Die Houston Rockets haben eine der besten Offensiven der Liga und stehen gut da - bisher liegt das aber nicht wirklich an Russell Westbrook. SPOX-NBA-Redakteur Ole Frerks blickt auf die bisherigen Eindrücke von Russ in Houston und beantwortet Fragen der Leser.
Die Houston Rockets und ihr Russell Westbrook-Problem
Die Rockets setzten im Sommer alles auf eine Karte, als sie Chris Paul aufgrund dessen Unstimmigkeiten mit James Harden tradeten und ihn mit Russell Westbrook ersetzten, trotz aller Zweifel, ob dieser mit seinem alten Weggefährten noch immer koexistieren könne. Harden ist schließlich schon lange nicht mehr der Sixth Man aus gemeinsamen OKC-Zeiten, sondern (neben Westbrook) mittlerweile der balldominanteste Spieler der NBA-Geschichte.
Eine von vielen Fragen lautete: Müsste Harden einen Teil seines Spiels opfern? Dies kann man mittlerweile verneinen. Im Gegenteil, der 30-Jährige hat seinen Scoring-Schnitt sogar noch gesteigert, die Usage-Rate ist nur um knapp 2 Prozentpunkte gesunken. Harden dominiert den Ball immer noch mehr als jeder andere Spieler, mit Recht.
Harden legt momentan seine beste True Shooting Percentage (62,5 Prozent) seit seiner letzten OKC-Saison (2011/12) auf, vor allem aufgrund seiner unfassbaren 13,9 Freiwürfe pro Spiel. Wenn sich sein Dreier wieder dem normalen Niveau angleicht, scheinen auch 40 Punkte im Schnitt in Reichweite, so absurd das auch klingt. Harden ist der Beste in dem, was er tut, und er ist darin sogar noch besser geworden.
Für die Offense der Rockets gilt das bisher nicht, auch wenn Houston hier noch immer einen Top-3-Platz innehat (falls das nicht klar geworden ist: Harden ist unglaublich gut!). Von einem 114,9er Offensiv-Rating im Vorjahr ist sie auf 111,8 gefallen. Was zur nächsten Frage führt: Wie funktioniert Westbrook offensiv als Partner des Liga-Topscorers - und als "Nachfolger" von CP3?
Russell Westbrook: Der Transition-Faktor in Houston
Diese Antwort gestaltet sich diffiziler. Positiv ist, dass Westbrook die Offense etwas schneller gemacht hat - Houston nimmt mehr Abschlüsse früh in der Wurfuhr als noch mit Paul, im Zeitraum zwischen 15 und 24 Sekunden auf der Anzeigetafel, wenn die gegnerische Defense oft noch nicht sortiert ist und Abschlüsse traditionell einfacher sind. Das "kreative Chaos" ist ein wertvolles Stilmittel, das ihnen in der vergangenen Saison fehlte.
nba.com/statsDie Rockets generieren außerdem die drittmeisten Transition-Punkte der Liga, woran Westbrook einen großen Anteil hat. Wobei man dazu sagen muss, dass sie aus diesen eigentlich hocheffizienten Situationen nicht genug machen: Die Rockets erzielen pro Transition-Play 1,04 Punkte, was im Ligavergleich Platz 25 bedeutet. Zum Vergleich: Toronto steht bei 1,21 PPP.
Auch hieran hat Westbrook seinen Anteil, der aus diesen Situationen 0,98 PPP macht, womit er im unteren Drittel der Liga rangiert. Westbrook hat im Schnellangriff ein großes Punktvolumen (mehr als seine 7,8 Zähler erzielt nur Giannis), von den effizientesten Transition-Scorern ist er jedoch weit entfernt. Leider ist dies trotzdem sein effizientester Beitrag zur Rockets-Offense, sogar mit großem Abstand.
