Welcher NBA-Star muss vor der Trade Deadline überraschend die Koffer packen? Werden die Warriors in den kommenden Tagen nochmal aktiv? Die Rückkehr des NBA Mailbags steht ganz im Zeichen der Trade Deadline. Ebenfalls mit dabei: die Frage aller Fragen.
Bucks, Suns, Warriors oder doch jemand ganz anderes ... wer macht es denn nun in den NBA Finals 2022? Und wie würde Ben Simmons in Atlanta oder Minnesota passen?
SPOX-Redakteur Philipp Jakob beantwortet Eure Fragen rund um die beste Basketballliga der Welt. Fragen für die nächste Ausgabe des NBA Mailbags könnt Ihr schon jetzt via Twitter an @ph_jakob richten.
NBA Mailbag: Wer könnte überraschend getradet werden?
Stefanie: Wer könnte vor der Trade Deadline noch überraschend getradet werden?
Und Dirkules: Denkst Du, es wird zur Trade Deadline einen großen Move geben oder bleibt es bei kleineren Deals?
Wäre vor einer Woche an dieser Stelle der Name James Harden gefallen, ich hätte mich selbst für verrückt erklärt. Dem Harden-Hickhack um einen Trade des Bärtigen zu dessem alten Buddy Daryl Morey nach Philadelphia vor der Trade Deadline am Donnerstag hat Nets-Coach Steve Nash nun aber (vorerst) einen Riegel vorgeschoben.
Dennoch wird zur Deadline der ein oder andere Hochkaräter das Team wechseln. "Großer Move" ist natürlich immer Definitionssache, aber ich denke da beispielsweise an die Pacers (dazu später mehr), an die Kings (De'Aaron Fox, Harrison Barnes) oder die Blazers (C.J. McCollum) die allesamt prominente Namen verscherbeln wollen. In diese Kategorie der Seller sollten auch die Washington Wizards gehören. Auch wenn es in der US-amerikanischen Hauptstadt etwas kompliziert ist.
Ich bin allerdings der Meinung, dass in Washington ein radikaler Schnitt her muss - und Bradley Beal am Ende die große Überraschung dieser Deadline sein könnte. Oder besser gesagt sein sollte. Doch von vorne: Die ersten Saisonwochen entfachten so etwas wie Euphorie, da war Franchise-Star Beal, da war ein in der Breite deutlich verbesserter Kader. Gut zwei Monate später, Mitte Januar, war nur noch das hier übrig: "Ich finde keine anderen Worte, außer peinlich."
Dieses Statement stammte von eben jenem Beal, nachdem Washington einen Vorsprung von soliden 35 Punkten gegen ein dezimiertes Clippers-Team hergeschenkt hatte. Der vorläufige Tiefpunkt einer enttäuschenden Saison, die gar mit dem Verpassen des Play-In-Turniers zu enden droht. Allen Beteiligten scheint klar, dass für dieses Team (24-29, Platz 24 in der Offense, Platz 20 in der Defense laut Cleaning the Glass) Veränderungen hermüssen.
Allerdings sträuben sich die Verantwortlichen bisher vor der Zäsur, vor dem Neuanfang ohne Beal. Unter anderem The Athletic und Marc Stein berichteten zuletzt übereinstimmend, das Front Office der Wizards - und wahrscheinlich allen voran Teambesitzer Ted Leonsis - verweigere sich solcher Gedankenspiele. Leonsis im Speziellen gilt als großer Kritiker des Tankings. Das Team soll stattdessen weiter um den 28 Jahre alten Guard als Eckpfeiler aufgebaut werden, der im Sommer eine lukrative Vertragsverlängerung bekommen soll.
gettyNBA - Bradley Beal und die Wizards vor der Trade Deadline: Vielleicht zu loyal?
Nur bieten sich kaum Optionen, wie aus diesem Team in naher Zukunft ein Titelanwärter entstehen soll. Die angeblich auf dem Trade-Markt verfügbaren Veteranen abseits von Beal - Montrezl Harrell, Spencer Dinwiddie, Thomas Bryant - sind nicht attraktiv genug, um einen hochkarätigen Gegenwert einzufordern. Und sollte Washington das junge Tafelsilber - Rui Hachimura, Deni Avdija - verscherbeln, um beispielsweise einen Domantas Sabonis oder einen Jerami Grant an Beals Seite zu stellen, wo führt das im Idealfall hin? Wenn's gut läuft in die zweite Playoff-Runde.
