Der NBA-Draft 2019 ist Geschichte und wird wohl vor allem wegen der unzähligen Trades in Erinnerung bleiben. Doch welche Teams werden gerne auf den Abend zurückblicken? Für wen lief es hingegen anders als zuvor geplant? SPOX präsentiert die Gewinner und Verlierer.
NBA Draft: Die Gewinner
New Orleans Pelicans
Klar, an dieser Stelle darf nach der Akquirierung der größten College-Sensation seit langer Zeit kein anderes Team als die New Orleans Pelicans stehen. Zwar wurde die eigentliche 'Vorarbeit' schon bei der Draft Lottery vor einem Monat getätigt, doch auch abseits vom mehr als logischen Zion-Pick machte Trajan Langdon, der neue GM in New Orleans, einen mehr als soliden Job.
Der Nr.4-Pick des Abends, den die Pels aus dem Davis-Trade erhalten hatten, wurde (wie zuvor erwartet) sofort wieder abgegeben. Die Atlanta Hawks gaben dafür die Picks Nr. 8, Nr. 17 und Nr. 35 sowie einen zukünftigen Erstrundenpicks der Cavs her und nahmen sogar noch den dicken Vertrag von Solomon Hill auf, der es NOLA nun ermöglicht in der Free Agency einen Max-Vertrag anzubieten.
Mit Jaxson Hayes wurde an Position 8 schließlich ein Center gedrafted, der zumindest defensiv sofort in die Rim-Protector-Fußstapfen von AD treten kann und eine Menge Upside besitzt. Offensiv hat er zwar noch einiges zu lernen, allerdings wird er dafür wohl nirgendwo so viel Zeit bekommen können wie im jungen Pelicans-Team. Diese Zeit werden auch Nickeil Alexander-Walker (an 17) und Louzada Silva (an 35) benötigen - beide sind mit 20 Jahren noch lange nicht am Ende ihrer Entwicklung, passen daher aber perfekt ins aktuelle Profil der Franchise.
Aus zwei Erstrundenpicks wurden letztlich also vier Top-35-Picks, die den Pelicans eine extrem schillernde Zukunft prophezeien. Durch die günstigen Rookie-Verträge ist zudem noch einiges an Gehaltsspielraum vorhanden, wobei das Zion-Argument sicherlich nicht unbedingt für einen der absoluten Top-Free-Agents ausreichen dürfte. Dennoch ist der Draft-Abend mit den Worten des First-Overall-Picks perfekt zusammengefasst: "Let's Dance!"
Orlando Magic
Nicht ganz so spektakulär, dafür aber womöglich nicht minder erfolgreich, verlief der Abend für die Orlando Magic. Als eines der wenigen Teams hielten sich die Magic aus allen Trades raus und nutzen ganz konservativ ihren eigenen Pick an Nr.16. - und schnappten sich etwas überraschend Chuma Okeke.
Der Forward galt lange Zeit als sicherer Lottery-Pick, ehe er sich beim NCAA-Tournament das Kreuzband riss. Offensichtlich besteht dadurch ein gewisses Risiko, dass sich Okeke nicht mehr vollständig erholen wird, doch genau dieses Risiko ist es aus Sicht der Magic wert einzugehen.
Kreuzbandrisse sind heutzutage keine Seltenheit mehr, Okeke wird sich in dieser Zeit besonders im Oberkörper-Bereich weiterentwickeln können, ehe er in ein paar Monaten vollständig ins Team-Training einsteigen wird. Da sein Potenzial unbestritten ist, könnte er langfristig zu einem echten Steal für die Magic werden - ohne dass sie dafür etwas abgeben mussten.
Atlanta Hawks
In insgesamt vier Trades waren die Atlanta Hawks während der Draft-Night verwickelt. Der wichtigste dürfte wohl der mit den Pelicans gewesen sein, der ihnen den Nr.4-Pick einbrachte, mit dem sie schließlich De'Andre Hunter zogen.
