Trotz der Enttäuschung bleiben die Grizzlies eines der spannendsten Teams der NBA. Auch im kommenden Sommer hat Memphis viele Optionen.
Grizzlies: Warum reichte es gegen die Lakers nicht?
Es war völlig klar, dass den Grizzlies das Zitat von Ja Morant aus einem Interview im Dezember bei einem vorzeitigen Aus um die Ohren fliegen würde. "Ich sehe keine Probleme im Westen", hatte der Guard vor dem Christmas Game gegen die Warriors vollmundig verkündet, nun erlitten die Grizzlies nach einer weiteren guten Regular Season bereits in Runde eins Schiffbruch.
Nun waren die Lakers, eines der heißesten Teams seit der Trade Deadline, kein gewöhnlicher 7-Seed, dennoch deckten die Kalifornier die Schwächen der Grizzlies gnadenlos auf. Auch hier eine kleine Einschränkung: Mit Steven Adams und Brandon Clarke fehlte die halbe Big-Men-Rotation, was gegen Anthony Davis alles andere als optimal war. Memphis wirkte bisweilen winzig gegenüber den Lakers, selbst Backup Wenyen Gabriel hatte Momente, in denen er wie Prime Dwight Howard wirkte.
Grizzlies vs. Lakers: Die Serie im Überblick
Spiel | Datum | Uhrzeit | Heim | Auswärts | Ergebnis |
1 | 16. April | 21 Uhr | Memphis Grizzlies | Los Angeles Lakers | 112:128 |
2 | 20. April | 1.30 Uhr | Memphis Grizzlies | Los Angeles Lakers | 103:93 |
3 | 23. April | 4 Uhr | Los Angeles Lakers | Memphis Grizzlies | 111:101 |
4 | 25. April | 4 Uhr | Los Angeles Lakers | Memphis Grizzlies | 117:111 OT |
5 | 27. April | 1.30 Uhr | Memphis Grizzlies | Los Angeles Lakers | 116:99 |
6 | 29. April | 4.30 Uhr | Los Angeles Lakers | Memphis Grizzlies | 125:85 |
Adams und Clarke hätten in gewisser Weise geholfen, aber das größte Problem auch nicht gelöst. Memphis fehlt schlichtweg Shooting, auch wenn sie mit Desmond Bane und Luke Kennard gemäß der Trefferquote die beiden besten Schützen der NBA in ihrem Kader haben. Viel mehr bot der Kader nicht, sodass es massive Spacing-Probleme gab, wenn nur einer der beiden auf dem Feld stand. Es ist kein Zufall, dass Memphis in 68 Minuten mit den beiden ein Plus-Minus von +45 hatte, kein Duo war in der Serie bei den Grizzlies besser.
Umso bitterer war es, dass Kennard in Spiel 6 mit einer Schulterverletzung passen musste. Der Guard hatte neben Xavier Tillman (+0,9) als einziger Grizzlies-Akteur ein positives Net-Rating (+16,7), obwohl bei ihm immer defensive Fragezeichen bleiben. Da die Grizzlies aber auch einen Jaren Jackson Jr. als "Libero" haben, ließ sich dies verschmerzen.
Man kann dem Ganzen dennoch Positives abgewinnen. Memphis wurden in dieser Serie klar Grenzen aufgezeigt und die Limitationen schonungslos offen gelegt.
Grizzlies: Was fehlt den Grizzlies zum Contender-Status?
Wie schon angesprochen ist es vor allem Shooting plus ein professionelles Verhalten auf und neben dem Feld. Coach Taylor Jenkins ließ mit folgenden Worten vor Spiel 4 aufhorchen. "Es ist offensichtlich, dass uns die Reife fehlt. (...) Wir haben in den letzten Monaten viel durchgemacht. Wir werden das besprechen und irgendwann unsere Lehren daraus ziehen."
