"Die Emotionen, die Spannung in der Luft: Sobald es aufs nächste Duell zuging, konntest du es fühlen. Egal, wo du hin bist, du hast es überall gehört. In den Straßen hat jeder darüber geredet." Diese Aussage stammt von der Basketball-Legende Larry Bird, der damit seine innige Rivalität zu Magic Johnson während der 80er Jahre beschreibt.
Sie könnte aber genauso auf das Hier und Jetzt zutreffen: Am kommenden Sonntag kreuzen sich zum fünfzehnten Mal die Wege von Tom Brady und Peyton Manning. Nachdem sich sowohl die New England Patriots als auch die Denver Broncos vergangenes Wochenende den Einzug ins AFC Championship Game sicherten, beherrscht kaum ein anderes Thema die Medien so sehr wie das Aufeinandertreffen der Quarterbacks.
Seit 2001 begegnen sich die beiden in regelmäßigen Abständen. Sie sind vielleicht die zwei besten Signal Caller aller Zeiten, sicher aber die besten ihrer Generation. Während die Fanlager von Manning und Brady eine innige Feindschaft hegen, verbindet die beiden vor allem ein Gefühl: Respekt für den jeweils anderen. "Wir haben nicht viel darüber geredet. Ich bin sicher, das ist mit Brady und Manning genauso", erklärt Bird: "Aber da ist eine Menge gegenseitiger Respekt. Das ist der Typ, mit dem du dich misst. Es ist wie mit mir und Magic: Die beiden pushen sich, um besser zu werden."
Franchise-Quarterback gegen Clipboard-Halter
Ähnlich wie bei Bird und Johnson zeichnete sich auch bei Peyton Manning die kommende Superstar-Karriere früh ab. Seine Position als Nummer-eins-Pick der Indianapolis Colts stand beim Draft 1998 außer Frage. Noch vor seinem ersten NFL-Snap bezeichnete ihn die "Sports Illustrated" als "Franchise Type/Pro Bowl Player, vielleicht der am besten vorbereitete Quarterback, der in den vergangenen Jahren gedraftet wurde" und gab ihm ein Rating von 95%.
Brady wurde ein Jahr später in Runde sechs mit dem 199. Pick von Bill Belichick und den New England Patriots ausgewählt. Die "Sports Illustrated" bewertete ihn mit 59% und schrieb, ihm "fehle ein starker Arm. Er treffe zwar generell gute Entscheidungen, müsse aber an seiner fehlenden Kraft arbeiten". Ihm wurde eine Laufbahn als Clipboard-Halter und Bankdrücker vorausgesagt. Anders als Manning, der die Colts in der Millenium-Saison mit einem 10-6-Record bis in die Wild Card Round führte, musste Brady sich in seiner Rookie-Season zunächst mit der Rolle des vierten Quarterbacks zufrieden geben.
Erst in seinem zweiten Jahr erhielt Brady, der sich in der Hackordnung mittlerweile zum Backup hinter Drew Bledsoe hochgearbeitet hatte, die Möglichkeit, sein Können unter Beweis zu stellen. Mit dem "Hit, der die Geschichte änderte" nahm Jets-Linebacker Mo Jackson Bledsoe in Week 2 aus dem Spiel: Die Stunde des Tom Brady hatte geschlagen.
Sein Debüt als Starter gab er eine Woche später ausgerechnet gegen die Colts und Peyton Manning. Die Patriots feierten einen 44:13-Erfolg, Brady avancierte zum gesetzten Starting Quarterback und führte die Patriots in dieser Saison zum Super-Bowl-Triumph - die Legende war geboren.
Clutch-Performer gegen Statistik-Monster
Manning erreichte seinen ersten Super Bowl erst fünf Jahre später, da war Brady schon dreifacher Champion. In zahlreichen Duellen fochten die beiden seither die Vorherrschaft in der AFC aus, meist mit dem besseren Ende für New England: Nach mittlerweile 14 Aufeinandertreffen kann der ein Jahr jüngere Brady zehn Siege vorweisen, Manning derer nur vier. Brady besitzt drei Ringe, Manning nur einen. Brady, der mit 18 Siegen den Rekord für Postseason-Erfolge hält, gilt als Clutch-Performer, während Manning, der in den Playoffs nur zehn seiner 21 Spiele gewinnen konnte, nachgesagt wird, in den entscheidenden Momenten immer wieder zu versagen.
Dennoch bietet die Frage, wer denn nun der bessere Quarterback sei, ein enormes Streitpotenzial. Sowohl Experten als auch Fans sind sich in dieser Angelegenheit stets uneins. Denn während die Gewinnbilanzen Brady favorisieren, sprechen die wichtigsten QB-Statistiken für Manning: Er wirft über die komplette Karriere gesehen für mehr Yards pro Spiel (270 zu 254), hat eine höhere Completion Percentage (65,5% zu 63,4%) und kann sowohl in der Regular Season (97,2 zu 95,7) als auch in den Playoffs (88,4 zu 87,2) ein höheres Quarterback-Rating vorweisen. Zudem besitzt Manning höchstwahrscheinlich bald fünf, Brady nur zwei MVP-Awards.
