Damian Lillard, Anthony Davis, DeMar DeRozan, James Harden, Tobias Harris, Kevin Love, Eric Gordon, Bradley Beal, C.J. McCollum, Zion Williamson. Diese neun Spieler sagten in den vergangenen Tagen ihre Teilnahme an der WM 2019 im September in China für Team USA ab, vielleicht kommen bald noch mehr hinzu. Es ist ein Ensemble, das den Titel mit Leichtigkeit hätte gewinnen können. Sie alle stehen Coach Gregg Popovich im Reich der Mitte nicht zur Verfügung.
Auch andere Mega-Stars wie LeBron James, Kevin Durant oder Stephen Curry hatten frühzeitig abgewunken, sie alle haben andere Pläne für den Sommer. Natürlich ist der Spieler-Pool der US-Amerikaner auch ohne besagte Stars riesig. Doch von den 20 All-Stars, die einen US-amerikanischen Pass haben, werden nur noch Kemba Walker, Khris Middleton und Kyle Lowry bei dem Groß-Event inbrünstig Stars and Stripes auf dem Parkett mitsingen.
Vor fünf Jahren war dies noch kein Thema. So wurde beispielsweise Lillard als letzter Spieler vor der WM 2014 in Spanien gestrichen. Stattdessen repräsentierten Curry, Klay Thompson, Kyrie Irving, Harden und Derrick Rose den Backcourt der USA. Das Team von Coach Mike Krzyzewski spazierte zu Gold, jedes Spiel wurde mit mindestens 21 Punkten Abstand gewonnen, Serbien wurde mit Finale gar mit 129:92 abgeschlachtet.
Team USA nach Debakel 2004 mit nur einer Niederlage
Spiele für die Nationalmannschaft hatten wieder eine Bedeutung. Nach den desaströsen Auftritten der US-Boys bei der Heim-WM 2002 (Platz sechs) und bei den Olympischen Spielen zwei Jahre später in Athen (nur Bronze) wurde USA Basketball durch GM-Legende Jerry Colangelo revolutioniert, man verlor nach 2004 nur noch ein einziges Spiel bei einem Groß-Event.
Nun machen die großen Stars aber wieder einen Bogen um die Verpflichtungen im Spät-Sommer, selbst wenn in diesem Jahr der legendäre Gregg Popovich von den San Antonio Spurs als Head Coach auf der Bank sitzen wird. Seine Assistenten heißen übrigens Steve Kerr, der dreifache Meister-Coach der Warriors, und Hawks-Coach Lloyd Pierce.
Dies konnte die Stars aber offensichtlich nicht hinter dem Ofen hervorlocken. Selbst die unbegrenzten Marketing-Möglichkeiten der Spieler im NBA-verrückten China waren offenbar kein Faktor. Ein Umstand, über den Commissioner Adam Silver und sein Team mit Sicherheit nicht besonders glücklich sein werden.
NBA-Stars: Lange Saison, wenig Urlaub
Ein Risiko, dass sich einer der Stars in einem solchen Sommer verletzt, ist immer gegeben, da ist Paul George 2014 mit seinem verheerenden Beinbruch ein prominentes Beispiel, doch vielmehr opfern die Akteure eben auch den Großteil ihrer Freizeit - und das nach einer Saison mit teilweise über 100 Spielen.
Man nehme mal Kyle Lowry, der bis Mitte Juni in den Finals aktiv war. Da das Training Camp von Team USA in Las Vegas schon im August beginnt, bleiben dem Guard der Toronto Raptors rund sechs Wochen Urlaub. Das Finale in Peking würde dann am 15. September stattfinden, die Preseason der NBA startet Anfang Oktober, die Vorbereitung natürlich schon ein paar Tage früher. Zeit zur Erholung bleibt da nicht viel.
Gleichzeitig warten 2020 bereits die nächsten Olympischen Spiele, wodurch die ohnehin hochbeanspruchten NBA-Stars sogar zwei Sommer quasi opfern müssten. Dies dürfte auch ein Grund gewesen sein, warum USA Basketball eine WM- bzw. Training-Camp-Teilnahme nicht verpflichtend gemacht hat, damit die Spieler auch eine Chance auf Tokio 2020 haben.