Russell Westbrook: Verheerende Effizienz bei Isolationen
Aus Isolationen sind es fürchterliche 0,75 PPP, einen noch geringeren Wert ziehen die Rockets aus Plays, in denen Westbrook als ballführender Spieler im Pick'n'Roll agiert (0,67 PPP). Wenn Westbrook aufpostet (knapp zweimal pro Spiel), sind es 0,72 PPP. Westbrook als Spot-Up-Schütze? 0,86 PPP.
Um das einzuordnen, ohne sich zu tief in den Zahlenwald zu verirren: Das sind nicht nur schlechte, das sind verheerende Werte, insbesondere bei Isolationen. Zumal kein Spieler außer Harden (und LeBron James) häufiger isoliert wird als Westbrook.
Eigentlich ist das der Kern der Rockets-Offense, hatte man doch in den vergangenen Jahren den besten Iso-Player der Welt und in Paul einen weiteren der fünf bis zehn besten in seinen Reihen. Westbrook bewegt sich im unteren Drittel aller Spieler, die häufig isoliert werden. Und das gilt eben auch für die meisten anderen Aspekte seines Offensiv-Spiels.
Der Knackpunkt: Man hat sich daran gewöhnt, dass Westbrooks Wurf streaky ist, wobei er derzeit sogar nur 30,6 Prozent seiner Sprungwürfe trifft. Auch die Entscheidungsfindung ist seit Jahren nicht ideal. Man konnte mit vielem davon leben, weil Russ ein athletischer Freak war, der Spielen komplett seinen Stempel aufdrücken und sie physisch dominieren konnte (und weil er in OKC grundsätzlich Narrenfreiheit besaß).
Russ kommt immer noch zum Korb und kann dort durch Kontakt abschließen (hier ist er knapp über Ligadurchschnitt), auch wenn er kaum noch dunkt. Die Freiwürfe pro Spiel sind wieder leicht angestiegen (6,6 pro Spiel), was ein gutes Zeichen ist. Es kann jedoch nicht das einzige bleiben. Westbrook hat bisher noch nicht gelernt, sein Spiel an seine neue Rolle als klare Nr. 2 anzupassen und von Harden zu profitieren beziehungsweise diesem wirklich zu helfen.
nba.com/statsGewinnen die Rockets dank oder trotz Westbrook?
Der heutige Westbrook ist ein sehr ineffizienter Offensivspieler. Es ist kein Wunder, dass die Rockets-Offense ohne ihn um 7 Punkte pro 100 Ballbesitze besser ist (auch die Defense ist um 4 Punkte besser). In den 9,4 Minuten pro Spiel, die Russ ohne Harden auf dem Court steht, beträgt das Net-Rating der Rockets -14,9; in Hardens 15,6 Minuten ohne Westbrook beträgt dieser Wert +10,3.
Es ist zu früh, das Experiment deswegen schon als gescheitert zu erachten. Die Rockets gewinnen den Großteil ihrer Spiele und auch das gemeinsame Net-Rating von Harden und Westbrook ist positiv. Russ erlaubt es Harden, auf dem Spielfeld Pausen zu nehmen, ähnlich wie Paul vor ihm. Harden nimmt bisweilen gar nicht an Ballbesitzen teil und entspannt sich fast auf Höhe der Mittellinie.
Mit Ausnahme von P.J. Tucker und Danuel House trifft zudem bisher kein Rocket seine Dreier auch nur auf Karriere-Durchschnittsniveau, Eric Gordon startete mies und fällt nun verletzt aus - all das kann sich ändern, dann sieht die Offense auch noch besser aus. Und sie reicht schon jetzt für Platz 3. Wie gesagt, Harden ist unglaublich gut!
Es braucht jedoch keinen Propheten, um vorherzusehen, dass dieses Rezept nicht reichen wird. Die Rockets wollen einen Titel holen. Harden wird in den Playoffs aber Schwierigkeiten haben, so viele Freiwürfe zu bekommen beziehungsweise sogar noch eine Schippe draufzulegen. Schon jetzt haben unter anderem die Clippers gezeigt, dass sie bereit sind, ihn zu doppeln und zu trippeln, wenn es sein muss.
