Der erste Saisonmonat ist Geschichte - Zeit für die Rückkehr von Dropping Dimes! SPOX verteilt die ersten Awards zum Saisonstart und beantwortet die wichtigen Fragen des Lebens: Wie geil ist es eigentlich, Stephen Curry beim Basketball zuzuschauen? Wie ehrlich sollte man zu seinem Friseur sein? Und beerbt Joel Embiid Shaq als bisher letzten MVP-Center?
Außerdem mit dabei: Ein Sixth Man auf der Suche nach einem Spitznamen, gemeine Teamkollegen und Andre Drummond auf der Suche nach seinem inneren Point God. In der ersten Ausgabe der monatlichen SPOX-Awards wird dabei nicht nur der Januar, sondern auch der Saisonstart im Dezember mitberücksichtigt.
Performance des Monats: Stephen Curry
Kleine Quizfrage zu Beginn: Wie hoch war das Career-High von Stephen Curry, bevor der Chefkoch Anfang Januar das Chase Center mit 62 Punkten gegen die Portland Trail Blazers abfackelte? Die Auflösung folgt in genau acht Minuten und 24 Sekunden, so lange solltet Ihr das Highlight-Video der Partie genießen, das die NBA dem Warriors-Star spendierte.
Achteinhalb Minuten ist schon eine Hausnummer. Zum Vergleich: Bradley Beals Karrierebestwert von 60 Zählern gegen die Sixers wird auf dem offiziellen YouTube-Kanal der Association in 3:54 Minuten abgefrühstückt. Das Overtime-Spektakel von Collin Sexton gegen die Nets verschwindet bereits nach 3:38 Minuten wieder in den Weiten des Video-Portals.
Mit Wardells ... ähh ... Stephs Highlight-Clip (zugegeben inklusive Post-Game-Interview) könnte man derweil mehr Zeit während der Ministerpräsidentenkonferenz totschlagen als mit zehn Level Candy Crush. Und man hätte mehr Spaß dabei. Curry begeisterte gegen Portland mit seinem gesamten Arsenal, butterweiche Floater wechselten sich mit zirkusreifen Layups und natürlich Dreiern am Fließband ab (acht an der Zahl, insgesamt 18/31 FG).
Wer kann sich nicht an diesen Szenen ergötzen mit einem Stephen Curry, der nach und nach Feuer fängt, einen irren Triple nach dem anderen durch die Reuse hämmert und sich über jeden Punkt freut als wäre es sein erster? Die Antwort dürfte lauten: Klay Thompson. Der zweite Splash Brother musste tatenlos mit ansehen, wie Curry ihn in der wohl einzigen Kategorie übertrumpfte, in der Thompson bisher die Oberhand hatte. Sein Karrierebestwert steht bei 60 Zählern, Currys vorherige Bestmarke waren - Trommelwirbel zur Quiz-Auflösung - 54 Punkte im Februar 2013 im Madison Square Garden.
Runner-Up:Collin Sextons OT-Spektakel gegen die Nets, Bradley Beal mit 101 Punkten in zwei Spielen, Nikola Jokic' 18 Assists gegen die Rockets
Sixth Man des Monats: Jordan Clarkson
Die Quintessenz eines typischen Sixth Man ist das Scoring. In den meisten Fällen lässt sich der Gewinner des Awards als Mikrowelle von der Bank charakterisieren mit einer simplen, aber nicht unbedeutenden Jobbeschreibung: reinkommen, scoren, fertig. Nicht umsonst teilten sich Jamal Crawford (3) und Lou Williams (3) sechs der vergangenen elf Sixth-Man-Awards unter sich auf. Der Sweet Lou beziehungsweise J-Crossover der Saison 2020/21 hört auf den Namen Jordan Clarkson.
Der 28-Jährige - bei Basketball-Reference ist interessanterweise kein geläufiger Spitzname hinterlegt - kennt diese Rolle aus mehr als zwei Dritteln seiner Profi-Karriere. Dennoch wurde ihm das große Scheinwerferlicht nie zuteil, zu irrelevant waren die Cavs in den vergangenen drei Jahren.
Nun aber ist Clarkson bei den Jazz ein wichtiger Bestandteil eines Top-3-Teams im Westen und hat auch hinsichtlich seiner individuellen Produktion einen gewaltigen Schritt nach vorne gemacht. Seine 17,9 Punkte sind nicht nur Bestwert unter allen Bankspielern, sondern auch ein Career-High. Dabei nimmt er kaum mehr Würfe als in der Vergangenheit. Der große Unterschied ist die Effizienz.
