In der Nacht auf Mittwoch sind die Lakers im Spiel gegen die Chicago Bulls ab 2 Uhr live auf DAZN zu sehen.
Leise MVP-Rufe waren im Staples Center am Sonntag zu vernehmen. Das ist nichts ungewöhnliches, schließlich spielen mit LeBron James und Anthony Davis gleich zwei valide Kandidaten, die für diese Trophäe in Frage kommen, für die Los Angeles Lakers. Sie galten aber Dwight Howard, der gegen die Charlotte Hornets in 22 Minuten 16 Punkte (8/8 FG), 10 Rebounds und 4 Blocks auflegte.
Genau, dieser Howard, früherer Staatsfeind und seit seinem Abgang 2013 eine Persona non grata in Kobe County.
Spoiler Alert: Dwight Howard wird in der Saison 2019/20 nicht den Award des wertvollsten Spielers bekommen. Trotzdem ist es bemerkenswert, dass ausgerechnet er die Fans der Lakers in nur so wenigen Spielen auf seine Seite bringen konnte. Zu viel Porzellan schien vor knapp sieben Jahren zu Bruch gegangen zu sein.
Dwight Howard: Mit dem Dwightmare begann der Abstieg
Im Sommer 2012 kam der damalige Superman per Trade aus Orlando, er sollte die große Big-Men-Tradition der Lakers fortführen. Auf George Mikan, Wilt Chamberlain, Kareem Abdul-Jabbar und Shaquille O'Neal sollte Howard folgen, es wurde nicht mehr als ein Fiebertraum.
Howard eckte nicht nur einmal mit Arbeitstier Kobe Bryant an, selbst mit dem besonnenen Steve Nash kam es auf dem Feld zu Wortgefechten. Die Liste könnte endlos weitergeführt werden, nach nur einer Saison folgte Howards Abgang in der Free Agency 2013 gen Houston. Der Center war damit der erste Star, der freiwillig die Lakers verließ. Der Dwightmare war beendet.
Seither warten die Lakers auf eine Playoff-Teilnahme, viele Fans machten das Desaster als Grund aus, warum die Glamour-Franchise in der näheren Vergangenheit so abstürzte, zumal Bryant sich zum Abschluss der einzigen gemeinsamen Saison mit Howard die Achillessehne riss. Auch Howard fand kein Glück, in Houston gab es Probleme mit James Harden, danach wurde er Jahr für Jahr weitergereicht.
Atlanta, Charlotte, Brooklyn, Washington und Memphis, keiner fand eine Verwendung für den mehrfachen Verteidiger des Jahres, der aufgrund anhaltender Rückenprobleme immer wieder ausfiel und nie mehr an seine Glanzzeiten bei den Magic anknüpfen konnte.
Dwight Howard: Seine Zahlen nach der Saison 2012/13
Saison | Team | Spiele | Punkte | FG% | FT% | Rebounds | Blocks |
2013/14 | Rockets | 71 | 18,3 | 59,1 | 54,7 | 12,2 | 1,8 |
2014/15 | Rockets | 41 | 15,8 | 59,3 | 52,8 | 10,5 | 1,3 |
2015/16 | Rockets | 71 | 13,7 | 62,0 | 48, | 11,8 | 1,6 |
2016/17 | Hawks | 74 | 13,5 | 63,3 | 53,3 | 12,7 | 1,2 |
2017/18 | Hornets | 81 | 16,6 | 55,5 | 57,4 | 12,5 | 1,6 |
2018/19 | Wizards | 9 | 12,8 | 62,3 | 60,4 | 9,2 | 0,4 |
2019/20 | Lakers | 6 | 6,8 | 79,2 | 37,5 | 8,2 | 2,3 |
Lakers holen Howard nur wegen Cousins-Verletzung
Dieser Sommer war der negative Höhepunkt. Die Grizzlies, gerade im Neuaufbau, planten nicht mit Howard, dieser stand im Prinzip ohne Team da, nachdem er für Washington wegen einer Rücken-Operation gerade einmal neun Spiele absolvieren konnte.
Nur weil DeMarcus Cousins sich bei einem Pickup-Spiel das Kreuzband riss, fragten die Lakers vorsichtig an. Howard kam nicht als mehrfacher All-Star, sondern als arbeitsloser Profi, der sich seinen Platz im Team hart erarbeiten musste.
