Das Leben schreibt manchmal komische Geschichten - so auch bei den Los Angeles Lakers. Das Team um LeBron James und Anthony Davis steht nach einem herausragenden Saisonstart bei einer Bilanz 11-2, führt die Liga damit an - und dennoch gibt es einen Prügelknaben. Beim Blick auf den Kader wäre wohl Dwight Howard der wahrscheinlichste Kandidat, es ist aber Flügelspieler Kentavious Caldwell-Pope.
In gleich mehreren Spielen waren im Staples Center Pfiffe gegen KCP zu hören, mit dem die Lakers-Fans auch in der dritten Saison nie wirklich warm wurden. Das hat Gründe. Zu sehr ist der Name von Caldwell-Pope mit dem von LeBron verbunden. Ein Jahr vor der Ankunft des Kings statteten die Lakers KCP mit einem Einjahresvertrag über 20 Millionen Dollar aus, den kein anderes Team bezahlt hätte, inzwischen ist es ein Gesamtvolumen von 40 Millionen über drei Jahre.
Man musste nur Eins und Eins zusammenzählen, schließlich heißt auch Caldwell-Popes Berater Rich Paul und der ursprüngliche Vertrag aus dem Sommer 2017 galt schnell als Geste des guten Willens in dessen Richtung, um auch LeBron von den Lakers zu überzeugen. KCP konnte die Anhänger seither aber nie für sich gewinnen, im Gegenteil.
Lakers-Coach Frank Vogel verteidigt KCP
Der Saisonstart stellte zunächst einen Tiefpunkt des Wirkens von KCP in der Stadt der Engel dar. In den ersten elf Spielen kam der Swingman auf durchschnittlich 5,3 Punkte und Quoten von gerade einmal 36 Prozent aus dem Feld. Garniert wurde dies teilweise durch sehr fragwürdige Isolationen oder vergebene Korbleger, die nicht einmal den Ring berührten.
So war das schon immer mit KCP. Der 26-Jährige ist kein begnadeter Offensivspieler, vielmehr ein Schütze von der Dreierlinie, der heiße und auch sehr frostige Phasen durchlebt. So ähnlich beschrieb auch Coach Frank Vogel die Leistungen seines Schützlings. "Ich würde nicht sagen, dass seine Saison ein Auf und Ab ist. Nur sein Scoring war nicht konstant", erklärte Vogel.
"Eines seiner Talente ist, dass er immer hart spielt. Das zieht dein Team mit. Dazu ist er exzellenter Verteidiger und hat einen großen Anteil daran, dass wir die beste Verteidigung der Liga stellen", so Vogel weiter. Die Zahlen unterstreichen dies, mit KCP auf dem Feld lassen die Lakers nur 97,3 Punkte pro 100 Ballbesitze zu, ohne ihn sind es 100,1.
Kentavious Caldwell-Pope: Seine Statistiken in der NBA
Saison | Team | Spiele | Minuten | Punkte | FG% | 3P% | Rebounds | Steals |
13/14 | Pistons | 80 | 19,8 | 5,9 | 39,6 | 31,9 | 2,0 | 0,9 |
14/15 | Pistons | 82 | 31,5 | 12,7 | 40,1 | 34,5 | 3,1 | 1,1 |
15/16 | Pistons | 76 | 36,7 | 14,5 | 42,0 | 30,9 | 3,7 | 1,4 |
16/17 | Pistons | 76 | 33,3 | 13,8 | 39,9 | 35,0 | 3,3 | 1,2 |
17/18 | Lakers | 74 | 33,2 | 13,4 | 42,6 | 38,3 | 5,2 | 1,4 |
18/19 | Lakers | 82 | 24,8 | 11,4 | 43,0 | 34,7 | 2,9 | 0,9 |
19/20 | Lakers | 13 | 20,0 | 6,7 | 42,2 | 27,6 | 2,0 | 0,7 |
Dwight Howard verteidigt Caldwell-Pope
Zuletzt lief es aber auch offensiv wieder besser für Caldwell-Pope, am Freitag gegen die Kings steuerte er 12 Punkte im Schlussabschnitt beim 99:97-Erfolg bei, gegen Atlanta waren es effiziente 13 Zähler (6/8 FG) in gerade einmal 20 Minuten. Beide Male startete der Sündenbock der Fans, da Avery Bradley an einem Haarriss laboriert und Rajon Rondo nach seiner Wadenverletzung zunächst einmal von der Bank kommen soll.
Caldwell-Pope ergriff die Chance, der Schulterschluss mit den Fans lässt jedoch noch auf sich warten. "Irgendwann werden mich die Fans anfeuern", gab sich KCP nach dem Kings-Spiel trotzig. "Ich mache mir darüber keine Gedanken und versuche einfach nur mein Spiel zu spielen."
Die Unterstützung innerhalb des Teams hat er ohnehin sicher. Ausgerechnet Ex-Sündenbock Howard stellte sich mehrfach vor seinen "Nachfolger", einige Male adressierte er auf Instagram die Fans, dass sie KCP nicht mehr kritisieren sollen. "Wir sind eine Familie", begründete der Center seine Kommentare in den sozialen Medien. "Und so sollte nicht über Mitglieder in der Familie gesprochen werden."
KCP: Mehr Erfolg in kleinerer Rolle?
Auch LeBron war sich der delikaten Situation bewusst und überreichte KCP nach dem Kings-Spiel symbolisch den Spielball und adressierte die harschen Kritiken danach. "Mir ist es völlig egal, was die Leute außerhalb der Kabine sagen. Das geht schon meine ganze Karriere so und ich denke, so sollte es auch jeder andere halten."
Aus Lakers-Sicht wäre ein selbstbewusster Caldwell-Pope sowieso von enormer Bedeutung, schließlich ist die Auswahl auf den kleineren Positionen nicht gerade üppig. Vor allem hinter LeBron gibt es kaum Optionen, da Kyle Kuzma wohl besser auf der Vier aufgehoben ist. Dazu ist Caldwell-Pope zusammen mit Danny Green der beste Verteidiger, wenn es um die Bewachung von gegnerischen Guards geht.
Das sollte auch die Kernkompetenz bleiben, hier liegen KCPs eindeutige Stärken. Caldwell-Pope ist ein guter 3-and-D-Spieler, kein Initiator der Offense oder ein Scorer, der Spiele übernehmen kann. Mit LeBron und Davis sind die Lakers darauf ohnehin nicht mehr angewiesen, dazu bekommt die Vogel-Truppe nun auch von der Bank (Rondo, Alex Caruso) genügend Playmaking.
Man sollte sich auch nicht vom guten Start täuschen lassen, wie in der vergangenen Saison war der Lakers-Spielplan bisher vergleichsweise leicht. Die großen Brocken warten erst im neuen Jahr, wenn die Lakers durch das Ende der NFL-Saison ein Highlight-Spiel nach dem anderen spielen werden. Dafür werden sie jeden einzelnen Mann brauchen - auch einen Caldwell-Pope mit ordentlich Selbstvertrauen.