Win or go Home! Und rein auf dem Papier waren die Raptors leichter Favorit. Sie hatten nicht nur den Heimvorteil, sondern auch in Sachen Erfahrung die Nase vorn. Torontos Starter standen bereits 13 Mal zuvor in einem siebten Spiel auf dem Feld, die Sixers Five kamen nur auf sechs Teilnahmen.
Beide Anfangsformationen blieben unverändert und es wurde schnell sichtbar, um wie viel es ging. Beide Teams gingen äußerst intensiv zu Werke und die Referees ließen den Spielern angenehm viel Freiraum. Philadelphia brauchte fast fünf Minuten, um das erste Mal aufs Scoreboard zu kommen. Redick versenkte einen Dreier, nachdem die ersten neun Würfe nicht ihr Ziel fanden.
Lowry verletzt sich am Daumen
Toronto konnte dies aber nicht wirklich nutzen, da sie selbst Probleme hatten, aus dem Halbfeld heraus, Punkte zu generieren. Einzig Kawhi Leonard konnte anfangs Akzente setzen. Der Forward führte sein Team zu einem 8:0-Lauf, wirklich absetzen konnten sich die Raptors aber nicht. Mit dem kurios niedrigem Ergebnis von 18:13 ging es in die erste Pause.
Raptors-Guard Kyle Lowry verstauchte sich im zweiten Viertel den Daumen der linken Hand, konnte aber nach kurzer Behandlung mit einem Tape-Verband weiterspielen. Das Spiel blieb physisch. Toronto versuchte mit konsequentem Doppeln, Joel Embiid aus dem Spiel zu nehmen.
Der Sixers-Center, der so offensiv nicht wirklich ins Rollen kam, suchte häufig seine Mitspieler auf der Weak Side. Dort versuchten vornehmlich Tobias Harris und Jannes Ennis, den Freiraum auszunutzen. Ennis war es dann auch, der die Sixers Mitte des zweiten Viertels wieder in Führung brachte, doch Toronto antwortete mit einem 11:3-Lauf und ging mit einem 44:40-Führung in die Pause.
Sixers drehen Spiel mit einem 16:0-Lauf
Das dritte Viertel startete ähnlich wie das erste. Philly brauchte etwas, um wieder ins Spiel zu kommen. Toronto baute den Vorsprung auf neun Punkte aus, aber starke Defense der Sixers führte zu einem 16:0-Lauf und mit sieben Punkten für die höchste 76ers-Führung im Spiel.
Raptors-Coach Nick Nurse stellte mit Fred VanVleet einen weiteren Point Guard an die Seite von Lowry, um das Spiel breiter und flexibler zu machen. Kawhi kam nun wieder zu besseren Würfen und zusammen mit Lowrys Energie sorgte dies für einen abermaligen Führungswechsel. Mit 67:64 für die Raptors ging es ins Schlussviertel.
Es blieb bis in die Crunchtime hinein ein enges Spiel. Leonard schulterte die Last für Toronto, bei den Sixers waren es Embiid und Butler, die die Verantwortung übernahmen. 1:41 Minuten vor dem Ende brachte Kawhi die Raptors mit einem Midrange-Jumper mit zwei Punkten in Führung. Philly kam anschließend keinen Wurf los und nachdem Lowry Embiid den Ball abjagte, punktete Pascal Siakam in Transition.
Leonards Buzzerbeater entscheidet das Spiel
Toronto zerrte von diesem Vorsprung. 12,1 Sekunden vor dem Ende verkürzte Embiid von der Linie auf einen Punkt, anschließend schickte Philly Leonard an die Linie, der nur einen Freiwurf versenkte. Tobias Harris sicherte sich den Rebound und Butler glich mit einem schwierigen Korbleger aus.
Mit 4,2 Sekunden auf der Uhr landete der Ball nach der Auszeit bei Leonard, der am Perimeter nach einem freien Wurf suchte und dann mit einem unfassbar schwierigen Wurf im Zurückfallen und Embiids Hand im Gesicht die Raptors aus der Ecke in die Conference Finals warf! Der Buzzerbeater sprang vier Mal auf den Ring bevor er letztlich durch den Korb fiel. Jetzt warten die Milwaukee Bucks.
Mit 41 Punkten war Leonard selbstredend auch der Topscorer der Partie. Serge Ibaka lieferte mit 17 Punkten wichtige Unterstützung von der Bank. Bei den Sixers war Embiid mit 21 Punkten der beste Werfer.
