NBA - 5 Fragen zum Playoff-Aus der New Orleans Pelicans: Endlich wieder positive Vibes - mit oder ohne Zion?

Robert Arndt
11. Mai 202210:30
Zion Williamson absolvierte in der abgelaufenen Saison kein einziges Spiel für die New Orleans Pelicans.getty
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Nach einem verkorksten Saisonstart haben die New Orleans Pelicans das Feld von hinten aufgerollt und sogar noch die Playoffs erreicht, obwohl Franchise-Star Zion Williamson kein einziges Spiel absolvierte. Es gibt wieder Hoffnung im Big Easy, unabhängig von Zion.

1. Wie ist die Saison der Pelicans zu bewerten?

"Es ist alles so frustrierend", ärgerte sich Pelicans-Coach Willie Green Ende November, als New Orleans von den Minnesota Timberwolves aus der heimischen Halle geschossen wurde (86:110). Zu diesem Zeitpunkt belegten die Pelicans den vorletzten Platz im Westen (Bilanz: 3-16) und schienen auf eine weitere verlorene Saison zuzusteuern.

Es sollte anders kommen, New Orleans fing sich auch ohne Zion Williamson (kein Saisonspiel wegen eines Fußbruchs), fädelte einen Trade für C.J. McCollum und Larry Nance Jr. ein, ließ die Los Angeles Lakers hinter sich und qualifizierte sich über zwei Play-In-Spiele sogar noch für die Playoffs, in denen sie dem besten Team der Liga, den Phoenix Suns, ordentlich Paroli boten. Man muss sich nur die Heimspiele anschauen und wird sofort erkennen, dass es diese Mannschaft endlich wieder geschafft hat, eine Euphorie in dieser von Football geprägten Stadt zu entfachen.

Und noch viel mehr: Es ist wieder eine Richtung zu erkennen, wie man über Jahre wettbewerbsfähig sein kann. Brandon Ingram überzeugte in seinen ersten Playoffs als Scorer, McCollum stellte einen guten Fit neben dem Forward dar. Dazu sorgten einige Moves von Boss David Griffin dafür, dass diese Mannschaft erstaunlich tief ist.

Vor allem im Draft 2021 hatte Griffin ein glückliches Händchen. Die drei Rookies, Trey Murphy (#17), Herb Jones (#35) und Jose Alvarado (sogar ungedrafted) spielten alle wichtige Minuten und machten mit ihrer erfrischenden, leidenschaftlichen Spielweise Lust auf mehr. Rookie-Coach Green schaffte es trotz all der Nebengeräusche rund um Williamson, eine verschworene Einheit zu formen.

"Sein Einfluss ist riesig", lobte Ingram nach dem Aus gegen die Suns. "Er hat stets ein offenes Ohr, hat uns aufgemuntert und ist trotz der anfänglichen Probleme immer positiv geblieben." Es gibt endlich wieder positive Vibes bei einer Franchise, die stets Gefahr läuft, seine besten Spieler zu verlieren und deren Existenz immer wieder angezweifelt wird.

Dass all das ohne Williamson gelang, macht es noch besser. Dem 21-jährigen Hoffnungsträger wurde klar aufgezeigt, dass die Franchise sich in die richtige Richtung bewegt und eine Zukunft hat.

NBA Playoffs - Suns vs. Pelicans: Die Serie im Überblick

SpielDatumHeimAuswärtsErgebnis
118. AprilPhoenix SunsNew Orleans Pelicans110:99
220. AprilPhoenix SunsNew Orleans Pelicans114:125
323. AprilNew Orleans PelicansPhoenix Suns111:114
425. AprilNew Orleans PelicansPhoenix Suns118:103
527. AprilPhoenix SunsNew Orleans Pelicans112:97
629. AprilNew Orleans PelicansPhoenix Suns109:115

2. Wie geht es mit Zion Williamson weiter?

Denn: Ab dem 1. Juli ist Williamson berechtigt, seinen Vertrag vorzeitig in New Orleans zu verlängern. Über die Saison gab es immer wieder Stimmen, dass der Forward womöglich kein Interesse an einer Extension hätte und dass die Pels es in Betracht ziehen sollten, den früheren Top-Pick zu traden. Es half auch nicht, dass Williamson während der Saison kein einziges Interview gab und für Monate einfach von der Bildfläche verschwand, als er seine Reha in Portland absolvierte.

Nach dem Saisonende sprach er erstmals seit dem Opening Day mit den Medien und versicherte, dass er einen neuen Vertrag unterzeichnen würde, wenn ihm denn einer angeboten wird. Aus seiner Sicht ist das verständlich, schließlich verpasste der einmalige All-Star in drei Jahren bereits 141 Spiele (und machte nur 85). Es ist nur logisch, dass Williamson sich im Hinblick auf seine Verletzungshistorie finanziell absichern möchte. Spitz ausgedrückt: Einen Trade kann man später immer fordern - siehe Ben Simmons, siehe Paul George.

