Die Golden State Warriors treffen in den Conference Finals auf die Dallas Mavericks. Der Ausgang dieser Serie scheint völlig offen, wobei Dallas in Luka Doncic den besten Spieler stellt. Haben die Warriors ein Mittel gegen den Superstar? Und was machen die Mavs mit Draymond Green?
Wer vor dieser Saison auf dieses Matchup in den Conference Finals gewettet hätte, wäre jetzt je nach Einsatz ein reicher Mann oder eine reiche Frau. Die Golden State Warriors galten zwar als Dark Horse, dennoch schwebten vor der Spielzeit viele Fragezeichen über der Franchise, die sich zwei Jahre in Folge nicht für die Playoffs qualifizieren konnte.
Nun sind die Warriors zurück auf der großen Bühne, überhaupt haben die Dubs seit 2014 keine Serie in der Western Conference mehr verloren (damals 3-4 gegen die L.A. Clippers). Gegen Denver (4-1) und Memphis (4-2) setzten sich Steph Curry und Co. einigermaßen komfortabel durch, nun wartet aber ein anderes Kaliber.
So ungewohnt das immer noch klingt: Die Dallas Mavericks sind in diesem Kalenderjahr das beste Team im Westen und unterstrichen dies auch in der Serie gegen Top-Favorit Phoenix und in einem beeindruckenden Spiel 7 bei den Suns. Zweimal waren die Mavs nun als Außenseiter in die Serie gestartet, sowohl Utah als auch Phoenix wurden dann auswärts eliminiert.
Schon jetzt haben die Texaner nichts mehr zu verlieren, doch mit Luka Doncic in den eigenen Reihen, dem vermutlich besten verbliebenen Spieler in diesen Playoffs, scheint alles möglich. 32,6 Punkte, 9,9 Rebounds und 7 Assists legte der Slowene im Schnitt gegen die hochgelobte Suns-Defense auf, nun darf sich mit Golden State das zweitbeste Defensiv-Team der Regular Season (nur 107,6 Punkte pro 100 Possessions) versuchen.
Wie die Warriors Doncic verteidigen werden, ist aber nur einer der vielen Aspekte in dieser durch und durch faszinierenden Serie zweier komplett unterschiedlicher Teams. Schauen wir mal auf die wichtigsten Faktoren ...
Kann Klay Thompson Konstanz in seine Leistungen bringen?
Wäre immer Spiel 6, könnte diese Serie sehr schnell zu Ende sein. So läuft das mit Serien aber nicht, manchmal gibt es schließlich gar kein sechstes Spiel. In vier von elf Partien der Postseason hat Klay Thompson nun mindestens vier Dreier verwandelt, viermal blieb er dagegen unter 30 Prozent von Downtown. War Klay früher der konstanteste Warrior, ist er nach seinen beiden schweren Verletzungen eher ein Swing-Spieler.
Und dennoch steht Thompson in diesen Playoffs bei 40,8 Prozent von Downtown, von solchen Quoten kann ein gewisser Stephen Curry derzeit nur träumen (inzwischen steht auch er wieder bei knapp 36 Prozent). Das Problem mit Thompson ist dagegen seine Wurfauswahl, die eher schlechter als besser geworden ist. Manchmal hat man den Eindruck, dass der Guard all seine Würfe nachholen wolle, die er während seiner langen Verletzungspause nicht nehmen konnte.
So versucht Klay inzwischen 2,9 Pullup-Dreier pro Spiel (Erfolgsrate: 31 Prozent), das sind fast doppelt so viele wie noch 2019. Klar, Thompson ist in der Lage, diese Würfe zu versenken. Das ist aber nicht das, was ihn zu einem der besten Schützen aller Zeiten machte. Seine Stärke ist es eher, aus der Bewegung schnell aus dem Catch-and-Shoot zu ballern, nicht wenn er seinen Wurf selbst kreiert.
Das klingt alles nicht dramatisch, störte aber schon mehrfach den Rhythmus der Warriors, der doch auf Ball Movement und der Suche nach dem bestmöglichen Wurf fußt. Noch wichtiger wird sein, wie sich Thompson defensiv präsentiert, bislang war das nicht ansatzweise das Niveau vergangener Jahre. Vor drei Jahren hätte Thompson vermutlich gegen Doncic begonnen, nun dürfte er bei Reggie Bullock und Dorian Finney-Smith geparkt werden.
