Romo kommt auf eine Dezember-Bilanz von 11-15, nimmt man den Januar dazu, sind es 12-16 in den entscheidenden NFL-Monaten. Noch gravierender ist seine Bilanz in sogenannten Do-or-Die Spielen: 1-6 lautet dort die Marke.
Wie jede Statistik kann diese aber mit einer anderen widerlegt werden. Sieht man sich Romos jüngste Leistungen seit 2009 an, kommt man auf eine 7-8-Bilanz in den letzten zwei NFL-Monaten. Ohne das Weihnachtsduell mit den Eagles 2009, in dem sich Romo die Hand verletzte und nur einen Drive lang spielte, kommt der Cowboys-Quarterback mit einer nicht berauschenden, aber auch nicht allzu katastrophalen 7-7-Ausbeute davon.
Im Dezember bester Quarterback der NFL
Nun sollten Bilanzen bei der Bewertung eines Quarterbacks nicht als einzige Messlatte dienen, auch wenn Tony Romo darauf besteht: "Es geht nur darum, wer gewinnt oder verliert. Statistiken sind dazu da, dass die Leute etwas zum Reden haben", sagte er dem "Dallas Star-Telegramm".
Selbstverständlich gibt es Stats, die eindeutig gegen die Legende vom Dezember-Versager sprechen. In den 15 Spielen seit 2009, in denen er im Dezember oder Januar auftrat, brachte es Romo auf 27 Touchdowns bei nur fünf Interceptions, sein QB-Rating in dieser Zeit beträgt 108,5, ein NFL-Spitzenwert. Besser war nur Aaron Rodgers.
Do or die - versagen Romo die Nerven?
Was dennoch bleibt ist die Katastrophenbilanz von 1-6 in Do-or-Die-Spielen. 2006 unterlagen die Cowboys mit Romo den Seattle Seahawks in den Playoffs mit 20:21.
Nüchtern betrachtet kann man dem Quarterback mit 189 Yards und einem Touchdown wenig vorwerfen. Wenn da nicht der verlorene Snap beim sicher geglaubten Field Goal zur möglichen 23:21-Führung gewesen wäre. Romo hatte damals noch den "Nebenjob" als Holder für Kicker Martin Gramatica inne.
Beim Field Goal-Versuch rutschte Romo der Ball aus den Händen, er versuchte zu retten, was zu retten ist, lief in Richtung Endzone - und wurde an der Zwei-Yard-Linie gestoppt. Streng genommen patzte nicht Romo, der Quarterback. Sondern Romo, der Holder. Und den haben die Cowboys längst abgeschafft.
Ein Urlaub als miese PR
Im folgenden Jahr bastelte Romo jedoch auch als Quarterback an seiner Versager-Legende, obwohl es nicht nur seine Leistungen auf dem Platz waren, die zum schlechten Ruf beitrugen. So beendete er die Saison der Cowboys erneut in den Playoffs, erneut mit einem Fehler. Und zwar in Form einer Interception in die Hände von Giants-Cornerback R. W. McQuarters nach einem verzweifelten Wurf im vierten Versuch in New Yorks Endzone. Den Weg zur Niederlage aber hatten die Cowboys im Team geebnet - und damit dem Erzrivalen den Weg zum Super Bowl-Sieg frei gemacht.
Romo hatte in den Tagen vor dem Wild Card-Duell mit den Giants jedoch ein schlechtes Gespür für Timing bewiesen, was ihm nicht nur in Dallas Negativ-Schlagzeilen und Kritik einbrachte. Mit seiner damaligen Freundin, Schauspiel- und Gesangssternchen Jessica Simpson, hatte der Quarterback vor dem Playoff-Spiel einen Kurz-Urlaub in Mexiko verbracht.
Dieser Zwischenfall und die Tatsache, dass Romo auch 2008 im entscheidenden Spiel in der letzten NFL-Woche beim 6:44 gegen die Philadelphia Eagles erneut die Nerven versagten, machten Tribünenbesuche in Dallas für Simpson zum Spießrutenlauf.
Romos mühsamer Weg zum Dezember-Glanz
Böse Zungen behaupten, seit dem Beziehungs-Aus mit Simpson gehe es steil bergauf mit Romos Winter-Bilanz. 2009 folgte seine beste Saison in Sachen Saisonfinale. Zwei frühe Cowboys-Niederlagen im Dezember müssen sich andere ankreiden lassen.Höhepunkte der Saison folgten Anfang Januar, als die Cowboys erst die Eagles im letzten Saisonspiel 24:0 schlugen und die NFC East für sich entscheiden, um Philadelphia in der ersten-Playoff-Runde erneut klar zu besiegen. Mittendrin: ein sehr guter Tony Romo. Das krasse Aus folgte eine Woche später mit 3:34 in Minnesota. Aber auch, wenn Romo mit einer Interception und zwei Fumbles mitverantwortlich war - die Defensive war ungleich schlechter.
2011 kam Romo nach seinem 2010er Saison-Aus (Schlüsselbein-Bruch) stark zurück. Bemerkenswert: In zwei Dezember-Partien lieferte er fünf Touchdowns mit 620 Yards ohne Interception ab - dennoch gingen beide verloren. In der entscheidenden Partie gegen die Giants spielte der Quarterback mit verletzter Hand, es setzte eine Niederlage.
In der vergangenen Saison schließlich hätte Romo zum Dezember-Helden werden können: Gegen die strauchelnden New Orleans Saints hatte er sein Team im letzten Viertel von einem 17:31 zum Ausgleich geführt und den Ball per Münzwurf zugesprochen bekommen. Es folgte jedoch ein schnelles Three-And-Out, Dallas' Bilanz verschlechterte sich auf 8-7. Dallas beendete die Saison mit einem 8-8, ein Sieg über die Saints hätte im Nachhinein gereicht, die Playoffs zu erreichen.
Das Romo-Paradoxon: Zu gut, um schlecht zu sein
Romos Leistungen in den Monaten Dezember und Januar werden einfach von zu vielen Konjunktiven begleitet. In negativer und positiver Hinsicht. Was wäre wenn: Tight End Witten 2006 gegen Seattle den Pass vor dem unglückseligen Field-Goal-Versuch zwei Yard weiter zum Touchdown getragen hätte? Oder die Cowboys-Defensive 2008 gegen die Ravens im letzten Viertel nicht gleich zwei gegnerische Touchdown-Läufe über 77 und 82 Yards zugelassen hätte?
Romos Problem ist vielleicht ein anderes. "Er ist gut genug, manchmal sogar hervorragend, um sich in die Position zu bringen, auf großer Bühne weiterzukommen. Dann sieht es aber so aus, als würden dort nur Fehler passieren", sagt Scott Kacsmar von "coldhardfootballfacts.com". "Wenn er doch nur versagen könnte, wenn niemand zuguckt, so wie andere Quarterbacks es machen."
Romos Chance 2013: Weg vom schlechten Ruf
Auf dem Papier hat Tony Romo in dieser Saison beste Chancen, den miesen Ruf zu begraben. Im Fernduell mit den Eagles um die NFC East und die Playoffs geht es zunächst gegen die nicht gerade überfliegenden Chicago Bears, die Green Bay Packers - wohl ohne Rodgers und ohne Playoff-Chancen - und die verzweifelten Washington Redskins.
Sollten die Cowboys sich bis dahin nicht von den Eagles abgesetzt haben, heißt es am 29. Dezember wieder einmal: Do or Die! Denn dann würde Philadelphia zur Entscheidung nach Dallas kommen.
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