James Harden und die Double-Teams
Das sieht teilweise verdammt komisch aus und spricht dafür, wie sehr Hardens Brillanz die Defensiv-Coaches dieser Welt umtreibt. Wie der Bart selbst sagte: "Die ganze Saison über schicken sie Double-Teams. Ich habe das noch nie gesehen, dass du einen sehr guten Verteidiger hast und trotzdem jemand anderes angerannt kommt. Lasst mich wissen, wann ihr das zuletzt gesehen habt."
Die Idee der Rockets-Offense liegt darin, dass der Ball in solchen Situationen zu einem zweiten elitären Playmaker geht, der die Aufmerksamkeit, die Harden auf sich zieht, gemeinsam mit einem Rim-Runner (Clint Capela) und zwei Schützen ausnutzen kann. Der auch alleine die Show schmeißen kann, wenn Harden pausiert. Paul war im Jahr 2017/18 bestens dafür geeignet, damals reichte es fast für den Titel.
Ein All-Time-Team (die Warriors) und eine Verletzung an Pauls Oberschenkel standen jedoch im Weg. Beide Variablen sind in diesem Jahr theoretisch eliminiert. Einen zweiten elitären Playmaker sucht man in Houston momentan allerdings vergeblich. Solange sich daran nichts ändert, wird auch die mittlerweile deutlich verbesserte Defense in H-Town nicht für einen Titel reichen.
Westbrook muss nicht Paul sein; er hat andere Stärken. Aber er muss seine Entscheidungsfindung und seine Effizienz zumindest so weit optimieren, dass er die Offense der Rockets nicht zurückhält - und dass sie nicht vollkommen einbricht, wenn er sie "alleine" verantwortet. Andernfalls hat dieses Team eine gläserne Decke.
Passenderweise kamen in dieser Woche einige Fragen zu Westbrook, Harden und den Rockets herein, die den obigen Teil ergänzen.
NBA-Mailbag: Rockets-Edition
@nbaluis9: "Harden wird nie wieder einen MVP-Titel gewinnen." Meinung dazu?
Vielleicht machen Giannis, Doncic und Aron Baynes die nächsten Awards unter sich aus, aber warum sollte man Harden jetzt schon abschreiben? In den vergangenen fünf Jahren hat kein Spieler mehr MVP-Stimmen bekommen als Harden. Einmal Erster, dreimal Zweiter, einmal Holz. Und er wird bisher, wie oben geschrieben, keineswegs schlechter. Warum also nicht?
Es ist aber möglich, dass er ein "Narrativ" braucht, wie es Westbrook 2017 mit der ersten Triple-Double-Saison seit Oscar Robertson hatte, insbesondere für Wähler, die Hardens Spielweise rein optisch fürchterlich finden (soll es ja geben). Ein solches wäre die erste 40-Punkte-Saison seit Wilt Chamberlain, nur als Beispiel.
Im Ernst: Harden ist mittendrin in diesem Rennen, die Rockets gewinnen viele Spiele, er ist 30 und war noch nie lange verletzt. Im Gegensatz zu vielen anderen Stars nimmt er sich in der Regular Season quasi nie Pausen. Daher gehe ich absolut davon aus, dass er noch mindestens dreimal in der MVP-Verlosung sein wird.
@svlkicker: Daryl Morey möchte so viele Superstars wie möglich in seinem Team haben. Wäre es bei der Dominanz von Harden nicht besser, anstatt Westbrook weitere gute Rollenspieler im Team zu haben? Per Drei-Team-Trade könnten sicher Spieler wie Crowder, Covington und Teague zu haben sein.