In Sachen Entertainment war das Trash Talking erfrischend, gleichzeitig gibt es wohl kein Team, das von den anderen Mannschaften mehr gehasst wird als Memphis. Entsprechend groß war die Schadenfreude, dass die Grizzlies erneut in den Playoffs große Probleme hatten.
Sportlich stehen vor allem die Forward-Positionen im Fokus. In der vergangenen Offseason trennten sich die Grizzlies (ohne Not) von Kyle Anderson und De'Anthony Melton, was der Tiefe des Teams schadete. Stattdessen vertraute die Franchise ihren eigenen Youngstern wie Santi Aldama oder David Roddy. Teilweise notgedrungen, weil Ziaire Williams nach einer soliden Rookie-Saison mit Verletzungen zu kämpfen hatte und nicht den erhofften Sprung machte. In der Regular Season ging dies gut, für die Postseason war das aber bei weitem nicht genug.
Die Grizzlies waren sich dem auch bewusst und versuchten im Februar vergeblich, hier nachzurüsten. Laut Tim MacMahon (ESPN) boten die Grizzlies angeblich vier First Rounder für Mikal Bridges, ein ähnliches Paket wurde wohl auch Toronto für O.G. Anunoby offeriert. Beide hätte Memphis gut gebrauchen können.
Es muss dabei gar nicht einmal ein All-Star-Forward sein, da mit Morant, Bane oder auch Tyus Jones genug Playmaking vorhanden ist. Wichtiger ist, dass ein Forward zur Verfügung steht, der unter keinen Umständen ignoriert werden kann und der auch defensiv gewisse Vorzüge hat - kurzum ein überdurchschnittlicher Two-Way-Player, der Memphis in dieser Saison auf der Drei abging.
Grizzlies: Was passiert mit Dillon Brooks?
Diese Rolle übernahm stattdessen Dillon Brooks, der aber eine Serie zum Vergessen hatte und vor allem mit seinen Kommentaren neben dem Feld auf sich aufmerksam machte. Es entstand so mal wieder ein neuer Nebenkriegsschauplatz und letztlich konnte der Kanadier mit dem medialen Druck auch nicht gut umgehen. Auch wenn viele US-Journalisten kritisieren, dass Brooks sich dreimal um Interviews drückte, war es für alle besser, dass er einfach nichts mehr sagte.
Der Schaden ist ohnehin schon angerichtet, Brooks hat sich mit seinen Eskapaden auf (der Fight mit Donovan Mitchell, die unzähligen Technicals) und neben dem Feld (der "Beef" mit Draymond Green, die Kommentare gegenüber LeBron) selbst ins Abseits geschossen. Es wird kaum noch seriös über seine sportlichen Leistungen diskutiert, stattdessen schwingt der selbst aufgelastete Ballast immer mit.
Brooks wird in diesem Sommer Free Agent und die Grizzlies werden den 27-Jährigen nicht halten, wie mehrere Medien bereits berichteten. Das ist durchaus bemerkenswert, dass dies bereits im Mai klar ist und zeigt wie viel Porzellan in den vergangenen Wochen zu Bruch gegangen ist. Laut The Athletic wollten die Grizzlies während der Saison vorzeitig verlängern, allerdings lehnte Brooks dies ab, da ihm seine Rolle in Memphis zu klein war. An dieser Stelle dürfte sich Brooks massiv verpokert haben.
Seine Verteidigung ist zwar Borderline-All-Defense, doch auf der anderen Seite des Feldes bleiben seine Wurfauswahl und die Quote ein Problem.
Es hilft auch wenig, dass es Brooks' schwächste Shooting-Saison war. Zwar knackte er noch nie 40 Prozent bei Sprungwürfen, aber 32 Prozent waren 2022/23 mit Abstand ein Career Low. Dass er dennoch immer wieder abdrückte, wurde zu einem Problem für Memphis und sollte für die Zukunft zu denken geben. Was ist eigentlich sein Markt? Welche anderen Teams würden es mit ihm versuchen wollen?
