Joshua Obiesie ist der einzige deutsche Spieler im diesjährigen Draft und zählt unter allen Anwärtern zu den jüngsten Akteuren. Im Interview mit SPOX spricht der 18-Jährige über den Prozess vor dem Draft, seine Chancen und seine märchenhafte und ereignisreiche Saison.
Außerdem verrät Obiesie, für welche Teams er vor dem Draft (Freitag, ab 1 Uhr live auf DAZN) Workouts absolviert hat.
Herr Obiesie, wir erwischen Sie am Flughafen in Charlotte. Haben Sie Buch über Ihre Meilen geführt, die Sie in den vergangenen Wochen mit den ganzen Workouts abgerissen haben?
Joshua Obiesie (lacht): Nein, aufgeschrieben habe ich nichts. Es war definitiv stressig, aber die letzten Wochen waren auch sehr schön und haben Spaß gemacht. Ich habe viel gelernt und viel gesehen.
Können Sie uns denn verraten, für welche Teams Sie alles vorgespielt haben?
Obiesie: Puh, das waren einige. Ich war unter anderem in Brooklyn, Milwaukee, Charlotte, Cleveland und in Atlanta.
Wie warendenn Ihre Eindrücke? Haben Sie gutes Feedback bekommen?
Obiesie: Ich habe ein gutes Gefühl, das Feedback war durchweg positiv. Die Workouts waren fordernd, aber gut und ich konnte mich gegen gute Spieler beweisen. Das hat wirklich Spaß gemacht.
Im Prinzip sind diese Workouts wie ein Bewerbungsgespräch. Gehen Sie mit einem guten Gefühl in den Draft? Haben Sie schon ein Versprechen oder ist da noch alles offen?
Obiesie: Ich gehe auf jeden Fall optimistisch in diese Nacht. Ob ich ein Versprechen habe? Wer weiß? (lacht)
Im vergangenen Jahr war bei Ihnen einiges los. Turniersieg mit dem DBB beim prestigeträchtigen Albert-Schweitzer-Turnier, BBL-Debüt, Einladung zum Hoop Summit und MVP in der NBBL, jetzt die Workouts vor dem Draft. Besser hätte es nicht laufen können, oder?
Obiesie: Das kann man so sagen. Am Anfang des Jahres hatte ich noch gesagt, dass ich die Saison in der NBBL für die IBAM (Internationale Basketball Akademie München, Anm. d. Red.) ganz normal spiele. Da hatte ich noch gar nicht im Kopf, dass ich schon in diesem Jahr im Draft drinbleibe und dann auch noch die Chance habe, gedraftet zu werden. Es war schon ein verrücktes Jahr mit viel Drumherum, aber es hat auch viel Spaß gemacht.
Wie war denn da der Entscheidungsprozess? Sie sprechen ja an, dass der Plan war, in der NBBL zu bleiben. Im November haben Sie dann in Würzburg unterschrieben?
Obiesie: Die Saison hat begonnen und der Trainer, mein Berater und ich haben uns zusammengesetzt. Wir waren da der Meinung, dass die Zeit für den nächsten Schritt reif ist. NBBL und 1. Regionalliga haben nur noch wenig Sinn ergeben, um mich zu verbessern. Wir waren dann eine Weile unterwegs und haben nach dem passenden Team gesucht. Am Ende haben wir mit Würzburg eine gute Lösung gefunden, die mir auch ermöglicht haben, dass ich das Jahr in der NBBL zu Ende spielen kann.
Die Statistiken von Joshua Obiesie 2018/19
Wettbewerb | Spiele | Minuten | Punkte | Rebounds | Assists | FG% | 3FG% |
BBL | 12 | 15,0 | 5,5 | 1,8 | 1,0 | 41,7 | 20 |
Sie kamen aber nicht nur in der NBBL zum Einsatz, sondern eben auch für Würzburg in der BBL und auf internationalem Parkett im FIBA Europe Cup. Rückblickend: War es der richtige Schritt für Sie?
Obiesie: Total. Die Monate in Würzburg haben mir enorm geholfen, sei es mental, physisch oder auch vom Spielerischen her. Es war auch kein Problem, dass ich jede Woche einmal zum Training nach München gefahren bin. Auch mit meinem NBBL-Team gab es da überhaupt keine Schwierigkeiten. Es war dann aber in München schon ein Unterschied, wenn ich nicht mehr wie in Würzburg gegen Männer gespielt habe.
