Es war ein schmaler Grat, auf welchem die Bucks in der Schlussphase wanderten. Die Gäste aus Milwaukee lagen fast das komplette Spiel hinten, führten in der letzten Minute des vierten Viertels plötzlich mit 4 Punkten. Der extrem heiße Kevin Durant verkürzte dann auf -2, die Bucks vergaben, hatten aber den Rebound.
2 Sekunden blieben auf der Shotclock, 8 Sekunden waren noch auf der Spieluhr. Milwaukee nahm eine Auszeit, doch Brook Lopez, gefangen in der Ecke mit dem Ball in der Hand, schaute gar nicht auf den Korb. Nach Jahren voller Enttäuschungen schien es so, als würden die Bucks erneut eine Serie aus der Hand geben.
Die Messer waren schon gewetzt, Mike Budenholzer entlassen, wenn, ja wenn Durant nicht wenige Momente später bei seinem möglichen Gamewinner auf der Dreierlinie gestanden hätte. Doch so gab es die Verlängerung und auch dort sah es zunächst nicht gut aus. P.J. Tucker holte sich aus Frust ein dummes sechstes Foul ab, die Bucks trafen keine guten Entscheidungen mehr und blieben über vier Minuten ohne Punkt.
Nets vs. Bucks, Spiel 7: Hier gibt es die Highlights der Partie.
Milwaukee Bucks: Nervenstärke und viele Minuten
Es war alles angerichtet für eine weitere Enttäuschung, aber diesmal lief es anders. Lopez, oft aufgrund seiner fehlenden Mobilität gerügt, blockte einen Wurf von Durant, Giannis traf aus dem Post einen Hookshot über die ausgestreckten KD-Arme. Und dann war da auch noch Khris Middleton, der drei Viertel lang nur Fahrkarten schoss, im entscheidenden Moment aus der Mitteldistanz aber zur Stelle war.
Endlich zeigten die Bucks die Nervenstärke, die ihnen viele vor dieser Serie, vor diesen Playoffs nicht zugetraut hätten. Selbst Giannis war sich in dieser Hinsicht vor den Playoffs unsicher. "Ich weiß nicht, ob sich etwas geändert hat, die Resultate werden es zeigen", sagte der Grieche vor der Heat-Serie, als er gefragt wurde, was denn in diesem Jahr bei den Bucks anders sei.
Nach der Serie gegen die Nets lässt sich festhalten: einiges! Coach Mike Budenholzer tat endlich das, was alle gefordert hatten, er ritt seine Starter. Antetokounmpo spielte 50, Middleton sogar über 52 Minuten. Nur Tucker, der ausfoulte, knackte die 40 nicht. Coach Bud ließ nur sieben Akteure spielen, wenn man die 51 Sekunden von Thanasis Antetokounmpo ausklammert.
Bucks: Giannis Antetokounmpo zeigt es seinen Kritikern
"Diese Jungs wollten unbedingt gewinnen. Sie haben einen Weg gefunden, auswärts ein Spiel 7 zu gewinnen. Sie haben wichtige Plays am Ende gemacht und wir brauchten sie alle", lobte Budenholzer seine Stars.
Den Löwenanteil übernahm Antetokounmpo, der 40 Punkte, 13 Rebounds und 5 Assists auflegte, ein Novum in einem Spiel 7, welches gewonnen wurde. Der Grieche nahm zwar wieder sechs Dreier, doch ansonsten attackierte er unnachgiebig den Korb. Das ist zum Beispiel ein Unterschied zu Ben Simmons von den Sixers. Antetokounmpo hat keine Angst, gefoult zu werden, auch wenn der Trip an die Linie für ihn unangenehm ist.
Die Fans der Nets zählten gnadenlos die Sekunden bei jedem Giannis-Freiwurf, selbst als dieser kurz vor Beginn der zweiten Halbzeit Trainingswürfe nahm. 8/14 war eine annehmbare Quote für den zweifachen MVP, der 1/5 startete, dann aber seinen Rhythmus fand. Gleichzeitig hielt er seine Farben im dritten Viertel mit 16 Zählern im Spiel, als es so schien, als ob die Nets das Momentum erlangen würden.
"Wir haben unser ganzes Leben lang hart gearbeitet für diesen Moment. Ich wollte, dass sich dem jeder bewusst war und es genießt. Wir sind für diese Momente gemacht", gab sich Antetokounmpo nach dem Spiel nun deutlich selbstbewusster.
Bucks: P.J. Tucker als Mentalitätsmonster
Das versprühte auch Pat Connaughton, der als einziger Bankspieler beider Teams überhaupt scorte und drei Dreier traf, die allesamt Momentumkiller für die Bucks waren. Womöglich war es auch die Initialzündung für Middleton und Jrue Holiday, die drei Viertel lang kein Scheunentor trafen (zusammen 6/36 FG).
Im Schlussabschnitt waren sie plötzlich da, erzielten 20 der 27 Bucks-Punkte in diesem Viertel und gaben dem Team den dringend benötigten Punch, um gegen einen erneut famosen Durant gegenhalten zu können. Selbst P.J. Tucker war irgendwann mit seinem Latein am Ende, auch wenn der Ex-Bamberger kratzbürstig wie eh und je agierte.
11 Punkte (4/9 FG), 5 Rebounds, 3 Steals und 2 Blocks legte der Oldie auf, sein Einfluss auf das Spiel war gefühlt um ein Vielfaches höher, auch wenn er sich teils unglückliche Fouls abholte. Der Trade mit Houston hat sich schon jetzt bezahlt gemacht, Tucker kann sein Level in wichtigen Spielen tatsächlich so hoch schrauben, dass er selbst dem besten Scorer auf diesem Planeten Probleme bereiten kann.
Milwaukee Bucks: Nur noch acht Siege
Tucker gibt dieser Mannschaft noch einmal eine Toughness, die in den Vorjahren womöglich fehlte, auch wenn der Weg noch lange nicht zu Ende ist: "Wir haben gerade erst angefangen und es wartet noch eine Menge Arbeit auf uns." Faktisch richtig, denn den Bucks fehlen zu ihrem großen Traum noch weitere acht Siege.
Nun gilt es, die Akkus aufzuladen, die Conference Finals beginnen erst in der Nacht auf Donnerstag. Den Gegner spielen in der Nacht auf Montag die Philadelphia 76ers und die Atlanta Hawks aus, beide sind eher schwächer als die Nets einzuschätzen. Für Milwaukee spielt es keine Rolle. Man kann argumentieren, dass die Bucks die Serie viel früher hätten entscheiden müssen, am Ende wird danach niemand mehr fragen. Toronto siegte auf dem Weg zur Championship 2019 in Runde zwei dank Kawhis Wurf, eine Runde später brauchte es zwei Verlängerungen, um überhaupt auf 1-2 zu stellen.
Gegner damals: Die Milwaukee Bucks. Noch heute dürfte diese Pleite schmerzen, in den kommenden Wochen haben Giannis und Co. die Chance, diese Erinnerung auszuradieren. Antetokounmpo gab bereits die Marschrichtung vor: "Unser Job ist noch nicht erledigt".