Eine bärenstarke Saison endete für die Denver Nuggets mit einer bitteren Enttäuschung in Spiel 7 der Western Conference Semifinals gegen die Portland Trail Blazers. War die Saison der Nuggets dennoch ein Erfolg? Und wie steht es um die Zukunft der Franchise aus der Mile High City? SPOX beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was ist passiert?
Nach fünf Jahren Playoff-Abstinenz schien der Weg Richtung Conference Finals wie geebnet für die Denver Nuggets. Am Ende einer bärenstarken Regular Season stand nicht nur der 2-Seed auf der Habenseite - fast genauso wichtig war wohl der Absturz der Houston Rockets auf Rang vier.
Damit wäre man erst in einem möglichen Conference Final auf eben Houston oder Golden State, die beiden Schwergewichte im Westen, getroffen. Die Aussichten auf die ersten Conference Finals seit der Melo-Ära (2009 verlor Denver in sechs Spielen in den WCF gegen die Lakers) hätten besser wohl kaum sein können.
Doch nach einem harten Sieben-Spiele-Fight in der ersten Runde gegen die San Antonio Spurs musste Denver nun nach ebenso vielen Partien gegen die Portland Trail Blazers wohl oder übel den Sommerurlaub planen. Der Traum ist geplatzt.
Hauptverantwortlich dafür war letztlich das katastrophale Shooting in Spiel 7. Nach einer insgesamt recht ausgeglichenen Serie, inklusive vierfachem Overtime-Krimi, traf Denver trotz Heimvorteil im Entscheidungsspiel gerade einmal 37,1 Prozent aus dem Feld. Vor allem von Downtown war an diesem Abend komplett der Wurm drin.
Nuggets vs. Trail Blazers: Die Serie im Überblick
Tag | Datum | Uhrzeit | Spiel | Heim | Auswärts | Ergebnis |
Sonntag | 30. April | 4.30 Uhr | 1 | Denver | Portland | 121:113 |
Dienstag | 2. Mai | 3 Uhr | 2 | Denver | Portland | 90:97 |
Freitag | 4. Mai | 4.30 Uhr | 3 | Portland | Denver | 140:137 4OT |
Sonntag | 6. Mai | 1 Uhr | 4 | Portland | Denver | 112:116 |
Mittwoch | 8. Mai | 4.30 Uhr | 5 | Denver | Portland | 124:98 |
Freitag | 10. Mai | 4.30 Uhr | 6 | Portland | Denver | 119:108 |
Sonntag | 12. Mai | 21.30 Uhr | 7 | Denver | Portland | 96:100 |
Nach zwei erfolgreichen Dreiern von Nikola Jokic im ersten Durchgang setzten die Nuggets die nächsten 17 Triples allesamt an den Ring (insgesamt 2/19 Dreier, 10,5 Prozent). Damit noch nicht genug, ließ das Team aus der Mile High City auch noch 11 Freebies liegen (28/39 FT).
Weder Jokic (11/26 FG) noch Jamal Murray (4/18 FG) oder Paul Millsap (3/13 FG) präsentierten sich besonders effizient. Ganz anders dagegen C.J. McCollum. An einem Abend, an dem Damian Lillard mit Problemen zu kämpfen hatte - nicht zum ersten Mal gegen die erstickende Defense von Torrey Craig - erlegte der Shooting Guard der Blazers Denver mit 37 Zählern, einem LeBron-ähnlichen Chase-Down-Block und schließlich dem Dagger aus der Midrange 11 Sekunden vor dem Ende.
Spätestens damit war ein zwischenzeitlicher 17-Punkte-Vorsprung der Hausherren dahin, das Pepsi Center verstummte - und die Saison der Nuggets fand ein unfassbar bitteres Ende.
Wie ist die Saison der Denver Nuggets zu bewerten?
Vor Beginn der 2018/19er Runde hätten wohl selbst die optimistischsten Nuggets-Fans eher nicht damit gerechnet, dass das junge Team um Jokic und Murray, das in den beiden Jahren zuvor die Postseason nur denkbar knapp verpasste, sich auf den zweiten Rang in der hart umkämpften Western Conference katapultieren würde.
Neben diesem Aspekt muss auch die beeindruckende Entwicklung von Jokic (dazu später mehr) oder auch Murray positiv hervorgehoben werden. Blue Arrow zauberte in seinem dritten Jahr in der Association ein Career-Year aufs Parkett, allein an der Konstanz (und an der Defense) wird er arbeiten müssen.