Über die Jahre war Howards Ruf so beschädigt, dass man bei den Lakers fürchtete, dass Howard die Kabine durcheinanderwirbeln könnte. So spielt Howard nun mit einem nur teilweise garantierten Vertrag, die Lakers können ihn also ohne Probleme jederzeit entlassen.
Es gab nicht wenige Stimmen, die dieses Szenario für mehr als realistisch hielten, die ersten Spiele von Howard haben dies widerlegt. Der Center kämpft, verteidigt, greift Rebounds ab und verwertet Lobs oder Putbacks. Es sind all die kleinen Dinge, denen sich Howard in der Vergangenheit noch teils verweigert hatte.
Dwight Howard: Im Dienste des Teams
"Mein Ego ist gestorben", sagte Howard noch vor der Saison zu Shams Charania von The Athletic. Das war nur eine der vielen Aussagen von D12, die man von ihm schon so oft gehört hatte. Doch glaubte tatsächlich jemand, dass dies nicht mehr als warme Luft war?
Bisher ist genau das eingetreten - und die Lakers haben auf einmal einen überqualifizierten Backup-Center, der aber in den entscheidenden Phasen des Spiels auf dem Feld steht - zuletzt gesehen in Dallas oder auch in San Antonio. "Er ist ein Star in seiner Rolle und genau das erwarten wir von ihm", freute sich zuletzt auch Coach Frank Vogel. "Er ist nicht mehr der Superstar, der er noch bei seinem ersten Mal in Los Angeles war. Er ist ein Rollenspieler und er kann damit aufblühen."
Dwight Howard: Kein Schnickschnack
Gute 20 Minuten steht Howard im Schnitt auf dem Feld, dabei legt er bislang 6,8 Punkte, 8,2 Rebounds sowie starke 2,3 Blocks (so viele wie seit 2012/13 nicht mehr) auf. Er ist ein legitimer Eckpfeiler der derzeit ligabesten (!) Defense, in seinen Minuten haben die Lakers ein unglaubliches Net-Rating von +25,3.
Kein Schnickschnack, keine ineffizienten Post-Plays, nur das, was die Lakers von ihm brauchen. "Darum haben wir ihn geholt", sagte LeBron James nach dem Spiel gegen die Hornets. "Viele haben ihn abgeschrieben, aber wir wollten ihm diese Chance noch einmal geben, weil wir an ihn glauben."
Und Howard zahlt weiter zurück. Auch gegen die Spurs legte der Center in nur 20 Minuten ein 14-13-Double-Double auf und spielte das komplette Schlussviertel durch. "Dwight war großartig", so James. "Jede Minute, die er gespielt hat. Eine tolle Leistung von ihm, wie er das Brett attackiert hat, Lobs gefangen hat, defensiv Bälle geklaut hat, uns Extra-Ballbesitze verschafft hat. Das war heute Vintage-Dwight."
Dwight Howard: Happy End in der Traumfabrik?
Die Notlösung Howard ist inzwischen ein unverzichtbarer Teil der Lakers-Rotation und das wissen inzwischen auch die Fans zu schätzen. Gegen Charlotte spielte Howard einige Male mit den Fans, zeigte nach einem Block den Mutombo-Finger, flexte seine Muskeln und brachte so das Staples Center zum Kochen. "Ich bin dankbar dafür", gab sich Howard darauf angesprochen demütig. "Die Fans und ich haben einiges zusammen durchgemacht."
Howard sagt nicht nur mehr die richtigen Dinge, er setzt sie auch um. "Ich sehe es nicht als Rolle an, sondern als meinen Sinn", sagte Howard. "Es ist mein Sinn, jede Nacht rauszugehen, harte Defense zu spielen, jeden Wurf zu blocken, die Zone zu kontrollieren, Steals und Loose Balls einzusammeln. Was immer ich für dieses Team tun kann, womit ich dienen kann, das ist meine Mission. Ich sehe es nicht als Rolle an, sondern als Sinn."
Es scheint so, als ob Howard tatsächlich geläutert ist. Mit nun fast 34 Jahren könnte es seine letzte Chance sein, in einer wichtigen Rolle um den Titel zu spielen, und vielleicht noch wichtiger, seinen Ruf wiederherzustellen, um dem Dwightmare vielleicht doch ein Happy End zu schenken - und das ausgerechnet in der Traumfabrik Hollywood.