Jein. Es gibt Stars, die weitaus besser neben Harden passen würden als Westbrook. Bessere Defense, höhere Wurf-Effizienz, mehr Bereitschaft zur Bewegung abseits des Balles (auch wenn Russ sich hier etwas gebessert hat), mehr Spielkontrolle. Das wären Kriterien, bei denen man ansetzen könnte. Paul in der 17/18er Version war ziemlich ideal, man könnte aber auch ein, zwei Positionen aufrücken und etwa die Kategorie Jimmy Butler anpeilen, an dem Houston ja auch mehr als einmal dran war.
Da man sich das aber nicht schnitzen kann und Houston Paul loswerden musste, dieser aber einen horrenden Vertrag sein Eigen nennt, wurde es Westbrook und sein ebenso horrender Vertrag, in der Hoffnung, dass dieser sich ein wenig an Harden anpasst und dabei die Upside der Rockets nach oben zieht. Zumal man bei ihm nicht wie bei Paul 20+ Spiele Ausfall pro Saison einplanen muss. Das ist verständlich und richtig, auch wenn es bisher nicht eingetreten ist.
Denn: Natürlich kann man mit einigen Rollenspielern kurzfristig das Spacing optimieren und auch die Defense verbessern, Hardens Zahlen könnten vielleicht sogar noch alberner werden. Nur macht man sich eben auch noch abhängiger von ihm.
Bei den Rockets kann sich mit Ausnahme von (manchmal) Gordon und (seltener) Austin Rivers niemand selbst einen Wurf erarbeiten, nahezu jeder Spieler hängt am Tropf von Harden. Das ist in der Regular Season kein Problem, laugt aber aus und der Bart stößt an seine Grenzen, sobald die Defense intensiver wird und sich noch mehr auf ihn konzentriert.
Deswegen braucht es einen Plan B und im besten Fall einen Star in dieser Rolle. Westbrook füllt diese bisher bei weitem nicht ideal aus, trotzdem schüchtert er gegnerische Verteidiger um ein Vielfaches mehr ein als beispielsweise ein Teague oder ein klassischer, grundsolider Rollenspieler wie etwa Monte Morris.
Will man in den Playoffs gewinnen, braucht es in aller Regel einen zweiten Star oder wenigstens einen zweiten Spieler, der sich konstant Würfe erarbeiten kann (Khris Middleton in Milwaukee ist ein sehr interessanter Schwellenkandidat). Oder mehrere, die sich dabei mehr oder weniger abwechseln, wie bei den Raptors im vergangenen Sommer.
@OliverMehring: Als wie effektiv schätzt Du auf Dauer dieses extrem frühe Anlaufen im Double-Team gegen James Harden ein?
Für mich zeigt das in erster Linie die Verzweiflung der gegnerischen Coaches. Houston hat eigentlich genau das Personal, um solche Überzahlsituationen auszunutzen, deswegen glaube ich nicht, dass das dauerhaft ein effektives Stilmittel ist. Harden gehört zu den besten Passern der Liga und wird überwiegend in der Lage sein, aus dieser Situation heraus den richtigen Pass zu spielen.
nba.com/statsDas heißt aber nicht, dass man das Mittel nicht zeitweise einsetzen und damit Erfolg haben kann. Hier sind wir wieder bei Westbrook: Die Clippers etwa halfen mehrfach von ihm aus, in der Hoffnung, dass dieser mit dem Ball in der Hand keine gewinnbringende Entscheidungen treffen würde. Das Rezept ging in dem Fall auf, gegen andere Teams bekamen es die Rockets aber schon besser gelöst, etwa gegen Miami.
Westbrook sollte im Lauf der Saison zumindest darin besser werden, die entstehenden Vier-gegen-Drei-Situationen richtig und schnell aufzulösen. Eventuell installieren die Rockets auch noch etwas mehr Bewegung abseits des Balles (zumindest für Russ), um das Anlaufen komplizierter zu gestalten. Dauerhaft wird es daher nach meiner Einschätzung ein Gimmick bleiben, den man eher sporadisch einsetzen sollte.
