Die Rookie Watch ist zurück - in leicht angepasstem Format. Monat für Monat werden wir die fünf besten Neulinge küren. Dazu wird je ein Rookie genauer unter die Lupe genommen. Den Start macht Top-Pick Paolo Banchero von den Orlando Magic.
Ehre, wem Ehre gebührt. In unserer ersten Ausgabe der Rookie Watch soll der Fokus auf Paolo Banchero liegen. Nicht nur, weil der Forward im Sommer von Orlando an erster Stelle gezogen wurde, sondern auch weil Banchero einen solch tollen Start in die noch junge Saison hatte.
In neun der elf absolvierten Partien knackte der 19-Jährige die Hürde von 20 Punkten, beim Overtime-Thriller gegen Sacramento legte er mit 33 Punkten und 16 Rebounds gleich zwei neue persönliche Bestwerte auf. Banchero hat keine Anlaufschwierigkeiten und zeigt sich bereit für die NBA. Dafür reicht bereits der oft zitierte "Eye Test". Banchero wirkt mit seinen 2,08 Meter und 113 Kilo wie ein "fertiger" NBA-Spieler.
Dabei lagen vor dem Draft genau hier die Zweifel. Funktioniert dieser Bully Ball, der ihn auf dem College so stark machte, auch in der NBA? Nach elf Spielen muss dies bejaht werden. Banchero kommt auch auf dem nächsten Level zu seinen Spots und schafft es auch aus dem Post-Up, seine Gegenspieler zu verschieben.
Fast acht Freiwürfe pro Spiel (Platz 11 ligaweit!) sind ein guter Indikator dafür, solche Werte erreichten zuletzt David Robinson und Michael Jordan in ihren Rookie-Spielzeiten. So gab es auch nach dem Spiel gegen die Warriors von Draymond Green ein großes Lob: "Paolo, er ist einer von ihnen", sagte Green im Bezug auf die kommenden Stars der Liga.
Paolo Banchero: Seine Stats für die Orlando Magic
Spiele | MIN | PTS | FG% | 3P% | REB | AST | BLK |
11 | 34,7 | 23,5 | 46,1 | 25,6 | 8,3 | 3,6 | 0,9 |
Paolo Banchero: Draymond Green sieht den Star-Faktor
"Er scort nicht nur, sondern er macht die Dinge, die dir Spiele gewinnen. Er macht Plays, selbst wenn er den Ball nicht in den Händen hält", schwärmte Green. Und doch definiert sich Banchero für den Moment vor allem über sein Scoring. Für seine 2,08m hat der Top-Pick erstaunlich viele Dribble Moves, durch welche er immer wieder den Korb attackieren kann. Vieles davon geschieht in Transition, wo ihm die Spielweise der Magic entgegen kommt.
Wie der Kollege Ole Frerks in seiner Kolumne richtig feststellte, gibt es nach einem Rebound nicht DEN einen Ballhandler, stattdessen haben fast alle Akteure die Freiheit mit dem Ball Tempo zu machen. Von allen Spielern, die mindestens 30 Drives pro Spiel auflegen, werden nur Giannis Antetokounmpo, Ja Morant und Pascal Siakam bei diesen Aktionen häufiger gefoult als der Magic-Rookie.
Banchero findet Lücken, weil er eben nicht nur den Korb attackieren kann. Zwar fällt sowohl der Dreier als auch der Wurf aus der Mitteldistanz noch nicht wie gewünscht, seine Gegenspieler respektieren aber die Gefahr. Des Weiteren wird man das Gefühl nicht los, dass Banchero stets seine Aktionen unter Kontrolle hat, was ihn auch von den meisten anderen Rookies abhebt und für seine Reife spricht.
Hin und wieder überdreht Banchero zwar, doch auch das verwundert nicht beim Personal um ihn herum. Er ist der talentierteste und beste Scorer im Team, entsprechend hat er die Freiheiten, sich diese Würfe zu nehmen. Scheuklappen hat er dabei nicht auf, sein Passspiel hat bereits jetzt ein gutes Niveau, auch wenn Banchero hier keine verrückten Sachen macht.
