Das Barclays Center ist bisweilen eine recht tote Halle, auch wenn die Brooklyn Nets trotz einer kurzzeitigen Schwächeperiode weiter auf Playoff-Kurs sind. Die Halle ist zwar hypermodern, exzellent ausgestattet und auf dem neusten Stand der Technik, kommt dann aber doch steril und ein wenig kühl daher, die grau-schwarzen Sitze tun ihr übriges.
Auch von den Rängen sprang an diesem Abend zunächst nur selten der Funke über. Die Nets trafen dank Dallas' furchtbarer Defense fast alles, während auf der anderen Seite Luka Doncic (16 Punkte, 6/16 FG, 1 Assist) Löcher in den Boden dribbelte und nur selten unter Beweis stellte, warum er wohl Rookie of the Year wird. Zwischenzeitlich verwarf der Slowene gar drei Freiwürfe in Folge, die Nets-Fans antworteten mit "Trae Young is better".
Dass Doncic dann kurz vor der Pause noch einen spektakulären Halfcourt-Shot traf, geriet letztlich fast komplett in Vergessenheit. Trotz Lukamania waren die Zuschauer nicht wegen ihm gekommen, sondern wegen eines 40-Jährigen, der sich nur noch mehr schlecht als recht über den Court schleppt.
Dirk Nowitzki: Keiner bekommt mehr Applaus
Schon bei der Spielervorstellung wurde Dirk Nowitzki separat vom Mavs-Team in der Halle vorgestellt, kein Nets-Spieler, auch nicht All-Star D'Angelo Russell bekam so viel Jubel vor der Partie. Nur Yankees-Legende Alex Rodriguez, der als Zuschauer allerdings ohne Gattin Jennifer Lopez gekommen war, erfuhr ähnlich viel Zuneigung wie das Urgestein der Mavericks.
Nur auf dem Feld wollte für Dirkules nichts fallen. In der ersten Halbzeit produzierte er unter anderem einen Airball, verwarf seine ersten neun Würfe und sein Gegenspieler Rodions Kurucs lief in der zweiten Halbzeit aus der Distanz heiß. Es deutete vieles auf einen ähnlichen Abend wie in Boston hin, als Nowitzki ohne Punkte bei 10 Versuchen aus dem Feld blieb.
"Ich wollte nicht wieder ohne Punkte bleiben", erklärte Nowitzki nach dem Spiel der riesigen Medien-Traube in der Kabine der Mavs. "Ich hatte eigentlich einige gute Gelegenheiten, die meisten Würfe waren offen, aber sind einfach nicht gefallen."
Das war bei weitem nicht nur das Problem des Deutschen. Die Mavs präsentierten sich unglaublich schwach, eben, wie ein Team, für das es in dieser Spielzeit um nichts mehr geht. Brooklyn, das nach drei Pleiten am Stück diesen Sieg dringend benötigte, baute die Führung so bis zu 44 Punkte aus.
Brooklyn feiert Nowitzki bei erstem Treffer
Verlassen wollte deswegen die Halle keiner. Stattdessen wurde es acht Minuten vor dem Ende wieder laut, als Nowitzki noch einmal aufs Feld kam. Angriff für Angriff forderten die Fans Nowitzki auf zu werfen und buhten den armen Trey Burke gnadenlos aus, als er es sich erdreistete, tatsächlich selbst abzuschließen.
Letztlich bekamen die Zuschauer dann aber doch, wofür sie gekommen waren. Burke hatte aus seinen "Fehlern" gelernt und bediente diesmal Nowitzki, der aus der Mitteldistanz abdrückte. Nothing but net und ein echter Jubelsturm der Fans brandete los, der sogar noch lauter wurde, als der Deutsche nur eine Minute später seinen berühmten Fadeaway versenken konnte. Die Zuschauer sprangen von den Sitzen, viele blieben sogar noch ein paar Minuten stehen, bis der Power Forward knapp 120 Sekunden vor dem Ende auf der Bank Platz nahm.