Ihr habt Fragen für die NBA-Kolumne? Hier könnt ihr sie dem Autor direkt stellen!
@kicktherim: Du bist Entscheider im Clippers-Front-Office und kannst entweder einen zusätzlichen Playmaker oder einen Center verpflichten. Buyout, Trade, Free Agency - whatever. Nur: Du kannst nur eine Addition machen. Für welche Variante entscheidest du dich und warum?
Ich halte die Clippers für das einzige Team in der NBA ohne wirklich eklatante Schwachstelle, aber wenn man schon die Möglichkeit bekommt, sind das sicherlich die beiden am ehesten zu adressierenden Positionen. Ich würde mich für einen Center entscheiden, nach einiger Überlegung.
Den Löwenanteil der Minuten auf der Fünf bekommt Montrezl Harrell, der seine Rolle bekanntlich wunderbar ausfüllt, aber eben nur 2,01 m groß ist. Oft ist das trotzdem kein Problem, weil der Anteil wirklich guter Post-Center in der Liga sehr gering geworden ist. Auf dem Flügel ist die Defense der Clippers außerdem so stark (und langarmig), dass man mit den meisten Herausforderungen fertig werden kann, ein Stück weit vergleichbar mit den Celtics, wobei Kawhi Leonard natürlich nochmal seine eigene Kategorie von Verteidiger ist.
Nur gibt es auf dem potenziellen Weg zum Titel eben ein paar Spieler, die vielleicht selbst ihn auf Dauer überpowern können. Joel Embiid, Nikola Jokic, im Prinzip auch Anthony Davis (eingesetzt von LeBron James) etwa. Fühlt man sich da wohl, primär Harrell und Ivica Zubac gegen sie einzusetzen und zu hoffen, dass der Rest im Kollektiv erledigt wird?
Die Zubac-Position wäre die, die ich am ehesten upgraden würde. Der Kroate hat sich zwar positiv entwickelt, ist aber defensiv ein wenig limitiert und zudem sehr foulanfällig (5,5 Fouls pro 36 Minuten). Ich glaube wie gesagt nicht, dass man hier zwingend aktiv werden muss, aber schaden würde es sicherlich nicht.
Ähnlich beim Playmaking: Multiple Playmaker schaden natürlich nicht. Aber die Clippers haben im Pick'n'Roll von Lou Williams und Harrell einen Spielzug, den trotz aller Einfachheit niemand verteidigen kann. Sie haben in Paul George oder Patrick Beverley ordentliche Passer, auch wenn keiner von ihnen elitär kreiert. Aber dafür hat man ja noch Kawhi.
Ich hatte es kürzlich hier schon mal thematisiert: Meiner Meinung nach ist Leonard mittlerweile gut genug, um in den Playoffs, wenn das Spiel ohnehin langsamer wird, als Fixpunkt einer Offensive zu fungieren, die auch andere Spieler mit einbezieht. Ein Stück weit war das schon vergangene Saison in den Playoffs bei den Raptors der Fall.
Wenn das Geld auf dem Tisch liegt, sollte der beste Spieler des Teams so oft wie möglich den Ball haben (Bigs wie Embiid ausgenommen) und die Entscheidungen treffen. Leonard ist kein Passer wie LeBron oder Doncic, aber sein Spielverständnis und sein Blick für den Pass sind mittlerweile so ausgeprägt, dass ich ihn als primären Ballhandler in den Playoffs für absolut ausreichend halte.
@hairlosslebron: Welchen Spieler(Typ) könnten die Mavs anvisieren? Denke das Team ist schon gut besetzt (zwei Stars und fähige Rollenspieler) aber ein dritter Star der Doncic vom Scoring und Playmaking entlastet wär sicher sinnvoll.
