"Es ist so wichtig, in einem guten Rhythmus zu sein, wenn die Playoffs starten. Aktuell sind wir auf einem guten Weg, müssen die Leistungen nun aber auch halten." Diese Worte von Head Coach Mike Malone stammen vom 23. März, nachdem seine Nuggets die Knicks deutlich mit 111:93 geschlagen hatten und den sechsten Sieg in Serie einfuhren.
Mit einer Bilanz von 49-22 lagen sie gemeinsam mit den Warriors auf dem ersten Platz im Westen und hatten gute Chancen auf die beste Saison seit der Melo-Ära.
Malone hatte den Fokus schon vor der Siegesserie voll und ganz auf die Postseason gerichtet und seine Rotation auf 8-10 Mann beschränkt, um sich für die Playoffs einzuspielen. Dabei fiel unter anderem Isaiah Thomas hinten raus und musste von draußen zusehen, wie sein Team Sieg an Sieg reihte.
Knapp zwei Wochen später sieht die Situation hingegen völlig anders aus. Nach vier Niederlagen aus den letzten sechs Spielen macht sich in der Mile High City bereits wieder die Angst vor einem Fluch breit, der die Nuggets-Fans schon einmal über ein ganzes Jahrzehnt beschäftigt hatte.
Denver Nuggets: Nikola Jokic und Co. wirken überspielt
Als wären die Niederlagen nicht schlimm genug gewesen, setzte es teilweise sogar ordentliche Klatschen. Gegen Indiana verlor Denver mit 36 Punkten, gegen Houston waren es 27 und auch gegen die Warriors lagen Nikola Jokic und Co. teilweise mit bis zu 30 Zählern zurück, ehe die Bank in der Garbage-Time Schadensbegrenzung betrieb.
Statt sich für die Playoffs einzuspielen, wirken die Spieler träge und kaputt. Während andere Teams ihre Stars für die Postseason schonen können, standen Jokic, Jamal Murray und Gary Harris in jedem der letzten 20 Spiele um die 30 Minuten auf dem Parkett - sie wirken schlichtweg überspielt.
Wohl zu keinem Zeitpunkt der Saison hätte ein solcher Durchhänger unpassender kommen können, wenn man bedenkt, dass es bis zum ersten Playoff-Spiel nicht einmal mehr zwei Wochen sind. In den letzten fünf Saisonspielen warten mit Portland (2x), Utah und San Antonio zudem vier direkte Duelle gegen mögliche Playoff-Gegner und der Vorsprung auf Houston beträgt nur noch 1,5 Siege.
Schon die erste Runde wird brutal
Ob es schließlich der zweite oder dritte Platz wird, dürfte Malone allerdings noch vergleichsweise egal sein. Viel wichtiger sei hingegen die Art und Weise, wie sich sein Team so kurz vor den Playoffs präsentiert: "Wir produzieren zu viele Turnover, lassen den Ball nicht mehr laufen und es fehlt die letzte Entschlossenheit auf dem Feld. Das muss deutlich besser werden."
In der ersten Runde warten mit den Jazz, Clippers, Spurs oder Thunder alles andere als Leichtgewichte auf Denver. Gegen OKC haben die Nuggets zwar beispielsweise alle vier Matchups in der regulären Saison gewonnen, gerade in den Playoffs herrschen allerdings andere Regeln.
Nicht selten kommt es vor, dass Superstars wie Russell Westbrook oder Paul George in wichtigen Spielen über sich hinaus wachsen und diese im Alleingang entscheiden. Einen offensiven Go-to-Guy dieser Art hat Denver momentan noch nicht in seinen Reihen.
Den Denver Nuggets fehlt ein echter offensiver Go-to-Guy
Ohne Frage, Nikola Jokic spielt aktuell die beste Saison seiner Karriere und ist im Februar völlig zu Recht zum ersten Mal ins All-Star Team gewählt worden. Noch hat er allerdings - wie auch der Großteil des restlichen Nugget-Rosters - keinerlei Playoff-Erfahrung vorzuweisen.
Hinzu kommt, dass Jokic in der Offensive auf andere Art und Weise überzeugt, als es Westbrook oder George tun würden. Durch hohen Basketball-IQ, geschickte Pässe und gute Wurfauswahl kann er durchaus als effizienterer Spieler bezeichnet werden, wird aber vermutlich niemals 20 Punkte in Folge erzielen. Es ist nicht seine Art, Spiele komplett an sich zu reißen.
In den Playoffs wird jedes Team noch einmal ein paar Prozent an defensiver Intensität zulegen. Fraglich also, ob das auf Ballmovement und kluge Cuts ausgelegte System der Nuggets auch gegen besser rotierende Teams noch genauso gut funktionieren wird, vor allem wenn auch Murray und Harris (1/9 FG gegen Golden State) weiterhin ihrer Form hinterher rennen.
Denver Nuggets: Erneuter Erstrunden-Exit wäre fatal
Sollte sich die Leistung der Nuggets in den letzten fünf Spielen also nicht wieder um 180 Grad wenden, könnte es durchaus sein, dass sie trotz Heimvorteil für viele Experten als Außenseiter in die erste Runde gehen.
Ein Ausscheiden in eben dieser würde bei den Fans dann vermutlich alte Wunden aufreißen. Zwischen 2004 und 2013, also in der Zeit, als ein gewisser Carmelo Anthony noch die NBA verzückte und George Karl an der Seitenlinie stand, spielten die Nuggets Jahr für Jahr eine tolle reguläre Saison und gingen voller Hoffnung in die Playoffs.
Mit Ausnahme der Saison 2008/09 (Schluss in den Conference Finals) blieb die zweite Runde allerdings immer nur ein Wunschgedanke. Dieses Trauma steckt noch immer in den Köpfen vieler Nuggets-Fans und könnte auch in diesem Jahr wieder zur Wirklichkeit werden. Es sei denn Jokic, Murray und Co. können den Schalter wieder umlegen und den Fluch endgültig aus Colorado vertreiben.