NBA

NBA Above the Break: Welchen Spieler braucht Dallas noch? Die Leser-Fragen

Bei den Dallas Mavericks läuft es derzeit sehr gut.
© getty

Die Houston Rockets haben eine der besten Offensiven der Liga und stehen gut da - bisher liegt das aber nicht wirklich an Russell Westbrook. SPOX-NBA-Redakteur Ole Frerks blickt auf die bisherigen Eindrücke von Russ in Houston und beantwortet Fragen der Leser.

Cookie-Einstellungen

Bereits um 18 Uhr empfangen am heutigen Freitag die Brooklyn Nets die Boston Celtics. Ihr wollt das Spiel sehen? Kein Problem - dann sichert euch jetzt den kostenlosen DAZN-Probemonat!

Die Houston Rockets und ihr Russell Westbrook-Problem

Die Rockets setzten im Sommer alles auf eine Karte, als sie Chris Paul aufgrund dessen Unstimmigkeiten mit James Harden tradeten und ihn mit Russell Westbrook ersetzten, trotz aller Zweifel, ob dieser mit seinem alten Weggefährten noch immer koexistieren könne. Harden ist schließlich schon lange nicht mehr der Sixth Man aus gemeinsamen OKC-Zeiten, sondern (neben Westbrook) mittlerweile der balldominanteste Spieler der NBA-Geschichte.

Eine von vielen Fragen lautete: Müsste Harden einen Teil seines Spiels opfern? Dies kann man mittlerweile verneinen. Im Gegenteil, der 30-Jährige hat seinen Scoring-Schnitt sogar noch gesteigert, die Usage-Rate ist nur um knapp 2 Prozentpunkte gesunken. Harden dominiert den Ball immer noch mehr als jeder andere Spieler, mit Recht.

Harden legt momentan seine beste True Shooting Percentage (62,5 Prozent) seit seiner letzten OKC-Saison (2011/12) auf, vor allem aufgrund seiner unfassbaren 13,9 Freiwürfe pro Spiel. Wenn sich sein Dreier wieder dem normalen Niveau angleicht, scheinen auch 40 Punkte im Schnitt in Reichweite, so absurd das auch klingt. Harden ist der Beste in dem, was er tut, und er ist darin sogar noch besser geworden.

Für die Offense der Rockets gilt das bisher nicht, auch wenn Houston hier noch immer einen Top-3-Platz innehat (falls das nicht klar geworden ist: Harden ist unglaublich gut!). Von einem 114,9er Offensiv-Rating im Vorjahr ist sie auf 111,8 gefallen. Was zur nächsten Frage führt: Wie funktioniert Westbrook offensiv als Partner des Liga-Topscorers - und als "Nachfolger" von CP3?

Russell Westbrook: Der Transition-Faktor in Houston

Diese Antwort gestaltet sich diffiziler. Positiv ist, dass Westbrook die Offense etwas schneller gemacht hat - Houston nimmt mehr Abschlüsse früh in der Wurfuhr als noch mit Paul, im Zeitraum zwischen 15 und 24 Sekunden auf der Anzeigetafel, wenn die gegnerische Defense oft noch nicht sortiert ist und Abschlüsse traditionell einfacher sind. Das "kreative Chaos" ist ein wertvolles Stilmittel, das ihnen in der vergangenen Saison fehlte.

russ-layup
© nba.com/stats

Die Rockets generieren außerdem die drittmeisten Transition-Punkte der Liga, woran Westbrook einen großen Anteil hat. Wobei man dazu sagen muss, dass sie aus diesen eigentlich hocheffizienten Situationen nicht genug machen: Die Rockets erzielen pro Transition-Play 1,04 Punkte, was im Ligavergleich Platz 25 bedeutet. Zum Vergleich: Toronto steht bei 1,21 PPP.

Auch hieran hat Westbrook seinen Anteil, der aus diesen Situationen 0,98 PPP macht, womit er im unteren Drittel der Liga rangiert. Westbrook hat im Schnellangriff ein großes Punktvolumen (mehr als seine 7,8 Zähler erzielt nur Giannis), von den effizientesten Transition-Scorern ist er jedoch weit entfernt. Leider ist dies trotzdem sein effizientester Beitrag zur Rockets-Offense, sogar mit großem Abstand.

Russell Westbrook: Verheerende Effizienz bei Isolationen

Aus Isolationen sind es fürchterliche 0,75 PPP, einen noch geringeren Wert ziehen die Rockets aus Plays, in denen Westbrook als ballführender Spieler im Pick'n'Roll agiert (0,67 PPP). Wenn Westbrook aufpostet (knapp zweimal pro Spiel), sind es 0,72 PPP. Westbrook als Spot-Up-Schütze? 0,86 PPP.

Um das einzuordnen, ohne sich zu tief in den Zahlenwald zu verirren: Das sind nicht nur schlechte, das sind verheerende Werte, insbesondere bei Isolationen. Zumal kein Spieler außer Harden (und LeBron James) häufiger isoliert wird als Westbrook.