Zwar mussten sie dafür relativ viel hergeben (siehe oben), bekommen aber einen Forward, der sich als kleiner Vierer ideal mit John Collins ergänzen könnte und als Two-Way-Spieler vor allem in der zuletzt so schwachen Defensive weiterhelfen wird.
Für Hunter zu traden, schien von Anfang an der Plan gewesen zu sein, GM Travis Schlenk galt ohnehin als Fan des 22-Jährigen. Was danach allerdings folgte, war keineswegs geplant, dürfte den Hawks aber mit Sicherheit ähnlich gut schmecken: Etwas überraschend rutschte Cam Reddish, ehemaliger Mitspieler von Zion Williamson und R.J. Barrett bei Duke, bis auf Position 10 und fiel den Hawks gewissermaßen in den Schoß.
Zwar konnte er seine Scoring-Qualitäten am College aufgrund der dominanten Mitspieler nur sehr unkonstant zeigen, an der Seite von Trae Young dürfte das nun aber deutlich besser funktionieren. Mit Young, Collins, Hunter, Reddish und Kevin Huerter strotzt der Hawks-Roster nur so von Talenten und dürfte in Zukunft für einiges an Furore sorgen.
Memphis Grizzlies/Brandon Clarke
Ein Spieler, der eigentlich als potenzieller Lottery-Pick gesehen wird, dann aber bis an Position 21 fällt, ist sicherlich nicht zwingend als Gewinner zu vermelden. In diesem Fall könnte es für die Grizzlies und Clarke allerdings eine echte Win-Win-Situation werden.
Nachdem sich die Grizzlies mit Ja Morant an Nr. 2 erwartungsgemäß den zweitbesten Spieler der Class geangelt haben, der aber nicht als überragender Verteidiger gilt, musste natürlich in bester "Grit-and-Grind"-Manier noch ein starker Defender geholt werden. Mit Clarke ist genau dies gelungen, wobei die Grizzlies den 22-Jährigen wohl auch sonst gepickt hätten.
Gemeinsam mit Jaren Jackson Jr., dem wohl besten Two-Way-Big des letzten Jahrgangs, wird Clarke alles abräumen, was Morant am Perimeter nicht aufhalten kann. Offensiv hat er noch eine Menge zu lernen, kann durch seine Athletik aber wohl immerhin im Pick-and-Roll mit Morant für Gefahr sorgen. Die Nachfolge der Conley/Gasol-Ära scheint zumindest langfristig also wohl erst einmal gesichert.
NBA Draft: Die Verlierer
Phoenix Suns
Schon bevor der Abend überhaupt begann, hatten die Suns zwei Trades eingefädelt, die auf den ersten Blick gar nicht mal so schlecht aussahen. Während T.J. Warren gemeinsam mit einem Zweitrundenpick für Geld zu den Pacers geschickt wurde, was zumindest ein kleines Fragezeichen aufwirft, gab man den Nr.6-Pick für den Nr.11-Pick und Dario Saric ab.
Dario Saric ist als Rollenspieler durchaus zu gebrauchen und für ein Downgrade von fünf Picks eigentlich ein solider Gegenwert. Was die Suns sich dann allerdings dabei dachten, als sie an elfter Stelle Cam Johnson zogen, weiß wohl nur GM James Jones.
Johnson gilt laut Jay Bilas von ESPN zwar als "der beste Werfer im Draft", viel mehr Positives gibt es aber auch nicht zu vermelden. Eigentlich war Johnson erst spät in der ersten Runde erwartet worden und hatte nicht einmal eine Einladung in den Green Room bekommen. Er ist schon jetzt älter als Devin Booker, der bereits vier Jahre in der NBA gespielt hat, und hatte in der Vergangenheit des Öfteren mit Hüftproblemen zu kämpfen.