Clarkson trifft seit dem Saisonstart gute 47,8 Prozent seiner Feldwurfversuche, starke 39,0 Prozent von Downtown und überragende 96,8 Prozent seiner Freiwürfe, allesamt ebenfalls Karrierebestwerte. Und dabei kommen mehr als die Hälfte seiner Abschlüsse aus der Distanz (7,6 Dreier pro Partie bei 13,9 FGA). Die Bilanz der Jazz beweist, dass es sich dabei um alles andere als leere Zahlen handelt, wie es noch größtenteils zu Cavs-Zeiten der Fall war. Das einzige, was ihm die Verfolger im Rennen um den Award derzeit voraushaben, sind gute Spitznamen.
Runner-Up: Chris "Swatterboy" Boucher, "Protein Shake" Milton, Goran "The Dragon" Dragic (zwar startete der Heat-Guard zuletzt, insgesamt kam er aber seit Saisonstart in neun von 14 Spielen von der Bank)
D'Angelo-Russell-Swaggy-P-Award für den Teamkollegen des Monats: Die Magic-Bank
Folgende Fragestellung war bislang ein vollkommen unterbewerteter Aspekt von Geisterspielen in der NBA: Wer soll die Spieler auffangen, wenn sie auf der Jagd nach Loose Balls in die ehemaligen Zuschauerränge hechten?
Ein Ersatz für weiche Menschenpolster könnten natürlich die eigenen Teamkollegen sein, sofern es die Situation zulässt. So wie zum Beispiel im Spiel der Magic gegen die Knicks, als James Ennis einem langen Rebound Richtung Magic-Bank hinterhersprintete. Doch stattdessen duckten sich die Reservisten weg, als käme ein 147-Kilo-Koloss im Suns-Trikot angeflogen - der Forward machte schmerzhafte Bekanntschaft mit einem Bottich Gatorade.
Entsprechend geht der DARSP-Award an die komplette Magic-Bank, stellvertretend werden Cole Anthony und Gary Clark als Hauptprotagonisten die Auszeichnung entgegennehmen. Dem Rookie war anzusehen, wie es im Kopf ratterte, als der Ennis-Zug angerauscht kam: Aus dem Weg gehen oder dem Teamkollegen helfen?
Clark saß während der dramatischen Sekunden einen Platz weiter tiefenentspannt auf seinem Stuhl und rührte sich erst, als mit einem lauten Knall die Tragweite von Anthonys Entscheidung deutlich wurde. Seine Hilfeleistung beschränkte sich auf eine gelangweilte Kopfbewegung in Richtung der Szenerie. Ennis raffte sich selbst auf und joggte zurück auf den Court. Von den Teamkollegen gab es Applaus. Immerhin.
Runner-Up:Marvin Bagleys Vater legt sich mit den Kings an, Klay Thompson vs. Stephen Curry, John Collins vs. Trae Young
Defensive Player des Monats: Anthony Davis
Kaum ein Award-Rennen war im ersten Saisonmonat so eng wie dieses. Rudy Gobert und Joel Embiid sind die Anker zweier Top-5-Verteidigungen, Myles Turner führt die Liga bei den Blocks an und hält seine Gegenspieler in direkter Ringnähe bei einer katastrophalen Quote von 42,9 Prozent. Für alle drei lassen sich gute Argumente finden. Doch das gleiche gilt eben auch für Anthony Davis.
Die Lakers-Defense hat von ihrem elitären Niveau der Vorsaison nichts verloren, obwohl im Kader mehrere Defensiv-Gurus durch offensiv-orientierte Spieler ersetzt wurden. Was geblieben ist, ist der Mann, der in der eigenen Hälfte alles zusammenhält, und das ist Davis.
"Was wir von AD verlangen, muss kein anderer Spieler in dieser Liga leisten", schrieb Teamkollege Jared Dudley Mitte des Monats auf Twitter. "Manche Teams haben Defensiv-Systeme. Er ist unser System! Die Stats zeigen das nicht immer."
Davis' Vielseitigkeit ist sein größter Trumpf, mit seiner Länge macht er es dem Gegner unter dem Korb schwer oder blockiert Passwege. Seine Athletik erlaubt es ihm auch am Perimeter kleineren Gegenspielern Probleme zu bereiten. Hinzu kommt sein starkes Positionsspiel, mit dem er auch Fehler der Teamkollegen ausbügeln kann.