Eigentlich ist das der Kern der Rockets-Offense, hatte man doch in den vergangenen Jahren den besten Iso-Player der Welt und in Paul einen weiteren der fünf bis zehn besten in seinen Reihen. Westbrook bewegt sich im unteren Drittel aller Spieler, die häufig isoliert werden. Und das gilt eben auch für die meisten anderen Aspekte seines Offensiv-Spiels.

Der Knackpunkt: Man hat sich daran gewöhnt, dass Westbrooks Wurf streaky ist, wobei er derzeit sogar nur 30,6 Prozent seiner Sprungwürfe trifft. Auch die Entscheidungsfindung ist seit Jahren nicht ideal. Man konnte mit vielem davon leben, weil Russ ein athletischer Freak war, der Spielen komplett seinen Stempel aufdrücken und sie physisch dominieren konnte (und weil er in OKC grundsätzlich Narrenfreiheit besaß).

Russ kommt immer noch zum Korb und kann dort durch Kontakt abschließen (hier ist er knapp über Ligadurchschnitt), auch wenn er kaum noch dunkt. Die Freiwürfe pro Spiel sind wieder leicht angestiegen (6,6 pro Spiel), was ein gutes Zeichen ist. Es kann jedoch nicht das einzige bleiben. Westbrook hat bisher noch nicht gelernt, sein Spiel an seine neue Rolle als klare Nr. 2 anzupassen und von Harden zu profitieren beziehungsweise diesem wirklich zu helfen.

russ-shotchart
© nba.com/stats

Gewinnen die Rockets dank oder trotz Westbrook?

Der heutige Westbrook ist ein sehr ineffizienter Offensivspieler. Es ist kein Wunder, dass die Rockets-Offense ohne ihn um 7 Punkte pro 100 Ballbesitze besser ist (auch die Defense ist um 4 Punkte besser). In den 9,4 Minuten pro Spiel, die Russ ohne Harden auf dem Court steht, beträgt das Net-Rating der Rockets -14,9; in Hardens 15,6 Minuten ohne Westbrook beträgt dieser Wert +10,3.

Es ist zu früh, das Experiment deswegen schon als gescheitert zu erachten. Die Rockets gewinnen den Großteil ihrer Spiele und auch das gemeinsame Net-Rating von Harden und Westbrook ist positiv. Russ erlaubt es Harden, auf dem Spielfeld Pausen zu nehmen, ähnlich wie Paul vor ihm. Harden nimmt bisweilen gar nicht an Ballbesitzen teil und entspannt sich fast auf Höhe der Mittellinie.

Mit Ausnahme von P.J. Tucker und Danuel House trifft zudem bisher kein Rocket seine Dreier auch nur auf Karriere-Durchschnittsniveau, Eric Gordon startete mies und fällt nun verletzt aus - all das kann sich ändern, dann sieht die Offense auch noch besser aus. Und sie reicht schon jetzt für Platz 3. Wie gesagt, Harden ist unglaublich gut!

Es braucht jedoch keinen Propheten, um vorherzusehen, dass dieses Rezept nicht reichen wird. Die Rockets wollen einen Titel holen. Harden wird in den Playoffs aber Schwierigkeiten haben, so viele Freiwürfe zu bekommen beziehungsweise sogar noch eine Schippe draufzulegen. Schon jetzt haben unter anderem die Clippers gezeigt, dass sie bereit sind, ihn zu doppeln und zu trippeln, wenn es sein muss.

James Harden und die Double-Teams

Das sieht teilweise verdammt komisch aus und spricht dafür, wie sehr Hardens Brillanz die Defensiv-Coaches dieser Welt umtreibt. Wie der Bart selbst sagte: "Die ganze Saison über schicken sie Double-Teams. Ich habe das noch nie gesehen, dass du einen sehr guten Verteidiger hast und trotzdem jemand anderes angerannt kommt. Lasst mich wissen, wann ihr das zuletzt gesehen habt."

Die Idee der Rockets-Offense liegt darin, dass der Ball in solchen Situationen zu einem zweiten elitären Playmaker geht, der die Aufmerksamkeit, die Harden auf sich zieht, gemeinsam mit einem Rim-Runner (Clint Capela) und zwei Schützen ausnutzen kann. Der auch alleine die Show schmeißen kann, wenn Harden pausiert. Paul war im Jahr 2017/18 bestens dafür geeignet, damals reichte es fast für den Titel.

Ein All-Time-Team (die Warriors) und eine Verletzung an Pauls Oberschenkel standen jedoch im Weg. Beide Variablen sind in diesem Jahr theoretisch eliminiert. Einen zweiten elitären Playmaker sucht man in Houston momentan allerdings vergeblich. Solange sich daran nichts ändert, wird auch die mittlerweile deutlich verbesserte Defense in H-Town nicht für einen Titel reichen.

Westbrook muss nicht Paul sein; er hat andere Stärken. Aber er muss seine Entscheidungsfindung und seine Effizienz zumindest so weit optimieren, dass er die Offense der Rockets nicht zurückhält - und dass sie nicht vollkommen einbricht, wenn er sie "alleine" verantwortet. Andernfalls hat dieses Team eine gläserne Decke.

Inhalt:
Artikel und Videos zum Thema