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NBA: Der selbsternannte "Kobe Stopper" Ruben Patterson - Spitzname entsprach nicht der Wahrheit

Von Nikolas Pfannenmüller
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Ruben Patterson war der "Kobe Stopper", zumindest nannte er selbst sich so. Nachdem er in seiner Zeit bei den Los Angeles Lakers selbst mit Kobe Bryant zusammengespielt hatte, nahm es Patterson vor allem in seiner Zeit bei den Portland Trail Blazers in der Defense regelmäßig mit Kobe Bryant auf - mit mäßigem Erfolg.

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Spieler mit großem Selbstvertrauen helfen jedem Team weiter. Spieler, deren Selbstvertrauen den Blick auf die Realität vernebelt, können in der NBA aber auch die Quittung für ihre Großspurigkeit bekommen. So geschah es Ruben Patterson im Duell mit Kobe Bryant. Der selbsternannte "Kobe Stopper" trug seinen Spitznamen zwar stolz vor sich her, doch letztlich entsprach er nicht der Wahrheit.

Patterson war ein überdurchschnittlicher NBA-Verteidiger in seiner Zeit zwischen 1998 und 2007. Nicht ohne Grund sollte er in seinen Teams oft den besten Offensivspieler des gegnerisches Teams am Körbewerfen hindern. Doch gegen Kobe Bryant konnte er wie so viele Verteidiger der Liga kaum etwas ausrichten. In seinem Rookie-Jahr trafen die beiden sogar im Training aufeinander.

Ruben Patterson spielt in seiner Rookie-Saison mit Kobe Bryant zusammen

Nachdem er die University of Cincinnati besucht hatte und als Third-Team-All-American ausgezeichnet wurde, wählten ihn die Los Angeles Lakers im Draft 1998 an 31. Position aus. Sein erstes Saisonspiel in der neuen Saison bestritt er aber nicht für Purple and Gold, sondern für AEK Athen.

Aufgrund des Lockouts startete die NBA erst Anfang Februar 1999, so kam Patterson nur noch zu 24 Spielen für die Lakers, in denen er lediglich 6 Minuten spielte und 2,7 Punkte erzielte. Da er im starken Lakers-Team keine Zukunft hatte, wechselte er nach nur einer halben Saison zu den Seattle SuperSonics.

Schon in einem Zeitungsartikel der L.A. Times aus dem November 1999 war die Rede vom "Kobe Stopper" Ruben Patterson. Der Zweijahresprofi gab sich seinen Spitznamen selbst, nachdem er es im Training häufig mit Bryant aufnehmen musste.

Ruben Patterson spielte nur ein Jahr für die Lakers.
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"Kobe Stopper"? Derek Fisher und Kobe Bryant sind anderer Meinung

Doch Derek Fisher stellte schon damals den Spitznamen infrage: "Ich war jeden Tag beim Training. Man muss nicht wirklich darüber nachdenken, was er sagt. Es ist gut, dass er Selbstvertrauen hat, aber ich glaube, dass es in dieser Liga keinen einzigen Spieler gibt, der Kobe oder viele andere Topspieler aufhalten kann."

Im Januar 2000 äußerte sich auch Kobe zu seinem ehemaligen Teamkollegen. Vor dem Duell mit den SuperSonics vermutete er nicht, dass Patterson gegen ihn spielen würde. "Sie werden wahrscheinlich Gary [Payton] auf mich ansetzen, aus offensichtlichen Gründen." Er glaube nicht, dass die SuperSonics Patterson als "Kobe-Stopper" sehen würden.

Dann erzählte er über den Wettstreit mit Patterson beim Training: "An den Tagen, an denen ich Lust hatte, wirklich hart zu kämpfen, konnte ich mich durchsetzen. An Tagen, an denen ich nicht ganz bei der Sache war, hatte er seine kleinen Momente und dann fing er an, Quatsch zu erzählen", sagte Bryant.

Immerhin verbuchte Patterson in seiner zweiten Saison in Seattle 13 Punkte in rund 27 Minuten. 2001 wechselte er zu den Portland Trail Blazers, wo er mehrere Jahre bleiben sollte. Vor und nach seiner Zeit in Portland war Patterson eher als Journeyman bekannt, doch bei den Blazers war er viele Jahre ein fester Teil der Rotation und spielte in jeder Saison über 20 Minuten.

Im direkten Duell 2004 zeigt Kobe Patterson die Grenzen auf

Im April 2004 ereignete sich ein Spiel, das der "Kobe Stopper" in keiner guten Erinnerung behalten wird. 8 Sekunden vor Ende des vierten Viertels lagen die Lakers mit 84:87 gegen die Blazers zurück. Kobe fing den Ball jenseits der Drei-Punkte-Linie und wurde von Patterson umringt. Patterson blieb ihm so dicht auf den Fersen, dass sich sein Gegenspieler kaum vorwärtsbewegen konnte. Aber Kobe wollte nicht zulassen, dass Pattersons Spitzname zur Wahrheit wird. Irgendwie bekam Bryant einen Wurf los, einen verrückten Dreier im Zurückfallen, und traf zum Ausgleich.

