Die wilde Offseason 2019 ging auch an den Houston Rockets nicht spurlos vorüber. Chris Paul ist weg, dafür steht nun Russell Westbrook an der Seite von Franchise-Star James Harden. Mit den zwei ehemaligen MVPs im Backcourt soll nun endlich der lang ersehnte Titel her - es bleiben allerdings Fragezeichen.
Houston Rockets: Die Transaktionen
Die Rockets gingen mit wenig Platz unter dem Salary Cap und keinem Draft-Pick in den Sommer 2019 und dennoch fädelte General Manager Daryl Morey einen der spektakulärsten Deals der kompletten Offseason ein.
Die Rockets eisten Russell Westbrook von den Oklahoma City Thunder los, die nach der Trade-Forderung von Paul George den Wiederaufbau einleiteten. Dafür gab Morey zwei zukünftige Erstrundenpicks (2024 und 2026, jeweils Top-4-geschützt) und zwei Pick-Swaps (2021 und 2025) sowie Chris Paul ab.
Der Point God war jedoch der einzige namhafte Abgang, ansonsten hielt Morey den Kader des Vorjahres weitestgehend zusammen und verstärkte ihn punktuell mit Rollenspielern.
Houston Rockets: Die Zugänge
- Russell Westbrook (Trade)
- Ben McLemore (Free Agent: 2 Jahre, 4,3 Mio. Dollar)
- Thabo Sefolosha (Free Agent: 1 Jahr, 2,6 Mio. Dollar)
- Anthony Bennett (Free Agent: 1 Jahr, 1,7 Mio. Dollar)
- Tyson Chandler (Free Agent: 1 Jahr, 2,6 Mio. Dollar)
Houston Rockets: Die Abgänge
- Chris Paul (Trade)
- Kenneth Faried (Free Agent)
- Iman Shumpert (Free Agent)
Houston Rockets: Die Vertragsverlängerungen
- Austin Rivers (2 Jahre, 4,5 Mio. Dollar)
- Danuel House (3 Jahre, 11,2 Mio. Dollar)
- Gerald Green (1 Jahr, 2,6 Mio. Dollar)
- Nene (2 Jahre, 20 Mio. Dollar - nur 2,6 Mio. Dollar garantiert)
- Eric Gordon (4 Jahre, 75,6 Mio. Dollar - ab 2020)
Houston Rockets: Die wichtigsten Statistiken 2018/19
Bilanz Regular Season | Offensiv-Rating | Defensiv-Rating | Net-Rating |
53-29 (Platz 4 im Westen) | 114,9 (2.) | 110,1 (17.) | 4,8 (5.) |
Houston Rockets: Die Strategie
Rockets-GM Daryl Morey liebt Superstars, das hat er und das haben vor allem seine Deals in den vergangenen Jahren immer wieder deutlich gemacht: der Harden-Trade 2012, der CP3-Trade fünf Jahre später, das angebliche Interesse an Jimmy Butler und nun der Blockbuster um Westbrook. Morey will in Houston so viel Talent wie möglich anhäufen, der Rest wird sich in seinen Augen schon irgendwie klären.
Das damit verbundene Risiko hat Morey noch nie gescheut. Ziel ist es, die Prime von Franchise-Star Harden möglichst gut auszunutzen: Ein Titel soll her. Dies gelang in den vergangenen zwei Jahren mit Paul im Backcourt nicht. Da CP3 nun auch nicht mehr der Jüngste ist und es offenbar Streitigkeiten zwischen den beiden Guards gab, kursierten schon länger Gerüchte um einen möglichen Trade.
In Person von Westbrook stellen die Rockets dem Bärtigen nun einen Superstar an die Seite, der deutlich näher an seinem Zenit ist als Paul. Zwar opferte Morey dafür eine Menge Draft-Picks, doch der Fokus liegt ohnehin auf dem Hier und Jetzt.
Zumal die nahe Zukunft keine allzu hohe Draft-Position verspricht. Das neue Backcourt-Duo ist für die kommenden drei bis vier Jahre an die Franchise gebunden (beide besitzen eine Spieleroption für das letzte Vertragsjahr). Der erweiterte Kern des Teams um Clint Capela (Vertrag bis 2023) und Eric Gordon (Vertrag bis 2024) steht ebenfalls.
