"Ich will einfach nur eine faire Chance. Sie sollen das Spiel so leiten, wie sie es leiten sollten, dann können wir mit jedem Ergebnis leben."
James Harden wirkte auf der Pressekonferenz nach Spiel 1 bei den Golden State Warriors mächtig frustriert, beinahe ernüchtert. Man fühlte sich einer großen Chance beraubt, nämlich ein Spiel aus der Oracle Arena zu klauen. Letztlich endete dieses Spiel so wie es enden musste - mit einer Kontroverse. Die Warriors führten 20 Sekunden vor dem Ende mit drei Punkten und hatten den Ball, leisteten sich aber Turnover Nr. 20, eine weitere Story der Partie, und hielten die Rockets so im Spiel.
Harden stieg von der Birne zum möglichen Ausgleich hoch und wurde wohl von Draymond Green während des Wurfs und bei der Landung berührt. Der Spalding ging nicht in den Korb, dafür Harden zu Boden, doch die Pfeife der Referees blieb stumm - wie so oft an diesem Abend bei ähnlichen Situationen. RedNation schäumte vor Wut, Chris Paul holte sich sein zweites technisches Foul ab und Stephen Curry traf von der Freiwurflinie den entscheidenden Punkt zum 104:100.
Seit Beginn der Playoffs fieberten Fans aus aller Welt diesem Showdown zwischen den vielleicht beiden besten Teams der NBA entgegen, letztlich rückte das Sportliche in den Hintergrund und das Wort 'Landing Spot' war in aller Munde. Dass Curry einen eiskalten Dreier über Nene in der Crunchtime versenkte? Fast schon vergessen! Dass Durant wieder 35 Punkte erzielte? Ein Randaspekt!
Houston Rockets beschweren sich über zweifelhafte Calls
Stattdessen drehte sich vor allem auf Seiten der Rockets alles um den Auftritt der drei Referees. Vorneweg: Die Offiziellen machten wirklich nicht immer eine gute Figur, doch gerade die ausgebliebenen Calls für die Rockets blieben im Gedächtnis hängen. Alleine Klay Thompson foulte Harden mehrfach beim Dreier deutlich, als dieser so harte Closeouts lief, dass Thompson Harden bei der Landung sichtlich beeinträchtigte.
Der amtierende MVP landete dabei wohl häufiger auf dem Hosenboden, als es Joe Frazier beim legendären Kampf gegen George Foreman tat, entsprechend bedient war auch sein Coach Mike D'Antoni, der ein interessantes Detail preisgab. "Die Referees haben mir in der Halbzeit gesagt, dass sie vier solcher Calls übersehen haben, das waren 12 Freiwürfe."
Auch Harden bestätigte dies. "Mir wurde das auch gesagt, aber nach der Pause gab es weitere ähnliche Situationen." Die Rockets wurden dabei auch ein wenig Opfer ihrer eigenen Reputation. Harden und auch Paul sind nur allzu bekannt dafür, Fouls zu schinden, diesmal funktionierte dies nicht, auch wenn das Guard-Duo auch in Spiel 1 wieder zusammengerechnet 21-mal an die Linie marschierte.
Es war bei Weitem nicht das erste Mal, dass sich die Rockets ungerecht behandelt fühlten. Wie Sam Amick von The Athletic kurz nach Spielende mit Verweis auf anonyme Quellen berichtete, untersuchen die Rockets schon seit einer Weile, wie das Superteam der Warriors von den Referees angeblich bevorzugt wird.
NBA Playoffs: Rockets müssen sich an eigene Nase fassen
So mögen sie diesmal gewissermaßen im Recht sein, nutzen tut ihnen dies aber nichts. Vielmehr sollten die Texaner sich an die eigene Nase packen, dieses Spiel nicht gewonnen zu haben. Die Chancen dazu waren vielfältig vorhanden. Die Rockets forcierten insgesamt 20 Turnover, hielten Curry bei gerade einmal 17 Punkten, nahmen Thompson (13, 5/13 FG) gut aus dem Spiel und standen dennoch am Ende mit leeren Händen da.