Die Lakers haben die zweitbeste Bilanz in der NBA, zu einem großen Teil dank ihrer Defense. L.A. lässt die zweitwenigsten gegnerischen Punkte zu (104,6) und verzeichnet mit 104,4 Punkten pro 100 Possessions das mit Abstand beste Defensiv-Rating. Und all das haben die Lakers in erster Linie der Braue zu verdanken.
Runner-Up: Rudy Gobert, Myles Turner, Joel Embiid
Aktion des Monats: Kelly Oubre Jr. verteilt Liebe
Einmal das Selbstbewusstsein von Kelly Oubre Jr. haben, das wär' doch was! So wie der 25-Jährige Luftküsschen an seine Gegner verteilt, vermittelt es den Eindruck, als hätten die Warriors mit ihm die Reinkarnation ihres Death Lineups gefunden. Die Fakten sprechen eine leicht andere Sprache. Bisher legt Oubre Jr. Wurfquoten von 37,3 Prozent aus dem Feld und 23,3 Prozent von Downtown auf.
Sein desolater Saisonstart hinderte ihn im Duell mit den Lakers aber nicht daran, nach seinem ersten versenkten Dreier nach wenigen Minuten im zweiten Viertel Luftküsschen an Lakers-Big Montrezl Harrell zu verteilen. Die Warriors lagen kurz zuvor mit 22 Punkten im Hintertreffen - und sein erster Versuch aus der Distanz endete als Airball.
Die Referees waren von der Aktion offensichtlich so verwirrt, dass sie ein komplett übertriebenes Technical verteilten. Dabei müsste ihnen das Verhalten bekannt sein, Oubre Jr. ist kein Einzeltäter. Schon Anfang Januar verteilte er eine Portion Liebe an die Kings-Bank. Es war sein siebtes Spiel für die Warriors, in den ersten sechs traf er nur 2 seiner 30 Triples ...
Runner-Up:Tatum-Gamewinner übers Brett vs. Bucks, LeBron-Dreier ohne hinschauen, Point God McGee - und: eineMengePoster-Dunks
Joel-Embiid-Award für die Stichelei des Monats: Austin Rivers
Kelly Oubre Jr. hat wahrscheinlich sogar so viel Selbstbewusstsein, seinem Friseur direkt ins Gesicht zu sagen, wenn ihm der Haarschnitt mal nicht passen sollte. Welcher Normalsterbliche kann das schon? Austin Rivers wohl eher nicht.
Anfang Januar betrachtete er seinen frisch frisierten Kurzhaarschnitt in seiner Zoom-Kamera kurz vor dem Start einer Medienrunde. Das Urteil: "Dieser Friseur ist Müll." Im Barber Shop seines Vertrauens muss das noch anders geklungen haben, schließlich postete sein Friseur am selben Tag ein stolzes Bild mit Rivers neuer Haarpracht auf Instagram.
In den Kommentaren dieses Posts machten sich schnell Spott und Häme breit, Rivers sah sich sogar selbst zu einer Stellungnahme gezwungen. "Scheiß auf all das Gerede. Ich habe über etwas ganz anderes gesprochen und dann wurde das aus dem Kontext gerissen", schrieb der Knicks-Guard unter dem Post.
Intensive Recherchearbeit von SPOX zeigt jedoch: Vor dem Vorfall postete der Friseur innerhalb von vier Wochen drei Bilder von und mit Rivers auf seinem Account. Seitdem taucht Rivers in keinem seiner Beiträge mehr auf. Zufall?
Runner-Up:Shaq vs. "Baguette Biyombo" und Donovan Mitchell, Twitter-Beef Grayson Allen vs. Trae Young
MVP des Monats: Joel Embiid
Sucht man nach dem letzten Center, der sich den MVP-Award krallen konnte, muss man mehr als 20 Jahre in der Historie der Association zurückblicken. Im Jahr 2000 gewann Shaquille O'Neal die begehrte Auszeichnung, nun schickt sich Joel Embiid an, in dessen Fußstapfen (Größe 59, fyi) zu treten.
Der Kameruner ist in der Form seines Lebens, sowohl spielerisch als auch körperlich. Embiid dominierte im ersten Saisonmonat gerne mal die kompletten 48 Minuten. Ein Einbruch aufgrund mangelnder Fitness wie es in der Vergangenheit von Zeit zu Zeit zu sehen war? Fehlanzeige. Stattdessen führte er die Sixers mit Karrierebestwerten und unglaublicher Effizienz zur besten Bilanz in der Eastern Conference.
