Die NBA Trade Deadline war eine wilde Achterbahnfahrt mit insgesamt 16 Trades - zwei mehr als der vorige Rekord für einen Deadline Day. Neben angriffslustigen Nuggets und mutigen Magic brachte die Deadline einen verzweifelten und zugleich hoffnungsvollen Ex-50-Punkte-Scorer sowie viele Fragezeichen bei den Rockets oder Celtics.
Die Gewinner und Verlierer der Trade Deadline.
NBA - Die Gewinner der Trade Deadline
Denver Nuggets
Verletzungssorgen bei den großen Favoriten wie den Los Angeles Lakers und Brooklyn Nets, dazu die Wirrungen einer Corona-beeinträchtigen Saison - selten war das Titelrennen so offen wie in dieser Saison. Die Denver Nuggets wollen dies ganz offensichtlich ausnutzen und schalteten vor der Trade Deadline komplett in den Angriffsmodus.
Von allen potenziellen Titelanwärtern haben die Nuggets am Donnerstag den größten Sprung gemacht. Mit dem Trade für Aaron Gordon von den Magic adressierte der aktuell Fünftplatzierte der Western Conference eine große Schwäche, die nach dem Abgang von Jerami Grant in der Offseason entstand: die Defense auf dem Flügel.
Gordon sollte mit seiner Vielseitigkeit und seinem defensiven Potenzial der nach Cleaning the Glass im unteren Drittel der Liga rangierenden Nuggets-Verteidigung (Platz 20) einen Schub geben. Er kann in potenziellen Playoff-Matchups selbst einen LeBron James oder einen Kawhi Leonard zumindest arbeiten lassen.
Zudem ist der 25-Jährige nicht nur eine Leihe bis Saisonende, sondern steht bis 2022 unter Vertrag. Seine Rolle in der Offense im Schatten von Nikola Jokic und Jamal Murray muss er annehmen, das sollte bei einem Contender aber einfacher sein, als es in Orlando der Fall war.
Gemeinsam mit dem Upgrade auf der Position des Backup-Centers, JaVale McGee, haben sich die Nuggets hervorragend positioniert, um bis zum Ende der Saison in der Tabelle nach oben zu klettern - vor allem, da LeBron noch eine Weile ausfallen wird.
Miami Heat
Bei Kyle Lowry gingen die Heat leer aus, in Anbetracht des enormen Preises, den die Raptors angeblich forderten, ist das langfristig gesehen aber vielleicht auch gar nicht schlecht. Stattdessen verstärkte Miami seinen Kader in den vergangenen Tagen mit Trevor Ariza, Nemanja Bjelica und Victor Oladipo und gab dafür quasi nur einen echten Rotationsspieler (Kelly Olynyk) ab. Dazu kommt wahrscheinlich auch noch LaMarcus Aldridge auf dem Buyout-Markt.
Klar, Oladipo muss erst noch zeigen, was er noch im Tank hat. Doch in Miami sollten zumindest die Grundvoraussetzungen besser passen, am South Beach muss er nicht die Offense als Nr.1-Option alleine stemmen. Gerade in Sachen Effizienz wird sich 28-Jährige neben Butler, Bam und Co. deutlich verbessern. Defensiv und mit seiner Einstellung wird er ohnehin nach Miami passen - und vielleicht verzichtet er nach einem Gespräch mit Godfather Pat Riley ja auch auf seine Max-Forderungen in der Free Agency.
NBA Trade Deadline: Alle Deals und Gerüchte zum Nachlesen!
Die Fans der Chicago Bulls
Trey Kerby, ein Teil der "No Dunks"-Crew von The Athletic und bekennender Bulls-Fan, pflegt in dieser Saison gerne und auch im Vergleich zu den Vorjahren öfters zu sagen: "The Bulls are back!" Ein ähnlicher Ausruf dürfte ihm und vielen Gleichgesinnten auch am Donnerstag über die Lippen gekommen sein, als Chicago mit dem Trade für Nikola Vucevic für den ersten großen Schocker der Deadline sorgte.
