"Ein Post-Up ist kein guter Spielzug mehr. Der Wert von solchen Situationen ist abgestürzt. Wir müssen realisieren, dass sich das Spiel verändert hat, das ist ein Fakt." Fakt ist ebenso, dass Mavs-Coach Rick Carlisle ganz offensichtlich kein allzu großer Freund von Post-Ups ist.
Mit seiner Wutrede Ende Dezember, angestachelt von Kritik der TNT-Crew um Charles Barkley und Shaquille O'Neal, dass Kristaps Porzingis öfter in den Post gehen sollte, versuchte Carlisle den Mangel eben jener Spielzüge im Offensiv-System der Mavs zu rechtfertigen. Im Bezug auf den 2,21-Meter-Letten hat der Mavs-Coach durchaus Recht, Porzingis hat seine Stärken definitiv nicht im Post-Up (0,57 Punkte pro Possession) - das gilt aber nicht für jeden Big Man.
Nikola Jokic ist zum Beispiel einer, bei dem das Gegenteil der Fall ist. Der Center der Denver Nuggets geht laut stats.nba.com pro Partie 4,4-mal in den Post und generiert daraus 1,01 Punkte pro Spielzug. Am Mittwoch stellte er im direkten Duell mit den Mavs unter Beweis, dass Carlisle mit seiner Aussage also doch nicht immer Recht hat.
Zwei Wochenend-Hammer für die Mavs
Denver lag 23,8 Sekunden vor dem Ende mit 1 Punkt im Rückstand, bekam aber den Ball für den letzten Angriff. Nach einem Off-Ball-Switch sah sich der Joker dem 15 Zentimeter kleineren und 15 Kilo leichteren Dorian Finney-Smith gegenüber. Wenig überraschend suchten die Nuggets ihren Big Man im Post, dort schubste er den Mavs-Forward durch die Zone und legte den Ball problemlos in den Korb.
Es sollte der Gamewinner werden. "Das geht auf mich, das ist meine Verantwortung", zeigte sich Carlisle bezüglich der Mavs-Defense gegen Jokic im letzten Play, bei dem es an Hilfe für Finney-Smith fehlte, selbstkritisch. "Wir sind nicht gut [mit der Situation] umgegangen. Ich muss einen besseren Job machen."
Am besten findet Carlisle noch vor den beiden Spitzenspielen am Wochenende einen Lösungsansatz. In der Nacht auf Samstag geht es gegen die Lakers, kaum 24 Stunden später sind die Sixers in Dallas zu Gast. Zwar ist noch offen, ob Anthony Davis nach einem üblen Sturz vor wenigen Tagen gegen die Mavs dabei sein wird (offiziell ist er als fraglich gelistet), doch nichtsdestotrotz warten in beiden Duellen starke Big Men auf die Mavs.
Dallas Mavericks vermissen Kristaps Porzingis
Die Sixers und Lakers sind zwei der drei Teams mit den meisten Post-Ups, auch wenn bei den Sixers der Hauptverantwortliche dafür in Joel Embiid verletzt pausieren wird. Jokic traf 6 von 10 aus dem Feld aus solchen Situationen und hatte mit den physisch weitaus schwächeren Maxi Kleber und Dwight Powell recht wenige Probleme, Carlisle wird sich etwas einfallen lassen müssen. Vor allem, da Porzingis weiterhin mit Knieproblemen ausfällt.
"Bis er zurück ist, bringt es nichts darüber zu reden, was wir ohne ihn vermissen", sagte Carlisle. "Viele Teams haben aktuell Verletzungsprobleme, aber ihm geht es immer besser." Der 24-Jährige verpasste die vergangenen fünf Partien, wann er wieder aufs Parkett zurückkehren kann, ist laut Carlisle noch ungewiss.
Mit seinen 2,1 Blocks pro Partie (fünftbester Wert in der NBA) hätten die Mavs ihren Ringbeschützer in den anstehenden Aufgaben gut gebrauchen können. Doch auch offensiv fehlt Porzingis als zusätzliche Waffe. Stattdessen lastet noch mehr Verantwortung auf den Schultern von Luka Doncic. Vielleicht zu viel?