"Wie ein Schachspiel"
Dabei ist der Spielstil von Manning und Brady durchaus vergleichbar: Sie lenken ihre Offense auf eine ähnliche Art und Weise. Beide sind reine Passing-Quarterbacks, im Gegensatz zu ihren jungen Kollegen nutzen sie die Read-Option nur äußerst selten. Durch ihre hohe Spielintelligenz stellen sie das gegnerische Backfield immer wieder vor riesige Probleme. So war Manning einer der ersten Quarterbacks, der seine Spielzüge regelmäßig im Alleingang entschied und ganze Drives selbst gestaltete - ohne Absprache mit Head Coach oder Offensive Coordinator.
"Durch seinen No-Huddle-Stil erlaubt er dir keine Wechsel und für die Safeties wird es bei jedem Snap wie ein Schachspiel", erklärte NFL-Veteran Matt Bowen, der selbst mehrfach als Verteidiger gegen Manning antrat. "Egal, welche Maßnahmen du vor dem Snap triffst, er wird deine Schwächen offenlegen. Er diktiert den kompletten Spielfluss und hat immer die Kontrolle über das Match." Ähnlich sei es mit Brady: "Vielleicht hat er nicht das elitäre Arsenal an Waffen, das manche Quarterbacks mit sich bringen. Aber das gleicht er aus, indem er vor jedem Snap weiß, wohin er den Football werfen will. Er ist ein unglaublich intelligenter Spieler und wird jedes Jahr besser."
Dass die beiden auch im hohen Alter von 36 und 37 Jahren noch zu den besten Quarterbacks der NFL zählen, liegt sowohl an ihrer unübertrefflichen Arbeitsmoral als auch am unbedingten Willen, stets der Erfolgreichste zu sein in dem, was sie tun. "Ich sehe oft Leute, die mit großem Talent gesegnet sind, aber einfach nicht diese kämpferische Haltung entwickeln", erklärte Brady, der sich seinen Status als NFL-Star hart erarbeiten musste. "Und diejenigen, die nicht so gesegnet sind, eifern danach, immer besser zu werden und haben das größte Herz."
Auch Manning war trotz seines enormen Talents stets gewillt, mehr Aufwand zu betreiben als die Konkurrenz: "Ich war immer der Meinung, dass Arbeit etwas ist, das mich besser macht. Selbst wenn ich nicht wirklich wusste, was das Ziel ist. Wenn du denkst, dass es dir hilft, dann hilft es dir auch."
Best Buddy gegen Posterboy
So sehr sich die beiden in der Herangehensweise an ihren Beruf ähneln, so sehr unterscheiden sie sich abseits des Feldes. Manning ist ein bodenständiger Typ, witzig, er nimmt sich, wie in seinen zahlreichen Werbespots, auch mal selbst auf die Schippe. Man kann sich gut vorstellen, mit ihm einen Nachmittag mit Bier und Chips vor dem Fernseher zu verbringen. Nach dem Sieg in der Vorwoche gegen die Chargers erklärte er, es sei jetzt "erste Priorität, endlich ein Bud Light" in die Finger zu bekommen.
Solche Aussagen kann man sich aus dem Mund von Tom Brady kaum vorstellen. Auch an Brady haftet keine Spur von Überheblichkeit, aber man fühlt sich ihm nicht nahe. Er gibt kaum etwas von seiner Persönlichkeit preis. Für die Öffentlichkeit ist er stets der Gentleman, der coole Posterboy mit teuren Kleidern und stylischer Frisur. Seine Gattin ist das brasilianische Model Gisele Bündchen. "Ich glaube, er mag das so", erklärte sein früherer Teamkollege Donte Stallworth: "Er ist ein sehr privater Typ. Ich kenne ihn nicht mal richtig."
Wegweisendes Duell
Am kommenden Sonntag treffen diese beiden Persönlichkeiten zum fünfzehnten Mal aufeinander. Für die Rivalität zwischen Peyton Manning und Tom Brady ist es ein wegweisendes Duell. Es könnte bestimmen, wie die Journalisten in Zukunft über die zwei zukünftigen Hall of Famer urteilen.
"Sie haben eine großartige Historie und ich denke, dass jeder Football-Fan dieses Matchup sehen will", konstatierte Peytons Bruder Cooper Manning. "Ich bin nicht sicher, ob sie gerne gegeneinander spielen, aber so läuft nun mal die NFL. Die beiden besten Teams der AFC treffen aufeinander. Sie kennen sich sehr gut, sind Freunde und lieben es, zu konkurrieren. Es wird ein guter Tag."