NBA

NBA-Legendenserie - Jason "White Chocolate" Williams: Eine Überdosis Streetball

Von Ruben Martin
Jason Williams aka White Chocolate - Obwohl weiß, strotzte sein Spiel nur so vor Flair. Seine Handles und Pässe verzauberten die Liga.
© getty
Cookie-Einstellungen

Sacramento Kings: Die größte Show auf Parkett

Bekannt war White Chocolate zu diesem Zeitpunkt schon längst, auch außerhalb Kaliforniens. Seine Nummer 55 schaffte es bereits in seiner Debütsaison in die Top-5 der meistverkauften Trikots. Williams startete alle 50 Spiele der verkürzten Lockout-Saison, mit 12,8 Punkten, 6,0 Assists und 1,9 Steals pro Spiel war er Teil des All-Rookie-Teams. Die Kings beendeten die (verkürzte) Saison mit 27 Siegen und der damit ersten positiven Bilanz seit dem Umzug nach Sacramento im Jahr 1985.

In den nationalen Medien wurde damals zum ersten Mal seit langer Zeit wieder über die Mannschaft aus der Hauptstadt Kaliforniens gesprochen. Die Kings wurden zunehmend populärer, im Februar schafften es Williams, Doug Christie, Peja Stojakovic, Webber und Divac sogar auf das Cover der Sports Illustrated, was damals noch einem Ritterschlag glich.

Die Starting Five der Kings war über dem Titel "Die größte Show auf dem Parkett" und dem Untertitel "Sacramento Kings: So sollte Basketball gespielt werden" abgebildet. Der Name war angelehnt an "Die größte Show auf Rasen", den Spitznamen, den die explosive Offense der NFL-Mannschaft St. Louis Rams um Quarterback Kurt Warner wenige Jahre zuvor erhalten hatte.

Phil Taylor, Autor des Artikels, setzte damals bewusst einen Appell an die Liga und andere Mannschaften, den Spielstil der Kings zu übernehmen und ein Stück weit vom Isolations-Basketball abzukehren, den viele Teams von den Chicago Bulls und Michael Jordan kopieren wollten. "Die Kings geben der NBA die perfekte Möglichkeit, einen gewissen Spielstil zu zelebrieren, anstatt einzelne Spieler", schrieb Taylor.

Ironischerweise wurde Williams immer wieder als spektakulärster Spieler der Kings genannt, obwohl es sein größter Wunsch auf dem Feld schien, seine Mitspieler in Szene zu setzen. "Wenn er auf dem Feld stand, dann gab es immer eine gewisse Erwartungshaltung seitens der Fans, der Kommentatoren und seiner Mannschaftskollegen", erinnerte sich Taylor später im Podcast All Things Kings: "Jeder fragte sich, welche unglaubliche Aktion wir als nächstes sehen würden."

Jason Williams: Vom menschlichen Mixtape zum Floor General

Doch nicht jeder war immer begeistert von Williams' Spielweise. Die zahlreichen Turnover, die Williams früh in seiner Karriere verschuldete, sind nicht in seinen Highlight-Reels zu sehen, verschafften ihm aber regelmäßig längere Denkpausen am Ende der Bank. In seinen drei Jahren bei den Kings folgte durchschnittlich ein Turnover auf nur 2,15 Assists, dazu wurde er Zeit seiner Karriere nie ein wirklich verlässlicher Scorer.

Nach drei Jahren in Sacramento wurde Williams gemeinsam mit Nick Anderson für Mike Bibby und Brent Price zu den Vancouver Grizzlies getradet. Berichten zufolge sahen die Kings Bibby damals als reiferen Aufbauspieler und mit ihm die Chance höher, einen Titel zu gewinnen. Das sah Williams selbst im Nachhinein ähnlich, wie er bei House of Highlights zugab.