Mavs-Offense bricht in engen Spielen regelmäßig ein
Der Slowene trägt die Mavs mit einem Monster-Triple-Double nach dem anderen, doch in den letzten Minuten einer engen Partie scheint ihm und dem restlichen Team von Zeit zu Zeit die Puste auszugehen. So auch gegen die Nuggets.
In den letzten 2:20 Minuten brachte Dallas keinen einzigen Punkt aufs Scoreboard, während die Nuggets die Partie drehten. Die Probleme in der Crunchtime sind kein Einzelfall. Die Mavs stellen zwar den besten Angriff der Liga (115,3 Offensiv-Rating), doch in den Clutch-Situationen bricht die Offense ein.
In diesen Phasen einer Partie, wenn die Differenz im Spielstand in den letzten fünf Minuten 5 Punkte oder weniger beträgt, kracht das Offensiv-Rating der Texaner auf 91,0 in den Keller - der drittschlechteste Wert in diesen Situationen bei einer mittlerweile akzeptablen Stichprobe von 80 Minuten.
In den sogenannten Superclutch-Momenten (unter drei Minuten zu spielen und weniger als 3 Punkte Differenz) liegt das Offensiv-Rating gar nur noch bei 77,2. Und auch in der finalen Minute eines klassischen One-Possession-Spiels mit 3 Punkten Differenz oder weniger wird es nicht besser (56,4). Letzteres ist ein Tiefstwert in der Association.
Die Clutch-Statistiken der Dallas Mavericks 2019/20
Situation | Minuten | Off-Rating | Rang |
Clutch | 80 | 91,0 | 28. |
Superclutch | 33 | 77,2 | 28. |
Letzte Minute (3 Point Diff. or less) | 14 | 56,4 | 30. |
Dallas Mavericks: Zu wenig Ideen in Clutch-Momenten
Diese Schwäche kostet die Mavs bare Siege. Seit Mitte Dezember steht der aktuell Sechstplatzierte der Western Conference bei einer ausgeglichenen Bilanz (8-8), fünf der acht Pleiten wurden mit einer Differenz von 4 Zählern oder weniger entschieden. Auch Doncic selbst schwächelte zuletzt in den entscheidenden Phasen einer Partie.
Gegen Denver erzielte er im kompletten vierten Viertel keinen einzigen Punkt, jeder seiner drei Feldwurfversuche ging daneben. Immer wieder ist in der Crunchtime zu beobachten, wie die Mavs ihrem Superstar den Ball in die Hand drücken und aus dem Weg gehen. Doncic vertraut aber zu oft zu sehr auf seinen Stepback-Dreier, der in Clutch-Situationen nicht verlässlich fällt (20,8 Prozent Dreierquote).
Auch wenn gegnerische Verteidigungen Doncic zu einem Pass zwingen, fehlen den restlichen Mavs-Spielern die Ideen oder sie treffen die falschen Entscheidungen. So auch im letzten Play gegen die Nuggets, als Finney-Smith erst einen Dreier aus der linken Ecke verweigerte und dann einen schlechten Pass spielte. Der Turnover machte die Pleite perfekt.
Können die Dallas Mavericks den Abwärtstrend stoppen?
"Sie haben eine Situation kreiert, in der [Doncic] den Ball loswerden musste. Und wir haben keinen guten Job gemacht, zum Korb zu ziehen und dann wieder rauszupassen", fasste Coach Carlisle den Spielzug zusammen.
In den vergangenen Wochen mussten sich die Mavs langsam aber sicher aus der Spitzengruppe des Westens verabschieden. Entsprechend angefressen war Doncic nach der Pleite gegen Denver. Nach dem finalen Ballverlust sank er zu Boden, kurz darauf verließ er die Arena, ohne mit den Medien zu sprechen.
Nun werden die Aufgaben gegen die Lakers und Sixers nicht unbedingt einfacher, dabei wird es erneut hauptsächlich an Doncic liegen, eine Niederlagenserie zu verhindern. Am besten machen die Mavs schon vor den letzten fünf Minuten alles klar.