Außerdem spricht Burke über den Mann des Spiels, Pascal Siakam, die Defense der Warriors und die Auswirkungen des Heimvorteils. Spiel 2 findet in der Nacht von Sonntag auf Montag ebenfalls in Toronto statt (ab 2 Uhr live auf DAZN).
Ms. Burke, der Game Ball von Spiel 1 ging sicherlich an Pascal Siakam, oder?
Doris Burke: Keine Frage. Ein 25 Jahre junger Mann, der vor einem Jahr noch Probleme hatte, sich in der Playoff-Rotation zu halten, spielt jetzt erstmals in einer richtigen Finals-Rotation, versenkt zwischenzeitlich zehn Feldwurfversuche in Folge und dominiert das Geschehen. Und defensiv war er genauso gut.
Die Atmosphäre hier in der Halle war verrückt, die ganze Stadt ist elektrisiert. Ist das etwas, was die Warriors in diesem Maße vielleicht nicht erwartet hatten?
Burke: Nein, ich denke das haben sie schon erwartet. Sie haben ja auch die Eastern Conference Finals gesehen und wie scheinbar ein ganzes Land dieses Team anfeuert. Ich glaube also nicht, dass sie überrascht waren. Was aber interessant ist: Im Laufe der regulären Saison sind die Raptors fast unbemerkt auf den zweiten Platz der gesamten Liga gerutscht und haben damit den Heimvorteil geklaut. Das ist eine größere Sache, als viele Leute gedacht haben. Wie sich herausstellt, war das ziemlich wichtig.
Wie besorgt sind die Warriors nach Spiel 1?
Burke: Ich denke, es gibt ein paar Sachen, mit denen sie sich recht gut fühlen können. Erstens haben sie defensiv einen ziemlich guten Job gegen Kawhi Leonard gemacht. Zweitens: Pascal hatte das Spiel seines Lebens und er hat einige schwierige Würfe getroffen. Ich denke, die Warriors gehen davon aus, dass das zum Mittelwert zurückkehren wird. Es gab spät im Spiel ein Huddle, in dem Warriors-Coach Steve Kerr seinen Spielern Feuer gemacht und gesagt hat: 'Wir haben fünf Tage über Transition-Defense gesprochen. Es sind die NBA Finals, wir müssen unsere Köpfe klar bekommen und unsere Defense wiederaufbauen.' Darauf wird ihr Fokus liegen. Und außerdem sind sie die Champions. Wir haben gegen Portland gesehen, wie sie in drei Spielen in Folge mit 15 Punkten zurücklagen und doch noch zurückgekommen sind. Ein 0-1-Rückstand wird diesen Meister nicht ins Wanken bringen.
Sie haben die Defense gegen Kawhi angesprochen. Sie haben alles gegen ihn geswitcht, an einem Punkt verteidigte sogar Kevon Looney gegen ihn. Denken Sie, dass die Warriors in Spiel 2 etwas daran ändern müssen?
Burke: Es ist lustig, denn Looney war in allen drei Serien in solchen Situationen. So spielen die Warriors eben. Ob Steve denkt, dass er etwas ändern muss, bleibt abzuwarten. Aber nochmal: Ich hatte das Gefühl, dass sie einen ziemlich guten Job gegen Kawhi gemacht haben. Wenn man sich das erste Viertel anschaut, dann hat Marc Gasol einige weit offene Dreier bekommen, das war nicht der Gameplan. Der Gameplan war, Kawhi aus dem Spiel zu nehmen und dann sich dann zurückzukämpfen und die anderen Würfe zu erschweren. Daran haperte es. Für mich lag es also mehr an der Ausführung als am Gameplan an sich.
Es war ein etwas komisches Spiel. Am Anfang haben die Raptors teilweise schlechte Würfe genommen, dann hatten sie aber immer wieder diese Läufe. Bei Golden State war es ähnlich. Haben Sie das von den Warriors nach deren lange Pause erwartet?
Burke: Jeff (Van Gundy) und Mark (Jackson, beide sind als Experten für ABC am Mikrofon, Anm. d. Red.) haben während dem Spiel oft darüber geredet: Wenn du neun Tage Pause hast, dann ist es extrem schwer, von Beginn an deinen Rhythmus zu finden. Was ich auffällig fand. Die Stars waren nicht die Stars. Stephen Curry hatte ein gutes erstes Viertel, aber Kawhi kam langsam in Fahrt, Klay Thompson kam langsam in Fahrt ... Es hat mich überrascht, dass die Stars, die schon einmal auf dieser Bühne waren, einfach nicht in ihren Groove gefunden haben. Ich bin mir nicht sicher, ob die Warriors so eine Defense schon einmal gesehen haben. Die Raptors sind lang, sie sind athletisch, sie haben Geschwindigkeit, sie kommunizieren sehr gut. All das musst du haben, wenn du gegen eine solch talentierte Offense wie Golden State spielst. Ich denke, wir haben eine super Serie.
Brauchen die Warriors Kevin Durant lieber früher als später?
Burke: In solchen Spielen gibt es immer Situationen, in denen man einen Korb braucht. Denn ein oder zwei Körbe können das ganze Momentum verändern. Es gab dieses absurde Narrativ. Sind die Warriors besser ohne Durant? Die Antwort ist Nein. Die Warriors haben das immer wieder selbst betont. Sie vermissen ihn. Vielleicht kommt er schon in Spiel 3 zurück.
Aus Raptors-Sicht: Sie haben bereits gesagt, dass Kawhi nicht sein bestes Spiel hatte und trotzdem haben sie gewonnen. Kyle Lowry war in Foulproblemen und trotzdem haben sie gewonnen. Denken sich die Raptors jetzt: Den Sieg nehmen wir und wir können noch besser sein?
Burke: Keinen Zweifel. Sie hatten früh eine Führung, als Kawhi bei 1 von 7 stand. Kyle Lowry muss ein paar Würfe treffen, bevor diese Serie zu Ende ist. Ich finde, er hat großartige Sachen gemacht, hat zwei Charges gezogen und er bringt eine gewisse Toughness, eine Bulldoggen-Mentalität. Aber absolut, sie haben nicht ihr bestes Spiel gespielt und trotzdem den Champ geschlagen. Es gibt also eine Menge Gründe, warum Toronto begeistert sein sollte.
Dann ist da auch noch Drake an der Seitenlinie. Er hat während des Spiels mit Steph geredet und nach der Partie dann mit Draymond Green. Was halten Sie davon?
Burke: Ich bewundere seine Leidenschaft. Ich habe davon von meinem Platz aus nichts gesehen, aber er ist ein leidenschaftlicher Raptors-Fan. Er ist ein Teil des Wachstums dieser Franchise, gut für ihn.
Am Ende des Tages ist es aber doch so: Die Raptors haben Spiel 1 gewonnen, das mussten sie auch. Doch die Warriors können sich gut fühlen, oder?
Burke: Die Warriors werden sich nicht aus dem Konzept bringen lassen, weil sie 0-1 hinten liegen. Sie waren vorher schon mal in Situationen, in denen sie eine Antwort liefern mussten. Ich erwarte, dass die Golden State Warriors rausgehen und mit enormen Druck spielen werden, wahrscheinlich mit ein paar strategischen Anpassungen und mit mehr Intention in der Defensive.
Wir freuen uns darauf. Vielen Dank für das Gespräch.