80 Millionen Dollar. So lautet wohl die Forderung von Sexton an die Cavs. 20 Millionen Dollar pro Jahr sollen es schon sein. Doch so viel will man in Cleveland nicht für den Guard ausgeben. Gerade mal 40 Millionen Dollar über drei Jahre soll man dem 23-Jährigen geboten haben. Die Vorstellungen gehen also weit auseinander.
Komisch eigentlich. Denn ein erster Blick auf die Statistiken zeigt: Sexton ist ein starker, effizienter Punktesammler, der sich in seinen ersten drei Jahren in der NBA stetig verbessern konnte und in der Saison 2020/21 einen Höchstwert von 24,3 Punkten pro Spiel verzeichnen konnte. Lediglich die letzte Spielzeit fällt ab, hier konnte Sexton aber auch nur elf Spiele absolvieren.
Seine Quoten sind dabei exzellent. 48,4 Prozent FG und 37,8 Prozent Dreier über die Karriere sprechen eine deutlich zielsichere Sprache. Sein Markenzeichen ist die gekonnt eingesetzte Tempoverlagerung, bei der er den Gegenspieler oft auf den Rücken nimmt und handlungsunfähig macht. Mit starken Jumpstops verschafft sich Sexton immer wieder den nötigen Platz, um seine gefährlichen Floater anzubringen. Probleme, seinen Verteidiger zu schlagen, hat Sexton eigentlich selten.
Das Gesamtpaket wird von einem starken Finish in der Zone gegen größere Gegenspieler und klugen Cuts abseits des Balles abgerundet. Man könnte meinen, Sexton ist vom Skillset und seiner Vorliebe für das hohe Pick-and-Roll her in einem Atemzug mit dem derzeit heiß begehrten Donovan Mitchell zu nennen. Die beiden sind mit 1,85 Metern nicht nur gleich klein, sie haben auch noch dieselbe Phobie gegen das Verteidigen, obwohl beide als potenziell gute Verteidiger im Draft gehandelt wurden.
Collin Sexton: Mitspieler sind frustriert
Die Frage, ob Donovan Mitchell ein Franchise-Player sein sollte, muss an anderer Stelle geklärt werden. Für Sexton muss die Antwort an dieser Stelle vorerst mit "Nein" beantwortet werden.
Der Guard ist ein klassisches schwarzes Loch. Seine Plays dienen zumeist, sich selbst in eine gute Position zum Scoren zu bringen. Die Entscheidungen von Sexton sollen innerhalb der Mannschaft Thema sein. Vor allem Jarrett Allen ärgerte sich wohl vermehrt über die Spielweise des Guards. Auch der Veteran Kevin Love ist kein Fan von Sextons Hang, den Ball zu halten. Gegen die Oklahoma City Thunder konnte er sich einmal nicht zurückhalten und war sichtlich sauer auf Sexton. Das kostete Cedi Osman beinahe ein paar Finger.
The Athletic berichtete zudem, dass verschiedene Spieler der Cavs zunehmend frustriert über die Ball-Dominanz von Sexton sind. Außerdem sollen die Gegenspieler sich während den Spielen über die Mitspieler lustig machen: "Du weißt, dass er nicht zu dir passen wird", soll einer der Sätze gewesen sein. Sexton agiert auf dem Feld - ähnlich wie Mitchell - wie ein Franchise-Player, aber die Cavs sehen ihn nicht als solchen.
Dieses 193 Millionen Dollar teure Zepter wurde an den All-Star Darius Garland übergeben. Auch ein Spieler, der gerne den Ball in seinen Händen hält, aber mehr Playmaker denn Scorer ist. Der 22-Jährige hat sich seinen Rookie-Max-Vertrag als offensiver Anführer der Überraschungstruppe aus Cleveland verdient. Gemeinsam mit Evan Mobley und Jarrett Allen führte der Aufbauspieler die Cavs wieder in das gelobte Land der positiven Bilanzen (44-38). Sextons Beitrag zur besten Saison seit LeBron James' Abschied 2018 war aufgrund einer Verletzung am Meniskus überschaubar.
Sexton: Bankrolle als Lösung?
Für ihn kam das Saisonaus zur absoluten Unzeit. Schon damals konnte er sich mit den Cavs nicht auf eine vorzeitige Vertragsverlängerung einigen. Nun sucht der Agent des Restricted Free Agents, Rich Paul, einen Deal für seinen Klienten. Doch es scheint einfach keinen Markt für Sexton zu geben.
Im Podcast von ESPN-Journalist Zach Lowe "The Lowe Post" will Cavaliers-Experte Chris Fedor erfahren haben, dass die Cavs Caris LeVert vor Sexton sehen. Demnach soll die favorisierte Starting Five von Cleveland aus Garland, LeVert, Lauri Markkanen, Mobley und Allen bestehen. Für eine Mikrowelle von der Bank will man aber nicht so viel Geld auf den Tisch legen. Die Frage ist sowieso, ob sich Sexton mit der Rolle als Bankspieler zufriedengeben würde.
Eine Frage, die sich auch mögliche Interessenten stellen müssen. Auch wenn die Mavs und Jazz bis jetzt wohl nicht den nötigen Gegenwert liefern konnten, werden sich die Cavs sicher alle Angebote für einen Sign-and-Trade genau anhören. Schließlich will man Sexton nicht ohne Gegenwert verlieren. Sollte er eine Rolle als Mikrowelle aus der zweiten Reihe akzeptieren, wird das sicher weitere Teams anlocken und den Markt für Sexton erweitern.
Einen sportlichen Rückschritt, aufgrund der Verletzung sollte man nicht erwarten. Im Podcast "Wine and Gold" berichtete Fedor, dass Sexton nichts an Schnelligkeit und Explosivität eingebüßt habe. Zuletzt konnte er dies in einem Spiel dem Timberwolves-Star Anthony Edwards beweisen.
"Ich will hier in Cleveland sein", sagte Sexton im April. "Ich liebe die Organisation und meine Mitspieler", so der Anti-Bledsoe. "Ich will ein Teil dieser Gewinner-Kultur sein." Dafür müsste sich Sexton wohl mit einer kleineren Rolle und weniger Geld begnügen oder sich für die schmale 7,2 Millionen Dollar leichte Qualifying Offer für höhere Rollen bewerben. Ein Anfang wäre es ja, den Ball mehr an seine "geliebten Mitspieler" abzugeben.
Die Statistiken von Collin Sexton
Saison | Team | Punkte | Rebounds | Assists | Minuten | Spiele |
2021/22 | Cleveland Cavaliers | 16,0 | 3,3 | 2,1 | 28,7 | 11 |
2020/21 | Cleveland Cavaliers | 24,3 | 3,1 | 4,4 | 35,3 | 60 |
2019/20 | Cleveland Cavaliers | 20,8 | 3,1 | 3,0 | 33,0 | 65 |
2018/19 | Cleveland Cavaliers | 16,7 | 2,9 | 3,0 | 31,8 | 82 |