Hin und wieder blitzte aber auch in diesen Playoffs sein Können auf, zum Beispiel in Spiel 1 gegen Memphis, als er gegen Ja Morant zwei Stops in der Crunchtime forcierte. Kann er also ansatzweise defensiv Einfluss nehmen, wäre den Warriors enorm geholfen.
Was machen die Mavs mit Draymond Green im Angriff?
Dies ist die entscheidende Frage für Dallas. Die Grizzlies ignorierten Green komplett und bettelten geradezu darum, dass er Würfe nimmt. In Spiel 6 nahm der Forward am Ende sogar 14 Würfe und machte ebenso viele Punkte, seine drei Versuche aus der Distanz vergab er.
Über die Jahre hat sich Green an diese Strategie gewöhnt, sein Wurf ist schlichtweg nicht gut genug (Karriere: 31,5 Prozent). Wenn man ihn frei stehen lässt, birgt dies aber auch Tücken. Green beteiligt sich stattdessen als Blocksteller oder durch Handoffs und kreiert so offene Würfe für seine Guards, vor allem wenn sein Verteidiger zu sehr in die Zone absinkt.
Mit passenden Rotationen kann dies ausgemerzt werden, allerdings kann das Golden State mit seinem Ball Movement in die Karten spielen. Eine andere Möglichkeit wäre es, dass Greens Verteidiger sehr hoch steht und dann die Aktion des Ballhandlers blitzt. Das führt meist zu Vier-gegen-Drei-Situationen, in denen Green so gut wie kaum ein anderer ist.
Aber auch in solchen Situationen kann man Green zum Scorer machen, wenn man an Schützen wie Curry oder Poole kleben bleibt. Womöglich ist das auch die Strategie der Mavs, die dann mit den Gegenspielern von Wiggins oder zum Beispiel Otto Porter Jr. helfen können. Sollen die erstmal beweisen, dass ihr Wurf konstant fällt.
Option drei wäre konsequentes Switchen der Aktion, in diesem Fall wäre Dorian Finney-Smith gegen Green die beste Wahl, da dieser auch gegen die Splash Brothers zumindest annehmbar verteidigen kann. Dies löst aber auch andere Probleme bei Matchups aus (wohin mit Brunson? Klay?). Über die Serie werden wir vermutlich von allem ein bisschen sehen, schließlich finden die schlausten Basketballer immer eine Lösung und Green zählt zweifelsohne dazu.
Warriors vs. Mavs: Die Serie im Überblick
Spiel | Datum | Uhrzeit | Heim | Auswärts |
1 | 19. Mai | 3 Uhr | Golden State Warriors | Dallas Mavericks |
2 | 21. Mai | 3 Uhr | Golden State Warriors | Dallas Mavericks |
3 | 23. Mai | 3 Uhr | Dallas Mavericks | Golden State Warriors |
4 | 25. Mai | 3 Uhr | Dallas Mavericks | Golden State Warriors |
5* | 27. Mai | 3 Uhr | Golden State Warriors | Dallas Mavericks |
6* | 29. Mai | 3 Uhr | Dallas Mavericks | Golden State Warriors |
7* | 31. Mai | 2 Uhr | Golden State Warriors | Golden State Warriors |
*falls nötig
Wie sieht der Warriors-Plan gegen Doncic aus?
Eine echte Lösung scheint es für Doncic nicht zu geben. Trotz der zwei Niederlagen in den Vorjahren schafften es auch die Clippers nicht, den 23-Jährigen vom Scoren abzuhalten. Utah und Phoenix gelang dies in diesen Playoffs ebenso wenig. In nun 23 Postseason-Spielen beträgt Doncics Punkteschnitt 32,7 Zähler, nur Michael Jordan (33,4 PPG) ist historisch gesehen besser.
Hinzu kommen 9,3 Rebounds, 8,3 Assists sowie sehr annehmbare Quoten von 48,6 Prozent aus dem Feld und 37,2 Prozent von der Dreierlinie. Sobald Dallas auf sein Five-Out-Lineup zurückgreift, ist Doncic kaum noch zu stoppen und der Gegner darf zwischen Pest (Doncic scort im Eins-gegen-Eins) oder Cholera (der Gegner hilft aus, die Schützen bekommen freie Würfe) entscheiden.
Die Warriors werden vermutlich die Pest-Variante wählen, das verrät zumindest ihr Vorgehen gegen Nikola Jokic (31,0 PPG) und Ja Morant (38,3 PPG) in den Serien zuvor. Solange alle anderen Mavs keinen Rhythmus finden und Doncic aufgrund der Last müde wird, stehen die Chancen aus Sicht der Warriors gut.
