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NBA Above the Break: Muss bei den Boston Celtics der Panikknopf gedrückt werden?

Für Kemba Walker und Jayson Tatum läuft die Saison derzeit nicht wie gewünscht.
© getty

Die Boston Celtics sind in den vergangenen Wochen in eine kleine Ergebniskrise geraten und laufen den eigenen Erwartungen hinterher. Wo drückt der Schuh beim letztjährigen Conference-Finalisten? Above the Break sucht nach Ursachen und Lösungen.

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Eigentlich gibt es in Boston zwei ziemlich große Gründe für Optimismus, in der laufenden Saison und darüber hinaus. Schließlich hat man in Jaylen Brown (24) und Jayson Tatum (22) zwei junge Topspieler auf den derzeit vielleicht wichtigsten Positionen, die beide langfristig an die Franchise gebunden sind; im Falle von Brown sogar unter seinem Marktwert, also ohne Maximalvertrag.

Mindestens zwei Drittel aller NBA-Teams würden die Celtics allein darum wohl beneiden, in Wirklichkeit sind es vermutlich mehr. Dennoch entsteht momentan bisweilen der Eindruck, als wäre die Situation der Celtics festgefahren und womöglich nicht mehr zu retten. Von Panik ist die Rede, nachdem die Celtics sieben von zehn Spielen verloren und dabei teilweise einen miesen Eindruck hinterlassen haben, bevor in der Nacht gegen Denver mal wieder überzeugend gewonnen wurde.

Es besteht dennoch kein Zweifel: Den eigenen Ansprüchen werden die Celtics momentan nicht gerecht, selbst Spiele gegen Teams aus niedersten Regionen wie Detroit oder Washington gehen verloren. Head Coach Brad Stevens spricht von schlaflosen Nächten, Celtics-Fans wiederum können nicht schlafen, weil Stevens des Öfteren drei Bigs gleichzeitig auf den Court lässt.

Ist es also wirklich Zeit für den Panik-Modus in Boston? Eine Suche nach Ursachen für die aktuelle Misere ergibt: Fast alle Probleme hängen einigermaßen direkt zusammen - eine Patentlösung ist momentan vermutlich trotzdem schwer zu finden.

Die Probleme der Celtics im Überblick

1. Marcus Smart fehlt an allen Ecken und Enden

Am 31. Januar gaben die Celtics bekannt, dass Smart mit einer Wadenverletzung für zwei bis drei Wochen fehlen würde, und seither ist dessen Fehlen in vielerlei Hinsicht zu bemerken. Smart gehört zu den besten Passern im Team, ist einer der besten Verteidiger der Liga und ohne jeden Zweifel der Anführer des Teams.

Seit seinem Ausfall haben die Celtics vier Siege bei fünf Niederlagen geholt, belegen bei der Offense im Halfcourt laut Cleaning the Glass nur noch Platz 22 und werden am anderen Ende des Courts regelmäßig in Transition überrollt. Smart ist aufgrund seiner Wurfauswahl zwar kein perfekter Offensivspieler, aber er bewegt den Ball und fordert gleichzeitig eine gewisse Rechenschaft von seinen Teamkollegen, auch in Sachen Körpersprache.

Zu oft verfallen die Celtics zuletzt in Possessions nahezu ohne Ball- und Off-Ball-Movement, in denen ein Spieler dribbelt und fast alle anderen zusehen; gerade Tatum ist in den vergangenen Wochen wieder zu fokussiert auf schwierige Abschlüsse aus der Mitteldistanz oder aus der Floater-Range.

Blenden wir kurz aus, dass Tatum in Zukunft vermutlich lernen wird, bei so einem Versuch das Foul mitzunehmen. Vier Spieler stehen bei diesem Angriff fast nur rum.

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© nba.com/stats

Am anderen Ende des Courts erlaubten die Celtics in den vergangenen zwei Wochen eine der höchsten Freiwurfraten der Liga.

