Manche Basketballer haben einfach dieses gewisse Etwas, das ihnen den größtmöglichen Respekt ihrer Profi-Kollegen einbringt. In einzelnen Fällen springen die Medien, die Fans, gar manche Scouts oder Coaches erst viel später auf den entsprechenden Hype-Train auf. In diesem Fall gehört kein Geringerer als Stephen Curry zu den Lockführern.
"Er liebt Darius Garland, und zwar sehr", plauderte Reporterlegende Jackie MacMullan wenige Wochen vor dem Saisonstart im "Bill Simmons Podcast" aus dem Nähkästchen. Der Warriors-Star habe im Sommer den Kontakt zu Garland gesucht, verriet MacMullan, ihn mit Tipps und Tricks versorgt und sehe in ihm ohne Zweifel einen "kommenden Star".
Die Lobeshymne über mehrere Ecken überraschte schon ein wenig, zuvor war von Currys Affektion gegenüber dem Guard der Cleveland Cavaliers wenig bekannt. Und Garland hatte zwar im zweiten Jahr seiner NBA-Karriere deutliche Verbesserungen nach einer katastrophalen Rookie-Saison gezeigt, vom Star-Level war er zu diesem Zeitpunkt aber doch ein ganzes Stück entfernt.
Mittlerweile muss man jedoch sagen: Diese Lücke wird immer kleiner und Currys Chancen, recht zu behalten, steigen gefühlt von Spiel zu Spiel. Im ersten Saisonviertel hat Garland seine basketballerische Evolution in beeindruckender Manier fortgesetzt. Mittlerweile sind Curry und die Cavs-Fans nicht mehr alleine auf dem Hype-Train.
Cleveland Cavaliers: Gleich mehrere positive Überraschungen
Nicht nur Garland, die Cavs generell zählen zu den positiven Überraschungen der bisherigen Saison. Nach so manchen Aufs und Abs steht Cleveland derzeit bei einer Bilanz von 14 Siegen zu 12 Niederlagen auf dem 7. Rang in der Eastern Conference. Die Playoffs, zumindest das Play-In-Turnier, scheinen tatsächlich machbar.
"Wir sind da. Wir sind keine Versager mehr", verkündete Garland entsprechend freudetrunken nach einem 19-Punkte-Comeback gegen die Celtics Mitte November. Zwar folgte anschließend eine Niederlagenserie von fünf Spielen, dann antwortete Cleveland aber mit vier Siegen in Serie, bevor gegen schwierige Gegner und in teils engen Duellen erneut zwei Partien verloren gingen und dafür nun die Bulls eindrucksvoll in Schach gehalten wurden.
Das Auf und Ab ändert aber nichts daran, dass die Stimmung in Cleveland eine ganz andere ist als noch in den Vorjahren. Seit dem Abschied von LeBron James 2018 gewannen die Cavs nur 19, 19 und 22 Spiele, doch mit den Zeiten im Tabellenkeller soll es vorbei sein. "Niemand kommt mehr nach Cleveland und überrollt uns einfach so. Wir kämpfen, jede Nacht", erklärte Garland.
Es ist nicht nur der Kampf, der Cleveland den starken Saisonstart bescherte. Vielmehr ist es Nr.3-Pick Evan Mobley, der die Liga begeistert. Ein Lineup mit drei Bigs um Mobley, Jarrett Allen und Lauri Markkanen, das die moderne NBA überrascht. Die viertbeste Defense der Association (105,5 zugelassene Punkte pro 100 Possessions laut Cleaning the Glass) - und eben ein Darius Garland, der auf der anderen Seite des Courts die Fäden zieht.
Cavs-Youngster Darius Garland: Von den Besten gelernt
Resultiert die starke Verteidigung in erster Linie aus dem Ringschutz des dreiköpfigen Big-Man-Lineups, ist die Offense enorm von Garland abhängig. Mit dem 21-Jährigen auf dem Court legt Cleveland ein Offensiv-Rating von 111,3 aufs Parkett - ohne ihn beträgt es mickrige 99,7. Die Bedeutung Garlands für die Cavs-Offense hat sich seit dem Saisonaus von Backcourt-Kollege Collin Sexton nur noch weiter verstärkt.
Garland ist nun der primäre Ballhandler und dieser Rolle wird er mehr als gerecht. Im Vergleich zur Vorsaison hat er in nahezu allen Bereichen einen deutlichen Sprung hingelegt, er glänzt im Pick'n'Roll, mit seinem Shooting, aber auch mit seinem Passing. Das sieht auch Teamkollege Allen so: "Es fühlt sich so an, als ob er mit jedem einzelnen Spiel besser wird. Egal ob es beim Passing, beim Scoring oder beim Lesen der Defense. Er macht enorme Fortschritte, es macht Spaß, ihm dabei zuzusehen."
Seine Entwicklung lässt sich in den Statistiken ablesen, aber nicht nur. Zu seinen Karrierebestwerten bei den Punkten (19,5), Assists (7,2) und True Shooting (58,8 Prozent) gesellt sich eine neue Abgeklärtheit als Leader des weitestgehend jungen Teams. Dabei half ihm sein Sommer beim Team Select, das als Sparringspartner für Team USA bei der Vorbereitung auf die Olympischen Spielen fungierte. Da habe er sich einiges abgeschaut, erklärte Garland, sowohl auf als auch neben dem Court.
In seinem dritten Jahr in der Liga ist er zum Topscorer der Cavs gewachsen, der mittlerweile die Balance, nach seinem eigenen Wurf zu schauen und die Teamkollegen in Szene zu setzen, viel besser meistert. Bestes Beispiel ist sein brandgefährlicher Floater, der auch gerne mal zum Lob-Anspiel umfunktioniert wird.
NBA: Die Entwicklung von Darius Garland in seinen ersten drei Jahren in der Liga
Saison | G / MIN | Punkte | Rebounds | Assists | Turnover | FG% | 3FG% |
2019/20 | 59 / 30,9 | 12,3 | 1,9 | 3,9 | 2,6 | 40,1 | 35,5 |
2020/21 | 54 / 33,1 | 17,4 | 2,4 | 6,1 | 3,0 | 45,1 | 39,5 |
2021/22 | 24 / 34,5 | 19,5 | 2,9 | 7,2 | 3,9 | 47,0 | 39,2 |