Russell Westbrook war über Jahre der Star, der den Oklahoma City Thunder die Treue gehalten hat. Nun sind die Thunder aber in einer Sackgasse angekommen und denken anscheinend über einen Trade des MVPs von 2017 nach. SPOX analysiert Westbrooks Situation und blickt auf die möglichen Destinationen des Point Guards.
Eine Beziehung zu führen ist nicht leicht, sei es im privaten Leben oder auf beruflicher Ebene. Mal stimmt es auf persönlicher Ebene nicht, mal gibt es unterschiedliche Vorstellungen über die gemeinsame Zukunft. Auch in der NBA existieren Beziehungen, stärkere und schwächere. LeBron James wird für immer mit Dwyane Wade verbunden sein, Stephen Curry bei einem anderem Team als den Golden State Warriors ist ebenso wenig vorstellbar.
Ähnliches galt bis zum Wochenende auch für Russell Westbrook und die Oklahoma City Thunder. Nach dem Abgang von Kevin Durant war es der Point Guard, der die letzte Brücke vom Umzug der Seattle SuperSonics nach Oklahoma schlug. Zwar trug Westbrook nie das Sonics-Jersey, doch im Draft 2008 bekam der frühere UCLA-Student die grüne Seattle-Cap aufgesetzt.
Elf Jahre ist das nun her, in dieser Zeit spielte Westbrook mit zwei weiteren MVPs (Kevin Durant, James Harden) und einem MVP-Kandidaten (Paul George), 2017 wurde Russ selbst zum wichtigsten Spieler der NBA-Saison gekürt. Wenige Monate später verlängerte Westbrook seinen Vertrag bis 2023. Die Message war klar: Für immer OKC.
gettyRussell Westbrook hängt bei OKC in der Luft
In der modernen NBA ist dies eine Rarität, selbst Team-Ikonen wie Paul Pierce (Boston Celtics), Tony Parker (San Antonio Spurs) oder zuletzt Mike Conley und Marc Gasol bei den Memphis Grizzlies trugen noch einmal ein anderes Trikot. Westbrook ist nach Udonis Haslem (Miami Heat) im Moment der dienstälteste Spieler bei einer einzigen Franchise, die Zeichen verdichten sich aber, dass sich dies noch vor dem Saisonstart im Oktober ändern könnte.
Nach dem Trade von Paul George zu den L.A. Clippers brachen die Thunder mal wieder ihr teures Team (im Moment noch knapp 10 Millionen Dollar in der Luxury Tax) auf und bekamen das größte Pick-Paket in der Geschichte der NBA sowie Danilo Gallinari und Shai Gilgeous-Alexander als Gegenwert. Gallinaris Vertrag über 22,6 Millionen Dollar läuft nach der Saison aus, in SGA bekommen die Thunder aber einen interessanten Spieler, der die gleiche Position wie Westbrook bekleidet und in dem womöglich ein kommender All-Star schlummert.
So verwunderte es nicht, dass wenige Stunden nach dem PG-Trade die ersten Meldungen durchsickerten, dass Westbrooks Camp sich mit OKC treffen möchte, um über die Zukunft des All-Stars im Sooner State zu sprechen. Die Thunder werden in der kommenden Saison nicht um den Titel spielen, dieser Realität werden sich die Thunder bewusst und versuchen, das Team neu aufzubauen. Für Westbrook gibt es daher nur noch bedingt Verwendung.
Die Parameter des Trades für Paul George
Clippers erhalten: Paul George.
Thunder erhalten: Danilo Gallinari, Shai Gilgeous-Alexander, 3 Erstrundenpicks der Clippers (2022, 2024, 2026), 2 Erstrundenpicks der Heat (2021, 2023 geschützt 1-14), Pick-Swap-Recht 2023, 2025.
Vertrag von Westbrook erschweren einen Trade
So erscheint ein Trade fast unumgänglich, eine Lösung, mit der beide Seiten sicher leben können, auch wenn Westbrook nach all den Jahren einen fast gottgleichen Status in Oklahoma City erlangt hat. Die Menschen im Mittleren Westen sind Westbrook weiter dankbar, dass dieser im Gegensatz zu Durant dem kleinen TV-Markt im früheren Indianer-Staat die Treue hielt. Sein Legenden-Status wird bleiben, auch bei einem möglichen Trade.
Doch wer soll Westbrooks massiven Vertrag aufnehmen? Bis 2023 kassiert der Guard noch über 170 Millionen, alleine in der Saison 2022/23 werden es 47,1 Millionen sein, wenn Westbrook seine Spieler-Option zieht. Während dieser Spielzeit wird Brodie 35 Jahre alt, keine guten Vorzeichen für einen Spieler, der einen wackligen Sprungwurf besitzt und vor allem von seiner Athletik lebt.
Drei Teams wurden bislang als mögliche Abnehmer für Westbrook genannt, vielleicht sind es auch mehr. OKC ist bekannt dafür, pikante Trade-Gespräche unter der Decke zu halten, das zeigten die Trades für George (von Indiana und nun nach L.A.) oder auch der Trade für Carmelo Anthony aus New York vor zwei Jahren. Darum sollen hier nur die bisher gehandelten Teams beleuchtet werden: Detroit, Miami und Houston.
