Erst gut 20 Minuten vor Tip-Off gab es die bittere Gewissheit: Joel Embiid wird nicht für die Sixers auflaufen können. Der Center testete sein angeschlagenes Knie in einem Workout vor der Partie, musste sich aufgrund der Schmerzen dann aber doch abmelden. Stattdessen startete Greg Monroe auf der Fünf für Philly - ganz zur Freude von Jarrett Allen.
Der Center der Nets nutzte die defensiven Schwächen des 28-Jährigen gnadenlos aus, zahlreiche Attacken in die Zone und einige Offensiv-Rebounds erzwangen eine frühe Auszeit des bedienten Sixers-Coaches Brett Brown. Doch die 9:4-Führung der Hausherren hielt nicht lange.
Offensiv übernahm Ben Simmons die Kontrolle bei Philadelphia, mit seiner aggressiven Gangart führte er sein Team schnell wieder zurück. Und mit Boban Marjanovic als Center klappten auch die defensiven Rotationen sowie die Help-Defense besser. Brooklyn ging nun in vielen Possessions leer aus und die Sixers schnappten sich eine 32:24-Führung zum Start ins zweite Viertel.
Dann fing allerdings Caris LeVert so richtig Feuer. Der 24-Jährige erzielte die ersten 14 Punkte der Nets im zweiten Durchgang und sorgte mit zwei Triples in Folge für den Ausgleich (38:38). Auf der anderen Seite hielten die Sixers vor allem in Person von Tobias Harris dagegen. Unter anderem dank seiner 4 Dreier in Halbzeit eins setzten sich die Gäste bis auf 11 Zähler ab. Zur Pause hatte Philly eine 65:59-Führung vorzuweisen.
Nets starten Comeback-Versuch, doch Sixers gewinnen
Auch nach dem Seitenwechsel lief es von Downtown wie geschmiert für die Sixers. J.J. Redick hämmerte in den ersten sechs Minuten des dritten Durchgangs 3 Dreier durch die Reuse, Harris legte einen weiteren Triple nach und auf einmal zog Philly mit einem 12:2-Lauf davon.
Zwischenzeitlich betrug der Vorsprung der Gäste sogar 18 Zähler, bevor Brooklyn den dritten Abschnitt jedoch mit einem 9:0-Lauf beendete und wieder bis auf 90:97 dran war. Anschließend war es vor allem D'Angelo Russell, der den Comeback-Versuch der Hausherren anfeuerte.
Der Point Guard, von dem bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht viel zu sehen war, hielt die Nets mit 14 Zählern in den Anfangsminuten des vierten Viertels in Schlagdistanz. Auch eine zwischenzeitliche Zonenverteidigung bereitete den Sixers Probleme.
Doch Philadelphia fand rechtzeitig zurück in den Rhythmus. Simmons übernahm erneut die Kontrolle in der Offense und sorgte mit einigen starken Drives und schließlich einem krachenden Dunk wieder für eine 15-Punkte-Führung gut viereinhalb Minuten vor dem Ende. Das war letztlich zu viel für die Nets.
Sixers: Ben Simmons legt Playoff-Career-High auf
Bei den Hausherren waren Russell und LeVert mit jeweils 26 Punkten Topscorer, Spencer Dinwiddie und Allen steuerten zudem jeweils 15 Zähler bei. Doch vor allem gegen Ben Simmons war an diesem Abend kein Kraut gewachsen.
Mit 31 Punkten legte er einen neuen Karrierebestwert in den Playoffs auf, dabei versenkte er überragende 11 von 13 aus dem Feld und verteilte zusätzlich 9 Assists. Von denen profitierte unter anderem Harris, der mit 29 Zählern ebenfalls ein Playoff-Career-High aufstellte und perfekt aus der Distanz blieb (6/6 Dreier, dazu 16 Rebounds).
Da auch Redick den Nets ordentlich einschenkte (26 Punkte, 5/9 Dreier), durfte sich Philly erstmals seit 1978 über gleich drei Spieler mit mindestens 25 Zählern in einem Playoff-Spiel freuen. Jimmy Butler kam zudem auf 16 Punkte, Marjanovic legte 14 und 8 Rebounds in 18 Minuten Einsatzzeit auf (+18). Gut sieben Minuten vor dem Ende holte er sich allerdings sein sechstes Foul ab.
Damit haben sich die Sixers den Heimvorteil zurückerobert, am kommenden Samstag (ab 21 Uhr live auf DAZN) steht Spiel 4 in Brooklyn an.