Mal ganz abgesehen davon, dass Hachimura und Avdija wohl nicht reichen werden, um einen der beiden von den Pacers beziehungsweise den Pistons loszueisen, da Washington aufgrund verschiedener Protections bei bereits abgetretenen Picks keinen First Rounder vor 2028 abtreten kann. Die Conference Semifinals können ohnehin nicht der Anspruch der Wizards sein, denn sie sind nicht der von Beal.
Zuletzt hieß es, ein langfristiger Verbleib des dreimaligen All-Stars in der US-amerikanischen Hauptstadt sei ungewisser denn je. Auch die Wizards sollten sich die Frage stellen, ob sie dem angehenden Free Agent wirklich den Supermax (5 Jahre/241 Mio. Dollar) vorlegen und ihm 48 Mio. pro Jahr, die Sphären eines Stephen Curry oder Giannis Antetokounmpo, bezahlen wollen. Schließlich hat Beal bislang nicht bewiesen, dass er ein Team als echte Nummer eins tragen kann. In dieser Saison gingen seine Zahlen sogar deutlich zurück.
Stattdessen ergibt es für Washington wohl am meisten Sinn, jetzt schon einen Gegenwert für Beal einzufahren und somit das Risiko zu vermeiden, deutlich weniger in einem Sign-and-Trade im Sommer zu bekommen. Ein Trade-Partner würde auch die vollen Bird-Rechte für Beal bekommen und könnte ihm entsprechend ebenfalls den Supermax auf den Tisch legen. Ob Beal bei dem jeweiligen Team verlängern würde, ließe sich im Vorfeld sicherlich klären.
Nach allem, was man in der Gerüchteküche so hört, ist ein Trade dennoch unwahrscheinlich. Washington würde Gespräche wohl nur dann starten, wenn Beal dies explizit fordert. Bislang blieb der Guard dem Team, das ihn 2012 an dritter Stelle draftete, loyal. Genauso wie die Wizards Beal loyal bleiben wollen. Das ist in der modernen NBA aller Ehren wert, doch es könnte beiden Seiten auf lange Sicht wehtun.
NBA Mailbag zur Trade Deadline: Was machen die Warriors?
Manuel: Sollen die Warriors zur Trade Deadline nochmal aktiv werden? Und wenn ja, wo ist der größte Need?
Um es mit den Worten von Draymond Green zu sagen: "Wir haben eine großartige Mannschaft, wir glauben an unser Team und wir haben einen tollen Mix aus Jugend und Erfahrung gefunden. Das ist zwar nicht mein Job, aber ich kann es mir nicht vorstellen, dass es [einen großen Warriors-Trade] zur Deadline geben wird. Und wenn doch, wäre ich schockiert."
Ich halte es hier mit Draymond. Die Dubs werden die Füße stillhalten und weiter auf dem Fundament aufbauen, das sie bereits haben. Dafür spricht auch der Blick in die Transaktions-Historie der Warriors: In den sechs Jahren vor dem Wiggins-Russell-Trade 2020, also auch in der Hochphase der jüngsten Dubs-Dynastie, hat GM Bob Myers keinen einzigen Trade während der regulären Saison eingefädelt.
Der wichtigste Midseason-"Neuzugang" ist ohnehin Klay Thompson. In San Francisco liegt nun erst einmal der Fokus darauf, den Splash Brother wieder ins Team zu integrieren und ihn möglichst nah an dessen Bestform zu den Playoffs zu bekommen. Ansonsten besticht der Warriors-Kader durch eine gute Mischung aus alter Strength-in-Numbers-Tiefe und der bestens bekannten Big Three.
Perspektivisch gilt das Thema "ins Team integrieren" auch für James Wiseman, wobei offen ist, wann der Center von seiner Knieverletzung zurückkehrt. Ein Trade des Nr.2-Picks von 2020 kann man allerdings ausschließen. Einerseits dürfte aufgrund der Verletzung - er hat in der laufenden Saison noch kein Spiel absolviert - sein Trade-Wert im Keller sein, andererseits sehen die Warriors in Wiseman genau wie in Jonathan Kuminga und Moses Moody weiterhin eine Art Verbindungsstück von der Curry/Thompson/Green-Ära in ein neues Zeitalter.
