NBA - Beobachtungen zum All-Star Game 2021: Glück im Unglück - Warum das Spiel fast zum Fiasko geworden wäre

Philipp Jakob
08. März 202111:00
Das All-Star Game hätte für die NBA leicht zum Fiasko werden können.getty
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Die NBA hat das All-Star Game 2021 tatsächlich durchgeboxt, auch wenn der Corona-Albtraum bedrohlich nahe kam. Auf dem Parkett lieferten dann aber Stephen Curry, Damian Lillard und Team LeBron beim 170:150-Sieg eine irre Show ab - mit einem Makel. Die Beobachtungen zum All-Star Game in Atlanta (hier gibt es die Highlights im Video).

All-Star Game 2021: Die zweite Seite der Elam-Ending-Medaille

Vor gut einem Jahr wurde das damals neue Format des All-Star Games lobgepriesen, auch hier. Das Elam-Ending - oder Final Target Score Ending - entpuppte sich als voller Erfolg. Die Erklärung in aller Kürze: Nach drei Vierteln, die als Mini-Spiele dienen, werden auf die Punktzahl des führenden Teams 24 Zähler (zu Ehren von Kobe Bryant) hinzuaddiert. Das Ergebnis ist die Zielpunktzahl, die erreicht werden muss, um das Spiel zu gewinnen. Ein Minutenlimit gibt es im Schlussabschnitt nicht mehr.

2020 führte das zu einer hart umkämpften Partie, zu erbitterter Defense auf beiden Seiten, zu Kyle Lowry, der seinen Körper opferte, um Offensiv-Fouls zu ziehen. Immer noch im All-Star Game wohlgemerkt. Rufe nach dem besten All-Star Game aller Zeiten wurden laut, davon war die 2021er Version weit entfernt.

Als es in den Schlussabschnitt ging, zeigte das Scoreboard eine 146:125-Führung für Team LeBron an. Nach den Regeln des neuen Formats benötigten die Auswahl des Lakers-Stars also nur noch 24 Punkte, um den Sieg einzutüten. Team Durant ganze 45 Zähler! Zwar zogen beide Defenses im vierten Viertel etwas an, das war aber nicht vergleichbar mit dem letzten Durchgang aus dem Vorjahr. Spannung kam keine mehr auf, entsprechend reagierten einige Fans auf Twitter fast erleichtert, als Damian Lillard dem Treiben mit drei Dreiern in Folge ein Ende setzte.

Man hätte das vierte Viertel eigentlich gar nicht mehr spielen müssen. 24 Punkte als Zielpunktzahl für das führende Team waren einfach zu wenig, um den Unterlegenen Hoffnung auf ein Comeback zu geben. Aber: Auch in einem normalen 12-Minuten-Viertel wäre ein 21-Punkte-Comeback von Team Durant unwahrscheinlich und der letzte Durchgang langweilig gewesen. Die fehlende Spannung ist also nicht auf das Format, sondern vielmehr auf die Dominanz von Team LeBron zurückzuführen.

Stephen Curry schoss im All-Star Game an der Seite von LeBron James alle Lichter aus.getty

All-Star Game 2021: GM LeBron bleibt ungeschlagen

Vor vier Jahren entschied sich die Liga endlich dazu, das altgediente Ost-gegen-West-Format aufzubrechen und stattdessen zwei Teamkapitäne über die Kaderzusammenstellung bestimmen zu lassen. Diese Änderung hat sich zweifelsfrei bewährt. Noch vor den Fans ist aber in erster Linie LeBron James der große Gewinner.

Nicht unbedingt der Spieler LeBron, der gegen Team Durant ohnehin kaum eine Rolle spielte und sich stattdessen für die zweite Saisonhälfte schonte, sondern General Manager LeBron. Alle vier Teams, die der King in den vergangenen vier Jahren zusammengestellt hat, gingen als Gewinner vom Parkett. Egal, ob Stephen Curry, Giannis Antetokounmpo oder Kevin Durant auf der anderen Seite des Draft-Boards saßen.