Gewinnen die Bulls mit diesem Kader den Titel? Vermutlich nicht. Doch nach vier Jahren Playoff-Abstinenz kehrt zumindest die Euphorie und die Vorfreude auf Basketball im Mai zurück in die Windy City. Die Offense um Vucevic und Zach LaVine könnte Spaß machen, mit Daniel Theis kam eine weitere gute Option für den Frontcourt. Die Bulls sind im Vergleich zum Vortag ein besseres Team.
Der Abgang von Wendell Carter Jr. und die Erstrundenpicks 2021 und 2023 sollten verschmerzbar sein, Vooch steht bis 2023 unter Vertrag, der dazu auch noch teamfreundlich ist (sein Gehalt nimmt stetig ab). In den kommenden Jahren sollte Chicago also wieder regelmäßig im Kreis der Playoff-Anwärter zu finden sein. Das ist für die Bulls-Fans schon mal ein Gewinn.
Die Orlando Magic der Zukunft
Schon im Vorfeld der Trade Deadline gab es Stimmen, die einen kompletten Rebuild der Magic forderten und eine Abkehr von der Mittelmäßigkeit - und damit auch einen Trade von Vucevic. Dass es tatsächlich so kam, war nach der Gerüchtelage der vergangenen Tage dann aber doch überraschend.
Die Verantwortlichen nutzten die Gunst der Stunde, um ihren All-Star-Center dann zu verkaufen, als sein Trade-Wert am höchsten war. Mit dem Gegenwert für Vucevic, Evan Fournier und Aaron Gordon mit insgesamt drei Erst-, zwei Zweitrundenpicks sowie jungem Talent wie Carter Jr. oder R.J. Hampton kann man in Florida durchaus zufrieden sein - auch wenn Sam Presti da mit mittlerweile ungelogen 34 Picks (!!!) in den kommenden sieben Jahren (jeweils 17 Erst- und Zweitrundenpicks) nur müde lächeln kann.
Solch eine Entscheidung erfordert Mut. Der Basketball in den kommenden Wochen und Monaten wird in Orlando nicht besonders schön anzuschauen sein, doch darum geht es erst einmal nicht. Wichtiger ist eine gute Ausgangssituation für die Draft-Lottery (die Magic haben alle ihre eigenen zukünftigen Picks). Manchmal wird dort solch ein Mut belohnt.
NBA - Die Verlierer der Trade Deadline
Houston Rockets
Vor drei Monaten hatten die Houston Rockets den vielleicht besten Offensiv-Spieler der Liga in ihren Reihen, einen veritablen Superstar, der die Franchise in den Jahren zuvor teils im wahrsten Sinne des Wortes im Alleingang getragen hat. Diesen James Harden tauschte Houston ein für letztlich ... Dante Exum, Kelly Olynyk, Avery Bradley, immerhin vier, aber wahrscheinlich späte Erstrundenpicks und fünf Pick-Swaps, die möglicherweise gar nicht genutzt werden. Das war's?
Nach den vergangenen Wochen, in denen nicht nur Houston, sondern explizit auch Oladipo mit enormen Problemen zu kämpfen hatte, ist der Trade-Wert des Guards offenbar in den Keller gefallen. Viel mehr als das Heat-Angebot war wohl einfach nicht mehr drin. Insgesamt muss aber festgehalten werden, dass als Gegenwert für Harden am Ende einfach viel zu wenig in Houston landete. Die Rockets werden auf lange Zeit einen Platz im Tabellenkeller für sich reserviert haben.
Boston Celtics
Zugegeben, der Trade für Evan Fournier für Jeff Teague und zwei Zweitrundenpicks wird den Celtics rein sportlich gesehen helfen. Doch von dem angeblich anvisierten Blockbuster für Aaron Gordon fehlte jede Spur. Es ist fast schon ein Running Gag, wie GM Danny Ainge die ganz großen Fische anvisiert und dann am Ende doch wieder leer ausgeht.