Ein Maximalvertrag - den wird er fordern - würde Williamson über fünf Jahre 186 Millionen Dollar einbringen. Wird er 2022/23 für ein All-NBA-Team ausgewählt, sind sogar bis zu 223 Millionen möglich. Das ist jede Menge Geld für einen verletzungsanfälligen Spieler, der Gerüchten zufolge bei einer Größe von knapp 2 Metern bis zu 150 Kilo auf die Waage brachte. Inzwischen hat Williamson angeblich wieder abgespeckt, die Thematik dürfte ihn aber über seine komplette Karriere verfolgen.

Die Ungewissheit um Zions Fitness dürfte die Verhandlungen kompliziert machen, das deutete auch Griffin an, der dahingehend von einer "Herausforderung" sprach. Als Muster wurde häufiger die Rookie-Verlängerung von Joel Embiid in Philadelphia genannt, der unterschrieb nach nur 31 absolvierten Spielen in drei Jahren eine ausgetüftelte Extension mit diversen Klauseln, die er letztlich aber alle erfüllte. In diesem Screenshot kann man sich das noch einmal genauer anschauen.

Williamson hat aber fast dreimal so viele Spiele wie Embiid damals absolviert und inzwischen gibt es auch den Fall Michael Porter Jr., der von den Denver Nuggets trotz seiner bekannten Rückenprobleme einen Maximalvertrag mit jeder Menge Garantien (147 von 177 Mio.) erhielt - und sich kurze Zeit später erneut schwer am Rücken verletzte. Diesen Vertrag wird Williamsons Camp mit Sicherheit anführen und darauf pochen, dass Zion unstrittig der bessere Spieler der beiden ist.

Und wie geht es nun aus? Es ist wahrscheinlich, dass es zu einer Einigung kommt, sollte New Orleans nicht Dinge in der Krankenakte sehen, die Williamsons Karriere massiv beeinträchtigen könnten. Williamson will Sicherheit, gleiches wollen die Pelicans, sodass eine Verlängerung dieser Beziehung für beide Seiten Sinn ergibt.

3. War der Trade für C.J. McCollum ein Erfolg?

Zur Deadline war der Trade eine faustdicke Überraschung, für die abgelaufene Saison hat sich der Deal auf jeden Fall ausgezahlt. Für den Shooting Guard wurden unter anderem Josh Hart, Nickeil Alexander-Walker sowie ein Erstrundenpick abgegeben, dazu erhielten die Pelicans mit Nance Jr. einen weiteren guten Rotationsspieler.

Die Befürchtung, dass New Orleans mit McCollum defensiv katastrophal abstürzen würde, bestätigte sich nicht, vornehmlich weil die angesprochenen Rookies für eine bessere Balance im Kader sorgten. Offensiv ist McCollum zwar kein natürlicher Spielmacher, war aber im Verbund mit Ingram die beste Option und brachte Struktur ins Spiel der Pelicans. Hinzu kam natürlich sein Shot Making, zusammen mit Ingram war das Duo aus der Mitteldistanz ähnlich dominant wie die Platzhirsche Chris Paul und Devin Booker bei den Suns.

Auf der anderen Seite wird McCollum im September 31 Jahre alt und kassiert in den kommenden beiden Jahren noch zusammengerechnet 69 Millionen Dollar, könnte aber schon ab dem 9. August eine weitere Vertragsverlängerung unterzeichnen. "Ich gehe nirgendwo hin", sagte McCollum zu Mark J. Spears (ESPN) vor einigen Tagen.

"Wo sollte ich hingehen? Ich will hier meine Karriere beenden. Ich bin 30 Jahre alt, habe eine Frau und ein Baby. Wenn etwas gut läuft, dann sollte man daran festhalten." Selten hört man solch deutliche Worte von einem NBA-Star, der in New Orleans spielt. Die Frage bleibt, ob das auf Gegenliebe stößt. Der Trade war ein Commitment, doch ein neuer Vertrag birgt Tücken für New Orleans.

C.J. McCollum will bei den New Orleans Pelicans seine Karriere beenden.getty

Mit Ingram und (vermutlich) Williamson haben die Pelicans bald zwei Max-Spieler, auch McCollum ist nicht billig. Dazu gilt es, diverse Rollenspieler zu bezahlen und darum droht recht bald die Luxussteuer (schon jetzt liegen sie nur 2,2 Millionen darunter), die New Orleans in den vergangenen zehn Jahren noch nie zahlte. Es ist deswegen eher auszuschließen, dass die Pelicans vorschnell mit McCollum verlängern.

4. Was fehlt zur Spitze im Westen?

Wenn Williamson in der kommenden Saison wieder angreifen kann, haben die Pelicans deutlich mehr Star-Power. Ein Trio aus Zion, Ingram und McCollum sieht nicht nur auf dem Papier gut aus, sondern sollte auch auf dem Court ein guter Fit sein. Alle drei sind gute Ballhandler, Ingram und McCollum dazu gute Schützen, die auch abseits von Williamson effizient agieren können.