"Ich glaube, er hat eine Zukunft als GM", sagte Damian Lillard nach der Partie. "Er macht seine Sache immer gut." In eine ähnliche Kerbe schlug auch Giannis. Der ehemalige Kontrahent und nun glückliche MVP von Team LeBron bescheinigte ihm, eines Tages sicherlich ein "großartiger GM" zu werden. Böse Zungen behaupten jedoch: Zu LeBrons Zeiten als Cavs-"GM" lief es nicht immer optimal.

All-Star Game 2021: Es gibt keine schlechten Würfe mehr!

Das Erfolgsrezept von GM James in diesem All-Star Game war das Triumvirat Giannis, Steph und Dame. Das Guard-Duo schweißte jeweils 8/16 Dreier durch die Reuse und brachte Team LeBron mit einem persönlichen Half-Court-Shot-Wettbewerb gegen Ende des zweiten Viertels auf den Weg zum Blowout. Selbst Kurzzeit-Teamkollege Paul George blieb da nichts Anderes mehr übrig, als in den höchsten Tönen zu schwärmen.

Der Paul George, der Lillard eines "schlechten Wurfes" bezichtigte, als dieser in den Playoffs 2019 PG-13 und die Thunder in Spiel 5 mit einem tiefen Dreier mit dem Buzzer - natürlich über die ausgestreckten Arme von George - in den Urlaub schickte. Nach dem All-Star Game gab sich der heutige Clippers-Forward jedoch endgültig geschlagen.

"Naja, ich denke, ich wurde berechtigterweise dafür kritisiert, Dames Wurf in den Playoffs als schlechten Wurf bezeichnet zu haben. Die Range von diesen Jungs ist einfach verrückt", sagte George mit einem Lachen. Also sind Dreier von der Mittellinie keine schlechten Würfe mehr? "Es ist ein großartiger Wurf. Zwei Daumen nach oben!"

Zumindest für Curry und Lillard gilt dies. "Die beiden sind einfach nicht fair", schrieb LeBron, der erstmals an der Seite von Curry auflief und "jede einzelne Sekunde" genoss, auf Twitter. Was die Sache für den Gegner nicht leichter machte, ist, dass es an diesem Abend auch für Antetokounmpo keine schlechten Wurf gab, auch wenn dabei Glück keine unwichtige Rolle spielte. Drei erfolgreiche Dreier hatte der Grieche auf dem Konto bei drei Versuchen - zweimal fiel der Jumper übers Brett.

All-Star Game 2021: Der Corona-Albtraum kam bedrohlich nahe

Die NBA ging mit der Austragung des All-Star Games inmitten einer globalen Pandemie ein großes Risiko ein - aus finanziellen Gründen. Das sorgte schon im Vorfeld für berechtigte Kritik von Seiten der Spieler und der Medien. Offensichtlich fehlte nicht viel und die ganze Idee wäre den Verantwortlichen um die Ohren geflogen.

Noch bevor Joel Embiid und Ben Simmons überhaupt einen Fuß auf das Parkett in Atlanta setzen konnten, saßen sie schon wieder im Privatflieger Richtung Heimat. Die beiden Sixers-Stars hatten sich beim gleichen Friseur für das All-Star Game schick machen lassen, der wurde kurz darauf positiv auf das Coronavirus getestet.

Der größte Kritikpunkt am All-Star Game neben der geklauten Pause für die Superstars war, warum die Liga all ihre Aushängeschilder aus dem ganzen Land während der Pandemie unbedingt an einem Ort vereinen muss. Es hätte nur eine Infektion, eine Unachtsamkeit eines Spielers, einmal Maske vergessen oder einen Friseurbesuch gebraucht und aus dem All-Star Game hätte ein NBA-Superspreader werden können.

Es war fahrlässig, die Spieler diesem erhöhten Risiko auszusetzen. Einerseits für das Produkt (man möge sich einmal zwei Wochen NBA-Basketball ohne die 24 besten Spieler der Liga vorstellen), andererseits - und viel wichtiger natürlich - für die Gesundheit der Spieler.