Wilde Free Agency 2019 ändert Macht-Verhältnisse in der NBA
In der Vergangenheit wurde dies mit einzelnen Ausnahmen noch anders gehandhabt, weswegen auch ein LeBron (2006) oder Durant (2010) bei einer WM auflief. Selbst wenn es in den Augen der Stars offensichtlich nicht die Strahlkraft des Mega-Events Olympische Spiele hat.
Ein anderer Punkt sind die wilden Ereignisse des Sommers. Noch nie gab es so viel Bewegung in den Kadern der verschiedenen Franchises, vor allem an der absoluten Leistungsspitze der NBA. Als Beispiel kann das All-Star Game 2018 in Los Angeles dienen, die Hälfte aller Nominierten schnüren die Sneaker inzwischen für ein anderes Team.
Die Eingewöhnung mit der neuen Mannschaft wurde so mehrfach als Begründung für die WM-Absage vorgeschoben, siehe Davis, siehe Harris, siehe Williamson etc. In der NBA findet gerade ein Wettrüsten statt, der Kampf um den Titel ist so offen wie seit mindestens fünf Jahren nicht mehr. Die Mini-Dynastie der Warriors ist vorbei und dadurch ist ein Macht-Vakuum entstanden. Die Spieler wittern ihre Chance auf einen Ring.
Dennoch werden die USA nun nicht mit einer Micky-Maus-Truppe an den Start gehen, es ist weiterhin ein interessanter Mix aus potenziellen Go-to-Guys, hungrigen Youngster und einigen erfahrenen Veteranen. Wettanbieter sehen "Pops Resterampe" noch immer als Favoriten auf Gold - und das zurecht.
Team USA: Der vorläufige Kader für die Basketball-WM 2019 in China*
Position | Name | Alter | Team |
Point Guard | Kemba Walker | 29 | Boston Celtics |
Marcus Smart | 25 | Boston Celtics | |
Kyle Lowry | 33 | Toronto Raptors | |
Shooting Guard | Donovan Mitchell | 22 | Utah Jazz |
Jaylen Brown | 22 | Boston Celtics | |
Small Forward | Khris Middleton | 27 | Milwaukee Bucks |
Jayson Tatum | 21 | Boston Celtics | |
Harrison Barnes | 27 | Sacramento Kings | |
Thaddeus Young | 31 | Chicago Bulls | |
Power Forward | Kevin Love | 30 | Cleveland Cavaliers |
Kyle Kuzma | 24 | Los Angeles Lakers | |
Paul Millsap | 34 | Denver Nuggets | |
P.J. Tucker | 34 | Houston Rockets | |
Julius Randle | 24 | New York Knicks | |
Center | Andre Drummond | 25 | Detroit Pistons |
Myles Turner | 23 | Indiana Pacers | |
Brook Lopez | 31 | Milwaukee Bucks |
* Der Kader muss vor der WM auf zwölf Spieler reduziert werden
Basketball-WM 2019: Wer kann die Schwäche von Team USA ausnutzen?
Die Spanier, welche die USA immer vor die größten Probleme stellten, können zwar immer noch auf den Großteil ihrer Goldenen Generation zurückgreifen, sind aber gewaltig in die Jahre gekommen. Gleiches gilt für die Griechen, auch wenn diese in Giannis Antetokounmpo den wahrscheinlich besten Spieler des Turniers stellen werden.
Trotzdem zählen beide zum erweiterten Favoritenkreis, gleiches gilt für die starken Serben, Frankreich mit Rudy Gobert oder auch die traditionell sehr homogenen Litauer. Das deutsche Team ist trotz Dennis Schröder, Maxi Kleber oder Daniel Theis dagegen noch ein gutes Stück von dieser Weltelite entfernt.
Es fehlt somit der klare Gegner der USA, der das wahrscheinlich schwächste US-Team seit 2002 vor massive Probleme stellen kann - trotz Globalisierung des Spiels und mehr ausländischen NBA-Stars denn je. Ein Scheitern der US-Amerikaner ist dennoch nicht auszuschließen, die Toleranz für Fehler ist durch die Absagen deutlich kleiner geworden. Geht diese extrem abgeschwächte Version des Dream Teams aber konzentriert zur Sache, wird auch in China der Titel nur über die größte Basketball-Nation der Welt führen.