Für die Houston Rockets geht es in Spiel 4 der Western Conference Semifinals gegen die Golden State Warriors darum, den Heimvorteil zu nutzen und die Serie auszugleichen. Ein wichtiger Faktor wird dabei Eric Gordon sein, der in Spiel 3 einmal mehr verdeutlichte, warum er er mehr ist als nur ein reiner Scharfschütze.
Es weiß wohl jeder, dass James Harden der beste Spieler der Houston Rockets ist. Mit 36,1 Punkten im Schnitt legte The Beard in der Regular Season eine Scoring-Performance hin, die vor ihm ihn ähnlichem Ausmaß nur Wilt Chamberlain und Michael Jordan aufs Parkett zauberten. Mit unzähligen Crossovern, Anklebreakern und Step-Back-Dreiern begeisterte Harden die Fans im Toyota Center Nacht für Nacht. Bei all dem Glanz und der Aufmerksamkeit rund um den MVP vergisst man jedoch schnell, dass die Rockets viel mehr als eine Ein-Bart-Show sind.
Spätestens als man Chris Paul im vergangenen Sommer mit einem 4-Jahresvertrag über 160 Millionen Dollar fürstlich ausstattete, war klar, dass man in Houston endlich einen Co-Star für Harden gefunden hatte, nachdem das Projekt Dwight Howard gehörig gescheitert war. Das kongeniale Star-Duo aus "Scoring Beast" Harden und "Point God" CP3 sollte endlich den langersehnten dritten Ring nach Texas bringen.
Nach dem miserablen Saisonstart war die Stimmung in Houston jedoch zunächst alles andere als rosig. Drei verheerende Auswärtspleiten gegen die Wolves (-12), Utah (-27) und Dallas (-3) zwangen Coach Mike D'Antoni Mitte Dezember schließlich zu einer Änderung seiner Starting Five: Der enttäuschende James Ennis flog aus der Rotation (später auch aus dem Team), Sixth Man Eric Gordon rückte dafür in die erste Fünf vor und rechtfertige seine Beförderung postwendend. Von den zehn folgenden Games krallten sich die Rox neun Stück, darunter wichtige Siege gegen OKC und die Celtics.
Eric Gordon: Vom Sixth Man zum unverzichtbaren Starter
Mit Gordon auf dem Court verfügten die Rockets auf einmal über ein nahezu elitäres Spacing, da der Shooting Guard aus fast jeder Position sofort abdrückt - zur Not auch mal drei Meter hinter der Dreierlinie. Dadurch wurde die gegnerische Zone auf einmal deutlich offener und der Platz für Hardens historische Iso-Plays größer. Wenig verwunderlich also, dass das zweite Spiel mit Gordon in der Starting Five auch den Startschuss zu Hardens 30-Punkte-Streak (32 Spiele insgesamt) markierte, der Houstons Saison schließlich umbog.
Für Gordon selbst hieß es dabei meist, in der Ecke zu warten und zu hoffen, dass der Bärtige den Ball nach einem Drive rauskicken würde. Der Nr.7-Pick der Clippers aus dem Jahr 2008 hatte dabei jedoch lange mit seinem eigenen Wurf zu kämpfen (nur 32 Prozent von Downtown), drehte aber pünktlich zur heißen Phase der Saison auf und nagelt seit Anfang März 45,4 Prozent seiner Dreier durch die Reuse (Höchstwert aller Spieler mit 8+ Dreierversuchen pro Spiel).
So war es auch der Guard aus Indiana, der in Spiel 3 der Conference Semifinals gegen die Dubs mit 30 Punkten (Playoff-Career-High, 7/14 Dreier) einmal mehr seinen hohen Stellenwert für einen Contender wie die Rockets unter Beweis stellte. Allein in der ersten Halbzeit erzielte der Sixth Man of the Year von 2017 20 Punkte bei 8/14 Würfen, brachte die Raketen damit im Must-Win-Game früh ins Rollen und elektrisierte mit seinen tiefen Dreiern die heimischen Fans.
"Wir sind einfach sehr froh, ihn zu haben", gab auch Paul nach der Partie zu Protokoll. "Er ist tough. Ich glaube, manchmal haben wir mehr Vertrauen in ihn, als er in sich selbst. Er hat eine grenzenlose Range. Du kannst ihm den Ball zuspielen, wenn er fünf Schritte hinter der Dreierlinie steht und für ihn ist das ein normaler Wurf. Dazu kann er zum Korb ziehen und verteidigen."
Eric Gordons Stats für die Rockets in der Saison 2018-19
Spiele | Punkte | Feldwurfquote | Dreierquote | Assists | Rebounds | Steals | Blocks | |
Regular Season | 68 | 16,2 | 40,9 % | 36 % | 1,9 | 2,2 | 0,6 | 0,4 |
Playoffs | 8 | 18,5 | 47,7 % | 45,1 % | 1,0 | 2,5 | 0,6 | 1,1 |
Eric Gordon: Das Sinnbild für das stille Kollektiv der Rockets
Dieses Statement von CP3 zeigt deutlich, dass Gordon für die Rockets viel mehr als ein reiner Scharfschütze ist. Der 31-Jährige ist mit seinen knapp 100 Kilogramm bei einer Größe von 1,93 Meter ein wahres Kraftpaket und kann sich auch zum Korb durchtanken, was ihn als Scorer noch unberechenbarer und schwerer zu verteidigen macht. Gegen GSW verwandelte er 11 seiner 16 Würfe in direkter Korbnähe, aber eben auch 2/2 seiner Würfe von 40+ feet.
Auf der anderen Seite ist Gordon auch defensiv ein absoluter Baustein seines Teams. In der Serie gegen Utah hielt er Donovan Mitchell bei einer mageren Wurfquote von 31,7 Prozent (13/41 FG), Klay Thompson trifft von Gordon verteidigt gar nur 12,5 Prozent (1/8 FG) und auch Kevin Durant hat es gegen den deutlich kleineren Guard nicht allzu leicht (42,9 Prozent, 3/7 FG).
Was ihn in den Matchups gegen Golden State teilweise an Größe fehlt, macht er durch seinen unbeirrbaren Kampfgeist wett. Damit steht er sinnbildlich für das stille Kollektiv der Rockets neben den Superstars um Harden und Paul.
Eric Gordon der X-Faktor der Houston Rockets?
Gordon, PJ. Tucker, Austin Rivers und Clint Capela sind allesamt keine Superstars im herkömmlichen Sinne, sondern heimliche Leistungsträger, die ihren Wert viel über Einstellung, Einsatzbereitschaft und Siegeswillen definieren. Sie sind keine Jungs der großen Worte, die ihr halbes Leben auf Instagram posten. Sie sind harte Arbeiter, die sich ihren Platz in der Liga und in der Rotation eines Championship-Anwärters durch gute Leistungen erkämpft haben und wichtiger Bestandteil des Erfolges sind.
Gordon ist dabei aber nicht nur sportlich, sondern auch rein finanziell gesehen ein absoluter Jackpot für die Rockets. In seiner elften Saison verdient der Guard läppische 13,5 Millionen Dollar und steht darüber hinaus bis 2020 unter Vertrag.
Mit 33 Jahren wird Gordon dann noch mal versuchen, einen letzten, dicken Vertrag abzustauben, was ihn im Umkehrschluss für Houston wohl unbezahlbar machen dürfte. Da Paul auch nicht jünger und verletzungsfreier wird, wird man in Houston daher alles daransetzen, diese oder nächste Saison den Titel einzufahren. Der stille Superstar aus Indiana könnte dabei der X-Faktor werden.