Außerdem: Der zweite Trade um Daniel Theis zu den Bulls im Rahmen eines Drei-Team-Deals wird den Celtics rein sportlich gesehen schmerzen. Hinter dem Deal stecken finanzielle Gründe, Boston wollte die Luxussteuer vermeiden, doch auf dem Parkett ist es ein Downgrade.
Die Kelten hoffen wohl darauf, dass Robert Williams langfristig in die größere Rolle als Starting Center schlüpfen kann. Kurzfristig, also in dieser Saison, ist erstmal fraglich, ob Boston wirklich eine Antwort auf die aktuellen Probleme gefunden und sich zur Deadline verbessert hat.
gettyLos Angeles Lakers
Faul waren die Lakers zur Deadline sicherlich nicht, offenbar war GM Rob Pelinka bis in die letzten Minuten in Verhandlungen mit den Raptors um Kyle Lowry verstrickt. Doch am Ende war ihnen der geforderte Preis wie offenbar allen Konkurrenten zu hoch, der Knackpunkt war angeblich Talen Horton-Tucker. Es lässt sich sicher streiten, ob der 20-Jährige der Knackpunkt in einem solchen Deal sein sollte.
Letztlich konnte sich L.A. also nicht verstärken, während von der Konkurrenz aus dem Westen vor allem Denver mit seinen Deadline-Deals den Druck verstärkte. Dass Shams Charania (The Athletic) am selben Abend auch vermeldete, dass LeBron James wohl vier bis sechs Wochen ausfallen wird, half der Gemütslage in Hollywood nur bedingt.
Da auch Anthony Davis vorerst weiterhin fehlen wird, könnten die Lakers in den kommenden Wochen Probleme bekommen. Positiv anzumerken ist aber immerhin, dass zum Beispiel Andre Drummond nicht getradet wurde. Auf dem Buyout-Markt bietet sich den Lakers also noch die Möglichkeit, Verstärkung an Land zu ziehen. Die sollten sie nutzen.
Toronto Raptors
Die Raptors kommen an dieser Stelle noch als "Mini-Verlierer" weg. Denn beim Trade von Norman Powell machte Raptors-Boss Masai Ujiri einen sehr guten Job. Gary Trent Jr. ist ein 22-jähriges Talent mit viel Potenzial, das gemeinsam mit Fred VanVleet und Pascal Siakam wachsen kann - sofern er im Sommer als Restricted Free Agent gehalten wird. Rodney Hoods Einfluss wird sich dagegen wohl in Grenzen halten.
Auch der Nicht-Trade von Kyle Lowry ist alles andere als ein Weltuntergang, in erster Linie aus sentimentaler Sicht. Doch ein später Playoff-Push und ein frühes Aus in der Postseason als höchstes der Gefühle (wenn überhaupt) macht auch mit Lowry im Raptors-Trikot die Situation langfristig nicht besser. Dazu wurden in Matt Thomas und Terrence Davis zwei Rotationsspieler quasi für nichts abgegeben.
Die Raptors müssen nun hoffen, dass sie per Sign-and-Trade im Sommer einen Gegenwert für den 35-Jährigen bekommen. Und dass Ujiri, dessen Vertrag ausläuft, weiterhin Lust hat, die Geschicke der Franchise zu leiten.
Terrence Ross
Während Orlando den Holzhammer rausholte und vier Fünftel der Starting Five verschiffte (Al-Farouq Aminu zieht gemeinsam mit Vooch nach Chicago um), verfolgte Terrence Ross das Geschehen mit einer Mischung aus Verzweiflung und Resignation. Solange die jungen Talente der Magic wie Markelle Fultz oder Jonathan Isaac noch verletzt fehlen, steht Ross allein auf weiter Flur.
Dankenswerterweise teilte der 30-Jährige seine Gefühlswelt mit der Twitter-Gemeinte - und einer fetten Portion Galgenhumor. Immerhin: Der Ball gehört künftig Ross. Und zwar nur Ross. Eine gewisse Vorfreude auf das nächste 50-Punkte-Spiel seiner Karriere war ihm anzumerken ...