"Unsere Gesundheit und Sicherheit sollte an erster Stelle stehen. Ich persönlich bin mit dem All-Star Game nicht einverstanden, aber es ist, wie es ist", erneuerte George kurz vor der Partie seine Kritik an der Entscheidung der Liga.

Commissioner Adam Silver und das Ligabüro können von Glück sprechen, dass der Corona-Fall im Umfeld von Embiid und Simmons rechtzeitig entdeckt wurde. Beide hatten bei Bekanntwerden des Falls ihre Quarantäne im Hotelzimmer noch nicht beendet. Überhaupt dieses Risiko einzugehen, war aber unnötig.

Ein Wochenende voll Unterhaltung in nur einer Nacht

Die NBA kann sicherlich auch von Glück sprechen, dass knapp fünf Stunden Non-Stop-Unterhaltung von den Corona-Problemen ablenkten. Auch wenn die angesprochene Spannung beim All-Star Game fehlte, die Jungs auf dem Court sorgten mit einem Dreierregen oder krachenden Slams dafür, dass das Entertainment nicht zu kurz kam.

Selbst die Skills Challenge brachte mit dem frühen Ausscheiden der Favoriten Luka Doncic und Chris Paul eine gewisse Würze in den Abend, der Dreier-Contest war ohnehin spektakulär: angefangen mit den 31 Punkten in der ersten Runde von Curry bis hin zu dessen finalem Moneyball-Dreier, der dem Warriors-Star doch noch den Sieg brachte. Apropos es gibt keine schlechten Würfe mehr: Curry versenkte im Finale beide seiner tiefen Dreier für je 3 Punkte. Auch das verhalf ihm zu seiner Krone.

Selbst den Spielern schien es zu gefallen, dass alle All-Star Events in einer Nacht komprimiert waren. "Das war irgendwie cool", sagte zum Beispiel Curry, auch PG-13 bekannte sich als Fan des erzwungenen Formats. Einzig der Dunk Contest konnte mit den restlichen Events nicht mithalten.

Die No-Names lieferten einzelne Highlight-Dunks ab, doch im Großen und Ganzen wird dieser Wettbewerb wohl eher nicht in Erinnerung bleiben. Mehr noch als den anderen Events hat dem Dunk Contest sicherlich auch die Abwesenheit der Fans geschadet. So kam kaum Atmosphäre auf. "Das einzige, was gefehlt hat, war der Courtside-Vibe und die Energie, die auf das Feld übertragen wird", sagte auch Curry.

Highlights des All-Star Games: CP3 kann immer noch dunken!

Schon in der vorigen Ausgabe des All-Star Games überraschte CP3 mit einem Alley-Oop-Dunk - und er tat es erneut. Mit 35 Jahren und 305 Tagen gehörte er zu den eher betagten All-Stars, das hinderte ihn im zweiten Viertel allerdings nicht daran, seinen nächsten Slam aus der Luft zu fischen und durch die Reuse zu hämmern. Einen Alley-Oop hat man in einem "echten" Spiel von Paul übrigens noch nie gesehen.

Gleiches gilt für Curry, der gut zehn Sekunden zuvor einen Pass des Point Gods per Alley-Oop veredelt hatte. Und wiederum kurz zuvor hatte Lillard den Alley-Oop-Regen der drei Guards eingeleitet. "Wir haben darüber im Huddle gesprochen", erklärte Lillard später. "Das war das einzige, was choreographiert war, denn wir können das nur von einer Seite", so Curry.

Deutlich öfter begeisterten die beiden mit ihrem Shooting und in erster Linie den bereits angesprochen Half-Court-Shots. Bei Team Durant versuchte Zion Williamson mit mehreren Oops dagegenzuhalten, allerdings endeten ein paar davon auch mehr mit einem "Ups" und am Ring. Zudem verzeichneten auch LeBron und Giannis ein paar krachende Dunks.