Die wichtigsten Statistiken
Brooklyn Nets (6) vs. Philadelphia 76ers (3) 115:131 (BOXSCORE), Serie: 1-2
- In Spiel 1 und 2 hatten die Sixers den Vorteil in der Zone noch klar auf ihrer Seite. Sowohl im Reboundduell als auch bei den Punkten in der Zone lag Philly in beiden Partien deutlich vorne. Ohne Embiid war von dieser Dominanz allerdings nichts mehr zu sehen. Gerade beim Scoren in direkter Ringnähe hatten es die Nets deutlich leichter (58:46 points in the paint für die Nets).
- In Sachen Rebounding nutzten die Nets das Fehlen von Embiid ebenfalls gnadenlos aus. Allein in den ersten zwei Minuten der Partie sammelten die Nets vor allem dank Allen 3 Offensiv-Rebounds. Allerdings machten in dieser Hinsicht auch Monroe und Marjanovic im Laufe des Spiels einen immer besseren Job. Insgesamt kam Philly auf 15 Offensiv-Rebounds (Nets: 13).
- Brooklyn machte sich mit zahlreichen Ballverlusten - viele davon waren Unforced Errors - in den entscheidenden Phasen das Leben selbst schwer. Die Nets hatten am Ende zwar "nur" 15 Turnover auf dem Konto, die nutzte Philly allerdings für 16 Zähler im direkten Gegenzug aus. Dabei half unter anderem auch das gute Transition-Spiel, gerade Simmons drückte immer wieder aufs Tempo und setzte die Nets-Defense unter Druck (16:6 Fastbreak-Punkte).
- Der Dreier war nicht unbedingt eine Stärke der Sixers in den ersten beiden Partien der Serie: Von den insgesamt 48 Versuchen waren nur 12 erfolgreich. Doch im Barclays Center lief es von Beginn an deutlich besser, zumindest bei Redick und Harris. Das Duo zeigte sich für alle Dreier der Sixers verantwortlich (11/15), der Rest des Teams stand dagegen bei 0 von 12. Die Nets hatten den kompletten Abend über Probleme aus der Distanz (8/39, 20,5 Prozent Dreier).
- Sixers-Coach Brett Brown nutzte eine Rotation von gerade einmal acht Spielern. Auch nachdem Marjanovic mit seinem sechsten Foul im Schlussviertel ausfiel, blieb es dabei. Erst in der Garbage Time durften auch die anderen Reservisten ran. Dank LeVert oder auch Spencer Dinwiddie konnte Brooklyn das Duell der Bänke dementsprechend deutlich mit 57:20 für sich entscheiden.
Brooklyn Nets vs. Philadelphia 76ers: Die Stimmen zum Spiel
Brett Brown (Sixers-Coach) über Ben Simmons: "Ich finde, das war eins von Bens dominantesten Spielen. Er war außergewöhnlich."
Jarrett Allen (Nets) angesprochen auf das Fehlen von Embiid: "Wenn ihr wohl bester Spieler ausfällt, dann musst du daraus einen Vorteil ziehen. Das haben wir nicht geschafft."
Der Star des Spiels
Ben Simmons. Die Offense der Sixers lief in den meisten Fällen durch die Hände des 22-Jährigen - und Simmons dominierte fast nach Belieben! Die Nets fanden nie wirklich ein Gegemittel gegen seine aggressiven Drives, zudem setzte er seine Mitspieler extrem stark ein. Überragend war auch seine Effizienz (11/13 FG, 9/11 FT).
Der Flop des Spiels
Joe Harris. Nach einem starken Auftritt in Spiel 1 war in der vergangenen Partie nicht mehr viel zu sehen von Harris. So auch an diesem Abend. In 29 Minuten hatte er 8 Punkte bei schwachen Quoten (2/7 FG, 0/4 FG) und den mit Abstand schlechtesten Plus/Minus-Wert seines Teams (-27) vorzuweisen.
Coaching Move des Spiels
"Ben Simmons ist ein großartiger Spieler in Transition und sobald man ihn im Halfcourt hat, ist er Durchschnitt." So lautet zumindest die Meinung von Jared Dudley, Simmons' Auftritt in Spiel 3 war jedoch alles andere als durchschnittlich. Ohne Embiid lief die Offense auch im Halbfeld hauptsächlich über den Guard. Auch wenn er nicht selbst aggressiv den Korb attackierte, zog Simmons eine Menge Aufmerksamkeit auf sich. In zahlreichen Situationen ermöglichte er dann mit Hand-Offs und anschließenden Screens offene Würfe für seine Teamkollegen. Auch als Roll-Man war er einige Male extrem gefährlich.