Paolo Banchero: Es gibt jede Menge Luft nach oben
Gut ein Viertel seiner Plays kommen aus dem Pick'n'Roll, mit 0,86 Punkten pro Play befindet er sich dabei im Mittelmaß. Das ist vollkommen in Ordnung, gerade weil sich Banchero noch an das Tempo gewöhnt. "Er nimmt aus jedem Spiel etwas mit", meinte zuletzt Magic-Coach Jamahl Mosley. "Er lernt noch und das Spiel wird für ihn jedes Mal langsamer. Er beginnt, die Zusammenhänge zu verstehen."
Das ist die eine Seite des Balles, auf der anderen gibt es noch jede Menge Arbeit. Ja, Banchero ist engagiert, ist jedoch defensiv aktuell eine klare Schwachstelle. Gegen Drives fehlt ihm bisweilen die Fußarbeit, abseits des Balles verpasst er häufiger Rotationen und scheint nicht immer zu wissen, was er wann zu tun hat.
Auch das gehört zum Rookie-Leben in der NBA. Nicht wenige hatten für die Zukunft auch Lineups mit Banchero als Center skizziert, bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Und in diesem Magic-Team mit all ihren Bigs wird man seine Dienste dort vorerst ohnehin nicht benötigen. Orlando wollte einen Scorer, einen Notanker, wenn man Punkte braucht - und Banchero scheint genau das zu sein.
NBA: Die besten fünf Rookies der ersten Saisonwochen
In einem Versuch, das Format zu verschlanken, werden wir ab dieser Saison jeden Monat nur auf die besten fünf Rookies genauer schauen. Deswegen hier nur ein kurzer Blick auf die Spieler, die für die Top 10 in Frage gekommen wären (in alphabetischer Reihenfolge).
- Jalen Duren (Detroit Pistons), C, 13 Pick
- Tari Eason (Houston Rockets), F, 17. Pick
- Walker Kessler (Utah Jazz), C, 22. Pick
- Shaedon Sharpe (Portland Trail Blazers), F. 7. Pick
- Jabari Smith Jr. (Houston Rockets), F, 3. Pick
- Jeremy Sochan (San Antonio Spurs), F, 9. Pick
Platz 5: CHRISTIAN KOLOKO (Toronto Raptors), C, 33. Pick
Spiele | MIN | PTS | FG% | FT% | REB | BLK |
12 | 17,4 | 4,0 | 40,9 | 60,0 | 3,5 | 1,4 |
Die rohen Zahlen geben es nicht her, aber Koloko ist ein wichtiger Bestandteil der Rotation in einem Team, welches laut Cleaning the Glass das Viertbeste der Liga ist. 170 Minuten Spielzeit sind zwar eine kleine Stichprobe, aber mit dem Kameruner stellen die Kanadier eine Defense, welche nur 96,5 Punkte pro 100 Ballbesitze zulässt. Koloko ist mit seinen 2,13m ein Element, welches der Raptors-Defense im Vorjahr abging. Hier mal eine Sequenz, die alle Stärken des Kameruners verdeutlicht.
Bei aller Länge im Team fehlte der klassische athletische Shotblocker, welchen Koloko symbolisiert. Und das hat Folgen, wie Fred VanVleet schon in der Preseason präzise analysierte: "Es ist ein Unterschied, wenn jemand wie er hinter dir steht. Manchmal reicht es, wenn man einfach nur da ist, um seinen Gegner zu verängstigen."
3,1 Blocks pro 36 Minuten zählen zu den besseren Werten in der Liga. Dabei kann der Center auch im Backcourt auf Guards switchen, fragt nur mal bei Dejounte Murray nach. So passt Koloko perfekt in das defensive Schema der Kanadier und in den kommenden Spielen dürfte seine Rolle nach dem Ausfall von Pascal Siakam noch etwas größer werden. Interessant dabei: Gelingt es ihm, seine Foulprobleme in den Griff zu bekommen (6,2 pro 36 Minuten)?
Platz 4: JADEN IVEY (Detroit Pistons), G, 5. Pick
Spiele | MIN | PTS | FG% | 3P% | REB | AST |
11 | 31,7 | 15,4 | 44,3 | 32,0 | 5,4 | 3,8 |
Was sollen wir sagen, Ivey hat in seinen ersten Spielen genau das gezeigt, was vor dem Draft skizziert wurde. Der 20-Jährige ist unglaublich schnell und braucht deswegen auch keine Screens, um an seinen Gegenspielern vorbeizuziehen. Positiv ist dabei, dass seine Abschlüsse am Ring sehr kreativ sind. Eine Erfolgsquote von 65 Prozent am Ring ist für einen Rookie-Guard verdammt gut, erst recht wenn man bedenkt, dass Ivey 45 Prozent seiner Abschlüsse hier nimmt.
