Die tankenden Teams im Westen waren vor der Saison recht einfach zu identifizieren. Die Oklahoma City Thunder, die Houston Rockets und womöglich mit Abstrichen die San Antonio Spurs, das waren die Mannschaften, welchen die meisten im Keller des Westens erwarteten.
Und bisher scheinen diese Prognosen korrekt zu sein, besagte Franchises belegen die Plätze zwölf, 13 und 14 im Westen. Noch schlechter? Die New Orleans Pelicans, welche im dritten Jahr der Ära Zion Williamson nach zwei enttäuschenden Jahren wieder einen Schritt nach vorne machen wollten.
Die Realität ist eine andere. New Orleans hat neun der ersten zehn Spiele verloren, wobei der Spielplan nicht einmal undankbar war. Aus je zwei Duellen mit Minnesota und Sacramento darf ruhig mehr als ein einzelner Sieg herausspringen, tat es aber nicht. Dabei hilft es natürlich nicht, dass Franchise-Star Zion Williamson mit einem Fußbruch noch kein Spiel absolvieren konnte und wohl noch ein paar Wochen fehlen wird.
Pelicans: Ohne Zion und Ingram nicht konkurrenzfähig
Der 21-Jährige ist selbstverständlich der Fixpunkt der Mannschaft, jedes Team hätte Probleme, wenn der beste Spieler fehlt, doch die Chancenlosigkeit, mit der New Orleans Spiel um Spiel verliert, ist bedenklich. "Wir müssen einfach besser werden", verfing sich Rookie-Coach Willie Green nach einer 100:112-Schlappe in Sacramento in Floskeln. "Es gibt keine Ausreden."
Keine 24 Stunden später wurden die Pelicans mit 126:85 von den Golden State Warriors aus der Halle geprügelt. Neben Williamson fehlte zuletzt auch Brandon Ingram mit einer Hüftverletzung, doch auch mit BI stehen die Pels bei 1-5. Wie es scheint, fehlt dem Kader die Qualität, vor allem in der Breite.
Gerade in dieser Hinsicht hat die Franchise unter Boss David Griffin Fehler gemacht. In Jrue Holiday und Lonzo Ball wurden zwei gestandene, überdurchschnittliche Guards abgegeben, der Gegenwert beschränkt sich im aktuellen Kader auf Jonas Valanciunas, Tomas Satoransky und Garrett Temple. Hier gibt es noch eine komplette Übersicht aller Moves seit der Ankunft von Griffin im Sommer 2019.
Pelicans: Der Ball-Abgang bleibt ein Rätsel
Vor allem die Entscheidung, Lonzo Ball gen Chicago ziehen zu lassen, bleibt eines der größeren Rätsel dieser Offseason. Eine echte Erklärung für diesen Move gibt es weiterhin nicht. Der 23-Jährige hatte eine gute Chemie mit Williamson und legte Bestwerte bei versuchten und getroffenen Dreiern auf - bei der besten Quote seiner Karriere.
New Orleans hatte die Rechte an Ball, hätten jedes Angebot mitgehen können, doch stattdessen wurde ein Sign-and-Trade-Deal mit Chicago eingefädelt, obwohl 80 Millionen Dollar für vier Jahre alles andere als ein fauler Apfel waren. Nun könnte New Orleans auch noch Ärger drohen, da dieser Deal ob der "schnellen" Einigung mit Chicago von der Liga wegen illegaler Verhandlungen untersucht wird. Stattdessen wurde in Devonte' Graham ein zwar wurffreudiger Guard geholt, der mit seiner Größe aber defensiv immer eine Zielscheibe mit sich herum tragen wird.
Dass die Pelicans dafür einen Erstrundenpick abgaben, macht es nicht besser. Der Vertrag ist dennoch fair und Graham ist neben Ingram und Valanciunas der bislang beste Spieler der Saison, aber inwieweit der Point Guard in die langfristigen Pläne des Teams passt, ist unklar.
New Orleans Pelicans: Der Rebuild stockt
Womöglich war es auch einfach eine Wette auf die Entwicklung von Nickeil Alexander-Walker. Dem Guard trauten nicht wenige in dieser Spielzeit einen großen Sprung zu, diesen gab es bislang jedoch nicht. NAW hat weiterhin den Hang zu überdrehen, bei einer eFG% von gerade einmal 42 Prozent ist das kein Rezept für langfristigen Erfolg. Ähnlich sieht es bei Jaxson Hayes aus, der noch weit davon entfernt ist, mal Starter auf der Fünf zu sein und zuletzt nach schwachen Leistungen fast vollständig aus der Rotation purzelte.
Alexander-Walker (#17) und Hayes (#8) waren 2019 Griffin-Picks, sie waren der Ertrag dafür, dass New Orleans den vierten Pick hergab, während sich Atlanta De'Andre Hunter schnappte. Dieser spielt als überqualifizierter 3-and-D-Verteidiger eine starke Saison und ist fester Bestandteil der Zukunft in Atlanta.