Smart ist dabei nicht die perfekte Lösung für alle Probleme und sollte als der exzellente Rollenspieler, der er ist, bei einem guten Team eigentlich nicht diesen massiven Stellenwert haben. In der aktuellen Situation geht es allerdings nicht nur um Smarts Leistungen an sich, sondern auch um das andere Problem, das durch sein Fehlen noch stärker sichtbar wird.

2. Boston hat kaum Tiefe

Der Celtics-Kader ist nicht dafür ausgelegt, dass einer der vier wichtigen Spieler auf dem Flügel ausfällt - denn mehr davon gibt es momentan nicht. Vor der Saison war klar, dass es hier Probleme geben würde, sie offenbaren sich derzeit allerdings wohl noch mehr, als das erwartet wurde.

Rookie Aaron Nesmith ist bisher nicht für die NBA bereit, Sophomore Romeo Langford wartet weiter auf die medizinische Freigabe, Carsen Edwards ist winzig, Javonte Green kann nicht werfen, Grant Williams ist eigentlich ein zu kleiner Center. Der bisher wohl konstanteste Wing nach Tatum, Brown und Smart dürfte Semi Ojeleye sein.

Es ist insofern kaum ein Wunder, dass Stevens teilweise immer noch Lineups mit Williams, Daniel Theis oder Tristan Thompson ausprobiert - es fehlen schlichtweg kampferprobte Alternativen, selbst mit Smart ist die Tiefe keineswegs ideal.

Bostons Kader schreit nach dem einen oder anderen 3-and-D-Wing mit adäquater Länge, in der jetzigen Version strahlen regelmäßig mehrere Spieler auf dem Court kaum Gefahr aus und erlauben es gegnerischen Teams, noch mehr Druck auf Tatum und Brown auszuüben. Was wiederum zum nächsten Thema führt ...

3. Werden Jayson Tatum und Jaylen Brown langsam müde?

Beide Jungstars der Celtics sind sehr gut in die Saison gestartet, insbesondere Brown machte im Vergleich zur Vorsaison nochmal einen riesigen Schritt und wird in Kürze mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit erstmals All-Star. Den vielleicht größten Sprung machte Brown in Sachen Wurfauswahl und Effizienz, er startete schlichtweg als einer der effizientesten Scorer der Liga in die neue Spielzeit.

Über die Saison gesehen sind seine Quoten immer noch gut - aber sie entwickeln sich in die falsche Richtung:

Die Statistiken von Jaylen Brown pro Monat

MonatSpielePunkteTS%Usage%Net-Rtg.
Dezember52863,829,6+2
Januar1326,861,730,8+3,3
Februar723,355,230,7-0,1

Das ist angesichts der Jumpshot-Lastigkeit von Browns Spiel kein Schock, insbesondere die Zahlen aus der Mitteldistanz vom Saisonbeginn waren so auf Dauer kaum zu halten. Brown muss genau wie Tatum noch besser darin werden, sich auch an nicht so starken Shooting-Tagen einzubringen, indem er beispielsweise öfter an die Freiwurflinie geht.

Es ist aber auch zu bedenken: Die derzeitige Rolle ist neu für Brown, der erstmals in seiner Karriere oft sogar als erste Option fungiert und ansonsten zumeist die zweite ist. Er hat mehr Playmaking-Pflichten, seine Usage-Rate ist im Vergleich zur Vorsaison um fast genau 7 Prozent gestiegen. Natürlich ist das kräftezehrend, gerade in der derzeitigen Situation mit eher wenig Unterstützung.

Tatum hat ähnliche Probleme, auch wenn er vergangene Saison schon eine vergleichbare Usage hatte; der 22-Jährige ist in Boston momentan der wichtigste Playmaker, Scorer und vermutlich auch Verteidiger.

Die COVID-Infektion kommt hinzu - Tatum hat selbst zugegeben, dass er nach der Erkrankung teilweise noch immer Probleme mit der Atmung hat und schneller müde wird.

Im Februar befindet er sich in einem Shooting-Slump (nur 51,4 Prozent True Shooting nach 60 Prozent im Januar), den Boston zu selten kompensieren kann. Denn da ist natürlich auch noch das letzte, neben der Tiefe wichtigste Problem.

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