Es ist keine drei Monate her, als das MVP-Rennen zwischen Joel Embiid und Nikola Jokic fast schon toxische Züge annahm. Embiid oder Jokic? Jokic oder Embiid? Jeder hatte seine Meinung, am Ende wurde es der Superstar der Philadelphia 76ers. Jokic wird es verschmerzen können, schließlich gehört ihm nun der inoffizielle Titel des besten Spielers der Welt.
Die Playoffs waren die Bestätigung von etwas, was wir ahnten, aber womöglich nicht zugeben wollten. Nun, ein paar Monate später gibt es keine Ausreden mehr. Mit 2k-Stats führte Jokic sein Team zum ersten Titel der Franchise-Geschichte. Dass die Nuggets dabei nicht ein Top-3-Team aus einer Conference schlagen mussten? Geschenkt, da die Regular Season durch zahlreiche Verschiebungen während einer Saison nicht mehr die Aussagekraft vergangener Tage hat. Hier die Liste, wen Jokic mit Denver schlug.
- Ein Suns-Team mit Kevin Durant und Devin Booker
- Ein Lakers-Team mit LeBron James und Anthony Davis
- Ein Heat-Team mit Jimmy Butler und Erik Spoelstra, dem wohl besten Head Coach der NBA.
- (Chronistenpflicht: Minnesota mit Anthony Edwards, Karl-Anthony Towns sowie Rudy Gobert wurde ebenfalls deutlich geschlagen)
Dass die Finals recht wenig Spannung boten, dafür konnte Jokic wenig. Oder doch? Alles, was Miami gegen den Serben versuchte, scheiterte. Alles, was andere Teams in diesen Playoffs gegen Jokic versuchten, scheiterte. Miami hatte zuvor zwei glasklare Contender in Milwaukee und Boston überrumpelt, in den Finals klappte es nicht mehr, weil vor allem Jokic das nicht zuließ.
Seit Peak-LeBron hat niemand mehr in der Postseason das Spiel so kontrolliert wie der Center. Dank ihm können seine Mitspieler glänzen, er selbst wird, wie in Spiel 5 der Finals, nur zum Scorer, wenn sein Team es braucht - und tut dies mit einer Effizienz, die ihresgleichen sucht.
Nikola Jokic: Seine Stats in den Playoffs 2023
Spiele | MIN | PTS | FG% | 3P% | FT% | REB | AST |
20 | 39,4 | 30,0 | 54,8 | 46,1 | 79,9 | 13,5 | 9,5 |
Nikola Jokic: So gut wie zuletzt Peak LeBron
Das sind grundsätzlich keine Neuigkeiten, aber da die Nuggets grundsätzlich wenig Aufmerksamkeit bekamen und das Team zwei Jahre lang von Verletzungen (Murray, Porter Jr.) gebeutelt war, konnte es trotz saftiger Zahlen gerne übersehen werden. Das große Aber blieb stets seine Defense und auch das hat Jokic mit diesen Playoffs endgültig beantwortet.
Nicht falsch verstehen, der Joker wird niemals in einem All-Defensive Team stehen, aber mit Jokic ist es ähnlich wie früher mit Dirk Nowitzki. Der Deutsche war kein Shotblocker, sah bisweilen unbeholfen aus, wusste aber, wo er zu stehen hatte. So ist es auch mit dem Nuggets-Star, der darüber hinaus ein elitärer Rebounder ist. Selbst gegen die Pick'n'Roll-lastige Offense der Suns stand Jokic seinen Mann.
Es ist das einzige kleine Loch in Jokics Spiel, der ansonsten vor allem offensiv so talentiert wie wenige vor ihm sind. Im Post kann er dominieren wie einst Shaq, er besitzt die Passfähigkeiten eines LeBron oder Magic Johnson und besitzt einen Touch, der unerhört gut für seine Größe ist. Was Nowitzki aus der Mitteldistanz war, gilt bei Jokic vor allem für dessen Floater.
Einen so kompletten Center hat die Welt noch nicht gesehen, so komplett ist kein anderer im Moment. Giannis Antetokounmpo fehlt der Wurf, Kevin Durant ist inzwischen zu oft verletzt, ähnliches gilt für Stephen Curry, während Embiid noch nicht bewiesen hat, dass er in den Playoffs der beste Spieler sein kann.
Jokic macht es stattdessen mit einer Konstanz, die beeindruckend ist. Fragt euch selbst: Hatte Jokic ein schlechtes Spiel in dieser Postseason? Mit viel Wohlwollen vielleicht in Spiel 3 der Finals, als Jokic für seine 23 Punkte 19 Würfe brauchte und in Foulproblemen steckte. Was für LeBron die 27-7-7-Statline ist, ist für Jokic 27-12-7 - sein Karriereschnitt in den Playoffs über knapp 70 Partien bei 53/41/83-Splits. Wer macht sowas?
Nikola Jokic: Der beste Nebenberufler der Welt
Und sollten keine Verletzungen hinzukommen, werden wir noch viele weitere solcher Spiele erleben. Der Kern der Nuggets ist noch nicht einmal in seiner Prime. Jokic ist mit 28 Jahren sogar der älteste Spieler, während Murray (26), Aaron Gordon (27) und Michael Porter Jr. (24) ihre besten Jahre womöglich noch vor sich haben.
Die Dynastie der Golden State Warriors entstand um Stephen Curry, die Heat- und Cavs-Teams um LeBron James. Nach Jahren von Aufs und Abs könnte nun eine neue Ära ins Haus stehen - die von Nikola Jokic. Die Offseason wird der erste Beweis dafür sein, wenn Teams sich so aufstellen, um dieses Nuggets-Team zu schlagen. Small Ball war keine Option, stattdessen werden Contender in Sachen Länge nachrüsten müssen, anders wird man Jokic mit dieser Team-Zusammenstellung nicht stoppen können.
Dem Joker selbst wird es egal sein, er wird auf der Rennbahn in Sombor seine Pferde anfeuern und die verdiente Ruhe genießen. Basketball, das scheint für Jokic nur ein Nebenberuf sein - und niemand ist darin besser als er.