Klatsche für Dallas Mavericks - Carlisle stinksauer
MVP-Sprechchöre hallten durch die Arena, Nowitzki winkte noch einmal in die Menge und verschwand wenig später. Er selbst wusste wohl auch nicht so genau, was er von diesem Abend halten sollte. "Es war wieder fantastisch, sehr emotional, wie das schon in den vergangenen Wochen vor allem hier an der Ostküste war. Ich habe es genossen, auch wenn ich Siege mehr genießen kann", schränkte er ein.
Doch nicht nur Nowitzki war enttäuscht. Coach Rick Carlisle wirkte im Anschluss extrem angefressen, verständlich bei einer 88:127-Pleite. Der Meistertrainer von 2011 ließ die Medien lange warten und hatte wohl seinem Team einige ernste Worte zu sagen. Welche das waren, wollte er aber nicht preisgeben. Auch Besitzer Mark Cuban, der in der Kabine war, wollte dazu lieber nichts sagen. "Das bleibt intern", kanzelte auch Carlisle schnell ab. "Es war schlimm, vom Anfang bis zum Ende."
Die (wahrscheinliche) Abschiedstour von Nowitzki hat so irgendwie auch einen schalen Beigeschmack, auch wenn es dem Team sogar vermeintlich hilft. Seit dem Porzingis-Trade stehen die Mavs bei 2-8, sieben Pleiten waren zweistellig. Bei den Niederlagen ging man mit einer Differenz von satten 18,25 Punkten vom Feld.
Dallas Mavericks: Chancen auf Zion Williamson steigen
Jede Niederlage erhöht eben aber auch die Chance, dass Dallas seinen Pick aus dem Doncic-Trade (Top-5 geschützt) behält. Aktuell haben die Mavs die achtschlechteste Bilanz und somit eine Chance von rund 25 Prozent auf einen Pick unter den ersten Vier. Selbst der Traum von College-Phänomen Zion Williamson dürfte bei der derzeitigen Verfassung kein Luftschloss mehr sein.
Ob Dirk dann noch beim Team sein wird, weiß wahrscheinlich nur er selbst. Die Pressemeute und die Fans scheinen sich derweil einig zu sein, dass es Nowitzkis letzter Auftritt im Big Apple war, anders lässt sich der Trubel um den Deutschen nicht erklären.
NBA: Das Rennen um den ersten Draft-Pick
Platzierung | Team | Bilanz | Chance auf Nr.1-Pick |
30 | New York Knicks | 13-51 | 14 Prozent |
29 | Phoenix Suns | 14-51 | 14 Prozent |
28 | Cleveland Cavaliers | 16-48 | 14 Prozent |
27 | Chicago Bulls | 18-46 | 12,5 Prozent |
26 | Atlanta Hawks | 22-43 | 10,5 Prozent |
25 | Memphis Grizzlies | 25-40 | 9 Prozent |
24 | Washington Wizards | 26-37 | 7,5 Prozent |
23 | Dallas Mavericks | 27-36 | 6 Prozent |
Nowitzki: Huldigungen in jeder Arena
Es macht jeden Auftritt von Nowitzki in fremden Hallen zu etwas Besonderem. So chancenlos die Mavs teilweise sind, die Atmosphäre verursacht einfach pure Gänsehaut, wenn der lange Blonde dann doch den ein oder anderen Wurf trifft, auch wenn auf der anderen Seite elf Fehlwürfe und insgesamt nur 4 Punkte wie in diesem Spiel stehen.
Es ist eine Anerkennung für nun fast 21 Jahre in der besten Liga der Welt, als einer der loyalsten und auch beliebtesten Spieler, geschätzt in allen Ecken der NBA. Wie sonst lässt es sich erklären, dass nur ein verwandelter Wurf das stille Barclays Center in ein Tollhaus verwandeln kann. Wer braucht schon dieses Scoreboard?
Die Karawane zieht für Dallas nun weiter nach Washington, wo Nowitzki sicherlich wieder ähnlich gefeiert wird. In Brooklyn kehrt dagegen wieder Normalität ein, spätestens wenn in der Nacht auf Donnerstag die Cleveland Cavaliers zu Gast sind. Die haben erstens keinen Dirk und stehen zweitens auch noch schlechter in den Standings da als die Mavs.