taumeln: In der ersten Runde würde dennoch jeder der Top-Seeds OKC zu einem so frühen Zeitpunkt wohl vermeiden wollen.
Thunder: Russell Westbrook und Schröder harmonieren besser
Obwohl Schröder nur von der Bank kommt, könnte der deutsche Nationalspieler so etwas wie die Wildcard der Thunder werden. OKC ist mit einer teils doch dünnen Bank extrem auf Schröder angewiesen, das untermalen auch die Zahlen recht anschaulich: Bei Niederlagen trifft der Sixth Man gerade einmal 36 Prozent aus dem Feld, 29 aus der Distanz: Bei Siegen lauten die Splits 45 und 38.
Viel entscheidender ist jedoch, dass Schröder zumeist in der Crunchtime auf dem Feld steht und das Vertrauen von Thunder-Coach Billy Donovan erhält. Das Zusammenspiel mit Westbrook ist dabei nicht perfekt, aber über die Saison haben sich die beiden balldominanten Spieler ein wenig aneinander gewöhnt, auch weil der MVP von 2017 sich in diesem Jahr ein wenig zurücknimmt.
Stehen die beiden zusammen auf dem Feld, erzielen die Thunder auf 100 Ballbesitze gerechnet knapp 4 Punkte mehr als der Gegner. Beschränkt man es nur auf den Schlussabschnitt, sind es sogar 7,1 Punkte.
Schröder als Mann für die großen Spiele
Trotzdem gerieten die Thunder zuletzt in einen kleinen Slump, auch Schröder war davor (zuletzt 0/7 FG gegen Indiana) nicht gefeit. Dennoch zeigte der Trend beim Deutschen ein wenig nach oben, dies wird Schröder auch am Sonntag gegen Dallas sicherlich gerne wieder beweisen.
Für die Duelle mit Nowitzki war Schröder ohnehin immer besonders motiviert, natürlich im Wissen, dass in Deutschland ganz genau hingeschaut wird. Schon 2013, in seinem ersten Spiel, isolierte Schröder rotzfrech gegen Dirk und nahm einen Dreier ins Gesicht der Basketball-Legende. Dass es ein Airball wurde? Geschenkt. Es zeigte vielmehr, aus welchem Holz der Braunschweiger geschnitzt ist.
Die Statistiken von Nowitzki und Schröder in direkten Duellen
Spieler | Minuten | Punkte | FG% | 3P% | Rebounds | Assists | Steals |
Dirk Nowitzki | 26,9 | 13,1 | 41,4 | 27,9 | 5,4 | 2,1 | 0,7 |
Dennis Schröder | 27,1 | 18,6 | 51,7 | 45,7 | 2,6 | 4,5 | 0,8 |
Schröder schreckt nicht vor den großen Momenten zurück, keine Bühne ist für den Point Guard zu groß. Wo die Lichter am grellsten scheinen, fühlt er sich wohl. Auch darum glaubt man in Oklahoma City daran, dass Schröder dem Team bei einem tiefen Playoff-Run helfen kann.
Übrigens: Nach seinem Airball gegen Dallas bei seinem Debüt nahm Schröder nur wenige Spielzüge später wieder einen Dreier, diesmal saß das Ding und auch Nowitzki staunte damals nicht schlecht.
Die Parameter haben sich inzwischen geändert, Schröder ist inzwischen die deutsche Nummer eins, in der NBA und auch in der Nationalmannschaft.
Das Spiel am Sonntag ist keine Wachablösung, diese wurde schon längst vollzogen. Es ist vielmehr eine symbolische Übergabe der deutschen Fackel.