Die Dallas Mavericks haben die ersten zwei Saisonspiele hinter sich. Einem überzeugenden Sieg in Phoenix steht eine Niederlage gegen DeAndre Jordan und die Los Angeles Clippers gegenüber. Besitzer Mark Cuban liefert sich derweil schon wieder Verbalschlachten und dominiert die Schlagzeilen. Hat sich der polarisierende Boss von Dirk Nowitzki angesichts einer herausfordernden Spielzeit nicht im Griff - oder steckt mehr dahinter?
"Die Clippers sind nun mal die Clippers. Man kann die Spieler austauschen oder auch den Besitzer, aber die Clippers sind immer noch das, was sie die letzten 30 Jahre waren."
"Ich meine, es ist nicht so, als würde ich die Clippers hassen. Das wäre zu hoch gegriffen. Ich hasse niemanden von den Clippers. Eigentlich hasse ich so ziemlich jeden ohne 'Mavericks' oder 'Dallas' auf der Brust, aber nochmal, die Clippers interessieren mich einen Sch***. Vielleicht ist das der Grund."
Mark Cuban hatte es mal wieder geschafft. Er hatte Headlines produziert, noch bevor der erste Ball im Staples Center überhaupt gen Ring geflogen war. Und er hatte den Rivalen aus Los Angeles provoziert - wobei "Rivalität" möglicherweise etwas zu hoch gegriffen ist, schließlich dominieren die Clips das Duell seit Jahren. Doch spätestens seit dem geplatzten DeAndre-Jordan-Wechsel im Sommer herrscht endgültig böses Blut zwischen beiden Franchises. Und so ist es kein Wunder, dass Cuban einen auf herablassend-gönnerhaft machte: "Es macht mehr Spaß, San Antonio zu reizen, oder die Rockets. Sie sind eben immer noch die Clippers."
"Eindeutig das bessere Team"
Sportlich kann der Mavs-Eigner seine sorgfältig angespitzten Giftpfeile nicht unbedingt rechtfertigen. L.A. gewann den Home-Opener der neuen Saison relativ ungefährdet, angeführt von altbekannten Leistungsträgern wie Jordan (15 Rebounds, 4 Blocks) und Blake Griffin (26 Punkte, 10 Rebounds), aber auch dank der in der Offseason neu gepolsterten Bank (48 Punkte), die dafür sorgte, dass man sich im dritten Viertel entscheidend absetzte.
Böses Blut gab es zwischendurch natürlich auch - Jordan erwischte Nowitzki mit einem Ellbogen im Gesicht, der revanchierte sich wenig später mit einem harten Foul -, aber eine reelle Chance auf den Sieg an diesem Abend hatten die Mavericks nicht. Wie so oft. "Sie waren in den letzten Jahren eindeutig das bessere Team", musste Dirk zugeben. "In einer echten Rivalität müssten wir auch unseren Teil gewinnen." Zehn Spiele in Serie hatten die Mavs vor ihrem Titelgewinn 2011 gewonnen. Seitdem steht es 10-4 für die neu gebrandeten Titelanwärter aus Hollywood.
Dallas als Bodensatz im Westen?
Waren es also nur die hohl klingenden Worte des verschmähten Liebhabers, der sich die wiederholte Abfuhr mit einem "naja, soooo toll ist sie ja auch nicht" erträglich machen muss? Schon vor dem Jordan-Fiasko war er schließlich auch bei seinem Werben um Chris Paul abgeblitzt. "Als er mich nach Dallas holen wollte, hat er sich die ganze Zeit bei mir gemeldet", witzelte der wohlwissend nach der Partie, angesprochen auf die Kommentare des Mavs-Bosses. Mittlerweile herrscht wohl eher Funkstille.
Doch womöglich ist es nicht nur Jordans Wortbuch, der Cuban dazu verleitete, die Abteilung Attacke zu reiten. Schließlich hat nicht nur der clippersche Big Man "Big D" gewogen und für zu leicht befunden. Vielmehr scheint sich die kollektive NBA-Gemeinde mit dem Gedanken angefreundet zu haben, dass die fetten Jahre im American Airlines Center endgültig vorbei sind. Die Postseason traut man Dirk und Co. in dieser Saison in aller Regel nicht zu, viele Experten sehen die Mavs sogar als schlechtestes Team im Westen.