"Wenn wir Zion wieder haben, sind wir nicht nur ein Playoff-Team, sondern ein Contender", verkündete deswegen Alvarado bei NBA TV vollmundig. Es lässt sich argumentieren, dass dem Team ein echter Point Guard gut zu Gesicht stehen würde. Vermutlich wird man aber auf das Rezept der Vorsaison mit McCollum auf der Eins setzen und Jones als Starter auflaufen lassen, um die defensiven Defizite des früheren Blazers-Stars besser kaschieren zu können.

Williamson übernahm selbst vor zwei Jahren immer häufiger den Ballvortrag, sodass an dieser Stelle nicht unbedingt nachgebessert werden muss. Ein anderes Thema ist das Shooting. Mit einer Starting Five aus McCollum, Jones, Ingram, Williamson und Jonas Valanciunas dürfte es Spacing-Probleme geben - außer Jones entwickelt sich wider Erwarten zu einem passablen Schützen.

New Orleans beendete die Saison im Offensiv-Rating nur auf Platz 19, auch weil nur vier Teams schlechter als 36,5 Prozent von Downtown trafen. Der Fokus sollte also darauf liegen, passende Rollenspieler zu holen, die Qualitäten von der Dreierlinie mitbringen. Solche Spieler sollten zu finden sein, es wäre ein weiterer Schritt in die richtige Richtung.

5. Was können die Pelicans in dieser Offseason machen?

Außer Tony Snell stehen alle Spieler auch für die kommende Saison unter Vertrag, hinzu kommt höchstwahrscheinlich ein Erstrundenpick von den Los Angeles Lakers, der eine 26-prozentige Chance hat, unter den ersten Vier zu landen. Über die Free Agency werden die Pels also nur aktiv werden, wenn sie Trades einfädeln.

Trade-Kandidat Nummer eins dürfte Devonte' Graham sein, der eine etwas enttäuschende erste Saison im Big Easy spielte und in den Playoffs deutlich seine Grenzen aufgezeigt bekam. Der Guard wurde in der Rotation von Alvarado überholt, hat aber noch drei Jahre Vertrag und kassiert im kommenden Jahr 11,6 Mio. Dollar.

Garrett Temple (5,5 Mio.), Jaxson Hayes (6,8 Mio.) oder gar Kira Lewis (4 Mio.) wären weitere Akteure, um die ein kleineres Paket geschnürt werden könnte. Lewis verpasste die Saison mit einem Kreuzbandriss, er dürfte zumindest in der kommenden Spielzeit noch einmal die Chance erhalten, sich als Backup-Spielmacher zu beweisen - schließlich investierten die Pelicans 2020 den 13. Pick für ihn.

Aus Pels-Sicht wäre es sinnvoll, mehrere Spieler in einem Trade abzugeben, da New Orleans mit der Midlevel-Exception über rund 10 Millionen ein weiteres Tool zur Verfügung hat, um einen guten Flügelspieler an Land zu ziehen. Sollte also mit Williamson alles nach Plan verlaufen, steht der Kern dieser Mannschaft und es geht nun darum, sinnvolle Ergänzungen zu finden, die nicht zu teuer sind, dem Team aber helfen können.

Die Bilanz von 36-46 aus dem Vorjahr kann etwas irreführend sein. Seit der Trade Deadline waren die Pelicans laut Net-Rating des zehntbeste Team der NBA (+3,4), im Westen waren nur Memphis, Phoenix, Utah und Minnesota besser. Der Rückstand auf die besten Teams wird auch noch mit Williamson gegeben sein, doch er ist deutlich kleiner, als man das es vor wenigen Monaten noch angenommen hatte.

New Orleans Pelicans: Die Gehaltsstruktur des Kaders

Spieler (Alter)Position22/2323/2424/2525/26
Devonte' Graham (27)Guard11,612,112,7UFA
Jose Alvarado (24)Guard1,61,82,0*UFA
Kira Lewis Jr. (21)Guard4,05,7*RFA-
C.J. McCollum (30)Guard33,335,8UFA-
Garrett Temple (36)Guard5,25,4UFA-
Herb Jones (23)Forward1,81,9*RFA-
Naji Marshall (24)Forward1,81,9*UFA-
Trey Murphy III (21)Forward3.23,4*5,2*RFA
Brandon Ingram (24)Forward31,733,836,0UFA
Zion Williamson (21)Forward13,5RFA--
Larry Nance Jr. (29)Forward9,7UFA--
Jonas Valanciunas (30)Center14,715,4UFA-
Jaxson Hayes (22)Center6,8RFA--
Willy Hernangomez (27)Center2,42,6UFA-

* Team-Option, RFA = Restricted Free Agent, UFA = Unrestricted Free Agent