@OliverMehring: Welche(r) Spielertyp(en) fehlt/fehlen den Mavs noch, um einen tiefen Playoff-Run hinzulegen?
Shooting und Defense auf dem Flügel hätten unmittelbar die höchste Priorität. Tim Hardaway hat sich zuletzt deutlich verbessert gezeigt, ist aber defensiv eine Schwachstelle und auch als Shooter eigentlich zu inkonstant, wenn man auf seine bisherige Karriere blickt (die derzeitigen 36,3 Prozent Dreier wären schon sein Career High).
Wenn Dorian Finney-Smith sein Shooting aus den letzten fünf Spielen (8/18 3FG) beibehalten könnte, wäre damit schon sehr viel gewonnen, da seine Defense ohnehin stark ist, das ist aber natürlich eine sehr kleine Stichprobe. Und man kann um einen Spieler wie Doncic ohnehin kaum genug solcher Spieler haben.
Im Sommer bemühte sich Dallas um Danny Green, was andeutet, dass das Front Office diesen Bedarf ebenso sieht. Laut ESPN könnten die Mavs auch über Andre Iguodala nachdenken. Wobei ich letzteres nicht empfehlen würde, da man dafür einiges abgeben müsste.
Iguodala wird mit seinen 35 Jahren kein Faktor in der Zukunft der Mavericks sein. Für Dallas sollte aber nicht nur diese Saison, sondern die nächsten Jahre mit in die Überlegungen hineinspielen. Doncic ist 20, Porzingis kam gerade erst von einer schweren Verletzung zurück und ist bei weitem noch nicht in Bestform, was ja auch vollkommen logisch ist.
Wenn Dallas während der Saison etwas machen sollte, dann meines Erachtens nach daher eher nur kleinere Moves. Den Titel wird man dieses Jahr nicht gewinnen, also lieber keine Aussichten für die Zukunft verbauen, höchstens versuchen, ein paar Gehälter abzugeben (Hardaways Wert ist gerade gestiegen ... möchte jemand Dwight Powell?. Richtig interessant wird es dann eher ab dem Sommer.
Hardaway hat noch eine Spieler-Option über knapp 19 Mio. Dollar, wenn man diese loswird (via Trade oder Absprache), könnten die Mavs auf dem Markt ein Player werden. Ein Passer wie Doncic dürfte durchaus gute Spieler auf den Plan rufen, wenngleich die Free-Agent-Klasse im kommenden Jahr bekanntlich nicht die beste ist.
Der Spieler, der womöglich verfügbar wird (wenn er seine Spieler-Option nicht zieht) und die meisten Probleme der Mavs kaschieren könnte, wenn er seine Frühform dieser Saison beibehält: Gordon Hayward. Ein guter Verteidiger und Schütze, der außerdem auch Playmaking übernehmen und sich selbst Würfe erarbeiten kann. Hayward könnte als Nummer 3 oder auch Nummer 2 der Offense fungieren, je nachdem, wie sich das Spiel von KP weiterentwickelt.
Hier sind natürlich viele Wenns dabei und angesichts von Haywards Gesundheit gilt das ohnehin, diese Antwort also bitte nicht als "Dallas muss Hayward holen!" verstehen. Er ist einfach ein Typ Spieler, der zu Dallas' Kader passen würde. Die nächsten beiden Sommer hat Dallas die Möglichkeit, den KP-Doncic-Kern ideal zu ergänzen, ab 2022 (wenn Doncic seinen Maximal-Vertrag hat) wird der Spielraum weg sein.
getty@mouzChase: Ist es Zeit, McCollum zu traden? Wäre es nicht besser, für McCollum einen guten 3er (Harris, Covington) oder 4er (Gordon, Portis, Knick-Morris) zu kriegen und einen defensiv starken 2er neben Lillard zu stellen (per 3-Team Trade)?