Medienberichten zufolge sollen die Miami Heat eines der interessierten Teams sein, sie könnten Brooks tatsächlich wieder in die Spur bringen. Dafür müsste Brooks aber wohl Abstriche beim Gehalt machen (derzeit rund 11 Millionen Dollar). Überhaupt erscheint es fraglich, dass der Forward mehr als die Midlevel Exception (rund 11,2 Mio.) erhalten wird. Realistischer scheint eher die Mini-MLE über rund 7 Millionen.
Dillon Brooks: Seine Statistiken für die Grizzlies in der Regular Season
Saison | Spiele | MIN | PTS | FG% | 3P% | REB | AST |
17/18 | 82 | 28,7 | 11,0 | 44,0 | 35,6 | 3,1 | 1,6 |
18/19 | 18 | 18,3 | 7,5 | 40,2 | 37,5 | 1,7 | 0,9 |
19/20 | 73 | 28,9 | 16,2 | 40,7 | 35,8 | 3,3 | 2,1 |
20/21 | 67 | 29,8 | 17,2 | 41,9 | 34,4 | 2,9 | 2,3 |
21/22 | 32 | 27,7 | 18,4 | 43,2 | 30,9 | 3,2 | 2,8 |
22/23 | 73 | 30,3 | 14,3 | 39,6 | 32,6 | 3,3 | 2,6 |
Grizzlies: Ist Ja Morant ein Problem oder die Lösung?
Eines gelang Brooks mit seinen Kommentaren aber - er nahm Morant ein wenig aus der Schusslinie, der nach seiner Suspendierung nach dem Waffen-Eklat (und weiteren Vorfällen in den Wochen davor) sehr kritisch beäugt wurde. Die Fans der Grizzlies haben Morant zwar schon wieder ins Herz geschlossen, dennoch spielt der Guard weiter "auf Bewährung", was dieser auch selbst einsieht.
"Ich muss in meinem Leben bessere Entscheidungen treffen. Meine Aktivitäten abseits des Feldes haben unser Team offensichtlich beeinträchtgt. Da muss ich disziplinierter werden", sagte Morant im Verlauf der Serie und sagte seit seiner Rückkehr stets die richtigen Dinge. Womöglich war es tatsächlich der Schuss vor den Bug, den er gebraucht hatte, denn es ist unstrittig, dass ihm weiter alle Türen offen stehen.
Trotz seiner Handverletzung legte Morant in Spiel 3 45 Punkte auf und deutete erneut an, dass er bisweilen kaum zu verteidigen ist, wenn zumindest ein bisschen Platz für ihn da ist. Gleichzeitig braucht der Guard das richtige Personal um ihn herum, heißt Shooting und auch eine gewisse Absicherung, um seine defensiven Limitationen abdecken zu können.
Mit JJJ und Steven Adams haben die Grizzlies vor allem Zweiteres, dazu hat sich neben Morant Bane als zweite Option etabliert. Nun ist es am Guard, sein Leben zu ordnen und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Die Franchise wird Morant dabei helfen, seit Monaten unterstützen sie den 23-Jährigen. Warum auch nicht? Morant scheint in der Kabine beliebt zu sein, ist eines der größten US-amerikanischen Talente der Liga und ein Star, vor allem bei jüngeren Fans. Die letzten Monate waren nicht leicht, aber in Memphis sollte Morant ein Umfeld haben, um wieder Ordnung herein zu bringen.
Grizzlies: Welche Entscheidungen stehen noch im Sommer an?
Der angesprochene Brooks ist der einzige echte Free Agent, dazu halten die Grizzlies bei Tillman eine Option. Ziehen sie diese, wird der Center 2024 Unrestricted Free Agent. Möglich, dass man vorzeitig eine Verlängerung verhandelt, wenn Interesse besteht, ihn zu halten. Interessanter dürften dagegen die Gespräche mit Bane werden, der in sein letztes Vertragsjahr geht. Die große Frage lautet: Bekommt der Shooting Guard womöglich sogar einen Maximal-Vertrag?