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Das kommt im Locker Room überhaupt nicht gut an. "Ich weiß nicht, warum so viele denken, dass wir nicht mithalten können", wunderte sich zum Beispiel Neuzugang Wesley Matthews nach dem glänzend herausgespielten 111:95 in Phoenix - einem Team, das in jüngerer Vergangenheit absoluter Angstgegner der Mavericks war. "Wir alle glauben an uns", bekräftigte Center Zaza Pachulia. Und natürlich auch Cuban konnte sich einen Kommentar in Richtung Journaille nicht verkneifen: "Genauso wie ihr es erwartet habt, hm?" Ein Sieg nach zwei Spielen - irgendwie schon drei mehr als erwartet, glaubt man der Phalanx der Kritiker.
War der 57-Jährige nach dem Erfolg über die Suns also einfach nur mit übermäßig breiter Brust gesegnet und glaubte plötzlich doch einen Contender hinter sich zu haben? Die Clippers-Niederlage als Kater nach dem feucht-fröhlichen Arizona-Exzess?
Einkalkulierte Pleite
Wohl kaum. Cuban wusste, dass die Partie als back-to-back-Auswärtsspiel gegen eine bärenstarke Truppe ohnehin ein halber "Schedule Loss" ist. Eine Truppe, die mit zwei hervorragenden Spielern unter dem Korb ohnehin das Kryptonit für die Mavs darstellt, die Dirk in der Defense so nicht verstecken können.
Dazu kam die Tatsache, dass die Mavs ohne gleich drei Starter antreten mussten: Deron Williams angeschlagen, Wesley Matthews geschont, Chandler Parsons noch nicht ganz einsatzbereit. Gegen die Lakers am Sonntag könnte das Trio schon wieder auf dem Court stehen, ohne sie wäre ein Sieg im Staples einem kleinen Wunder gleichgekommen. Welches Team könnte dort schon ohne drei Starter einen Sieg entführen?
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Einen Tag früher hatte man dagegen dominiert. Matthews meldete in der Defensive Markieff Morris ab (4 Punkte), gerade einmal sieben Monate nach seinem Achillessehnenriss. Zaza Pachulia legte sein erstes Double-Double in Dallas auf und wurde von Nowitzki danach mit den Worten "Ich glaube nicht, dass ich schon einmal mit einem klügeren Center zusammengespielt habe." gelobt. Und der Backcourt Felton-Williams überragte mit cleverem Pick-and-Roll, gutem Shooting und zusammen 30 Punkten und 13 Assists (1 Turnover).
Positiv überrascht?
Warum sollte die zu erwartende Schlappe gegen Steve Ballmers Millionentruppe, gegen die man übrigens rund 30 Minuten zumindest in Schlagdistanz war, also der Euphorie gleich vollständigen Abbruch tun? Cuban ist dafür zu clever. Gut möglich, dass er mit seinen Worten die Schlagzeilen geradezu suchte - um sein Team aus eben genau diesen herauszuhalten. Ihm die Möglichkeit zu geben, in seinem Schatten Stück für Stück weiter zu wachsen.
So oder so sollte man sich keinen Illusionen hingeben. Die Clippers sind das klar bessere Team: Bis an die Zähne bewaffnet, mit drei All-Stars am oder auf dem Höhepunkt ihres Schaffens. Auch gegen ein gesundes Mavs-Team wären sie klarer Favorit. Zu Recht.
Aber wer nach Spiel 1 vom Potenzial dieser Altherrentruppe aus Texas, die von einer 50-Siege-Saison ans Ende der Western Conference rutschen soll, positiv überrascht war, der hat kein Grund, sein Urteil schon ein Spiel später zu revidieren. Dallas muss es nicht mit den Clippers dieser Welt aufnehmen, sondern mit den Suns, Jazz und Pelicans.
Verbalsalven abfeuernd
Vielleicht wird es nicht reichen. Vielleicht werden Parsons und Matthews von ihren Verletzungen über die gesamte Saison verfolgt, vielleicht fällt Nowitzkis Leistung weiter ab, vielleicht ist Williams' Kniezerrung die erste von einem guten Dutzend diverser Blessuren.
Aber so lange das noch nicht feststeht, wird Cuban auf sein "Wir gegen die Welt"-Team setzen, auf seinen Meistercoach Rick Carlisle und auf seinen Finals-MVP Dirk Nowitzki. Und mit beiden Revolvern Verbalsalven abfeuernd aus der Saloon-Tür stürzen, mitten hinein in die gegnerische Übermacht.
Vor allem gegen seine Lieblingsgegner. Am 11. November kommt es zum Wiedersehen mit DeAndre Jordan, diesmal in Dallas. "Sind ja nur die Clippers" - ob das die MFFLs ("Mavs Fans For Live") auch so sehen?