Ich denke seit Jahren, dass man mit zwei kleinen Guards wie Lillard und McCollum als besten Spielern keinen Titel holt. Die vergangene Saison mit dem Erreichen der Conference Finals dürfte das Höchste der Gefühle sein, wahrscheinlich auch einmalig. Portland scheint das aber anders zu sehen, was die neuen Verträge für beide Guards nahelegen.
McCollum kann aufgrund des neuen Deals übrigens auch erst ab dem 29. Januar, gut eine Woche vor der Trade Deadline, wieder bewegt werden. Es ist gut möglich, dass es in dieser Phase Gespräche geben wird, wenn Portland sich in der Zwischenzeit nicht berappelt hat, und dass es einen gewissen Markt für ihn geben wird.
Dazu muss allerdings erwähnt werden, dass die Blazers mit der wohl schlechtesten Forward-Rotation der gesamten Liga in die neue Saison gegangen sind. Dann verletzte sich auch noch Zach Collins, Jusuf Nurkic fehlt ja ohnehin. Es ist kein Wunder, dass der Saisonstart in die Hose geht, wenn im Frontcourt Rodney Hood, Mario Hezonja und Hassan Whiteside die Leistungsträger sind. Da kann der Backcourt noch so gut sein, wobei McCollums Saisonstart ebenfalls nicht berühmt war.
Jetzt hat man erstmal Melo (siehe unten), ein Panik-Trade erscheint aber nach wie vor möglich. Ein relativ logischer Kandidat wäre etwa Danilo Gallinari, Kevin Love wird ebenfalls immer mal wieder genannt, wenn es um die Blazers geht (dass Defense nicht mehr im Vordergrund steht, hat Portland ja im Sommer bewiesen, indem die beiden besten Wing-Defender Al-Farouq Aminu und Moe Harkless gegangen wurden).
Dafür muss aber nicht unbedingt McCollum gehen, der in Portland einen sehr hohen Stellenwert hat und mit Lillard gut harmoniert. Der auslaufende 27-Millionen-Dollar-Vertrag von Whiteside mitsamt dem einen oder anderen Pick wird von Portland mit Sicherheit bereitwilliger angeboten als McCollum. Letzteres dürfte erst in einer ziemlich großen Notfallsituation realistisch werden, rechnen würde ich damit in dieser Saison nicht.
@tommek19: Wie bewertest du bisher das Carmelo-Comeback? Passt der Spot Portland?
Es passt insofern wunderbar, dass die Stimmung bei den Blazers vollkommen im Keller war und Melo ihnen zuletzt neues Leben eingehaucht hat. An den Siegen gegen Chicago und OKC hatte er einen großen Anteil, traf seine Würfe und wurde beim Heimdebüt in Portland mit Standing Ovations bedacht.
Final bewerten würde ich Anthony aber noch nicht. In den ersten drei Spielen gab er defensiv mindestens so viele Punkte ab, wie er vorne reinholte, auch die wirklich schwachen Thunder attackierten ihn einige Male erfolgreich im Pick'n'Roll. Seine Wurfauswahl ist immer noch teilweise antik (14 seiner bisher 75 Würfe waren lange Zweier - keiner davon war drin!).
Aber: Melo hat rund ein Jahr lang nicht in der NBA gespielt, etwas mehr wird er sich an das Zusammenspiel mit Lillard und Co. noch gewöhnen. Und bisher trifft er insgesamt so viele Würfe, dass sein Einfluss positiv wirkt. Er muss in Portland ja kein Superstar sein, sondern einfach eine bessere Option als Hezonja oder Anthony Tolliver. Das ist er bisher eindeutig. Wenn er noch etwas häufiger von der Dreierlinie abdrückt, umso besser.
Außerdem gibt es nach wie vor niemanden, der vulgärer Defensiv-Rebounds holt und dabei auch mal eigene Mitspieler ausknockt. Ich habe die Melo-Rebounds vermisst.