Die wichtigsten Statistiken
Toronto Raptors (2) vs. Philadelphia 76ers (3) 92:90 (BOXSCORE), Serie: 4-3
- Es war die ganze Serie über eine nette Spielerei. Das Team, welches das erste Viertel für sich entschied, gewann am Ende auch das Spiel. Auch in Spiel 7 hielt die Serie. Toronto gewann das erste Viertel, Toronto gewann das Spiel.
- Am defensiven Brett war das Reboundduell (33:36) ausgeglichen, doch Toronto griff sich 16 Offensivrebounds ab und hatte so 24 Wurfmöglichkeiten mehr als Philadelphia. Allein Leonard und Ibaka kamen jeweils auf 4 offensive Boards, in einer Schlüsselphase im dritten Viertel krallte sich selbst der kleine Lowry binnen kurzer Zeit zwei Offensivrebounds und leitete die Wende ein.
- Der Impact von Embiid bei den Sixers in der Serie war schon enorm. Vor Spiel 7 war Philly + 80 mit Embiid auf dem Feld und -97, wenn er nicht spielte. Dabei war der Kameruner aufgrund seiner Erkrankung lange Zeit gar nicht im Vollbesitz seiner Kräfte. Toronto schaffte es in Spiel 7 zwar lange, die Kreise des Centers gut einzudämmen, doch so ganz lässt sich Embiid nun mal nicht kontrollieren. Er hatte auch in Spiel 7 mit +10 das beste Plus/Minus-Rating seiner Mannschaft.
- Auf Seiten von Toronto hatte Ibaka maßgeblichen Einfluss auf das Spiel. Der Big Man brachte nicht nur 17 Punkte (6/10 FG) von der Bank, sondern war auch mit seiner Defense und der Arbeit am Brett (8 Rebounds) der X-Faktor im Spiel der Raptors.
- Es war der erste siegbringende Buzzerbeater in einem Spiel 7 in der NBA-Geschichte. Nur Michael Jordan gelang Ähnliches als er 1989 in Spiel 5 der Best-of-3-Serie die Cleveland Cavaliers mit "The Shot" erledigte. Zudem gab es nie an einem Playoff-Tag zwei Spiel 7, die mit weniger als sechs Punkten Differenz entschieden wurden. Zwei in Toronto, vier in Denver.
Toronto Raptors vs. Philadelphia 76ers: Die Stimmen
Kawhi Leonard (Raptors): "Es war großartig. Sowas habe ich noch nicht erlebt. In Spiel 7 einen Gamewinner zu treffen ist ein Segen. An diesen Moment werde ich mich für den Rest meines Lebens erinnern."
Jimmy Butler (Sixers): "Kawhi hat einen unglaublich schweren Wurf getroffen. Dafür muss man ihm gratulieren. Er ist ein unglaublicher Spieler, wir wissen das, ihr wisst das. Mehr kann man dazu nicht sagen.
Der Star des Spiels
Kawhi Leonard. Der Forward war defensiv wie offensiv der Fixpunkt der Raptors. Mit schnellen Händen und guter Antizipation beim Rebound ging er defensiv voran und in der Offensive lief ohnehin alles (39 Wurfversuche!!!) über ihn. In der Crunchtime riss er das Spiel endgültig an sich und es war wenig verwunderlich, dass er den letzten Wurf nahm und auch traf. Am Ende stand er bei 41 Punkten, 8 Rebounds, 3 Steals und 3 Assists.
Der Flop des Spiels
In so einer Serie, in der nach sieben Spielen ein Korb über das Weiterkommen entscheidet, ist es schwer, einen Flop zu betiteln, zumal alle Starter der Sixers eine positive Plus/Minus-Bilanz aufzuweisen hatten und keiner der fünf wirklich abfiel. Die Sixers hätten ein wenig mehr Entlastung von der Bank gebrauchen können. Weder Mike Scott noch James Ennis konnten dies leisten, während Toronto mit Ibaka eben diesen Impact bekam.
Der Coaching Move des Spiels
Als die Sixers mit einem 16:0-Lauf im dritten Viertel die Oberhand bekamen und die größte Führung im Spiel hatten, stellte Raptors-Coach um und beorderte erstmals in der Partie mit VanVleet einen zweiten Spielmacher in den Backcourt. Zusammen mit Lowry machte er das Spiel variabler und breiter. Da auch Ibaka offensiv zu beachten war, bekam Leonard wieder mehr Räume, um sein Spiel aufzuziehen. Toronto erhielt wieder die Kontrolle im Spiel.