Das soll nicht heißen, dass Doncic sich seine Matchups aussuchen darf. Einfache Switches sollten vermieden werden, um nicht zum Beispiel Curry in Foulprobleme zu bringen. Vermutlich werden die Warriors auch mit Doncic-Dreiern leben können, es dürfte eher Drop Coverage geben, wenn zum Beispiel Dwight Powell auf dem Feld steht.
Doncics primärer Verteidiger dürfte Andrew Wiggins sein, der den Mavs-Star bereits in der Regular Season meist checkte, allerdings mit gemischten Resultaten. Ansonsten fehlt eine weitere gute Option, ein Thompson in seiner Prime wäre ein solcher Kandidat gewesen. Eine Wildcard könnte dagegen Jonathan Kuminga darstellen, der Rookie könnte Doncic mit seiner Athletik ein paar Minuten ärgern, Fouls sind mit dieser Variante aber vorprogrammiert.
Wer hat bei den Warriors die Zielscheibe auf dem Rücken?
Solange Gary Payton II nicht doch noch überraschend zurückkehrt, lautet die Antwort hier jeder Spieler, der nicht mindestens 2 Meter groß ist und auf den Namen Draymond Green hört. Warriors-Coach Steve Kerr steht vor dieser Serie vor der interessanten Frage, ob er diese Serie mit Offense oder Defense gewinnen kann.
Der erste Instinkt sagt uns Offense, weil Doncic die Mavs-Offense so oder so am Leben halten wird, vermutlich wird Golden State aber wieder mit Kevon Looney starten. Kerr tat dies auch in den Serien mit den Houston Rockets vor einigen Jahren, deren Stil war laut Kerr mit James Harden in der Doncic-Rolle sehr ähnlich.
Looney machte es seinerseits gegen Harden sehr gut, auch wenn Doncic nach dem Switch gegen Bigs besser ist, als es Harden je war. Der Slowene oder auch Jalen Brunson und Spencer Dinwiddie werden dennoch eher bestrebt sein, die Guards der Warriors in jegliche Aktionen zu involvieren.
Ähnlich verfuhren die Mavs mit Chris Paul, in der Warriors-Serie dürften die Ziele vor allem Curry und Poole lauten. Einerseits Poole, weil dieser der schlechteste Verteidiger der Warriors ist, andererseits Curry, um diesen auszulaugen und womöglich das ein oder andere Foul anzuhängen.
Poole ist dabei eine interessante Personalie, schließlich gibt er Golden State mit seiner Kreativität eine weitere Dimension in der Offense, da er Curry entlasten kann. Im Idealfall stellt Dallas Kerr vor die Entscheidung, ob Pooles Schwächen in der Defense durch dessen Offense abgefangen werden können. Gegen Memphis gingen seine Minuten zumindest deutlich nach unten und die Warriors-Offense verlor dadurch auch an Explosivität.
Kann Dallas erneut von draußen dominieren?
Sowohl gegen Utah als auch gegen Phoenix schlugen die Mavs ihre Gegner mit simpler Mathematik. "Wir werfen viele Dreier und lassen auf der anderen Seite keine zu" - so lässt sich das Konzept der Mavs vereinfacht herunterbrechen. Die Mavs nahmen gegen Utah im Schnitt 12 Dreier mehr als der Gegner, gegen Phoenix war die Differenz sehr ähnlich.
Kein Team ballerte im Schnitt häufiger von draußen auf den Korb als die Mavs (40,3 Versuche, das sind rund die Hälfte aller Würfe), keines der vier verbliebenen Teams im Wettbewerb trifft besser als Dallas (38,5 Prozent). So spielten die Mavs in Rudy Gobert und Deandre Ayton gleich zwei gute Center vom Feld, John Hollinger (The Athletic) nennt es inzwischen "Space Ball".
Denn "Small Ball" würde diesen Mavs nicht gerecht werden, schließlich spielt Jason Kidd mit Maxi Kleber oft einen echten Big Man, der eben vor allem seine Stärken am Perimeter hat. Die Warriors auf der Gegenseite sind das beste Beispiel für "Small Ball", darauf fußte ihre Dynastie, auch wenn sie zwischen 2016 und 2019 in Kevin Durant den ultimativen Cheatcode für diese Spielweise hatten.