Die Hawks werden immer wieder als Beispiel dafür genannt, wie ein Rebuild funktionieren kann, marschierten sie doch in Trae Youngs dritter Saison bis in die Conference Finals. Die Pelicans sind davon Lichtjahre entfernt. Außer Williamson und Ingram hat die Franchise wenig vorzuweisen (die neuen Rookies Herb Jones und Trey Murphy zeigen wenigstens Ansätze) und selbst bei diesem Duo ist unklar, ob die beiden sich auch wirklich gut ergänzen können.
Immerhin: Mit Williamson und Ingram auf dem Feld erzielten die Pels im Vorjahr über 4 Punkte pro 100 Ballbesitze mehr als der Gegner, Zion alleine sorgte für einen 7,2-Punkte-Swing.
Um für mehr Stabilität zu sorgen, jagten die Pelicans im Sommer Free Agents wie Kyle Lowry oder Chris Paul. Wenig überraschend entschieden sich aber beide Spielmacher anders. "Wir wollen Spiele gewinnen", kündigte Griffin trotz der mauen Free Agency vor der Saison an und verwies dabei auch auf die Phoenix Suns, welche nach zehn Jahren ohne Playoffs bis in die Finals marschierten.
Pelicans: Die Angst vor dem Zion-Abgang
"Als junges Team hatten wir in den letzten beiden Jahren Probleme, aber wir haben versucht, beständig an unseren Aufgaben zu wachsen." Nach den ersten zehn Spielen ist davon nur wenig zu sehen. Williamson sollte als Point Forward dafür sorgen, aber der 21-Jährige hat in dieser Saison noch nicht einmal mit dem Team trainiert und die Bilder vom Media Day lassen vermuten, dass die offiziellen 129 Kilo im Media Guide eher Wunschdenken sind.
Gleichzeitig ist der Kader auch nicht optimal auf Zions Stärken abgestimmt. Es mangelt noch immer an Shooting, selbst wenn Valanciunas als Center nun mehr Versuche nimmt. Die Teile passen noch lange nicht zusammen und das ist unabhängig vom 1-9-Start mehr als beunruhigend.
Seit Williamsons Ankunft wird immer wieder spekuliert, wie lange der Top-Pick New Orleans tatsächlich erhalten bleiben wird. Das geht sogar so weit, dass sich einige Experten fragen, ob Zion überhaupt eine maximale Rookie Extension akzeptieren würde. Newsflash: Er wird das Geld nehmen, vor allem ob seiner Verletzungshistorie. In einer Zeit, in welcher die Free Agency an Einfluss verliert und Trades die Liga prägen, wird Williamson im Zweifel früher oder später seinen Willen bekommen, wenn er denn tatsächlich seine Zelte abbrechen möchte.
Das Rezept, um Williamson langfristig zu binden, ist simpel und lautet Erfolg. Erfolg, welchen die Pelicans nicht haben und weswegen der Druck steigt. In Green hat Zion nun nach Alvin Gentry und Stan Van Gundy den dritten Coach in seinem dritten Jahr, dazu gibt es immer wieder Berichte über Unstimmigkeiten zwischen Management, Ärzten und der Familie. Dieser Artikel aus der New Orleans Time-Picayune malt dabei ein eher düsteres Bild.
Pelicans: Die Saison steht schon jetzt auf dem Spiel
Solange Zion fehlt, wird sich daran auch nichts ändern. Mindestens zwei Wochen werden die Pels noch ohne ihren Hoffnungsträger auskommen müssen, langsam wird es auch ohne Zion Zeit, Siege einzufahren. Ansonsten könnte der Play-In-Tournament-Zug schneller abfahren, als es der Franchise lieb ist.
Der Rückstand auf Platz zehn beträgt schon jetzt vier Spiele und der Spielplan wird auch nicht leichter. Mit Dallas, Brooklyn, Washington oder Miami warten in den kommenden sechs Partien gleich vier Gegner, die gut aus den Startlöchern gekommen sind. Die Chancen auf eine schnelle Wende dürften gering sein.
So bleiben für den Moment nur Durchhalteparolen übrig: "Die Saison ist lang und wir sollten jetzt nichts überbewerten", meinte Coach Green. "Es ist ein weiter Weg und wir haben viel Luft nach oben. Diese Jungs arbeiten und bald werden wir auch als Team besser werden." Viel schlechter kann es für den Moment auch nicht werden.
Man kann die Sache aber auch anders sehen. Womöglich wäre eine schlechte Saison und ein weiterer hoher Pick mehr Segen als Fluch, um die Talentbasis noch einmal zu erweitern. Die Frage ist nur, wie lange die Geduld von Williamson und dessen Camp strapaziert werden kann. Wie man es auch dreht, es wirkt wie ein Kampf, welchen die Franchise nicht gewinnen kann.