Wie wichtig der gerade einmal 22-Jährige für das Team ist, zeigte sich auch in den Playoffs. Murray legte in acht Partien mindestens 20 Punkte auf, davon gewann Denver sechs Spiele. In allen anderen Partien, in denen Murray schwächelte, standen die Nuggets bei einer Bilanz von 1-5.
Auch deshalb bleibt dieses kleine Geschmäckle: Wäre nicht eigentlich mehr drin gewesen? Gegen Portland, das ohne Jusuf Nurkic und mit einem angeschlagenen Enes Kanter antrat, galt Denver nicht ganz zu Unrecht als Favorit. Daraus konnten die Nuggets letzten Endes keinen Profit schlagen, auch der in der regulären Saison erarbeitete Heimvorteil nutzte in Anbetracht des katastrophalen Shootings nichts.
Wie gesagt, der Weg in die Western Conference Finals war durch das Umgehen der Rockets in Runde zwei in der Theorie relativ einfach. Diese glänzende Gelegenheit blieb zwar ungenutzt, dennoch wird die aktuelle Enttäuschung auf Seiten der Nuggets wohl schnell dem Stolz auf eine insgesamt äußerst gelungene Saison 2018/19 weichen. Das hat sich Denver auf jeden Fall verdient.
Ist Nikola Jokic Schuld am Playoff-Aus der Nuggets?
"Sie sehen in mir ihren Anführer, ihren besten Spieler. Ich fühle mich verantwortlich, weil ich eine Menge Würfe verworfen habe. Ich erwarte von mir, dass ich einige davon treffe."
Nach Spiel 7 war Nikola Jokic die Frustration auch aufgrund der eigenen Leistung deutlich anzusehen. In der Kabine nahm der 24-Jährige die Schuld für die Pleite auf die eigenen Schultern, wirklich gerecht wird ihm dies allerdings nicht. Das sah auch Head Coach Mike Malone ganz ähnlich.
"Es war nicht seine Schuld. Das lag am gesamten Team", bekräftigte der Nuggets-Coach. "Ich denke, die 14 Playoff-Spiele und die Last, die er tragen musste, haben heute letztlich ihren Tribut gefordert."
In diesen 14 Playoff-Spielen, wohlgemerkt die ersten überhaupt in der Karriere des Jokers, legte der Serbe schier unfassbare Zahlen auf: In knapp 40 Minuten pro Partie erzielte Jokic 25,1 Punkte bei 50,6 Prozent aus dem Feld und 39,3 Prozent von Downtown, schnappte sich 13 Rebounds und verteilte 8,4 Assists. Und das bei gerade einmal 2,6 Ballverlusten.
Nicht unter den Tisch fallen sollte auch die Tatsache, dass Jokic mit vier Triple-Doubles bei seinem Playoff-Debüt am entsprechenden Rekord von Magic Johnson (5) kratzte. Kurzum: Der Big Man spielte eine überragende Postseason, gemeinsam mit Kevin Durant, Giannis Antetokounmpo oder Kawhi Leonard war er die eindrucksvollste Figur der bisherigen Playoffs - und das, nachdem er sich in der regulären Saison bereits in den Dunstkreis der MVP-Kandidaten spielte und zum All-Star reifte.
"Ich hoffe einfach, dass jeder auf der Welt, der die Playoffs geschaut hat, nach diesen 14 Spielen die Leistung von Nikola wertschätzen kann", sagte Malone. "Man kann sicher darüber diskutieren, dass er der beste Big Man der NBA ist."
Seine relative Off-Night in Spiel 7 gegen die Blazers (trotz seiner 29 Punkte landeten eben nur 11 seiner 26 Würfe im Korb) wird man ihm in Anbetracht seiner vorigen Fabelleistungen verzeihen können. Vor allem, da Jokic bei Weitem nicht als einziger Nuggets-Star unter seinen Möglichkeiten blieb.
Was können die Nuggets in der Offseason machen?