Die drei gehandelten Trade-Partner für Russell Westbrook
HOUSTON ROCKETS
Wenn Stars plötzlich auf den Markt gespült werden, sind die Rockets oft nicht weit weg. General Manager Daryl Morey ist immer auf der Suche nach Stars, nach seiner Theorie wird Talent gehortet und der Rest ergibt sich im Anschluss. Wie allerdings Westbrook in dieses Konstrukt passen soll, ist auf den ersten und auch zweiten Blick nicht erschließbar.
In James Harden und Chris Paul besitzen die Rockets bereits über einen Backcourt der Extraklasse, auch wenn es wohl Differenzen zwischen den beiden Stars während der vergangenen Saison gegeben hat. Morey machte aber zuletzt deutlich, dass er weder Harden noch CP3 traden will. Ein Tausch zwischen Paul und Westbrook würde jedoch perfekt funktionieren, beide verdienen kommende Saison 38,5 Millionen.
Angeblich soll Morey aber auch Ideen haben, wie alle drei Stars unter den Salary Cap mit einem entsprechenden Trade passen. Dafür sollen vor allem die anderen beiden Großverdiener Clint Capela (14,9 Mio.) und Eric Gordon (14,1 Mio.) angeboten worden sein, um möglicherweise einen Drei-Team-Trade einzufädeln.
Wie allerdings Westbrook dann mit dem bestehenden Backcourt harmonieren könnte, wirft Fragen auf. Der MVP von 2017 braucht den Ball in seinen Händen, gleiches gilt für The Beard und auch CP3. Letztere sind immerhin gute Spot-Up-Schützen, was von Westbrook nicht behauptet werden kann. Von seinen Dreiern, die von stats.nba.com als wide open definiert wurden, traf Westbrook gerade einmal 32,7 Prozent, als Spot-Up-Schütze aus allen Lagen waren es 35,4 Prozent und magere 0,95 Punkte pro Possession.
Nun mag der gemeine Fan sagen, dass Westbrook und Harden auch zu OKC-Zeiten miteinander harmonierten. Dies ist aber eine Sackgasse, da die Rollen klar verteilt waren. Harden war Sixth Man und spielte viele Minuten ohne Russ, inzwischen hat der Bärtige Westbrook deutlich überflügelt. Westbrook müsste sich deutlich zurücknehmen und sein Spiel (und seinen Wurf) völlig neu definieren. Ob er das kann?
MIAMI HEAT
In Miami müsste Westbrook dies wohl nicht tun. Die Heat sind ebenso bekannt dafür, gewisse Risiken einzugehen. Die Uhr von Teampräsident Pat Riley, der im März 74 Jahre alt wurde, tickt und der Pate vom South Beach will mit aller Macht im Herbst seiner Karriere als Funktionär noch einmal ein wettbewerbsfähiges Team zusammenstellen. Der Coup mit der Verpflichtung von Jimmy Butler in einem komplizierten Sign-and-Trade war dafür der erste Schritt.
Gleichzeitig agieren die Heat auch nahe an der Luxus-Steuer, die Miami selbst in der Ära der Big Three um LeBron immer wieder vermeiden wollte. Heat-Guru Ira Winderman vom Sun Sentinel warf als möglichen Trade ein Paket aus Goran Dragic, Justise Winslow, Bam Adebayo, Tyler Herro und einem Erstrundenpick in den Raum.
Das könnte OKC ins Grübeln bringen, da der Vertrag von Dragic 2020 ausläuft und zudem drei junge und entwicklungsfähige Spieler kommen würden. Prestis Liebe für lange, athletische Spieler ist bestens dokumentiert, Flügel Winslow und Center Adebayo wären dafür wie prädestiniert.
Das würde den Heat-Kader zwar gewaltig ausdünnen, Miami aber wieder relevant machen. Ein Star-Duo aus Westbrook und Butler würde für Aufmerksamkeit sorgen und könnte auch in Zukunft andere Spieler anlocken. Auch von der Kultur her würde Westbrook bestens passen. In wohl keiner Franchise wird so hart wie in Miami gearbeitet, Jimmy Buckets ist wie Westbrook als Trainingsweltmeister verschrien.
DETROIT PISTONS
Und dann sind da noch die Pistons, die seit Chauncey Billups auf der Suche nach einem Point Guard sind. Reggie Jackson wird zwar wie ein echter Starter bezahlt, sollte aber in der modernen NBA keine so große Rolle wie in Detroit übernehmen.
Zugegeben, den Löwenanteil des Spielaufbaus übernahm ohnehin Blake Griffin, der in der vergangenen Saison unter den schwachen Schützen der Pistons litt. Schon dieser Satz sollte hellhörig machen, denn Detroit braucht Schützen und der ist Westbrook bekanntlich nicht.
Westbrook würde auch nicht zur neuen Ausrichtung Detroits unter GM Ed Stefanski passen, der unter anderem vor dem Draft das große Salär von Jon Leuer (nach Milwaukee) abstieß und langfristige Kosten zusammenkürzen möchte. Ähnliche Moves könnten für Jackson (18 Mio.) und Langston Galloway (7 Mio.) während der Saison passieren.
Da auch Griffin fürstlich bezahlt wird (34 Mio.), würden sich die Pistons wieder gewaltig strecken müssen, um überhaupt den Kader aufzufüllen. Der einzige Weg könnte sein, dass OKC Andre Drummond aufnimmt, der die kommenden zwei Jahre noch fast 56 Millionen verdient. Auch das erscheint aber unrealistisch, da OKC auch noch Steven Adams als Center hat, der ähnlich teuer ist.