Es ist vollbracht! Die Golden State Warriors haben die Houston Rockets mit ihrem Sieg in Spiel 6 aus den Playoffs eliminiert und damit den Einzug in die Western Conference Finals klargemacht. Während sich bei den Texanern Frust breit macht, feiert der Rest der Liga den Auftritt von Stephen Curry.
P.J. Tucker hatte keine Chance. Gut eineinhalb Minuten waren noch zu spielen, als Stephen Curry den Edel-Verteidiger der Hausherren zum Tanz bat. Der Chefkoch stellte kurz seine Handles unter Beweis, nur um dann trocken mit Tuckers Hand im Gesicht aus der Distanz abzuziehen - nothing but net!
Gut eine Stunde zuvor wäre solch eine Szene nahezu undenkbar gewesen. Curry erwischte einen miserablen Start in die Partie, zur Halbzeit stand der 31-Jährige bei 0 Punkten (0/5 FG) und drei Fouls in zwölf Minuten Einsatzzeit. Es war das erste Mal in 102 Playoff-Spielen, dass Curry vor der Pause punktlos blieb.
"Ich war ziemlich schrecklich. Ich glaube, das einzige, was ich in den zwölf Minuten, die ich auf dem Court war, gut gemacht habe, war nicht den Ball zu verlieren. Ich finde in allem etwas Positives", scherzte Curry nach der Partie.
Dass ihm auf der Pressekonferenz nach Spielende überhaupt zum Scherzen zumute war, lag an der zweiten Hälfte, die der Warriors-Star aufs Parkett zauberte. Nach dem Seitenwechsel versenkte er auf einmal 9 seiner 15 Feldwurfversuche und 4 von 9 Triples für 33 Punkte - allein 23 davon kamen im Schlussabschnitt, in dem er die Dubs mit eben solchen Szenen wie gegen Tucker doch noch zum 118:113-Sieg und damit dem Einzug in die Western Conference Finals führte.
Steph Curry nimmt die Rockets im Pick'n'Roll auseinander
"Das hat sich großartig angefühlt", freute sich Draymond Green nach dem finalen Buzzer, der das Ende der Rockets-Saison bedeutete. "Das war ein großartiges Team, gegen das wir gespielt haben. Steph war am Ende der Partie unglaublich."
Vor allem das Side-Pick'n'Roll mit Green entwickelte sich im vierten Durchgang zur ungeheuren Waffe für Curry und die Warriors. Laut Nate Duncan liefen die Gäste dieses Play auf der rechten Seite des Courts ganze zehnmal im Schlussabschnitt. In acht Fällen waren sie erfolgreich und generierten daraus 19 Punkte.
"Alles, was wir im vierten Viertel gespielt haben, hat sich um Curry gedreht. Er hat die richtigen Plays gemacht und die Würfe getroffen", erklärte Green. Entweder scorte der Spielmacher mit eiskalten Pull-Ups aus der Distanz sowie mit guten Drives oder er fand den abrollenden Green. Dessen Hockey-Assist zu Iguodala aus solch einer Situation heraus führte zum Dagger von Klay Thompson gut eine halbe Minute vor dem Ende (110:104).
Die Statistiken von Stephen Curry gegen die Rockets
Spiel | Minuten | Punkte | Rebounds | Assists | Turnover | FG | 3FG |
1 | 37:03 | 18 | 7 | 4 | 3 | 5/12 | 3/10 |
2 | 33:08 | 20 | 3 | 5 | 3 | 6/16 | 3/13 |
3 | 44:30 | 17 | 3 | 4 | 3 | 7/23 | 2/9 |
4 | 43:10 | 30 | 4 | 8 | 3 | 12/25 | 4/14 |
5 | 43:39 | 25 | 6 | 5 | 3 | 9/23 | 3/11 |
6 | 34:12 | 33 | 5 | 4 | 3 | 9/20 | 4/11 |
Klay Thompson und die Warriors-Bank springen in die Bresche
Apropos Thompson: Der zweite Splash Brother hatte einen erheblichen Anteil daran, dass die Warriors in Hälfte eins überhaupt so gut mithalten konnten - obwohl Golden State ohne den bisher besten Playoff-Scorer in Kevin Durant, der sich in Spiel 5 eine Wadenzerrung zugezogen hatte und von zuhause aus mitfieberte, und quasi auch ohne Curry antrat.
Trotz der Nullnummer des Chefkochs gingen die Gäste mit einem Unentschieden zum Pausentee. "Diese Situation muss man einfach lieben. Ich bin verdammt stolz auf unser Team", lobte der Point Guard seine Mitspieler.
Das Lob durften sich an diesem Abend allen voran Thompson (27 Punkte, 7/13 Dreier) oder auch Kevon Looney (14) sowie Shaun Livingston (11), die die bärenstarke Warriors-Bank anführten, auf die Fahne schreiben. Als Kollektiv hielt Golden State dem Ansturm der Rockets stand.