Für ein Team, das (noch immer) mitten im Rebuild steckt, sollte pures Shooting eigentlich nicht unbedingt die erste Priorität sein. Zwar haben sie durch die Abgabe von T.J. Warren einiges an Gehaltsspielraum (wobei sie Teile davon schon wieder für Aron Baynes aufgegeben haben), ob sich ein hochkarätiger Free Agent allerdings das Chaos in Arizona antun möchte, bleibt mehr als fraglich.
Die Picks der Phoenix Suns beim NBA-Draft 2019
Runde | Pick | Name |
1 | 11 | Cam Johnson |
1 | 24 | Ty Jerome |
Bol Bol
Fast so viel Air-Time im amerikanischen Fernsehen wie Zion Williamson bekam nur einer: Bol Bol. Der Sohn des ehemaligen NBA-Spielers Manute Bol zog zunächst eine Menge Aufsehen mit seinem, sagen wir mal: "außergewöhnlichen" Anzug auf sich, ehe die Kameras lange Zeit auf ihn halten mussten - aus keinem schönen Grund.
Erst an Position 44 wurde Bol von den Denver Nuggets erlöst, nachdem er mehr als vier Stunden auf seinen Namen warten musste. Für die Nuggets könnte sich dies natürlich als Glücksfall erweisen, immerhin galt der Center mal als Top-5-Talent und mindestens als Erstrundenpick. Ein Fußbruch in der abgelaufenen Saison verhinderte aber eine höhere Platzierung, was ihm mit Sicherheit eine Menge Wut mit auf seinen zukünftigen NBA-Weg geben.
Kommunikation der Washington Wizards
Noch stressiger als die Draft-Night an sich ist für die Prospects wohl nur die Zeit davor. Unzählige Workouts und PR-Termine reihen sich aneinander, da sich jedes Team von den Fähigkeiten der zukünftigen NBA-Stars überzeugen will. Fast jedes Team.
Die Washington Wizards sind zumindest bei diesem Draft einen ziemlich ungewöhnlichen Weg gegangen und haben sich mit dem neunten Pick Rui Hachimura gesichert. Wie Ben Mehic auf Twitter bekanntgab, hatte sich der Japaner weder ein einziges Mal mit den Hauptstädtern getroffen, noch überhaupt mit ihnen geredet. Dementsprechend groß war die Überraschung, als sein Name von Adam Silver aufgerufen wurde.
Das Talent des zweiten japanischen Draft-Picks überhaupt ist zwar unbestritten, auf beiden Forward-Positionen kann er ohne Probleme spielen und passt so perfekt in das System der Wizards, dass sie ihn allerdings zuvor nicht ein einziges Mal kontaktierten ist allerdings sehr merkwürdig - und spricht nicht unbedingt für gutes Management.
Boston Celtics
Die kommende Offseason könnte für die Boston Celtics zu einem Desaster werden. Nachdem die Hoffnungen auf Anthony Davis in der letzten Woche ein jähes Ende gefunden haben, Kyrie Irving und Al Horford vor dem Absprung stehen und offenbar kein großer Free Agent (außer Nikola Vucevic) nach Boston möchte, hätte wenigstens mit einem der drei vorhandenen Erstrundenpicks ein Spieler gepickt werden können, der einem Win-Now-Team wie den Celtics weiterhilft.
Stattdessen wurde einer davon nach Phoenix geschickt und die anderen beiden für Romeo Langford und Grant Williams genutzt, die mit 19 bzw. 20 Jahren beide noch sehr "froh" sein dürften. Auch nach dem Draft musste GM Danny Ainge zugeben, dass er nun "weniger Klarheit" besitzt, wobei er natürlich trotzdem sehr zuversichtlich in die Zukunft blickt - wie sollte es auch anders sein.
Vieles wird wohl ganz einfach davon abhängen, wie sich Irving entscheidet. Auch ohne ihren Point Guard haben die Kelten natürlich noch einen mehr als soliden Kader, um im Osten zu bestehen, mit einem Pick, der weniger als Projekt anzusehen ist, hätte man der Free Agency allerdings um einiges sorgenfreier entgegenblicken können.