Der Kader der Houston Rockets
Point Guard | Shooting Guard | Small Forward | Power Forward | Center |
Russell Westbrook | James Harden | Eric Gordon | P.J. Tucker | Clint Capela |
Austin Rivers | Gerald Green | Danuel House | Gary Clark | Tyson Chandler |
Ben McLemore | Thabo Sefolosha | Anthony Bennett | Nene | |
Isaiah Hartenstein |
Houston Rockets: Die Schwachstellen
Damit ist gleichzeitig die finanzielle Flexibilität vorerst dahin. Allein dieses Quartett bekommt in den nächsten vier Jahren pro Saison durchschnittlich 119,3 Mio. Dollar überwiesen. Harden und Westbrook sind 30 Jahre alt, letzterer hat bereits mehrere Knie-Operationen hinter sich.
Die größte Frage vor dem Saisonstart der Rockets lautet aber: Können Harden und Westbrook auf dem Court koexistieren? Die Guards sind sehr balldominante Spieler, in Sachen Usage-Rate rangierten beide in der vergangenen Saison in der Top 10. Sind sie bereit, etwas kürzer zu treten?
Überlässt Westbrook seinem bärtigen Teamkollegen das Rampenlicht, kommen zudem seine Schwächen im Shooting zum Tragen. 2018/19 landeten nur 29 Prozent seiner Distanzwürfe im Ring, im Dreier-lastigen Offensivsystem der Rockets könnte das zum Problem für das Spacing werden.
Auch die im vergangenen Jahr bestenfalls nur durchschnittliche Defense verspricht keine allzu großen Sprünge. Im Sommer wurden vier Mitglieder des Coaching-Staffs von Mike D'Antoni ausgetauscht, darunter auch der hoch angesehene Defensiv-Spezialist Jeff Bzdelik.
Houston Rockets: Der Hoffnungsträger
Um das Duo Westbrook/Harden ranken sich nicht nur die meisten Fragezeichen, sie stehen gleichzeitig für die große Hoffnung der Rockets-Fans auf den ersten Titel seit 1995. Über Erfolg oder Misserfolg wird hauptsächlich bestimmen, wie die beiden Guards harmonieren.
Hoffnung macht die Tatsache, dass Harden und Westbrook eine enge Freundschaft aus gemeinsamen Thunder-Tagen verbindet. Beide wollten miteinander spielen, nach den Unstimmigkeiten zwischen Harden und CP3 sollte die Team-Chemie davon profitieren.
Zudem steht außer Frage, dass RW0 auch sportlich ein deutliches Upgrade gegenüber seinem Vorgänger darstellt. Die Last der Franchise verteilen sich nun auf den Schultern von zwei der drei MVPs aus den vergangenen drei Jahren. Trotz der Fragen zum Fit Westbrooks - da gibt es sicherlich schlechtere Ausgangssituationen.
Aus deutscher Sicht bleibt noch die Personalie Isaiah Hartenstein. In der G-League führte er sein Team vergangene Saison als Finals-MVP zum Titel, in der NBA kam er auf 28 Einsätze (1,9 Punkte in 7,9 Minuten). Durch die Ankunft von Tyson Chandler ist der Kampf um Minuten im Rockets-Frontcourt für den Deutschen nicht einfacher geworden. Regelmäßige Ausflüge in die G-League sind erneut wahrscheinlich.
Houston Rockets: Das Fazit
In Paul hat Rockets-GM Morey einen alternden, noch viele Jahre gut verdienenden Star gegen ein jüngeres, besseres Modell eingetauscht. Das klingt auf den ersten Blick nach einem deutlichen Gewinn, doch bei Westbrook bleiben Fragezeichen.
Das Risiko dürfte es aber wert sein. Die Rockets haben neben dem Blockbuster-Deal zudem mit wichtigen Rollenspielern verlängert und den Kader mit soliden Ergänzungen in der Tiefe verstärkt. Das Titelrennen erscheint aktuell so offen wie selten zuvor, Houston hat in der Offseason gute Voraussetzungen geschaffen, dies auszunutzen.
Die Note: 2