"Wir sind bereit, in den Krieg zu ziehen. Wir wissen, dass wir mit den besten Teams mithalten können."
Die Kampfansage von Jimmy Butler an den Rest der Liga hätte kaum deutlicher ausfallen können. Zwar ging dieser Aussage eine 111:128-Niederlage der Miami Heat gegen die Clippers voraus, doch um das Ergebnis schien sich in der Gästekabine des Staples Centers in der Nacht auf Donnerstag kaum jemand zu scheren.
Das große Thema war stattdessen ein Spieler, der noch gar nicht offiziell zum Team gehört: Andre Iguodala. Wie Adrian Wojnarowksi von ESPN in der Nacht vermeldete, haben sich die Heat mit den Memphis Grizzlies offenbar auf einen Trade für Iggy geeinigt. Unter anderem auch Shams Charania (The Athletic) bestätigte den Deal.
Bis das Ganze aber tatsächlich in trockenen Tüchern ist, könnte es unter Umständen noch bis kurz vor der Trade Deadline am Donnerstag um 21 Uhr deutscher Zeit dauern. Zwar sickerte bereits durch, dass Justise Winslow die Heat wohl im Gegenzug Richtung Memphis verlassen wird, der Trade könnte aber noch auf ein drittes Team ausgeweitet werden.
Laut Woj habe die Franchise aus Florida auch ein Auge auf Danilo Gallinari geworfen, angeblich arbeiten die Heat, Grizzlies und Oklahoma City Thunder an einem Deal, der nicht nur Iguodala sondern eben auch den Italiener an den South Beach bringen würde.
Miami Heat: Besessen vom Gewinnen
Solch ein Drei-Team-Trade, der beide Veteranen in ein Heat-Trikot bugsiert, würde Miami schlagartig zum wohl gefährlichsten Team der Eastern Conference hinter den Bucks machen. Teampräsident Pat Riley hätte nach dem Abgang von LeBron James 2014 endlich wieder ein womöglich titelfähiges Team zusammengestellt.
"Riley ist besessen vom Gewinnen. Darauf kann man einfach nicht böse sein", freute sich Bam Adebayo angesprochen auf die Spekulationen. "Hier haben wir alle diese DNA. Am Ende des Tages muss er große Entscheidungen treffen. Er macht das jetzt, um uns eine Championship zu ermöglichen."
Die Heat stehen mit 34 Siegen und 16 Niederlagen bereits zum jetzigen Zeitpunkt besser da, als es viele vor der Saison vermutet hatten. Jimmy Butler führt das Team mit 20,5 Punkten im Schnitt, seiner Intensität und seinem Arbeitseifer an, Adebayo hat sich 2019/20 ins All-Star Team gespielt und die Rookies Tyler Herro und Kendrick Nunn wussten ebenfalls zu überzeugen.
Iguodala und Gallinari: Edel-Verteidiger und Offensiv-Option
Sollte nun tatsächlich auch noch Gallinari zum Team dazustoßen, bekäme Miami eine weitere Offensiv-Option, die Heat-Coach Erik Spoelstra wohl mit Kusshand empfangen wird. Vor allem ohne Butler und Bam auf dem Parkett bricht seine Offense teilweise stark ein (mit Butler: 113,7 Punkte pro 100 Possessions, ohne ihn nur 106,9).
Gallinari dagegen ist einer der aktuell wohl unterschätztesten Spieler der Liga. Für die Thunder legt er 2019/20 19,1 Punkte und 5,7 Rebounds pro Spiel auf, als Scorer agiert er dabei extrem effizient. Aus dem Feld trifft er 44,2 Prozent seiner Würfe, von Downtown sind es 41 Prozent (bei 7,3 Versuchen pro Partie) und an der Freiwurflinie landen neun von zehn Freebies im Korb (90,3 Prozent FT).
Derweil sind Iguodalas Vorzüge vor allem defensiver Natur. Iggy, der über seine Karriere immerhin 33,3 Prozent von der Dreierlinie trifft, wird den jeweils besten Perimeter-Spieler des Gegners übernehmen - beispielsweise Ben Simmons oder Khris Middleton -, während sich Bam hinter ihm in den entsprechenden Fällen auf Joel Embiid oder Giannis Antetokounmpo konzentrieren könnte.