Allzu große Veränderungen kommen im Sommer aller Voraussicht nach nicht auf die Nuggets zu. Warum auch? Der junge Kern des Teams um Jokic (noch vier Jahre und 121 Mio. Dollar), Murray (2019 Restricted Free Agent), Gary Harris (noch drei Jahre und 57,4 Mio. Dollar) oder Will Barton (noch drei Jahre und 41 Mio. Dollar) ist langfristig an die Franchise gebunden, beziehungsweise wird wie im Fall von Murray wohl eine lukrative Vertragsverlängerung vorgelegt bekommen.
Die größte Entscheidung in den kommenden Wochen steht im Bezug auf die Zukunft von Paul Millsap an. Der Veteran, der in den Playoffs mit einigen guten Auftritten durchaus zu überzeugen wusste, hat eine Teamoption für 2019 über ansehnliche 30,2 Mio. Dollar in seinem Vertrag.
Bereits im März hatte der Big Man angekündigt, dass er gerne langfristig in der Mile High City bleiben möchte. Selbst ein Karriereende in Denver kann sich Millsap offenbar vorstellen. Es könnte also gut sein, dass die Nuggets ihre Option nicht ziehen und stattdessen einen neuen (und längeren) Deal aushandeln, der Millsap zu günstigeren Konditionen an die Franchise bindet. Immerhin war er einer der Gründe für die deutlich verbesserte Defense in der abgelaufenen Saison.
Rechnet man die 30 Mio. Dollar für Millsap aus dem Salary Cap heraus, dann hätten die Nuggets im Sommer etwa 20 Mio. Dollar Platz unter der Gehaltsobergrenze. Den Cap Space könnte President of Basketball Operations Tim Connelly natürlich auch anderweitig für Verstärkungen nutzen, beispielsweise für einen neuen (Backup-)Big. Doch ein neuer, langfristiger Vertrag für Millsap scheint derzeit am Wahrscheinlichsten.
Ansonsten könnten erste Verhandlungen über eine mögliche Extension für Murray oder auch Malik Beasley sowie Torrey Craig, die allesamt im Sommer 2020 Restricted Free Agents werden, auf dem Programm stehen. Dazu wird es wohl nur kleinere Kaderanpassungen geben, die Nuggets-Fans werden sich auf ein nahezu identisches Team wie in dieser Saison freuen dürfen.
Sind die Nuggets in Zukunft ein potenzieller Titelkandidat?
Doch reicht das, um 2019/20 ganz oben anzugreifen? Die Antwort auf diese Frage hängt natürlich auch davon ab, was bei der Konkurrenz in der Free Agency passiert. Werden die Warriors durch einen Abgang von Kevin Durant geschwächt? Oder melden die Lakers oder Clippers vollends ihre Titelambitionen an?
Denver sollte für die Zukunft gut aufgestellt sein, unabhängig davon, welche Dominosteine im Sommer alles fallen. Das junge Team wird noch eine Weile zusammenbleiben - und voraussichtlich nur noch besser werden. "Viele Jungs bekommen nie die Erfahrung eines Spiel 7. Wir haben einen ganzen Kader voll mit jungen Leuten, die zwei Spiel 7 vorzuweisen haben", erklärte Coach Malone. "Wie könnten wir dadurch nicht besser werden?"
Die gesammelte Erfahrung sollte in erster Linie den Führungsspieler wie Jokic oder auch Murray helfen. Dessen Probleme im Laufe der Playoffs wurden bereits angesprochen, Malone sieht darin einen wunderbaren Lerneffekt: "Jamal wird aufgrund dieser Erfahrung ein besserer Spieler werden."
Und auch wenn Denver, wie vielleicht im Gegensatz zur Konkurrenz, keine Hochkaräter in der Free Agency an Land zieht, der Kader der Nuggets hat seine Qualitäten bereits zur Genüge unter Beweis gestellt. Zudem hat Denver immer noch Michael Porter Jr. in der Hinterhand.
Der 14. Pick vom Draft 2019 verpasste die komplette Spielzeit mit Rückenproblemen. Sollte er endlich gesund werden, könnte ein weiteres vielversprechendes Talent zu den Nuggets dazustoßen. In der Summer League wird der 20-Jährige immerhin schon mal wieder mit dabei sein.
Wie groß sein Impact auf der NBA-Bühne tatsächlich sein wird, steht natürlich noch in den Sternen. Doch Jokic, Murray und Co. werden schon dafür sorgen, dass die Nuggets auch in der kommenden Spielzeit im Kampf um die Krone der Western Conference ein Wörtchen mitzureden haben.