Die Strategie war zu eindimensional, zu sehr auf den Dreier fixiert. Natürlich ist dies seit Jahren Teil der DNA in Houston, aber gleichzeitig sind 23 Abschlüsse in der Zone viel zu wenig, um auf Dauer die Warriors ernsthaft zu beschäftigen. Hier machte sich bemerkbar, dass die Rockets das Tempo zu sehr verschleppten und die Uhr häufig herunterlaufen ließen.
Gerade Harden dribbelte einmal mehr Löcher in den Boden und begann erst nach 15 Sekunden, überhaupt irgendeine Aktion zu initiieren. Dass die Warriors so gleich mehrere Shotclock Violations erzwangen, verwunderte nicht. Am Ende nahmen die Rockets 47 Dreier, konnten aber nur 14 versenken, das sind weniger als 30 Prozent.
Ein weiterer Grund für die fehlenden Punkte in der Zone war Clint Capela. Der Schweizer, auch gegen Utah teils schwach, wirkte im Vergleich zum Vorjahr wie ein Schatten seiner selbst und war nie ein Faktor. Seine einzigen Punkte kamen nach einem Harden-Lob, ansonsten fiel der Center nur durch defensive Fehler und Probleme beim Fangen des Balles auf. Er wirkte überfordert vom Tempo und der Klasse, welche die anderen Akteure auf dem Feld präsentierten.
Warriors vs. Rockets: Die Serie im Überblick
Tag | Datum | Uhrzeit | Spiel | Heim | Auswärts | Ergebnis |
Sonntag | 28. April | 21.30 Uhr | 1 | Golden State | Houston | 104:100 |
Dienstag | 31. April | 4.30 Uhr | 2 | Golden State | Houston | |
Freitag | 5. Mai | 2.30 Uhr | 3 | Houston | Golden State | |
Sonntag | 7. Mai | 3.30 Uhr | 4 | Houston | Golden State | |
Mittwoch | 9. Mai | TBD | 5* | Golden State | Houston | |
Freitag | 11. Mai | TBD | 6* | Houston | Golden State | |
Sonntag/Montag | 13. Mai | TBD | 7* | Golden State | Houston |
*Spiele werden nur ausgetragen, wenn nötig.
Warriors vs. Rockets: Die Chancen waren da
Selbst Backup Nene (7, 3/3) machte seine Sache besser, auch wenn er in der Crunchtime absolut nichts auf dem Feld verloren hatte. Diesen Schuh muss sich D'Antoni anziehen, der den Brasilianer kurz zuvor brachte, wahrscheinlich um einen möglichen Freiwurf-Abpraller von Harden (?!) für einen Offensiv-Rebound zu schnappen.
Besser funktionierten da die kleinen Lineups mit P.J. Tucker und Danuel House, wobei gerade Tucker Kevin Durant lange ärgern konnte. KD und Harden neutralisierten sich am Ende mit je 35 Punkten, Eric Gordon machte mit 27 Zählern ein starkes Spiel, doch Golden State war tiefer, auch weil Draymond Green und Andre Iguodala (je 14) nicht nur defensiv liefern konnten.
Die Rockets brauchen mehr als nur ihr Backcourt-Trio, laufen aber auch Gefahr einen dieser Drei zu verlieren. Die Ejection von CP3 könnte nämlich noch ein Nachspiel haben, da der Point Guard bei seiner Beschwerde wohl Kontakt mit Ref Josh Tiven aufnahm, ein absolutes No Go, was auch eine Sperre nach sich ziehen könnte. Noch hat sich die Liga nicht geäußert, aber bei den Rockets geht man laut Tim MacMahon (ESPN) davon aus, dass Paul aufgrund von nur leichtem Kontakts nicht gesperrt wird.
Es wäre dann wohl auch zu viel des Guten gewesen, auch weil die Rockets bzw. Harden schließlich eine faire Chance haben wollen, um die Warriors zu besiegen. Das ist aber Unsinn, die Chance war da. Egal, ob Recht oder Unrecht, die Rockets verstrickten sich irgendwie auch in der Kontroverse. Stellen sie das ab, haben sie tatsächlich eine faire Chance.