Haben Sie dann irgendwann auch einen gewissen Druck verspürt? Das Interesse der NBA und auch an Ihnen persönlich wurde mit den Monaten schließlich immer größer, nicht zuletzt als Sie im Dezember in den ersten Mock Drafts auftauchten.
Obiesie: Für mich persönlich war kein Druck da, aber ich habe das natürlich schon mitbekommen. Sie sind plötzlich häufiger in der Zeitung, im Internet, Freunde und Familie sprechen dich darauf an. Aber Druck habe ich nicht verspürt. Ich kenne das in meinem Leben nicht. Wenn etwas nicht gelingt, dann ist es eben so. Das ist meine Sicht der Dinge auf einen Begriff wie Druck.
Joshua Obiesie über sein Vorbild Luka Doncic
Was war denn Ihr persönliches Highlight dieser langen Saison?
Obiesie: Da ist natürlich das BBL-Debüt in München, meiner Heimatstadt, wo ich gleich 12 Punkte gemacht habe. Aber auch das erste Mal international im Europe Cup zu spielen, war besonders. Mein absolutes Highlight war aber der Titel mit meiner NBBL-Mannschaft, wo wir gegen die Bayern zuhause gespielt und gewonnen haben.
Nach diesem Spiel wurden Sie dann wie schon erwähnt als MVP ausgezeichnet. Könnten Sie uns kurz und knackig selbst Ihr Spiel kurz beschreiben?
Obiesie: Eine meiner Vorzüge ist auf jeden Fall meine linke Hand, dazu kann ich, glaube ich, ganz gut das Spiel lesen. Dazu habe ich meine Stärken im Fastbreak, beim Abschluss in Korbnähe und versuche immer, meine Mitspieler zu involvieren.
Haben Sie im Hinblick auf die NBA auch ein Vorbild, an dem Sie sich orientieren?
Obiesie: Auf jeden Fall. Es sind für mich Luka Doncic, D'Angelo Russell und LeBron James. Gerade Doncic, der ist gerade einmal ein Jahr älter als ich, ist aber unglaublich schlau und trifft immer die richtigen Entscheidungen. Da versucht man sich natürlich immer etwas abzuschauen.
Kommen wir noch einmal zu deiner Einladung zum Hoop Summit, dem Treffen der besten Talente des Jahrgangs. Sie kamen nur sechs Minuten zum Einsatz. Konnten Sie für sich selbst dennoch ein bisschen was mitnehmen?
Obiesie: Es hat mich weitergebracht. Da ist nicht nur das Spiel, sondern auch die Trainingseinheiten davor. Ich habe gelernt, dass ich mir selbst mehr zutrauen muss. Ansonsten war das schon cool, mit den meisten Jungs stehe ich noch immer in Kontakt. Es hat sich also definitiv gelohnt.
NBA Draft: Joshua Obiesie über die Zukunftspläne
Moritz Wagner wählte im Gegensatz zu Ihnen einen anderen Weg, ging drei Jahre ans College und wurde Erstrundenpick. Hatten Sie vor Ihrer Entscheidung, nach Würzburg zu gehen, eine College-Karriere in Betracht gezogen?
Obiesie: Nicht wirklich. Das College-Thema war für eine gewisse Zeit durchaus sehr interessant. Ich hatte mich dann aber für den europäischen Weg entschieden, weil ich hier einfach meine besseren Chancen gesehen habe. Ich glaube, dass das keine Allgemeinformel sein kann, sondern vielmehr von Fall zu Fall betrachtet werden muss. In meinem Fall war es also über Würzburg.
Nehmen wir einmal an, dass Ihr Name im Draft wirklich aufgerufen wird. Gibt es da schon einen Plan, wie es für Sie weitergehen wird?
Obiesie: Das wird dann ab Freitag ein Thema für mich sein, wenn es soweit ist. Wenn mich dann ein Team nimmt, wird denke ich recht schnell Klarheit herrschen. Für den Moment gibt es aber noch keinen konkreten ausgesprochenen Plan. Das ist auch immer von Team zu Team unterschiedlich zu betrachten und ob sie mich dann in der Summer League dabei haben müssen. All das wird sich nach dem Draft entscheiden. Ich stehe natürlich auch im regelmäßigen Austausch mit dem DBB zu dieser Frage.
Wir sind gespannt. Abschließend: Wie werden Sie den Draft verfolgen? Sind Sie in Brooklyn vor Ort?
Obiesie: Ich werde in München sein, da ich den Draft unbedingt mit meiner Familie und all meinen Freunden erleben möchte. Sollte ich dann gedraftet werden, will ich das dann auf jeden Fall mit ihnen ein wenig feiern und die Zeit genießen.