Rockets-Besitzer liefert Kampfansage an die Warriors
"Wir haben eine Menge Möglichkeiten liegen gelassen. Wenn du keinen Vorteil aus diesen Möglichkeiten ziehst, dann stehst du am Ende als Verlierer da", zeigte sich James Harden dementsprechend bedient. The Beard kam zwar auf 35 Punkte, absolvierte aber wahrlich kein perfektes Spiel.
Nur 6 seiner 15 Distanzwürfe fanden den Weg durch die Reuse, dazu ließ er untypische 5 Freebies liegen (7/12 FT) und leistete sich 6 Ballverluste (immerhin 4 Steals auf der Gegenseite). Einen besseren Job machte da schon Chris Paul, der mit seinen 27 Punkten (11/19 FG) und 11 Brettern die Schwächephasen aus den vergangenen Spielen teilweise vergessen machte.
Und dennoch steht am Ende das Saisonaus nach der zweiten Playoff-Runde. "Dieses Spiel wird eine Narbe hinterlassen. Darüber kommst du nicht so einfach hinweg. Das hier tut weh", klagte Rockets-Coach Mike D'Antoni. "Es war wie ein Schwergewichts-Kampf. Wir konnten nicht die Treffer setzen, um zumindest zurück nach Golden State zu kommen."
"Sie haben uns gezeigt, warum sie die Champions sind", sagte der sichtlich frustrierte Rockets-Besitzer Tilman Fertitta. Eine Kampfansage lieferte er aber gleich hinterher: "Wir werden daraus lernen. Wir werden nächstes Jahr zurückkommen und ihnen irgendwann den Hintern versohlen. Das kann ich euch versprechen. Wir werden mit James Harden Championships gewinnen."
Wie sieht die Zukunft der Houston Rockets aus?
Nur wie, stellt sich da die Frage. Die Rockets schienen nach der Verletzung von Durant einen gewichtigen Vorteil in der Hand zu haben. Den konnten sie trotz der halben Off-Night von Curry aber nicht in Zählbares verwandeln, unter anderem auch, da Eric Gordon vor allem offensiv nicht an seine Glanzleistungen aus den vorigen Partien anknüpfen konnte oder Gerald Green eine Fahrkarte nach der nächsten schoss. Was müssen die Rockets künftig also anders machen?
"Ich weiß, was wir machen müssen", erklärte Harden selbstbewusst, ja fast schon trotzig. "Ich weiß ganz genau, was wir machen müssen. Wir werden im Sommer dahinterkommen." Auf die Nachfrage, wie genau diese Anpassungen der Rockets aussehen müssten, wollte er keine Antwort geben.
Houston hat nun einige Wochen Zeit, um sich darüber Gedanken zu machen. Für Golden State stehen dagegen in paar wichtige Tage der Ruhe und Vorbereitung an, bevor in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch die Western Conference Finals beginnen. Der Gegner steht erst am Sonntagabend fest, nachdem die Nuggets und Trail Blazers ihr Entscheidungsspiel ausgetragen haben (Spiel 7 ab 21.30 Uhr im kostenlosen LIVESTREAM auf SPOX und auf DAZN).
Stephen Curry und die Warriors: Das Herz eines Champions
Zum Auftakt der Conference Finals werden die Dubs aller Voraussicht nach noch auf Durant verzichten müssen, ein Comeback gegen Ende der kommenden Woche ist aber nicht ausgeschlossen. "Wenn wir den Threepeat wollen, dann brauchen wir ihn dringend zurück", betonte Thompson die Bedeutsamkeit Durants. "Es ist nicht das gleiche ohne ihn."
Des Weiteren scheint sich auch eine Rückkehr von DeMarcus Cousins anzubahnen. Doch selbst wenn die Dubs noch weitere Spiele auf das Duo verzichten muss, Sorgen muss man sich in der Bay Area in der nächsten Runde wohl eher nicht machen.
Ohne das teils isolationslastige Spiel mit KD kehrte GSW in Spiel 6 vermehrt zu den alten Tugenden mit viel Bewegung in der Offense und Ball-Movement zurück. Davon profitierte auch Curry, der zuletzt nach schwachen Leistungen noch kritisiert wurde. Dessen Antwort in Spiel 6, zumindest in der zweiten Halbzeit, hatte es aber in sich.
"Unterschätze NIEMALS das Herz eines Champions", startete LeBron James nach dem spektakulären Auftritt des Point Guards als einer von vielen NBA-Stars eine Lobeshymne auf Twitter. Der King rezitierte damit - ob bewusst oder unbewusst sei an dieser Stelle einmal dahingestellt - ausgerechnet das berühmte Zitat vom ehemaligen Rockets-Coach Rudy Tomjanovich, der mit Houston 1994 und 1995 den Titel holte.
Dieser Traum ist für die 2019er Version der Texaner nun erst einmal dahin. Die Warriors haben mit dem Auftritt in Spiel 6 ihren Anspruch auf den dritten Titel in Folge dagegen ein weiteres Mal eindrucksvoll untermauert.