Ohne KD sind die Dubs deutlich kleiner und könnten nun das erste Team sein, das sich nicht von Mathematik-Professor Kidd schlagen lässt. Einerseits, weil Golden State Doncic eher Eins-gegen-Eins verteidigen wird, andererseits, weil die Kalifornier selbst 37 Triples pro Spiel nehmen und mit Curry, Thompson sowie Poole über die "Splash Brothers" verfügt. Das muss aber auch nicht viel heißen, schließlich verfolgen die Mavs in der Defense ein anderes Konzept als Denver oder Memphis zuvor.
Dallas ist inzwischen ein eingespieltes Team in der Defense, die Rotationen und Closeouts passen, sodass selten offene Dreier für den Gegner herausspringen. Allerdings ist das Spiel der Warriors sehr eigen und komplett anders zum Stil der vorherigen Mavs-Gegner. Sie können zwar das Pick'n'Roll mit Curry jederzeit laufen, tun dies aber recht selten und bringen Defenses durch Handoffs und kluge Cuts in Rotation. Auch so lassen sich offene Dreier generieren.
Bekommen die Warriors ihre Turnover in den Griff?
17,6 Turnover pro Partie leisteten sich die Warriors in der Memphis-Serie, selbst die Houston Rockets produzierten in der Regular Season nicht so viele Ballverluste wie die Dubs. Das wird gegen Dallas nicht gut gehen, das weiß auch Green: "Das müssen wir unbedingt korrigieren", sagte der Forward in seinem Podcast und merkte an, dass Dallas dies besser bestrafen werde, als es noch Memphis tat.
Viele dieser Turnover mündeten zwar nicht in einem Steal, letztlich sind das jedoch leere Ballbesitze. Für ein erfahrenes Team wie die Dubs bleibt es weiter unverständlich, wie viele unnötige Turnover produziert werden. Das lässt sich auch gar nicht auf einen Spieler herunterbrechen (bei Green sind es knapp 3 im Schnitt), stattdessen machen gleich acht Spieler pro Partie mindestens einen Ballverlust
Zum Vergleich, bei Dallas trifft das nur auf drei Spieler zu. Die Mavs sind ohnehin eines der besten Teams, wenn es um den eigenen Ballbesitz geht. Dabei hilft es natürlich, dass Doncic den Ball so oft in den Händen hält und entsprechend weniger Pässe gespielt werden. Gleichzeitig war Dallas während der Saison nur bedingt dafür bekannt, Turnover zu forcieren, gegen Phoenix setzten sie Chris Paul und Devin Booker aber so sehr unter Druck, dass auch diese Guards, die allgemein sehr ordentlich auf den Ball aufpassen, ihn ungewöhnlich häufig wegwarfen
Auf der anderen Seite sind die Mavs kein Team, das den Fastbreak läuft. Vor allem wenn Doncic auf dem Feld steht, spielt keine Mannschaft langsamer als Dallas. Diese Fastbreak-Punkte wurden bisher nicht benötigt, weil die Mavs auch im Halbfeld nicht zu stoppen waren (Offensiv-Rating: 116,4), bei den Warriors sieht es ähnlich aus (115,1).
Warriors vs. Mavs. Der Pick
Wie auch Miami hat Golden State den Heimvorteil und auch deutlich mehr Pause als der Gegner, das ist in dieser Phase der Playoffs nicht zu unterschätzen. Die andere Frage ist, ob Maxi Kleber (49,2 Prozent) oder Finney-Smith (42,2 Prozent) weiter so gut aus der Distanz werfen wie bisher. Mit ihrem Switching werden es die Warriors Dallas deutlich schwieriger machen, als es noch Phoenix tat.
Gleichzeitig schmerzen die Ausfälle von Iguodala, Payton und potenziell Porter Jr., vor allem defensiv ist da nicht mehr viel, was man den drei Guards der Mavs vor die Füße werfen könnte. So oder so wird Doncic viel scoren, das haben wir von ihm in vier Playoff-Serien gelernt.
Wie so oft dürfte diese Serie an der Dreierlinie entschieden werden. Beide Teams haben gewisse Matchup-Probleme und dürften Schwierigkeiten bekommen, den anderen zu stoppen, sodass das Wurfglück eine große Rolle spiele dürfte. Sollten die Mavs weiter so viel werfen können (und auch so viel treffen), spricht einiges dafür, dass Dallas auch in diesem Matchup als Underdog weiterkommen wird. Die Warriors haben ebenfalls einige Wildcards, unter anderem warten wir weiter auf die eine Curry-Explosion. Noch gab es sie nicht.
Der Pick lautet: Mavericks in 7.