Das heißt aber natürlich nicht, dass man nicht am Warriors-Aufgebot feilen könnte. Aufgrund der ungewissen Wiseman-Rückkehr und der Rückenprobleme von Green sind die großen Positionen hinter Starting Center Kevon Looney dünn besetzt. Dieses Problem wird Myers aber wohl auf dem Buyout-Markt angehen.
NBA Mailbag: Abrissbirne oder Retooling bei den Pacers?
SPOX-User StrengthInNumbers: Soft oder Hard Rebuild bei den Pacers?
Bei den Wizards habe ich es schon durchklingen lassen, bei den Entscheidungen des Front Office reden ganz oft die Teambesitzer kräftig mit. Das führt nicht immer zu den langfristig gesehen besten Entscheidungen. In Person von Herb Simon hat in Indiana ein Teambesitzer die finalen Zügel in der Hand, der bislang dafür bekannt war, einen kompletten Rebuild unbedingt vermeiden zu wollen.
"Wir sind keine Franchise, die alles verschleudert, um einen besseren Pick zu bekommen", sagte Simon noch im Dezember, als Gerüchte über einen Rebuild bereits zirkulierten. "Wir haben unsere Teams immer so aufgebaut, ohne vorher alles einzureißen. Wir haben sie nach und nach verbessert. Das können wir wieder tun."
Diese Aussagen bestätigen die Gerüchte, dass die Pacers wohl nur einen aus dem Frontcourt-Duo Domantas Sabonis und Myles Turner gehen lassen möchten. Vieles deutete auf Turner als Kandidat Nummer eins hin, auch wenn dessen Fußverletzung seinem Trade-Wert einen Schlag versetzt hat. Es bräuchte aber wohl schon ein enormes Paket, um stattdessen Sabonis loszueisen.
Die Pacers sehen trotz der anhaltenden Trade-Spekulationen im Litauer offenbar einen wichtigen Baustein der eigenen Zukunft, um den das Team behutsam aufgebaut werden soll. Also scheint es auf einen soften Rebuild oder ein Retooling, wie es heutzutage so schön heißt, hinauszulaufen als auf die Abrissbirne.
Mit Chris Duarte und Isaiah Jackson hätte der zweimalige All-Star bereits vielversprechende junge Talente an seiner Seite. Durch den Trade von Caris LeVert, wahrscheinlich der erste von mehreren Deals, haben die Pacers immerhin einen späten Erstrundenpick aus Cleveland sowie einen hohen Zweitrundenpick aus Houston eingesackt und gleichzeitig Geld eingespart.
Allerdings wird Turner keinen Gegenwert abwerfen, der das Team in naher Zukunft auf ein ganz neues Level hievt. Selbst wenn Malcolm Brogdon - er kann wegen seiner Verlängerung nicht getradet werden - kommende Saison gesund bleibt, steht dieser Kader mit Detailverbesserungen um Sabonis für relativ teures Mittelmaß.
In den vergangenen sechs Jahren schaffte es Indiana fünfmal in die Playoffs, fünfmal war in der ersten Runde Schluss. Das ist durchaus als Erfolg zu bewerten, vor allem für einen kleinen Markt wie Indianapolis, viele Teams schaffen solch eine Konstanz nicht ... hust, Kings, hust. Doch viel mehr wird mit einem soften Rebuild auch in Zukunft nicht drin sein. Es wäre an der Zeit, dass sich Simon doch zu einem kompletten Neuaufbau durchringt.
NBA Mailbag: Ben Simmons bei den Wolves oder Hawks?
SPOX-User StrengthInNumbers: Sollten die Wolves oder Hawks für Ben Simmons traden? Würde er den Need von den beiden Teams erfüllen?
Der Need bei beiden Teams ist eigentlich klar: mehr Stabilität in der Defense. Simmons kann genau das bringen. Beginnen wir bei den Hawks, die laut Cleaning the Glass die viertschlechteste Defense der Liga stellen. Der Australier könnte dem jeweils besten gegnerischen Spieler das Leben zur Hölle machen, auf der anderen Seite des Courts klingt der Fit mit Trae Young ebenfalls vielversprechend.