27,7 Punkte pro Partie stehen bei Embiid zu Buche bei hervorragenden Shooting-Splits von 55/40/83. Der Center ist dabei in keiner Lebenslage zu stoppen, nicht von Downtown, nicht aus der Mitteldistanz (54,3 Prozent) und am Ring sowieso nicht (69,1 Prozent in der Restricted Area). Selbst aus den in der heutigen NBA verpönten Post-Ups produziert er 1,11 Punkte pro Spielzug - der mit Abstand beste Wert unter allen Spielern mit mindestens vier solcher Possessions pro Spiel.
Und Embiids Rolle als Defensiv-Anker haben wir da noch gar nicht erwähnt. Der 26-Jährige ist unersetzlich für die Sixers, mit ihm auf dem Court legt Philly ein Net-Rating von 11,8 hin (zum Vergleich: die Lakers als bestes Team in dieser Statistik haben ein Net-Rating von 9,2) - ohne ihn beträgt das Net-Rating der Sixers -6,4! Die vier Spiele ohne den Center gingen allesamt verloren.
Den Konkurrenten Kevin Durant und Nikola Jokic fehlt im Vergleich zu Embiid im Gesamtkontext (noch) der Teamerfolg, um im MVP-Rennen für diesen Monat die Nase vorn zu haben. LeBron James selektiert in dieser frühen Saisonphase noch sehr stark, wann er aufdreht oder wann er es ruhiger angehen lässt. Embiid dagegen pflügt im höchsten Gang durch die Liga.
Runner-Up: Kevin Durant, LeBron James, Nikola Jokic
LeBron, Durant, Embiid und Jokic: Die Statistiken der MVP-Kandidaten im Vergleich
Name | G / MIN | Punkte | Rebounds | Assists | FG% | 3FG% |
Joel Embiid | 15 / 32,0 | 27,7 | 11,1 | 2,8 | 54,6 | 40,0 |
Kevin Durant | 15 / 36,8 | 30,5 | 7,5 | 5,5 | 51,7 | 44,4 |
Nikola Jokic | 18 / 35,5 | 25,2 | 11,8 | 8,9 | 56,7 | 32,8 |
LeBron James | 19 / 33,0 | 25,6 | 7,8 | 7,3 | 50,0 | 41,1 |
Rookie des Monats: Tyrese Haliburton
"Sie haben gesagt, der Jumper könne sich nicht auf die NBA übertragen." Haliburton garnierte diesen Tweet Ende Dezember mit zwei Lach-Smileys, viel deutlicher hätte er nicht klarmachen können, was er von der Kritik an seinem Spiel vor dem Draft hielt. Wobei ... er hätte auch einfach seine Dreierquote posten können.
Aktuell versenkt der 20-Jährige 45,7 Prozent seiner Distanzwürfe. Und das bei 4,7 Versuchen pro Partie. Und das unter anderem auch in der Crunchtime. Haliburton tritt trotz seines Alters auf wie ein gestandener Veteran, dem man in den entscheidenden Momenten eines Spiels den Ball anvertrauen kann. Das sieht man auch an seiner Assist/Turnover-Ratio (3,26 Vorlagen pro Ballverlust), mit der er deutlich vor Rookie-Kollege LaMelo Ball liegt. Und vor Luka Doncic oder Kyrie Irving.
Der Vergleich mit den beiden Letztgenannten hinkt, da Haliburton bei Weitem nicht so häufig den Ball in der Hand hat. Dennoch spricht die Statistik für das sehr reife Spiel, das der Point Guard bislang auch auf höchstem Level präsentiert. Es werden sich noch einige Teams in den Hintern beißen, ihn im Draft bis auf Position 12 fallen gelassen zu haben.
Runner-Up: LaMelo Ball, James Wiseman, Immanuel Quickley
Panne des Monats: Andre Drummond, Ballhandling-Gott
Geschlagene acht Sekunden nimmt sich Andre Drummond Zeit, um sich seine nächsten Schritte ganz genau zu überlegen. Acht Sekunden, in denen er regungslos mit dem Ball in der Hand die Defense der Grizzlies studiert. Acht Sekunden, in denen der Center seinen inneren Point God zu aktivieren versucht. Alles umsonst.
Sein Vorhaben, die Verteidigung ein Drittel der Shotclock lang einzuschläfern, scheitert grandios. Sein Move in die Zone, direkt in den zweiten Gegenspieler hinein, beweist immerhin Mut. Sein einhändiger Layup-Versuch reicht jedoch höchstens für ein Bewerbungsvideo als Ball-Akrobat.
Runner-Up:Knicks-Guard Reggie Bullock läuft mit falschem Jersey auf, Thomas Bryant mit Putback in den eigenen Korb, Gary Trent Jr. mit dem frühen Anwärter auf Flop des Jahres