Das Spiel ging in die Verlängerung und später in eine zweite: Diesmal lagen die Lakers 1 Sekunde vor Schluss mit 102:104 zurück. Nun war nicht Patterson auf Kobe angesetzt, sondern Theo Ratliff. Doch wieder hatte die "Black Mamba" das letzte Wort und traf mit der Sirene per Dreier zum 105:104-Sieg. Kobe beendete das Spiel mit 37 Punkten (14/31 FG, 4/10 Dreier) 8 Rebounds und 5 Assists. Patterson hingegen erzielte 2 Punkte (1/2 FG).

Über seine Karriere legte Kobe Bryant 25 Punkte pro Spiel auf. Im direkten Duell gegen Ruben Patterson kam er durchschnittlich sogar auf 29,3 Zähler. Kein Ruhmesblatt für den "Kobe Stopper", wenngleich man einschränkend erwähnen muss, dass Bryants Blütezeit während der Karriere von Patterson war. Vom Zeitpunkt von Pattersons Draft bis zu dessen Karriereende liegt Kobes Schnitt bei 28,3 Punkten.

Nach seiner Karriere wurde Bryant bei ESPN befragt, wieso Patterson sich als "Kobe Stopper" bezeichnete. Seine Antwort - halb ernst, halb im Scherz: "Ich dachte, das sei nur eine Business-Entscheidung für ihn. Ich habe Ruben sogar angerufen und gesagt: 'Ruben, wenn du mich gebraucht hättest, um zu sagen: 'Ruben Patterson spielt die beste Verteidigung von allen in der Liga, dann hätte ich das für dich gesagt. Ich hätte dir geholfen, einen neuen Vertrag zu bekommen. Lass es mich einfach wissen.'"

Ruben Patterson (rechts) im Duell mit Kobe Bryant
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Ruben Pattersons Zeit bei den "Jail Blazers"

2006 trennten sich die Wege von Patterson und Portland, da es immer wieder zu Streitigkeiten gekommen war. Sein Engagement fiel in die Zeit der "Jail Blazers" und charakterlich fügte sich Patterson nahtlos in die Truppe ein.

Schon seine Kindheit war schwierig: Seine Eltern und eine seiner Schwestern kämpften mit der Drogensucht, sein Vater verbrachte zudem einige Zeit im Gefängnis. Seine Mutter starb, als Patterson auf dem College war.

Später musste er sich in vielen US-Bundesstaaten als Sexualstraftäter registrieren lassen, weil er sich im September 2000 der versuchten Vergewaltigung an der Nanny seines Kindes schuldig gemacht hatte.

Im Jahr 2002 wurde Patterson wegen schwerer häuslicher Gewalt gegen seine Frau verhaftet. Seine Frau ließ die Anklage später fallen und sie ließen sich scheiden. Trunkenheit am Steuer, die Verweigerung von Unterhaltszahlungen und eine Verurteilung wegen Körperverletzung kamen über die Jahre ebenfalls dazu.

Im Training wurde er bei den Blazers mal von Zach Randolph ins Gesicht geschlagen. Da Z-Bo eine gewalttätige Reaktion von Patterson befürchtete, versteckte er sich in den nächsten Tagen im Haus seines Mitspielers Dale Davis. Am Ende wurde Randolph zu einer Geldstrafe von 100.000 Dollar verdonnert, für zwei Spiele gesperrt und entschuldigte sich bei Patterson.

Auch bei den Blazers verursachte Patterson Ärger: In der Saison 2005/2006 wurde er von den Blazers suspendiert, nachdem er Coach Nate McMillan harsch kritisiert und sich geweigert hatte, in einem Spiel eingewechselt zu werden. Zudem forderte er entweder mindestens 25-Minuten-Spielzeit oder einen Trade. Den bekam er im Februar 2006: Portland schickte ihn in einem Vier-Team-Deal zu den Denver Nuggets.

Ruben Patterson spielte bis 2007 in der NBA.
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Das Ende von Pattersons NBA-Karriere

Nach wenigen Monaten tradeten die Nuggets Patterson wiederum für den Number-1-Pick des Jahres 1995, Joe Smith, zu den Milwaukee Bucks. Hier legte er Karrierebestwerte bei den Minuten (31), Punkten (14,7), Assists (2,9) und Rebounds (5,4) auf.

In der darauffolgenden Offseason unterschrieb er einen Vertrag bei den Los Angeles Clippers, doch erneut konnte er in Los Angeles nicht seine Leistung abrufen und schon im Dezember 2007 wurde er entlassen. Wenige Monate nach seiner statistisch besten Saison war er im Alter von 32 Jahren aus der NBA draußen und kehrte auch nicht mehr zurück.

Charakterliche Bedenken schreckten Teams offenbar zurück, nochmal Patterson einen Vertrag auszuhändigen. Außerdem konnte er sich nie als Three-and-D-Spieler auszeichnen, sein Dreier fiel während seiner NBA-Karriere nur zu 17,9 Prozent. Nach einer kurzen Station für den libanesischen Klub Champville beendete er seine Karriere 2009. Ob ihm Spitzname ihm während seiner Basketball-Laufbahn letztlich genutzt hat oder nicht, lässt sich heute kaum sicher sagen. Um das Narrativ des "Kobe Stoppers" rankten sich auch nach seinem Karriereende noch heute viele Mythen, aber in den direkten Duellen wurde ersichtlich, dass es mehr Schein als Sein ist.

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