Atlanta hätte mit einem Schlag zwei hervorragende Playmaker in seinen Reihen, Young würde mit seinem Shooting auch Off-Ball funktionieren, nur Clint Capela als strikter Zonen-Center wäre da nicht ideal. Der Schweizer ist aufgrund enttäuschender Auftritte und des Potenzials von Onyeka Okongwu, der allerdings ebenfalls an seinem Wurf arbeiten muss, ohnehin entbehrlicher denn je.
Dieses Problem hätten die Wolves nicht. Karl-Anthony Towns ist einer der besten Big Man Shooter der Liga - aller Zeiten ist vielleicht doch etwas übertrieben -, das Spacing sollte an der Seite von KAT weniger ein Problem sein. In den vergangenen Jahren war die Defense auch in Minnesota eine Schwachstelle, 2021/22 haben die Wolves aber starke Fortschritte gemacht. Simmons wäre individuell trotzdem ein Upgrade zu eigentlich allen Verteidigern in Minnesota und würde perfekt neben den Offense-First-Optionen Towns und Anthony Edwards passen.
Insgesamt gefällt mir der Fit in Minnesota etwas besser, die Frage ist nur: zu welchem Preis? Der scheint bislang viel zu hoch zu sein, ansonsten hätten vor allem die Wolves, die angeblich bereit sein sollen, Tobias Harris in einem Deal aufzunehmen, schon längst zugeschlagen. Was fehlt ist aber eben ein absoluter All-Star als Gegenwert, auf den Sixers-Boss Morey pocht. Seit ein potenzieller Harden-Trade ihn anlacht, wird es sowieso noch schwerer werden für die Konkurrenz, einen Deal zu landen.
Um das beispielsweise mit Draft-Picks auszugleichen, müssten die beiden Teams gefühlt ihre komplette Zukunft auf den Tisch legen. Das ist viel zu riskant - schließlich gibt es ja auch bei Simmons selbst genügend Fragezeichen. Angefangen bei seinem Shooting bis hin zu der Frage, ob der 25-Jährige, der sich angeblich einen Trade nach Kalifornien wünscht, überhaupt Lust auf die Twin Cities oder "The A" hätte.
Das Risiko eines Simmons-Trades bei dem geforderten Preis der Sixers wäre mir zu hoch. Vielleicht sind B-Lösungen wie ein Jerami Grant oder ein Marcus Smart die besseren Optionen. Allein deshalb, weil sie günstiger zu haben sind.
NBA Mailbag: Das ist der aktuelle Topfavorit auf den Titel
SPOX-User warrior23: Wenn Ihr wetten müsstet: Wer wird Meister?
Zum Schluss die Frage aller Fragen. Es klingt vielleicht langweilig, aber ich schätze die Chancen auf ein Rematch der letztjährigen Finals Stand jetzt als am realistischsten ein. Der amtierende Champion aus Milwaukee ist trotz eines teils holprigen Januars für mich der Favorit im Osten.
Giannis Antetokounmpo stampft mal wieder in bester MVP- und DPOY-Form durch die Liga, die restliche Big Three steht. Aus dem Vorjahr sind auch die wichtigsten Rollenspieler noch da - mit Ausnahme von P.J. Tucker und des verletzten Brook Lopez. Genau das könnte für die Bucks zum Stolperstein werden. Milwaukee sollte im Frontcourt Verstärkung an Land ziehen.
Schwachstellen muss man bei den Suns dagegen mit der Lupe suchen - und selbst dann wird es schwer. Das Gesamtpaket in Phoenix stimmt einfach mit einem überragenden Floor General in Chris Paul, einem tödlichen Scorer in Devin Booker, hervorragenden Rollenspieler wie Mikal Bridges, Jae Crowder und der soliden Bank sowie einem Center, der defensiv alles zusammenhält, in Deandre Ayton.
Das macht die Suns für mich zum aktuellen Titelfavoriten. Allerdings war die Liga selten so offen wir in dieser Saison. Gerade im Osten könnten potenzielle Trades oder der Buyout-Markt Verfolger nochmal interessant machen, schließlich sind die Bucks alles andere als der absolute Dominator der regulären Saison. Auch die Dubs bleiben für mich im Westen weit vorne in der Konversation. Wenn die Splash Brothers wieder heiß laufen und sich Green zurückmeldet, ist auch für Golden State vieles möglich.