Williams hielt jedoch nie sonderlich viel von den Andeutungen, er gehöre eher auf einen Straßenplatz in Harlem als in die NBA. "Ich glaube nicht, dass es 'den Streetball' und den 'NBA-Basketball' gibt", sagte Williams später: "Es ist das gleiche Spiel."

J-Dub schien sich jedoch die Kritik an seinem Spiel zu Herzen genommen haben. Bei den Grizzlies reduzierte er seine Turnover von 3,3 pro Spiel in seiner ersten Saison auf 1,8 pro Partie in seiner vierten Spielzeit in Memphis. Und dann rief plötzlich Shaq an.

Jason Williams' Karrierestatistiken in der NBA

SaisonMannschaftSpieleFG%FT%3P%AssistsStealsTurnoverPunkte
1998/99Kings5037,475,231,06,01,92,912,8
1999/00Kings8137,375,328,77,31,43,712,3
2000/01Kings7740,778,931,55,41,22,19,4
2001/02Grizzlies6538,279,229,58,01,73,314,8
2002/03Grizzlies7638,884,035,48,31,22,212,1
2003/04Grizzlies7240,783,733,06,81,31,910,9
2004/05Grizzlies7141,379,232,45,61,11,810,1
2005/06Heat5944,286,737,24,90,91,712,3
2006/07Heat6141,391,333,95,31,01,610,9
2007/08Heat6738,486,335,34,6

1,2

1,48,8
2009/10Magic8244,475,638,03,60,61,16,0
2010/11Magic1634,2-30,41,50,50,72,1
2010/11Grizzlies1131,0-20,02,50,30,61,9
Gesamt 78839,881,332,75,91,22,110,5

Triumph in Miami

"Mit dem Typen wollte ich schon immer mal spielen", schrieb O'Neal in seiner Autobiografie "Shaq Uncut" über Williams: "Er war ein kleiner, taffer Wichser und konnte den perfekten Lob werfen. Ich hatte Tagträume davon, einen seiner Pässe in den Korb zu hauen." Shaq nutzte seinen Einfluss bei der Miami Heat, um Williams im Rahmen eines der größten Trades der NBA-Geschichte nach Florida zu holen.

Fünf Mannschaften waren insgesamt in das Tauschgeschäft verwickelt, das unter anderem All-Star Antoine Walker, Williams und James Posey in die Mannschaft von Headcoach Pat Riley brachte. Williams und "The Big Diesel" waren über mehrere Sommer hinweg Nachbarn in Orlando und hatten in dieser Zeit die Verbindung aufgebaut, die auch auf dem Feld zu sehen war.

Mit Veteranen wie Shaq, Williams, Walker und Gary Payton sowie dem Youngster Dwyane Wade passte die Chemie im Team, jeder kannte seine Rolle. Williams überließ das Scoring meist seinen Mannschaftskollegen, war jedoch in entscheidenden Momenten zur Stelle. So auch beim Spiel 6 der Eastern Conference Finals, als der Starting Point Guard 10 seiner 11 Würfe aus dem Feld versenkte und den Detroit Pistons 21 Punkte einschenkte. Nach weiteren sechs eher unauffälligen Spielen seinerseits war J-Will Teil einer exklusiven Gesellschaft: "White Chocolate" war NBA-Champion.

Es sollte der Höhepunkt für Williams sein, der später auch noch in Orlando und Memphis spielte. Erwähnenswert waren diese Zeiten aber nur noch bedingt, J-Wills beste Jahre waren schon lange vorbei. So stehen für einen der beliebtesten und spektakulärsten Point Guards letztlich keine All-Star-Nominierungen zu Buche, folgerichtig wird Williams auch nicht in die Hall of Fame eintreten.

Und doch werden Basketball-Fans noch in 20 Jahren über Moves staunen, die er irgendwann mal alleine in einer Halle erfunden, tagelang geübt und dann an seine Mitspieler und Nachfolger weitergegeben hat. Das ist sein Vermächtnis.

Inhalt:
Artikel und Videos zum Thema