Auszuschließen ist das nicht, schließlich performte Bane vor allem in den ersten Saisonmonaten auf All-Star-Niveau, bevor ihn eine Verletzung ausbremste. Die Grizzlies könnten sich das sogar leisten. Obwohl Morants neuer Deal 23/24 startet, liegt Memphis über 20 Millionen Dollar unter der Luxussteuer (Einschränkung: Bei Erreichen von All-NBA sind es rund 7 Mio. weniger) und selbst mit einem Bane-Maximal-Vertrag würde man 24/25 nicht drübergehen, wenn der Kader in dieser Iteration zusammenbleibt. Hier hilft vor allem der sehr teamfreundliche Deal für Jackson Jr., der Jahr für Jahr billiger wird.
Memphis Grizzlies: Alle Verträge in der Übersicht
Spieler (Alter) | Position | 23/24 | 24/25 | 25/26 | 26/27 | 27/28 |
Ja Morant (23) | Guard | 33,5 | 36,2 | 38,9 | 41,5 | 44,2 |
Jaren Jackson Jr. (23) | Forward | 27,1 | 25,3 | 23,4 | UFA | - |
Luke Kennard (26) | Guard | 15,4 | 15,4** | - | - | - |
Tyus Jones (26) | Guard | 14,0 | UFA | - | - | - |
Steven Adams (29) | Center | 12,6 | 12,6 | UFA | - | - |
Brandon Clarke (26) | Forward | 12,5 | 12,5 | 12,5 | 12,5 | UFA |
Ziaire Williams (21) | Forward | 4,8 | 6,1** | - | - | - |
Desmond Bane (24) | Guard | 3,8 | RFA | - | - | - |
Jake LaRavia (21) | Forward | 3,2 | 3,4** | 5,2** | RFA | - |
David Roddy (22) | Forward | 2,7 | 2,8** | 4,8** | RFA | - |
John Konchar (27) | Forward | 2,4 | 6,2 | 6,2 | 6,2 | UFA |
Santi Aldama (22) | Forward | 2,2 | 3,9** | RFA | - | - |
Xavier Tillman (24) | Center | 1,9** | UFA | - | - | - |
Kenneth Lofton (20) | Forward | 1,7 | 2,0*** | 2,2** | RFA | - |
* Spieler-Option, ** Team-Option, *** nicht garantiert
Gleichzeitig ist dieser Sommer so auch wahrscheinlich die letzte Chance, mit Capspace Free Agents anzulocken oder via Trades mehr Geld aufzunehmen. Zwar haben die Grizzlies noch nie die Luxussteuer gezahlt, doch Besitzer Robert Pera ist nach Steve Ballmer der reichste Owner in der NBA und es ist anzunehmen, dass er draufzahlt, wenn Memphis tatsächlich einen dicken Fisch an der Angel hat. GM Zach Kleiman kündigte bereits an, dass man im Sommer aggressiv vorgehen wolle und schloss auch Trades nicht aus.
Das gehört dann eben auch zur Wahrheit. Es gibt nicht wenige Teams, die mit Memphis wohl liebend gerne tauschen würden. Die Grizzlies haben mit Morant (23), Bane (24) und Jackson Jr. (23) ein junges Trio, die alle auf All-Star-Niveau spielen. Dazu kommt ein reicher Besitzer, finanzielle Flexibilität sowie eine vollgepacktes Regal voller Picks. Die Grizzlies halten jeden ihrer eigenen Picks und bekommen aus dem Iguodala-Trade von 2019 im kommenden Jahr auch noch einen First Rounder aus Golden State (Top-4-geschützt).
Das Ausscheiden gegen die Lakers war natürlich bitter, dennoch hat sich am Ausblick für das Team wenig geändert. Memphis wird auch in den kommenden Jahren im erweiterten Kreis der Favoriten sein, der ein oder andere Trade könnte diese Aussichten noch einmal erheblich verbessern.