Die Karrierestatistiken von Iguodala und Gallinari
Name | Spiele | Punkte | Rebounds | Assists | FG% | 3FG% |
Andre Iguodala | 1108 | 12,1 | 5,1 | 4,4 | 46,6 | 33,3 |
Danilo Gallinari | 591 | 16,1 | 4,9 | 2,1 | 42,7 | 38,0 |
Andre Iguodala bei den Heat: Erfahrung ist Trumpf
Dass Iguodala dazu trotz seines betagten Sportleralters von mittlerweile 36 Jahren und einer mehr als halbjährigen Auszeit noch immer in der Lage ist, trifft zumindest laut dem Forward selbst zu. Zuletzt betonte Iguodala, dass er fit und bereit für eine Rückkehr aufs Parkett sei.
"Ich bin hier im Labor und bereite mich auf diese aufregende Möglichkeit vor, ich freue mich darauf", bekräftigte Iggy gegenüber The Undefeated am Mittwoch. Und auch Butler ist sich sicher, dass der ehemalige Warriors-Star, Finals-MVP und dreimalige Champ noch einiges im Köcher hat.
"Er weiß, wie man auf beiden Seiten des Courts gewinnt. Er ist extrem smart. Es gibt nichts, was er nicht kann", lobte der 30-Jährige seinen zukünftigen Teamkollegen, der dem Team vor allem mit seiner Erfahrung weiterhelfen soll: "Jeder kann von ihm lernen."
Miami Heat: Wie sieht der Trade am Ende aus?
Wie der Deal für die beiden Veteranen am Ende wirklich aussehen wird, steht derzeit noch in den Sternen - und ob Gallinari überhaupt kommt. Aufgrund des Sign-and-Trade-Deals für Butler im vergangenen Sommer muss das Front Office der Heat mit einem Hard Cap arbeiten. Das heißt: Miami darf nicht mehr Gehalt in einem Trade aufnehmen, als es auch abgibt.
Um Iggy (17,2 Millionen Dollar) und Gallinari (22,6 Mio.) zu akquirieren, müsste Miami also etwa 39,8 Mio. Dollar in Form von Spielergehältern loswerden. Winslow, der auf Instagram bereits ein Bild von sich mit Grizzlies-Cap postete, verdient in dieser Saison 13 Mio., anschließend steht er für zwei weitere Jahre für insgesamt 26 Mio. unter Vertrag (Team-Option im letzten Jahr).
Mehrere Anzeichen deuteten am Mittwochabend darauf hin, dass sich wohl auch Dion Waiters und James Johnson demnächst ein neues Heim in einer neuen Stadt suchen dürfen. Beide waren beim Aufwärmen der Heat vor dem Clippers-Spiel nicht zu sehen, auch während der Partie saßen sie nicht auf der Bank.
Heat nach der Trade Deadline: Angriff auf die NBA-Krone
Die Verträge des Trios (Waiters: 12,1 Mio für 2019/20, Johnson: 15,1 Mio. für 2019/20) würden passen, zudem spielen alle drei in der Rotation von Spoelstra nur eine wenig prominente Rolle. Winslow absolvierte in dieser Saison sogar nur elf Spiele, zuletzt fiel er mit Rückenproblemen aus.
Der Trade für Gallinari und Iguodala wäre aus Heat-Sicht also mit relativ wenig Risiko verbunden, sofern sie nicht noch allzu viele zukünftige Draft-Picks obendrauf legen müssen. Miami würde zudem keinerlei finanzielle Flexibilität für die Zukunft verlieren.
Gallinaris Kontrakt läuft im Sommer ohnehin aus, Iggy soll zwar laut Shams eine vorzeitige Vertragsverlängerung über zwei Jahre und 30 Mio. am South Beach unterschreiben, die beinhaltet aber angeblich eine Teamoption im zweiten Jahr.
Auch mit Gallinari gibt es offenbar Gespräche um einen neuen Kontrakt, auch der Italiener wird aber wohl eine Teamoption akzeptieren müssen. Miami will sich genug Spielraum bewahren, um im Sommer 2021, wenn unter anderem Giannis auf den Markt kommen könnte, aktiv zu werden.
Der Fokus liegt nun allerdings erst einmal auf der aktuellen Spielzeit - und einem potenziellen Angriff auf die NBA-Krone. "Sie wollen jetzt gewinnen", bestätigte Butler die Pläne des Front Office. "Das haben sie mir gesagt und das ist es, was sie tun. Ich denke, sie wissen, wozu jeder in dieser Kabine in der Lage ist."