Auch das Zusammenspiel mit Cade Cunningham weiß zu gefallen. Die Pistons haben hier einen guten Mix gefunden. So wird Ivey häufig durch Hand-Offs ins Spiel gebracht, was ihm erlaubt, mit Tempo die gegnerische Defense zu attackieren. Das tut Ivey nicht nur mit Speed, sondern wechselt hier auch hin und wieder das Tempo. Außerdem positiv: Es ist bekannt, dass der Wurf noch braucht, dennoch ist der Guard gewillt, diese Abschlüsse trotzdem zu nehmen.
Defensiv sieht das etwas anders aus. Trotz der vorhandenen Tools ist Ivey eine große Schwachstelle an diesem Ende des Feldes. Hier ist seine Athletik bisweilen ein negativer Faktor, weil der Combo-Guard bei jedem Pump Fake springt und sich immer wieder düpieren lässt. Es sind klassische Rookie-Fehler, mit der Zeit sollte er sich da durchaus steigern können.
Platz 3: KEEGAN MURRAY (Sacramento Kings), F, 4. Pick
Spiele | MIN | PTS | FG% | 3P% | REB | AST |
9 | 32,2 | 13,0 | 45,4 | 37,9 | 4,0 | 1,4 |
In den vergangenen Spielen gab es eine kleine Formdelle, ansonsten macht Murray da weiter, wo er in der Summer League als MVP aufgehört hat. Sein Spiel schreit einfach nicht nach Rookie, was auch nicht verwundert, da Murray bereits 22 Jahre alt ist. Der Forward überdreht nicht, sucht sich seine Möglichkeiten und bewegt sich äußerst clever abseits des Balles.
So entwischt er der Defense immer wieder und kreiert sich nur durch seine Laufwege jede Menge offene Würfe, die er dann auch hochprozentig abschließt. Das sind nicht nur Cuts, sondern auch Dreier. So erkannte Kings-Coach Mike Brown schnell, dass Murray in der Starting Five stehen sollte. Er braucht nicht den Ball, den halten weiter De'Aaron Fox und Domantas Sabonis, der Ball findet ihn.
So kommen seine athletischen Defizite auch nicht zur Geltung. Murray ist niemand, der in Notsituationen im Eins-gegen-Eins einen guten Wurf kreieren kann, auch defensiv liegen seine Stärken eher abseits des Plays. Dennoch kann Murray in einem guten System funktionieren, weil sein IQ hoch ist, er viele kleine Dinge macht und seine Limitierungen versteht.
Platz 2: BENNEDICT MATHURIN (Indiana Pacers), G/F, 6. Pick
Spiele | MIN | PTS | FG% | 3P% | REB | AST |
11 | 28,0 | 20,4 | 46,0 | 43,7 | 3,5 | 2,2 |
Die große Überraschung bisher! Wer hätte gedacht, dass Mathurin als Bankspieler 20 Punkte pro Spiel auflegt - und das nicht nur durch schieres Volumen. Ob der Kanadier nun für den Rest der Saison über 40 Prozent seiner Dreier treffen wird, sei mal dahingestellt, aber wie er sie nimmt, beeindruckt. Mathurin ist nicht nur Spotup-Schütze, sondern kann die Würfe auch aus der Bewegung nehmen oder selbst nach einem Block zum Pullup hochsteigen.
Tut er dies nicht, wird der Korb gnadenlos attackiert. Aus der Mitteldistanz hat Mathurin noch fast gar nicht geworfen, stattdessen sucht der Forward den Abschluss am Ring oder den Floater - und das mit recht guten Ergebnissen. Mathurin ist bisher aber ein reiner Scorer, das Playmaking ist nur rudimentär ausgebildet. Sollte er dies noch zu seinem Spiel hinzufügen, hat er definitiv Star-Potenzial.
Aber auch so ist er wertvoll. Es klappt in der Defense noch nicht alles, aber Coach Rick Carlisle vertraut dem Rookie auch in anspruchsvollen Matchups. So verteidigte Mathurin gegen die Nets mal Kyrie Irving und später Kevin Durant. Diese Flexibilität ist ein Faustpfand und genau das, was so ziemlich jede Franchise sucht.